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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2020

Albin, der Held

Eiskalte Provence
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Mit der Provence verknüpft man im Allgemeinen Sommer, Sonne, Lavendel und ein Glas Rosé... Im 6. Band der Reihe um den etwas eigenen Ex-Commissaire Albin Leclerc entführt uns der Autor in die vorweihnachtliche ...


Mit der Provence verknüpft man im Allgemeinen Sommer, Sonne, Lavendel und ein Glas Rosé... Im 6. Band der Reihe um den etwas eigenen Ex-Commissaire Albin Leclerc entführt uns der Autor in die vorweihnachtliche Provence, die eine ganz besondere Kulisse für die spannende Krimihandlung bietet.
Während Véronique, Albins Lebenspartnerin, in Vorbereitungen für das Weihnachtsfest schwelgt, geht Albin der ganze Weihnachtsrummel gehörig auf die Nerven. Und so ist für ihn die Anfrage der lokalen Polizei eine willkommene Abwechslung. Die Kollegen, die sich üblicherweise über Albins Einmischungen ärgern, sind nun in der stressigen Vorweihnachtszeit froh, einen Teil der Arbeit an ihn delegieren zu können.
Eine junge Frau wurde in einer Borie, einer kleinen Steinhütte, tot aufgefunden, zurecht gemacht wie eine Braut, aber grausam verstümmelt. Bei seinen Recherchen findet Albin Leclerc heraus, dass die Tote zu dem Volksstamm der Banater gehört hat, die nach dem Zweiten Weltkrieg und später aus Rumänien in verschiedene Regionen und Länder ausgewandert sind. Eine Gruppe der Banater hatte offenbar in La Roque eine neue Heimat gefunden. Albin stößt außerdem auf die Spur einer Sekte und deren charismatischen, aber äußerst gefährlichen Anführer und gerät selbst in Gefahr....

Auch in diesem 6. Band erfährt man viel aus dem Privatleben Leclercs, aber auch der Nebenfiguren. Zwar rückt Castel dieses Mal leider etwas in den Hintergrund und darf ein recht harmonisches Privatleben führen. Dafür rückt Theroux etwas mehr in den Fokus und ist bei so mancher Action mitten drin dabei. Albin selbst wirkt stellenweise etwas zu heldenmäßig, riskiert er doch Leib und Leben für seine Liebsten. Aber so ein bisschen Bruce Willis-Flair tut auch Albin gut, der ja sonst nur mit seinem Mops spazieren gehen darf.
Wer eine Mischung aus spannender Kriminalhandlung mit gruseligen und düsteren Szenen, aber auch einer gehörigen Portion Ironie und Einblicke ins Privatleben mag, kommt in ,,Eiskalte Provence" voll auf seine Kosten.

Veröffentlicht am 28.09.2020

Familienbande

Ihr Königreich
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Die beiden Brüder Roy und Carl Opgard haben ein enges Verhältnis und kennen sich sehr genau. Nach dem Unfalltod der Eltern kümmert sich Roy um seinen jüngeren Bruder Carl. Dieser ist allseits beliebt ...


Die beiden Brüder Roy und Carl Opgard haben ein enges Verhältnis und kennen sich sehr genau. Nach dem Unfalltod der Eltern kümmert sich Roy um seinen jüngeren Bruder Carl. Dieser ist allseits beliebt und hat gute Schulnoten, geht zum Studieren nach Amerika und wird dort erfolgreich. Roy hingegen ist eher in sich gekehrt und reserviert, er wird Automechaniker und Chef der örtlichen Tankstelle. Er lebt alleine im ehemaligen Elternhaus in den kargen, norwegischen Bergen in der Nähe der kleinen Stadt Os.
Als Carl und seine junge Frau Shannon nach Os zurückkehren, um ein exklusives Wellnesshotel zu bauen, das nicht nur sie, sondern das ganz Dorf reich machen soll, löst dies einiges an Wirbel auf. Denn nicht nur Carls Rückkehr, sondern auch die Baupläne werden nicht von allen mit großer Begeisterung aufgenommen. Carls Heimkehr nach 15 Jahren holt einige Ereignisse wieder an die Oberfläche, die lange in Vergessenheit geraten sind. So gab es z.B. zum Unfalltod der Eltern Ungereimtheiten, aber auch um die Beziehung der Brüder zueinander rankten sich Gerüchte, die wieder aufleben. Und der Sohn des damals verschwundenen Polizeichefs beginnt nun wieder, unbequeme Fragen zu stellen.
Roy, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, beginnt, Gefühle für seine Schwägerin zu hegen. Für ihn, der seinen kleinen Bruder immer und mit allen Mitteln beschützt hat, geht es nun um Treue oder Verrat, aber auch um Schuld und Verantwortung.
Nesbo erzählt zu Beginn ruhig, allerdings mit vielen Andeutungen, die den Leser lange über das tatsächliche Geschehen im Ungewissen lassen. Seine Figuren zeichnet er sehr genau und authentisch, ihre Beweggründe und Motive erlebt man hautnah mit.
Wer Jo Nesbo, auch abseits der Harry Hole-Reihe, mag, kommt hier voll auf seine Kosten!

Veröffentlicht am 28.07.2020

Die Kehrseite des Urlaubsparadieses

Verschollen in Palma
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,,Verschollen in Palma" ist kein netter Urlaubskrimi vor idyllischer Landschaft und beschaulicher Atmosphäre. Der Autor zeigt uns ganz im Gegenteil die düsteren Seiten der Partymeilen in Magaluf oder Palma. ...

,,Verschollen in Palma" ist kein netter Urlaubskrimi vor idyllischer Landschaft und beschaulicher Atmosphäre. Der Autor zeigt uns ganz im Gegenteil die düsteren Seiten der Partymeilen in Magaluf oder Palma. Er nimmt uns mit in die dunklen Hinterhöfe und die Armenviertel, wo diejenigen leben, die für die Urlaubsgäste, deren Bedürfnisse und Exzesse Tag und Nacht schuften.
Der Schwede Tim Blanck arbeitet als Privatdetektiv auf Mallorca. Allerdings nicht, weil er sich in die Landschaft, den mallorquinischen Lebensstil oder die Spezialitäten der Insel verliebt hätte. Nein - er sucht nach seiner Tochter Emme, die vor drei Jahren während einer Urlaubsreise mit Freundinnen spurlos verschwand. Die Polizei hat den Fall schon lange abgeschlossen, doch Tim Blanck gibt nicht auf, nach seiner Tochter zu suchen. Dafür opfert er sogar seine Ehe. Emmes Mutter leidet zwar auch unter dem Verlust der Tochter, will aber die Vergangenheit hinter sich lassen.
Bei seinem neuen Auftrag soll Tim Blanck die vermutlich untreue Ehefrau eines deutschen Millionärs beschatten. Doch schon bald wird ihr Geliebter ermordet aufgefunden, die junge Frau verschwindet spurlos und der Millionär begeht im Gefängnis Selbstmord. Blanck ermittelt auf eigene Faust in den Kreisen der mallorquinischen High Society, zu der auch hochrangige Polizeivertreter gehören. Ausgerechnet hier stößt er auf eine Spur seiner Tochter.
Wer z.B. die Zack Herry-Reihe des Autorenduos Kallentoft und Luttemann kennt, weiß, dass seine Protagonisten zerrissene Figuren sind, immer an der Grenze der Legalität, am Rande des Abgrundes mit Alkohol, Drogen und Gewalt leben und sich eher außerhalb der Gesellschaft bewegen. Auch Tim Blanck ist solch eine ambivalente Persönlichkeit. Kallentofts Schreibstil ist geprägt von schnellen Schnitten und abrupten Wechseln zwischen Gegenwart und Vergangenheit und den Perspektiven verschiedenen Figuren. Die Handlung ist komplex, aber äußerst schlüssig konstruiert und hochspannend!

Veröffentlicht am 21.07.2020

Kostbare Lektüre

Kostbare Tage
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,,Tja, das war's dann", sagt Dad Lewis nach seiner Krebsdiagnose zu seiner Frau Mary. Ihre Antwort lautet: ,,Ich möchte nicht, dass du schon gehst." So undramatisch, fast sachlich erzählt Kent Haruf vom ...


,,Tja, das war's dann", sagt Dad Lewis nach seiner Krebsdiagnose zu seiner Frau Mary. Ihre Antwort lautet: ,,Ich möchte nicht, dass du schon gehst." So undramatisch, fast sachlich erzählt Kent Haruf vom letzten Sommer, den Dad Lewis in der fiktiven Kleinstadt Holt in der Nähe von Denver erlebt. Dabei lässt gerade die lakonische und sachliche Erzählweise dem Leser viel Raum für Emotionalität, die dadurch, dass sie nicht explizit ausgedrückt wird, umso eindringlicher wirkt.
Dad Lewis verlebt seine letzten Wochen und Tage mit seiner Frau Mary und der Tochter Lorraine, die zur Unterstützung ihrer Eltern nach Holt zurückkehrt. Dad Lewis sitzt auf der Terrasse, schaut auf die vertraute Landschaft, die Nachbarhäuser, bekommt Besuch von seinen Angestellten, den Nachbarn oder dem neuen Reverend, der mit seinen Ansichten keinen leichten Stand in der Gemeinde hat. Diese eigentlich alltäglichen Begegnungen bekommen eine besondere Bedeutung, da es vielleicht letzte Begegnungen sein werden. Auch diese Szenen werden unaufgeregt geschildert, Dad Lewis' Krankheit wird von allen, vor allem von ihm selbst, recht sachlich, aber knapp thematisiert. So bleibt ihm Zeit, noch offene Angelegenheiten zu klären. Lorraine und Mary fahren mit ihm noch einmal durch die kleine Stadt und besuchen Orte, die Dad Lewis noch einmal sehen möchte. So kann er Erinnerungen aufleben lassen und gleichzeitig Abschied nehmen. Sehr bewegend fand ich, wie liebevoll und vertraut die Familie und insbesonders auch die Eheleute miteinander umgehen. Allerdings beschäftigen Dad Lewis auch unangenehme Gedanken und Träume. Zu seinem Sohn Frank hat er nach einem bösen Streit seit Jahren keinen Kontakt mehr. Auch Marys Suche nach dem ,,verlorenen Sohn" verläuft erfolglos. Und so spricht Dad Lewis in den stillen Nachtstunden mit ihm und auch mit seinen verstorbenen Eltern.
Wie in den anderen Romanen von Kent Haruf gibt es Nebenfiguren und mit ihnen neue Geschichten. So zieht z.B. die kleine Alice im Nachbarhaus ein. Nach dem Tod ihrer Mutter lebt sie nun bei ihrer Großmutter. Ihre Jugend verleiht der teils doch sehr melancholischen Stimmung einen zarten Hoffnungsschimmer.
,,Kostbare Tage" ist keine leichte Lektüre, sondern ein berührender und vielschichtiger Roman über Liebe, Vertrauen und Lebensfreude, aber auch über Kummer, Abschied, Sterben und Fehler im Leben, die nicht immer wiedergutzumachen sind.

Veröffentlicht am 05.07.2020

Lost ist angekommen

Schwarzer August
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Sein Name ist Programm - Leander Lost wirkt immer etwas verloren in der normalen Welt. Er als Asperger versteht weder Ironie noch Zwischentöne, wodurch er zu Beginn seines Austauschaufenthalts bei der ...


Sein Name ist Programm - Leander Lost wirkt immer etwas verloren in der normalen Welt. Er als Asperger versteht weder Ironie noch Zwischentöne, wodurch er zu Beginn seines Austauschaufenthalts bei der portugiesischen Polícia Judicária in Faro ziemlich angeeckt ist und was auch jetzt noch zu teils aberwitzigen Dialogen führt. Inzwischen haben sich die Kollegen aber an seine Merkwürdigkeiten gewöhnt und ihn als brillanten Ermittler schätzen gelernt. Dazu hat auch Soraia, die Schwester von Losts Kollegin Graciana Rosado entscheidend beigetragen. Sie hat sich unsterblich in den seltsamen Deutschen verliebt und kann sein Verhalten akzeptieren und verstehen. Aus diesem Grund ist sie zu Beginn des nunmehr 4. Bandes in Losts Villa eingezogen und die beiden Verliebten genießen ausgiebig ihre Zweisamkeit. Doch da explodiert im Hinterland der Algarve eine Autobombe, was es in der Region noch nie zuvor gab. Eine kleine Bankfiliale wurde in die Luft gesprengt, glücklicherweise aber an einem Sonntag, sodass niemand zu schaden kam. Merkwürdigerweise wurde die Bank aber auch nicht ausgeraubt. Kurz darauf werden drei Thunfisch-Trawler in die Luft gesprengt. Wieder kommt niemand zu Schaden. Allerdings taucht ein Manifest auf, das sich unter anderem gegen die Ausbeutung der Meere richtet. Lost und seine Kollegen ermitteln und stoßen auf einen Täter, der mit seinen rätselhaften Bekennerschreiben die Polizei herausfordert. Offensichtlich geht es dem Täter um Gerechtigkeit, Bloßstellung von Ausbeutern und deren Gier. Immer wieder kreuzt dabei der Journalist Julio Moreno die Wege der Ermittler. Obwohl er verdächtig ist, fühlt sich Graciana Rosado unwiderstehlich zu ihm hingezogen....
Auch in diesem 4. Fall verknüpft der deutsche Autor mit portugiesischem Pseudonym einen spannenden und abwechslungsreichen Fall mit der leicht melancholischen Atmosphäre der Region und setzt familiäre und freundschaftliche Bande zwischen den Kollegen der Polícia Judicária geschickt in Szene. Ein wunderbarer Krimi, der gut unterhält, Lust auf ein Glas Vinho Verde und Urlaub an der Algarve macht.