Wortwitz und schwarzer Humor
Helga räumt auf“Große Einhelligkeit löst bei ihr eben reflexartig eine gewisse Skepsis aus, fast schon aus Trotz. Da ist es dann nämlich oft zur Dunkelheit nicht weit. Und allein die Tatsache, wem alles in diesem Land ...
“Große Einhelligkeit löst bei ihr eben reflexartig eine gewisse Skepsis aus, fast schon aus Trotz. Da ist es dann nämlich oft zur Dunkelheit nicht weit. Und allein die Tatsache, wem alles in diesem Land schon mit großer Mehrheit zugejubelt wurde, gibt Grund genug, sich so einen kollektiven Jubel ganz genau anzuschauen.”
Ich habe mich so auf diese Fortsetzung gefreut. Teil eins “Walter muss weg” hat mich sehr begeistert und die Protagonistin hat sich in mein Herz geschlichen, auf leisen Sohlen, mit Gehstock, Stützstrümpfen und ihrer ruppigen, eigenen Art. Hannelore Huber ist eine großartige Romanfigur und nun in Teil zwei konnte ich sie und die weiteren Glaubenthaler noch besser kennenlernen und ich feier die Huberin.
Thomas Raab nimmt Leser*innen wieder mit in diesen beschaulichen und fiktiven Ort Glaubenthal. Die Beschreibung ähnelt Oberösterreich, Richtung Bayern, viel Wald, Ruhe und vermeintliche Idylle. Teil zwei dieser Krimireihe ist wieder kurzweilig und sehr unterhaltsam, ich bin abgetaucht in diese Familienfede und habe mit Hanni versucht den Überblick über all die Leichen zu behalten,sowie versucht zu verstehen welche Rolle die junge, mysteriöse Helga in dem ganzen Drama spielt. Durch den großartigen Erzählstil des Autors war es mir ein Vergnügen diesen ganzen Verstrickungen und Ereignissen zu folgen. Ich hoffe für den Friedhof und die Friedhofsmitarbeiter Glaubenthals, dass sie die Arbeit und den ordentlichen Nachschub bewältigt bekommen.
“Es schützt Bildung eben vor Dummheit nicht. Dummheit vor Bildung hingegen sehr wohl.”
Seine Fabulierkunst zeigt Thomas Raab auch hier wieder gekonnt,er bewegt sich zielsicher zwischen den größtenteils unsympathischen, skurrilen und verbitterten Personen und dem Hass, der Aggressionen und Ereignissen. Die ganze Geschichte ist wieder gespickt mit viel Sarkasmus, Ironie, Wortwitz und schwarzem Humor. Nicht unerwähnt soll auch das absurde Polizeiduo bleiben, ich habe mich wieder königlich amüsiert und war ganz kurz vor Fremdscham.
“Es gibt keine Ausrede für freiwillig gewählte Wehrlosigkeit. Keine einzige.”
Skurrile Personen, viele Leichen, eine über siebzigjährige Protagonistin, die unfreiwillig Miss Marple in einem kleinen Dorf spielt mit allerlei Durcheinander und von Hass getriebenen Familienfehden plus großartige Fabulierkunst und gediegener Erzählstil, schwarzem Humor und viel Wortwitz sind ein garantiertes Rezept für tolle Lesestunden und eine große Leseempfehlung! Ich will bitte mehr.