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Veröffentlicht am 01.10.2020

White Christmas - Das Lied der weißen Weihnacht

White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht
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Handlung
Hollywood, Heiligabend 1937
Für Irving Berlin ist Weihnachten stets ein besonderer Tag. Nicht nur verbindet er damit schöne Zeiten und sein größtes Glück, sondern er hat zu dem Fest auch einen ...

Handlung
Hollywood, Heiligabend 1937
Für Irving Berlin ist Weihnachten stets ein besonderer Tag. Nicht nur verbindet er damit schöne Zeiten und sein größtes Glück, sondern er hat zu dem Fest auch einen schweren Schicksalsschlag erleiden müssen. Nun ist er im Jahr 1937 erstmals ohne seine Familie am Heiligen Abend in Kalifornien. Ein Weihnachten, wie er es nicht wirklich kennt: mit Sonnenschein, Palmen und Wärme. Der Jazz-Komponist sehnt sich nicht nur nach seiner Familie, sondern auch nach den weißen Weihnachten seiner Kindheit. Um seiner Sehnsucht Ausdruck zu verleihen, hat Irving die fixe Idee, ein Weihnachtslied zu schreiben...

Meinung
Ich mag das Cover gerne, besonders der leicht verblasste und damit nostalgische Effekt spricht mich sehr an. In einem kräftigen Rot, einer Farbe, die leicht mit Weihnachten zu verbinden ist, wurde der Titel gehalten. Genau dieser Farbton findet sich ebenfalls im Mantel der Dame, sowie im Symbol des Verlags wieder. Das ist sehr passend und ich mag es, dass die Farbe wiederholt aufgegriffen wird. Der obere Buchrand wurde in einem dezenten Beige gehalten, dort sind lediglich einige Schneeflocken zu sehen. Dadurch wird die Aufmerksamkeit direkt auf den Titel, sowie den unteren Bildrand gelenkt. Dort ist ein Pärchen beim Schlittschuhlaufen zu sehen, beide wirken beschwingt und glücklich. Im Hintergrund sieht man einen Ausschnitt von Manhatten und es wirkt einfach idyllisch und wunderschön. Je länger ich das Cover betrachte, desto mehr mag ich es!

Mir ist der Roman direkt in der Verlagsvorschau aufgefallen. Nicht nur, weil ich Michelle Marly als Autorin sehr schätze und einige Bücher von ihr gelesen habe, sondern auch, weil mich die Geschichte sofort interessiert hat. Ich meine, der Song ist ein Klassiker und ich weiß nicht, wie oft ich ihn in der Weihnachtszeit jedes Jahr höre. Und nun zu erfahren, wie die Geschichte dahinter ist, hat durchaus seinen Reiz. Und wenn man sich den Klappentext durchliest, kann man sofort herauslesen, wie sonderbar die Entstehung eigentlich ist. Ein Stück weit habe ich auf den Erscheinungstermin hingefiebert und ich habe mich sehr darüber gefreut, vom Aufbau Verlag ein Rezensionsexemplar zu erhalten. Nochmals herzlichen Dank dafür!

Ich muss sagen, dass ich einen sehr angenehmen Start in die Handlung hatte. Es gibt einen Vorspann, der einen Einblick in die Vergangenheit gibt und bereits erste Motive nennt, die später eine Bedeutung in Irving Berlins leben haben. Danach startet die Haupthandlung und ich habe direkt gut 100 Seiten in einem Rutsch gelesen, weil mich das Buch ziemlich gefesselt hat und ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht und was der Jazz-Komponist noch erleben wird. Ich denke, dass sich der Roman gut an einem Tag lesen lässt. Es handelt sich um eine lockere Lektüre, die flott ist und einen sehr angenehmen Schreibstil hat. Ich habe für das Buch am Ende gute anderthalb Tage gebraucht, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre mir dies auch an einem Tag möglich gewesen.
Ich mochte die Schreibweise sehr. Besonders hat es mir gefallen, wie stimmungsvoll die Szenen waren und wie gut ich mir nicht nur die Orte, sondern auch die Charaktere vorstellen konnte. Ich hatte vorweg nicht nach Irving Berlin gegoogelt und hatte dementsprechend auch kein richtiges Bild des Mannes vor Augen. Ich habe mich beim Lesen vollkommen auf die Beschreibungen der Autorin, sowie auf meine Fantasie verlassen und am Ende entstand ein Bild, welches dem des Komponisten recht nahe kommt. In diesem Zusammenhang hat es also richtig Spaß gemacht, immer weiterzulesen.

Die Handlung findet immer in unterschiedlichen Jahren statt. Einmal werden Szenen aus dem Jahr 1937 eingestreut, hier erlebt man das Weihnachtsfest mit Irving Berlin mit und begleitet ihn von der ersten Idee eines Weihnachtsliedes bis hin zur Umsetzung dessen. Und dann gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang, der 1924 beginnt und 1928 endet. Hier gibt es einige Details zu Berlins Schaffen, seiner täglich Arbeit und seinen Werken. Außerdem wird die Liebesgeschichte von Irving und Ellin Mackay erzählt und beschrieben. Dabei ist hier Ellin die einzige Erzählerin, sie gibt tiefe Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt und man lernt ihren Charakter am Ende sogar ein bisschen besser kennen als den von Irving Berlin. Ich mochte diese Mischung an sich sehr gerne, es gibt immer wieder Abwechslung und es wird nie langweilig. Zudem war ich mir lange Zeit nicht sicher, wie die Liebe der Beiden weitergehen wird, ob sie Bestand haben wird und ob der Jazz-Komponist und Ellin am Ende heiraten. In diesem Zusammenhang mochte ich die zweigeteilte Erzählung sehr gerne.
Einzig einige Kapitel, die in Europa spielen und auf denen Ellin auf den Spuren des Judentums ist, finde ich etwas zu viel. Sie hat hier fast manische Züge bekommen und ich fand Ellin in diesen Kapiteln etwas befremdlich. Zudem haben sie irgendwie nicht ganz zu dem Rhythmus des restlichen Buches gepasst und ich finde, dass hier ein paar Kürzungen ganz angebracht gewesen wären.

Ich war richtig begeistert davon, wie viele Stimmungen beim Lesen übertragen wurden. Es hat einfach richtig Spaß gemacht, dadurch noch tiefer in die Geschichte einzutauchen und sich fast schon wie ein Teil dessen zu fühlen. Ich finde, je mehr sich die Handlung dem Ende zuneigt, desto stärker werden Stimmungen fühlbar und man kann gerade auf den letzten, ungefähr 50 Seiten eine tolle Bindung mit den Protagonisten aufbauen. Hier sind die Stimmungen am stärksten, man kann sich am besten mitfreuen, aber auch mittrauern.
Teilweise finde ich auch, dass bestimmte Settings eine Stimmung übertragen. In Ellins Elternhaus war diese etwas gedrückt und kühl, in Irving Berlins Wohnung hingegen wirkte sie freundlich und einladend. Und genauso zieht sich dies durch den Roman, was mir richtig gut gefallen hat!

Es gibt viele Handlungsorte, die alles eines gemeinsam haben: ich konnte sie mir recht gut und farbenfroh vorstellen. Und je nach der Stimmung, die ein jeder Ort ausstrahlt, desto farbenfroher oder düsterer war das Bild, welches meine Vorstellungskraft entwickelt hat. So habe ich das Haus von Ellins Vater stets in dunklen und gedeckten Farben wahrgenommen, während das Hotelzimmer von Irving in Kalifornien immer sehr freundlich und hell wirkte.
Und auch die Beschreibungen der Orte mochte ich gerne. Sie waren meist ziemlich kurz gehalten, trotzdem gut vorstellbar und häufig konnte man den Charme, der ein jedes Setting ausmachte gut wahrnehmen. Man kann verstehen, weshalb die Protagonisten manche Örtlichkeiten mochten oder ablehnten.

Ich würde sagen, dass es eine angenehme Anzahl an Personen gibt, es sind nicht zu viele, es wird aber auch nie zu eintönig, weil stets dieselben auftreten. Ein jeder hat einige Charakterzüge erhalten, die mit zunehmenden Auftritten mehr werden und dadurch lernt man sie immer besser kennen. Doch man merkt, dass eindeutig Irving Berlin und Ellin Mackay im Mittelpunkt stehen, um sie dreht sich der Großteil der Handlung und sie haben die am tiefsten gehenden Wesen erhalten, man lernt sie als Leser am besten kennen und kann sie daher ganz gut einschätzen. Ich mochte es sehr, dass sich so genau auf zwei Personen konzentriert wurde und man so viele Einblicke in ihre Gedanken und Gefühle erhält. Das trägt auch dazu bei, dass man gut eine Bindung mit den Beiden aufbauen kann und sie fühlen sich am Ende wie gute Bekannte an.
Ich mochte immer Irving ein bisschen lieber. Ich fand seinen Charakter einfach interessanter und besonders gefallen hat mir die Ruhe und Gelassenheit, die er in den meisten Momenten ausgestrahlt hat. Das zeugt von viel Reife, aber auch davon, dass Irving mit sich im Reinen ist und genau das mag ich bei Protagonisten immer sehr gerne. Ich fand ihn von der ersten Seite an sympathisch und habe mich auch nach dem Beenden des Romans noch ein wenig im Internet über den Komponisten schlau gemacht.
Ellin ist an sich ebenfalls ein freundlicher und liebevoller Charakter, doch mit ihr konnte ich mich nicht ganz so gut anfreunden. Manchmal war sie mir zu impulsiv, über viele Aspekte hat sie sich zahlreiche Gedanken gemacht, ist am Ende aber häufig im Kreis gelaufen, weil sie es allen recht machen will. Oft hatte ich ein wenig das Gefühl, als würde Ellin in einer Blase leben, wo schlussendlich alles nach ihrer Pfeife tanzt. Und das fand ich mit der Zeit ein wenig anstrengend, wobei ich sagen muss, dass ich finde, dass Ellin am Ende reifer, erwachsener und ruhiger geworden ist. Lange Zeit hat mir ihr Wesen nicht ganz zugesagt, als der Roman sich immer mehr dem Ende zuneigt, konnte ich erkennen, was Irving an der jungen Frau mag.

Fazit:
Mein zweiter weihnachtlicher Roman für dieses Jahr ist ausgelesen und ich fand ihn äußerst informativ. Nicht nur die Entstehung des berühmten Liedes, sondern auch die Vorstellung eines Weihnachtens in warmen Gefilden war ein interessanter Einblick und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Ich mochte die Schreibweise sehr gern, ebenso wie Irving Berlin, das Setting und die stimmungsvollen Beschreibungen. Dadurch hat es mir viel Freude gemacht, in den Roman einzutauchen und mich darauf einzulassen. Und ich bin immer noch der Meinung, dass es eine perfekte Lektüre für einen Tag ist!
Ich hatte bereits einen kleinen Aspekt angedeutet, den ich nicht so perfekt fand: die Kapitel in Europa. Diese stören mich wirklich ein wenig und ich habe mich dazu entschlossen, dafür einen halben Stern in meiner Bewertung abzuziehen.
Ansonsten habe ich absolut nichts zu kritisieren, ich habe allerhand positive Punkte genannt, sodass ich denke, dass man herauslesen kann, dass ich das Buch auf jeden Fall weiterempfehle. Es macht viel Freude auf die Vorweihnachtszeit und vor allem darauf, endlich wieder Weihnachtslieder zu hören!

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Madame Curie und die Kraft zu träumen

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Handlung
Paris 1891
Schon als Kind sind die Naturwissenschaften Maries große Leidenschaft. Und sie träumt davon, in Paris zu studieren, etwas, was sie in ihrer von Russland besetzten polnischen Heimat ...

Handlung
Paris 1891
Schon als Kind sind die Naturwissenschaften Maries große Leidenschaft. Und sie träumt davon, in Paris zu studieren, etwas, was sie in ihrer von Russland besetzten polnischen Heimat leider nicht kann. Mit viel Durchhaltevermögen, Kraft und Fleiß gelingt es der jungen Frau schließlich, an der Sorbonne zu studieren. Doch nicht immer erweist sich die Studienzeit als einfach. Zahlreiche Männer sehen es nicht gerne, dass eine Frau sich wissenschaftlich so stark hervorhebt und Marie muss mit allerlei Anfeindungen kämpfen.
In dem Physiker Pierre Curie hat Marie direkt einen Verbündeten, dieser ist nicht nur von dem Ehrgeiz der jungen Frau, sondern auch von ihrem Charakter begeistert. Marie weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der Mann ihre große Liebe sein wird und sie mit ihm unglaubliche Erfolge erleben wird. Doch trotz vielem Glück wird das Leben der Wissenschaftlerin immer wieder von tragischen Schicksalsschlägen begleitet sein...

Meinung
Mir gefällt das recht schlichte und nicht zu überladene Cover gut. Es gibt einige Details in einem schönen Beeren-Ton, der wunderbar auffallend ist und sich auch in der Jacke der Dame wiederfindet. Zudem strahlt der Titel so umso auffälliger und der Blick wird erst einmal direkt darauf gelenkt, bevor man das restliche Cover wahrnimmt.
Am unteren Bildrand steht eine Frau neben einem Fluss und betrachtet einige Gebäude oder schaut nachdenklich in die Ferne. Hier stelle ich mir vor, dass es sich bei der Stadt um Paris handelt und Marie Curie die Dame darstellt. Es würde auf jeden Fall anhand der Kleidung passen, ein ähnliches Kleid mit passender Jacke wird auch im Roman beschrieben. Ich finde es sehr passend, dass dieses für Marie Curie wichtige Kleidungsstück auch auf dem Cover zu sehen ist, welches sie bei einigen wichtigen Ereignissen begleitet hat.
Insgesamt finde ich das Bild schön, es hat eine ganz eigene Dynamik, ist stimmig und bereitet ein wenig auf den Roman vor. Es würde mir in einer Buchhandlung definitiv auffallen!

Auf dieses Buch bin ich bei Vorablesen erstmals aufmerksam geworden, zuvor hatte ich es tatsächlich nicht auf dem Schirm. Und als ich dort die Inhaltsangabe durchgelesen habe, hat mich die Geschichte irgendwie nicht losgelassen. Madame Curie ist mir selbstverständlich bekannt und ich kenne ihre größten Erfolge, doch über das Leben der berühmten Wissenschaftlerin, ihren Werdegang, ihre Herkunft und ihr Privatleben habe ich absolut keine Kenntnisse. Und da ich unglaublich gerne Geschichten von starken Frauen lesen, stand für mich schnell der Entschluss, dass ich auf jeden Fall mein Glück versuchen werde und habe kurzerhand einen Leseeindruck verfasst, der tatsächlich dazu geführt hat, dass ich mich über ein Exemplar des Buches freuen konnte! Auch hier nochmals herzlichen Dank an Vorablesen, sowie den Ullstein Verlag!

Als erstes positiv ins Auge gefallen ist mir das Personenverzeichnis. Dort werden die wichtigsten handelnden aufgelistet, man kann sich einen Eindruck von der Personenfülle machen und es ist auch möglich, sich über Verwandtschaftsverhältnisse zu informieren. Anhand der Fülle an Protagonisten fand ich diese Auflistung sehr hilfreich und förderlich und mir hat es direkt gefallen, wie viele Personen aus Maries Verwandtenkreis auftreten. So entsteht nämlich ein ganz besonderes Bild der Person, man kann Familiendynamiken betrachten und ich empfand die Handlung dadurch als nochmals lebendiger und natürlicher.
Zudem fand ich es sehr interessant, dass bis auf zwei Ausnahmen alle anderen Charaktere tatsächlich gelebt haben. Allein durch dieses Detail am Anfang erhascht man als Leser einen Einblick auf die tiefgehende und ausführliche Recherchearbeit!

Von der ersten bis zur letzten Seite hat mir der Schreibstil ganz hervorragend gefallen. Die Geschichte lässt sich unglaublich locker und flott lesen, es gibt zahlreiche bildhafte Beschreibungen und mein ganz besonderes Highlight war zu sehen, wie Marie älter und reifer wird und sich weiterentwickelt. Das wurde nicht nur stark beschrieben, sondern man konnte es auch spüren, da man die Persönlichkeit nicht nur als Erwachsene Frau, sondern auch als Kind und Jugendliche kennenlernt und sie somit auf einem großen Teil ihres Lebens begleiten kann.

Mir gefällt die Ausgangssituation, die vorliegt, sehr gut. Die ältere Marie Curie, die sich im Rentenalter befindet, schaut in Rückblicken auf bestimmte Zeiten ihres Lebens zurück. Dabei reist man zusammen mit ihr in ihre Kindheit und Jugend, erfährt von Schicksalsschlägen und lernt ihre Familie kennen, später begleitet man die junge Frau während ihres Studiums und schließlich bei ihrem großen wissenschaftlichen Durchbruch. Dabei nehmen diese Szenen deutlich mehr Platz ein als die im Jahre 1926, wo Marie Curie nach und nach ihre Lebensgeschichte lüftet.
Ich mochte diese Art der Erzählung sehr gerne, ich finde, dass die Handlung dadurch lebendiger wirkt und man als Leser leicht davon mitgerissen wird. Zudem kann man, wie ich schon erwähnt hatte, eine Entwicklung ihrer Person sehen und es gibt Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Curie. Auf diese Weise ist es häufig leicht, eine Bindung zu ihr aufzubauen und die Geschichte erhält noch mehr Tiefe.

Es wurde eine einfache Sprache verwendet, die immer dann viel Anspruch erhält, wenn chemische und physikalische Begriffe und Zusammenhänge erklärt wurden. Und obwohl die Autorin dafür auch nicht unglaublich viele Fachbegriffe genutzt und versucht hat, diese so leicht verständlich wie möglich zu schildern, hatte ich doch häufig ein paar kleine Verständnisprobleme. Vielleicht, sogar sehr wahrscheinlich, liegt dies auch an der Tatsache, dass ich nie sehr gut in den naturwissenschaftlichen Fächern war und mich häufig auch nicht sonderlich dafür interessiert haben. Meine Stärken und Interessen lagen eindeutig auf anderen Gebieten und ich kann mir daher gut vorstellen, dass ich vor allem deshalb ein paar Probleme damit hatte, das Gelesene zu verstehen und in einen vernünftigen Zusammenhang zu bringen.

Immer wieder werden historische Fakten in die Handlung eingebunden, die sich vor allem auf die Wissenschaft und das Land Polen mit seiner Unabhängigkeit und der Dominanz vonseiten Russland beziehen. Hierbei handelt es sich um die beiden Hauptaugenmerke, natürlich neben der Lebensgeschichte von Marie Curie. Beide Themen tauchen immer mal wieder auf, nehmen aber nicht zu viel Platz ein. In eindringlichen Worten werden Situationen geschildert, man erfährt Informationen über heimliche Universitäten und über Unterricht, der sich gegen die Anordnungen von der Regierung richtet. Man lernt über die Stellung der Frau in der Wissenschaft, über die Entwicklung dessen und wissenschaftliche Zusammenhänge. Es wird in dieser Hinsicht ein angenehm großes Bild vermittelt und man erhält ein gutes Gefühl dessen, wie die Stimmung zur Handlungszeit war und welche Themen die Bevölkerung beschäftigt hat.
Und natürlich sieht man auch die hervorragende Recherchearbeit der Autorin anhand der unglaublich vielen Details über Marie Curies Leben. Über Begegnungen und Forschungen, über familiäre Hintergründe und Gemütszustände. Hier liegt eindeutig das Hauptaugenmerk und ich finde, dass es Susanna Leonard hervorragend gelungen ist, die Wissenschaftlerin in einem glaubwürdigen Licht darzustellen und sie dem Leser näherzubringen.

Die Handlung teilt sich auf zwei Länder auf, einmal gibt es viele Szenen in Polen und später hat die Geschichte dann ihren Schwerpunkt in Frankreich. In Polen erlebt der Leser Marie an verschiedensten Orten, sowohl in ihrer Heimatstadt Warschau, als auch auf den Gehöften von Verwandten oder bei ihrem Arbeitgeber. In Frankreich hat die Geschichte ihren Mittelpunkt in Paris, nur wenige Szenen finden an einem anderen Ort statt. Eines hat jedes Setting gemein: obwohl sie nicht mit vielen und bildhaften Worten ausgeschmückt wurden, konnte ich sie mir hervorragend vorstellen! Egal ob Wohnungen, Universitätsgebäude oder Landschaften. Jeder Handlungsort hat irgendwie meine Fantasie angeregt und mir dazu verholfen, dass ich mir das Beschriebene gut vorstellen konnte.

Bei den Protagonisten hat mir besonders gut gefallen, wie die Autorin zahlreiche Familienmitglieder von Marie Curie hat auftreten lassen. So entsteht ein sehr lebendiges und authentisches Bild, welches einzigartig ist und überzeugen kann. Auch wenn ich es etwas schade finde, dass man später oft nicht erfährt, was mit manchen Tanten und Onkels, Cousinen und Cousins passiert. Irgendwann werden sie einfach nicht mehr erwähnt und der Fokus legt sich mit zunehmender Handlung mehr auf die wissenschaftlichen Arbeiten der Curie. Ein paar kurze Worte über das weitere Leben der Personen wäre ganz schön gewesen, dies hätte man durchaus auch im Nachwort erwähnen können. Vielleicht sollte ich aber auch beachten, dass eventuell nicht immer genau überliefert ist, was aus den Verwandten geworden ist...
Irgendwie hat es mir gefallen, dass ich Marie nicht durchweg sympathisch fand. Oft hatte ich auch meine Momente, in denen ich ihre Art nicht recht verstanden habe und manche Entscheidungen und Handlungen habe ich kritisch betrachtet. Aber irgendwie hat dies auch zu dem eigensinnigen Charakter der Curie gepasst, sie wirkt auf mich nicht wie ein Mensch, der anderen gefallen will, sondern sie will einfach nur ihren Interessen, vor allem der Wissenschaft nachgehen. Ich mochte ihre Darstellung irgendwie, sie war besonders und ich denke, Marie Curie war ein wirklich einzigartiger Mensch!

Fazit
Ich bin so, so froh, mich für das Buch beworben zu haben. Es hat mir viel Freude bereitet, es zu lesen und in die Welt von Marie Curie einzutauchen. Ich finde es mittlerweile richtig schade, dass die Frau nicht mehr in der Schule behandelt wird, sondern immer nur ihre wissenschaftlichen Entdeckungen und Erfolge genannt werden. Den es hat mich unglaublich begeistert und sprachlos gemacht, wie selbstlos sie auftritt und mit welchem Ehrgeiz sie bei der Sache ist. Das hat mich oft sprachlos gemacht, über so viele Jahre einer Forschung nachzugehen, ohne aufzugeben! Susanna Leonard hat es auf jeden Fall geschafft, dass ich größten Respekt vor der Wissenschaftlerin habe!
Einen kleinen Makel habe ich angesprochen, für den ich einen halben Stern abziehen werde. Ansonsten bin ich sehr begeistert und bin schon jetzt auf die folgenden Teile der „Ikonen ihre Zeit“-Reihe gespannt!

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Die Frauen von Gut Falkensee

Die Frauen von Gut Falkensee
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Handlung:
Westpreußen 1904
Eigentlich plant Charlotte von Bargelow ein ganz anderes Leben. Sie möchte frei sein, weiter in Paris studieren und einen Mann heiraten, den sie wirklich liebt. Doch um den verschuldeten ...

Handlung:
Westpreußen 1904
Eigentlich plant Charlotte von Bargelow ein ganz anderes Leben. Sie möchte frei sein, weiter in Paris studieren und einen Mann heiraten, den sie wirklich liebt. Doch um den verschuldeten Familiensitz zu retten, geht Charlotte eine Vernunftehe mit dem wohlhabenden Witwer Baldur von Krammbach ein. Und das, obwohl sie kurz vor der Hochzeit einen Mann kennengelernt hat, den sie wirklich liebt. Doch eine Zukunft mit dem Polen Karol scheint vollkommen ausgeschlossen. Kann Charlotte mit Baldur einigermaßen glücklich werden und den anderen, jüngeren Mann vergessen? Schließlich muss Charlotte eine Entscheidung treffen, die ihr Leben verändert und die über die Heimat der Familie von Bargelow entscheidet...

Meinung:
Ich mag das Cover recht gerne. Es hat einen verblassten Filter, was auf die Handlungszeit zurückführen sein könnte, im Hintergrund gibt es ein schönes Herrenhaus, welches durchaus das Hauptgebäude von Gut Falkensee darstellen könnte. Dazu ist ein Ausschnitt eines wunderschön angelegten Parks zu sehen, bei dem ich mir gut vorstellen kann, dass Charlotte, Alice, Veronika und Co. dort entlang flanieren. Der Himmel ist stellenweise ein wenig dunkler dargestellt, vielleicht deutet dies auf kommende, schwierigere Zeiten hin.
Im Vordergrund sieht man eine Dame, die dem Betrachter den Rücken zugewandt hat. Dazu hatte ich irgendwo gelesen, dass es sich um Charlotte von Bargelow handeln soll, was ich mir gut vorstellen kann. Sie nimmt im Roman eine der Hauptrollen ein, ist fast immer präsent und ich würde behaupten, dass man sie als Leser am besten kennenlernt, sie die meisten Facetten zeigt. Insgesamt kann man also einige Zusammenhänge mit der Handlung finden und ich mag das Cover gerne. Es würde mich in einer Buchhandlung definitiv ansprechen!

Mir ist der Roman erstmals in der Verlagsvorschau aufgefallen und er wanderte direkt auf meine Wunschliste. Vor einigen Wochen hatte ich mir dann mal die Leseprobe des Buches angeschaut und mein erster positiver Eindruck hatte sich nochmals bestätigt. Und damit hat sich mein Wunsch nochmals verstärkt, den ersten Band der Westpreußen-Saga zu lesen und in die Welt der von Bargelows einzutauchen. Freundlicherweise wurde mir der Roman vom Bastei Lübbe Verlag zur Verfügung gestellt, wofür ich mich wiederholt ganz herzlich bedanken möchte!

Ich muss sagen, dass mir durchweg ein Personenverzeichnis gefehlt hat. Es gibt sowohl Kapitel von den von Bargelows, als auch Einblicke in das Leben von deren Dienstboten. Und hier ist es mir teilweise etwas schwer gefallen genau zu benennen, welche Person genau welche Stellung einnimmt. Dabei hatte ich besonders Probleme bei den Küchen- und Dienstmädchen, ich konnte mir leider nie genau merken, welche Position sie im Haushalt genau einnehmen. Daher wäre für mich ein Verzeichnis der handelnden Personen mit dem Zusatz, welcher Arbeit sie im Haus nachgehen, ganz angebracht gewesen, zumal die Anzahl der auftretenden Menschen schon recht hoch war.

Ich hatte absolut keine Probleme damit, in die Handlung zu starten und mich auf diese einzulassen. Der Anfang war mir ja eh von der Leseprobe bekannt und ich habe mich gefreut, dass ich danach endlich weiterlesen konnte und bin voller Vorfreude und Interesse in die Welt von Gut Falkensee eingetaucht. Und ich muss sagen, dass mich die Geschichte schnell in ihren Bann gezogen hat, ich mochte ganz viele Aspekte des Buches, mochte die vielfältige Art der Erzählung und hatte einfach Spaß daran, die Charaktere zu begleiten und sie dabei zu beobachten, wie sie sich entwickeln!
Und auch die Schreibweise hat ganz viel dazu beigetragen, dass ich den Roman flüssig lesen konnte und ihn damit leider auch viel zu schnell ausgelesen hatte. Ich finde, dass die Sprache durchaus etwas der Handlungszeit angepasst wurde, ab und an kommen Begriffe vor, die heute nicht mehr so aktuell sind, deren Bedeutung mir aber trotzdem bekannt war. Dies hat meinem Lesefluss keine Probleme bereitet, sondern es hat zur Authentizität beigetragen und einen Teil der Stimmung ausgemacht.
Immer wieder gibt es stimmungsvolle Momente, die unterschiedlicher Natur waren. Oft war die Stimmung im Zusammenhang mit Frederick etwas gedrückt und es war deutlich eine traurige Aura spürbar. Und auch andere Stimmungen werden durchlebt, dazu zählt sowohl Freude als auch Wut, Enttäuschung und Hoffnung. Ich mag es, dass so viele unterschiedliche Gemütszustände vorkommen und in dieser Hinsicht so viel Variabilität geboten wird. Dadurch wirkte die Handlung auf mich lebendig und echt und viele Szenen wirkten so, als wären sie direkt aus dem Leben gegriffen.

Bisher kamen historische Details vor allem in der Lebensweise der Menschen vor. Man erhält ja sowohl einen Einblick in die Welt der Herrschaft, als auch in die der Dienerschaft. Und dabei erkennt man die sozialen Unterschiede, lernt unterschiedliche Lebensweisen und Tagesabläufe kennen. So habe ich mir tatsächlich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie früher Eis hergestellt wurde. Es werden u.a. solche Dinge im Roman geklärt und ich finde, dadurch ergibt sich ein runder Bild des Lebens am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist außerdem spürbar, dass sich im Deutschen Reich schon einige Veränderungen andeuten, u.a. wird die Arbeit in Fabriken immer reizvoller und die Dienstboten haben ein wenig mehr Freiheiten. Anhand solcher Details finde ich, dass sich eine angenehme Fülle an historischen Informationen im Roman befindet und ich bin damit vollkommen zufrieden!
Und auch über die Geschichte Polens, die mir zugegebenermaßen absolut nicht bekannt ist, werden einige Entwicklungen und Zustände genannt. Hier konnte ich stark mein Wissen erweitern und ich bin gespannt, wie sich diese im zweiten Band weiterentwickeln.

Ganze fünf Jahre vergehen auf den knapp 400 Seiten, wobei nicht jeder Monat und jedes Jahr ausführlich und mit allerhand Details versehen wird. Im Gegenteil, immer wieder gibt es Zeitsprünge, die die Handlung geschickt verkürzen und bei denen ich trotzdem nie das Gefühl hatte, etwas zu verpassen. Es war sogar angebracht, einige Zeiten immer mal zu überspringen, um die Handlung stets spannend und interessant zu halten. Zudem konnten erst gar keine Längen entstehen, die Geschichte hatte immer Schmackes und es hat Spaß gemacht, immer weiterzulesen.
Außerdem hat es mir gefallen, wie durch die Zeitsprünge ein episodenhaftes Erzählen entsteht. Man ist immer bei besonderen und für die weitere Handlung wichtigen Momenten als Leser mit dabei und ich habe mich dabei teilweise wie ein heimlicher Besucher der Szenen gefühlt. Zudem sticht der Roman durch diese Art der Erzählung stark hervor und zeichnet sich aus.
Es gibt einen allwissenden Erzähler, der eindeutig über viele Aspekte der Handlung informiert ist, diese dem Leser aber nur häppchenweise präsentiert und preis gibt. Auf diese Weise merkt man, dass die folgende Handlung weiterhin einen spannenden Charakter haben wird. Zudem gibt der Erzähler immer wieder ein paar Gedanken der Protagonisten preis, sodass man sich mit diesen etwas verbundener fühlt.
Außerdem nimmt der Erzähler verschiedene Positionen ein und so gibt es immer eine Person, die am Anfang eines jeden Kapitels genannt wird und aus deren Sicht die folgenden Ereignisse beschrieben wird. Dabei kann es sich um Charlotte oder ihren Bruder Frederick handeln, zwei der von Bargelow Sprösslinge, oder um Personen, die den Dienstboten angehören. So entsteht nicht nur eine vielfältige und abwechslungsreiche Sicht auf die Dinge, sondern man lernt unterschiedliche Stände kennen und kann nachvollziehen, wie die Menschen am Anfang des 20. Jahrhunderts gelebt haben. Finde ich sehr gelungen und ich mochte es sehr, wie sich die einzelnen Stränge immer mal miteinander verbunden haben und am Ende eine runde Geschichte ergeben haben.

Am Anfang neuer Kapitel wird also nicht nur erwähnt, welche Person gerade im Mittelpunkt steht und aus welcher Sicht folgende Ereignisse beschrieben werden, sondern auch der Handlungsort und die Zeit finden Erwähnung. Ein sehr wichtiges Detail, gerade durch die Zeitsprünge wäre man sonst vollkommen verloren und ich hätte nicht genau benennen können, wie viele Jahre genau vergangen sind. Und auch die Benennung des Ortes fand ich richtig gut. Ab und an gibt es doch einen wechselnden Handlungsort, so konnte man immer genau nachvollziehen, wo sich die Personen gerade aufhalten!

Als Haupthandlungsort dient das Gut Falkensee, andere Settings tauchen seltener auf. Eines haben alle gleich: sie wurden mit wenigen, eindrucksvollen und bildhaften Worten beschrieben und verströmten gewisse Stimmungen. Ein jeder Ort, egal ob dort viele oder wenige Szenen stattfinden, wurde gleichwertig behandelt und hat eine gute Zeichnung erhalten.
Mein liebster Handlungsort war ja durchweg Gut Falkensee. Ich fand das Hauptgebäude und die umliegenden Landschaften einfach traumhaft und konnte mir diese richtig gut vorstellen. Zudem fanden dort die meisten Szenen statt und dementsprechend lernt man diese Örtlichkeit als Leser auch am besten kennen. Dort hatte ich außerdem die detailreichsten Bilder und ich empfand die Dynamik als besonders. Gerade die Familienszenen waren einfach grandios!

Ich mochte die Vielfalt der Protagonisten sehr! Es gibt solche, die man auf den ersten Blick als sympathisch einschätzt, sich aber am Ende täuscht und das Ganze gibt´s auch vice versa. So kann man sich nie genau sicher sein, in welche Richtung eine Entwicklung gehen wird und auch dadurch bleibt die Handlung stets spannend.
Ganz besonders hat mir das Zusammenspiel von Dienerschaft und der Familie von Bargelow gefallen. Solche Verhältnisse mag ich in Romanen eh immer sehr gerne und auch hier empfand ich die Dynamik ganz besonders. Man lernt die Gedanken übereinander kennen und kann als Leser in beide Welten reinschnuppern.
Ich muss sagen, dass mir bis auf eine Ausnahme alle Personen gefallen haben. Egal ob ich sie als sympathisch oder unsympathisch eingeschätzt habe. Sie hatten etwas an sich, was besonders war und sie ausgezeichnet hat. Ein jeder Protagonist hat einen durchdachten und einzigartigen Charakter erhalten. Bei der Vielzahl an Personen ist dies wirklich bemerkenswert.
Leider empfand ich Karol durchweg als etwas schwierig. Ich mochte sein Auftreten, seine Art zu denken einfach nicht. Es hatte oft den Anschein, als würde er nur an sich denken und die Probleme anderer nicht immer als wichtig einstufen. Ich hätte mir gewünscht, dass er mitfühlender ist und versucht, Charlotte, ihre Ängste, Sorgen und Nöte zu verstehen. Stattdessen hat er einen Tunnelblick aufgesetzt und nur seine Angelegenheiten hatten Bedeutung. Karol hat nicht einmal versucht, sich in die Lage von Charlotte hineinzuversetzen und daher hatte ich nur wenige Sympathien für ihn. Bei ihm hätte ich es gut gefunden, wenn er sich entwickelt hätte und mehr auf seine Mitmenschen geachtet hätte.

Fazit:
Mein einziger kleiner, aber nicht zu verachtender Kritikpunkt ist die Darstellung und das Auftreten von Karol. Dazu hatte ich ja gerade einiges gesagt und wäre er nicht gewesen oder hätte er ein verständnisvolleres Wesen erhalten, hätte ich volle Punktzahl für den Roman gegeben.
Eine Familiengeschichte ganz nach meinem Geschmack. Es gibt nicht nur Einblicke in die Welt der Herrschaft, sondern auch in die der Dienstboten. Die Geschehnisse wurden auf bodenständige und authentische Art beschrieben. Es gibt nicht zu viel Drama und es hat einfach Spaß gemacht, den Roman zu lesen.
Ich bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und freue mich auf jeden Fall auf ein Wiedersehen mit der Familie von Bargelow! Dicke Leseempfehlung meinerseits!

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Veröffentlicht am 13.09.2020

Schicksalhafte Zeiten

Schicksalhafte Zeiten
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Handlung:
Berlin 1942
Der Kriegsschrecken nimmt immer mehr zu und hinterlässt seine Spuren in der Stadt und im Privatleben vieler Menschen. Luise, Margot mussten Edith ziehen lassen, der Judenhass Hitlers ...

Handlung:
Berlin 1942
Der Kriegsschrecken nimmt immer mehr zu und hinterlässt seine Spuren in der Stadt und im Privatleben vieler Menschen. Luise, Margot mussten Edith ziehen lassen, der Judenhass Hitlers hätte irgendwann auch die Hebamme erreicht. Sie wartet nun ungeduldig das Ende des Krieges ab und freut sich auf den Moment, in dem sie wieder nach Berlin ziehen und ihre Freundinnen in die Arme schließen kann. Luise arbeitet noch in der Frauenklinik Neukölln, doch das Schicksal der Zwangsarbeiterinnen nimmt sie mit und sie beschließt, den Frauen zu helfen. Margot arbeitet mittlerweile in einem Frauengefängnis, wo sie schwangere, zum Tode verurteilte Frauen betreut. Dabei lernt sie verschiedene Frauen kennen, die im Widerstand gekämpft haben und ein Entschluss reift in ihr, der auch für Margot schwere Folgen haben kann...

Meinung:
Auf den ersten Blick hat mich das Cover an die anderen beiden, bisher erschienen Teile erinnert. Im oberen Teil des Buches stehen die obligatorischen drei Damen, die den Betrachter freundlich anschauen, der damaligen Mode entsprechend gekleidet sind und bei denen bestimmte Details ihrer Kleidung farbig hervorgehoben wurden. Und wieder erinnern sie mich an Luise, Margot und Edith.
Am unteren Bildrand ist eine Stadtszene zu sehen, im Hintergrund sieht man ganz wunderschöne Gebäude, im Vordergrund einige Fußgänger, sowie zwei Fahrzeuge. Diese wirkt wie aus dem Leben gegriffen und gefällt mir recht gut.
Wieder wurden recht helle und freundliche Farben genutzt, nur die Schrift ist etwas dunkler. Vielleicht soll sie ja die grausame Zeit des Zweiten Weltkriegs symbolisieren... Auf jeden Fall finde ich das Cover ansprechend und schön gestaltet, es ist stimmig und sticht aus der Menge heraus.

Band eins und zwei habe ich jeweils kurze Zeit nach dem Erscheinungstermin gelesen und beide haben mir gut gefallen. So gut, dass ich immer unbedingt die Fortsetzungen lesen möchte und so viel kann ich schon mal verraten, auch diesmal freue ich mich schon jetzt unglaublich auf Band vier der Reihe! Ich mag es einfach, wie natürlich die drei Hebammen auftreten, wie sie sich immer weiterentwickeln und sich treu bleiben. Die Handlung wird trotz vieler ernster Stellen immer wieder aufgelockert und es gibt anhand von werdenden Müttern, die ein bisschen was über ihr Schicksal erzählen, zahlreiche Einblicke in die Lebensweisen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Es werden Sorgen und Nöte beschrieben und auch historische Ereignisse werden immer mal wieder mit eingebunden. Es entstehen einfach runde Geschichten, die interessant beschrieben werden!

Im Februar hatte ich den zweiten Band gelesen, seitdem ist ein wenig Zeit vergangen und nicht mehr jedes Details war mir in Erinnerung geblieben. Trotzdem hatte ich einen erstaunlich leichten Start in den Roman, es gab keine Schwierigkeiten, wieder in die Handlung zu finden und mich auf die folgenden Ereignisse zu konzentrieren.
Bereits nach kurzer Zeit hatte mich die Handlung wieder in ihren Bann gezogen und ich wollte das Buch nicht mehr weglegen. Ich wollte immer weiterlesen und mehr über die Erlebnisse, Freuden, Ängste und Sorgen von Margot und Luise erfahren. Zudem war die Schreibweise einfach traumhaft, locker und leicht, mit der passenden Portion an Ernsthaftigkeit an den passenden Textstellen und zahlreichen Schicksalen. Das alles hat dazu geführt, dass ich den Roman innerhalb von drei Tagen ausgelesen habe, dann war das Lesevergnügen auch schon wieder vorbei...
Ganz besonders hat mir auch diesmal gefallen, dass ganz viele Szenen einen ruhigen Unterton haben und nicht mit zu viel Drama ausgestattet wurden. Auf diese Weise entsteht eine angenehm bodenständige Handlung, die auch sehr gut ohne zu viel Spannung oder Katastrophen auskommt. Die Szenen wirkten viel authentischer und natürlicher und haben mich damit überzeugen können!

Ebenfalls sehr angenehm empfand ich die Länge der Kapitel. Gerade wenn ich mal wenig Zeit zur Hand hatte, war es mir doch möglich, ein paar Seiten zu lesen, ohne mitten in einem Satz oder Abschnitt aufhören zu müssen. Zudem wurde die Handlung immer sehr abwechslungsreich geschildert, von Edith, die sich in einem anderen Land aufhält, gibt es regelmäßig kurze Briefe am Anfang von Kapiteln, wo man einiges aus ihrem Leben erfährt und auf dem neuesten Stand gehalten wird. Und auch sonst wechseln sich die Kapitel von Luise und Margot regelmäßig ab, am Ende kommt auch noch eine weitere Hebamme dazu, eine Freundin des Hebammen-Trios, die ebenfalls ab und an zu Wort kommt. Auf diese Weise entsteht ein breitgefächertes Bild, man erhält Einblicke in verschiedene gesellschaftliche Schichten, Arbeiten und lernt Menschen aus anderen Ländern und mit diversen Gesinnungen kennen.

Den einzelnen Kapitel vorangestellt ist stets die Handlungszeit, sowohl der Monat, als auch das Jahr der folgenden Handlung werden genannt. Ich bin sehr dankbar, dass es dieses Detail auch diesmal wieder gab und man so einen Eindruck davon erhält, wie viel Zeit vergeht und man kann auch schauen, wie lange der Krieg noch dauern wird. Und es war auch wirklich sinnvoll, die Zeit zu benennen, schließlich werden einige Jahre im Verlauf der Geschichte vergehen und sonst wäre man definitiv verloren gewesen, zumal auch immer mal wieder ein paar Monate übersprungen werden. Am Ende werden auf den 400 Seiten vier Jahre vergehen, von denen manche Zeit detaillierter beschrieben wird, manche eher weniger. Für mich blieb die Geschichte dadurch stets interessant und es entstanden keine Längen.

Ich weiß noch, dass ich im vorigen Teil etwas bemängelt habe, dass ich gern mehr über die Arbeitsabläufe und Tätigkeiten einer Hebamme erfahren hätte. Und mir scheint es, als wäre meine Hoffnung erhört wurden. Die Szenen, in denen die Hebammen zufällig wo vorbeigekommen sind, wo eine Schwangere in den Wehen lag waren deutlich reduziert und tauchten jetzt in einem angenehmeren Maß auf. Stattdessen gibt es viel mehr Abschnitte darüber, wie die Hebammen in ihren jeweiligen Wirkungsstätten ihre tägliche Arbeit verrichten, Schwangere untersuchen und begleiten und deren Babys auf die Welt holen. Zudem mochte ich es diesmal sehr, wie unterschiedlich die Frauen sind, die die Hebammen begleiten. Seien es Zwangsarbeiterinnen, normale Frauen, deren Männer im Krieg sind und die teilweise ihre Wohnungen verloren haben oder die linientreue Gattin eines SS-Mitglieds. Dadurch erhält man nicht nur Einblicke in die unterschiedlichen Lebensweisen, sondern man sieht auch, welch große Unterschiede es in der Versorgung des Volkes gibt.

Ich hatte vorhin ja bereits erwähnt, dass ich es sehr mag, dass nicht unnötiges und kompliziertes Drama eingefügt wurde. Ein großer Teil der Szenen hat einen recht ruhigen Ton, es werden normale (je nachdem, was im Krieg normal war) Tagesabläufe und die alltägliche Arbeit der Hebammen beschrieben. Zudem gibt es auch immer wieder Informationen über das Privatleben dieser, ab und an gibt es auch kleine Einblicke in die Gedankenwelt. Auch dies trägt zur abwechslungsreichen und nie langweilig werdenden Handlung bei.
Ich mochte es auch sehr, dass ich nie genau benennen konnte, wie die Geschichte von Luisa und Margot weitergehen wird. Immer wieder haben mich Taten und Aussagen überrascht und die Handlung damit spannend gestaltet. Ich habe zwar häufig ein wenig darüber nachgedacht, wie die weitere Handlung aussehen könnte, wurde aber durch Wendungen immer wieder überrascht und dadurch habe ich die Geschichte mit großem Interesse verfolgt.

Es gibt eine Einheit des Handlungsortes, jede Szene findet in einem der vielen Stadtteile von Berlin statt. Dabei lernt man nicht nur die Privatwohnungen von den Hebammen kennen, sondern auch die einiger Schwangeren. Man betritt zusammen mit Margot und Luise Bunker und wird mit eingestürzten und zerstörten Gebäuden konfrontiert. Es gibt also eine bunte Mischung, die oft ein beklemmendes Gefühl auslöst, wenn man bedenkt, wie die Leute gerade ihre Wohnung, ihren sichern Hafen und ihr ganzes Eigentum verloren haben.
Und obwohl die verschiedenen Settings mit einfachen, nicht zu umschmückenden Worten umschrieben werden, habe ich mir doch vieles bildhaft vorstellen können. Ein wenig Schwierigkeiten hatte ich mit den Klinikgebäuden und der späteren Entbindungsstation auf der Luise arbeitet. Hier hat mich nicht nur meine Fantasie ziemlich im Stich gelassen, ich fand die Beschreibung dessen nicht ganz konkret. Ich konnte mir nie recht vorstellen, was gerade genau gemeint ist und wie sich alles durch den Krieg verändert hat.

Ich finde Luise, Margot und Edith einfach unheimlich sympathisch. Man merkt von Buch zu Buch, wie sie immer wieder mit ihrem Auftreten bestechen können und mit welch großer Zufriedenheit sie ihren Beruf ausüben. Die Begeisterung dessen ist ansteckend und ich habe mich über jeden neuen Erdenbürger gefreut, den die Damen auf die Welt geholt haben.
Es ist auch eine stetige Entwicklung zu sehen, die ich immer sehr begrüße und anhand derer man mitbekommt, wie die Hebammen reifer werden und nicht mehr die jungen Küken vom Anfang sind. Trotzdem fand ich es häufig schwierig mit vorzustellen, dass Luise und Margot mittlerweile gealtert sind und nicht mehr die zwanzigjährigen Damen vom Anfang sind. Sie treten zwar reifer, aber nicht älter auf, was ich doch etwas merkwürdig empfinde und was mich gestört hat. Ab und an gab es zwar eine Erwähnung dessen, dass die Hebammen gealtert sind, aber das hat mir nicht ausgereicht.
Ich finde es einerseits etwas schade, dass die Freundschaft der drei Damen immer mehr in den Hintergrund gerät und sie von ihrer Arbeit vollkommen in Beschlag genommen werden. Den gerade die Szenen, in denen die Freundinnen gemütlich beisammen sind und über Gott und die Welt philosophieren haben mir immer richtig gut gefallen. Doch gleichzeitig sieht man, dass auch der Krieg daran Schuld ist und das ihre Arbeit eine ist, in der man gefühlt immer im Dienst ist.

Fazit:
Das Lesevergnügen ist schon wieder vorbei, es war gerade sehr angenehm, die Handlung beim Schreiben der Rezension noch einmal Revue passieren zu lassen! Ich finde jedenfalls, dass meine Vorfreude auf den Roman sehr berechtigt war und es hat mir großen Spaß gemacht, erneut einige Zeit mit Margot und Luise zu verbringen. Ich habe in meiner Meinung zwei kleine Aspekte angesprochen, die ich nicht ganz rund fand und für die ich einen halben Punkt abziehen werde. Denn mehr gibt es wirklich nicht zu meckern, ansonsten war die Geschichte ganz wunderbar und konnte überzeugen. Jetzt freue ich mich unbändig auf den vierten Teil und bin auf das Wiedersehen mit den drei Damen sehr gespannt!

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Veröffentlicht am 03.09.2020

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
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Handlung:
München, 1900
Colina hat es satt, sich als Schankmädchen jeden Tag abzurackern und dafür kaum etwas zu verdienen. Unter anderem auch deshalb bewirbt sie sich als Gouvernante für Clara, Tochter ...

Handlung:
München, 1900
Colina hat es satt, sich als Schankmädchen jeden Tag abzurackern und dafür kaum etwas zu verdienen. Unter anderem auch deshalb bewirbt sie sich als Gouvernante für Clara, Tochter des Brauereimagnaten Prank, der mit Macht und Einfluss dem Oktoberfest eine neue Richtung geben will. Und dafür sind ihm viele Mittel recht. Auch bei einer Hochzeit seiner Tochter möchte er Nutzen für sich und seine Ziele ziehen können, doch diese Rechnung hat Prank ohne seine Tochter gemacht. Clara möchte eigene Entscheidungen treffen und sieht schließlich nur noch einen Ausweg: sie will von zu Hause fliehen. Colina rät ihr davon ab, doch manche Skandale sind bereits ins Rollen gekommen. Und währenddessen entfacht in Colina eine Idee, die gewagt ist, aber vielen Frauen eine Chance auf ein besseres Leben bietet...

Meinung:
Ich mag das Cover gerne. Es passt nicht nur perfekt zur Handlung, sondern hat auch den Charme der früheren Oktoberfeste eingefangen. Es herrschen leichte Farben vor, die locker und einladend wirken, den Betrachter dazu animieren, das Buch in die Hand zu nehmen. Im Vordergrund sind zwei Damen zu sehen, die edel und schick gekleidet sind und sich in einer aufrechten und stolzen Haltung bewegen. Im Hintergrund befindet sich, leicht verblasst, ein Platz, mit dem ich das Oktoberfest assoziiere. So ergibt sich ein stimmiges und schönes Gesamtbild, welches mir gut gefällt und mir in einer Buchhandlung definitiv auffallen würde.

Ich hatte bereits davon gelesen, dass ab Mitte September eine Serie bei ARD ausgestrahlt wird, die sich um das Oktoberfest im Jahre 1900 dreht. Im selben Artikel wurde auch erwähnt, dass es einen Roman dazu geben wird, aber diesen hatte ich gar nicht so recht auf den Schirm und mich für den Moment nicht weiter damit befasst. Bis ich bei Lovelybooks eine Leserunde zu dem Buch gesehen habe. Mein Interesse wurde direkt angefacht und ich wollte unbedingt an der Runde teilnehmen. Und glücklicherweise gehöre ich tatsächlich zu den Gewinnern und durfte mich über ein Exemplar des Romans freuen! An dieser Stelle nicht nur ein herzliches Dankeschön für das Buch, sondern auch für äußerst informative und unterhaltsame Leserunde mit allerlei Hintergrundinformationen!

Jedem Kapitel vorangestellt sind kleine Überschriften, die die folgenden Ereignisse kurz und prägnant zusammenfassen, aber nichts von der Handlung preisgeben. Mal bestehen sie aus einem Wort, mal aus einer Wortgruppe und sie schüren Interesse. Man kann vor dem lesen teilweise ein wenig spekulieren, was mit der Überschrift gemeint ist und um was sich die folgenden Geschehnisse drehen könnten!

Ich fand den Einstieg in den Roman etwas plötzlich, man ist direkt mitten im Geschehen und erst danach lernt man die Protagonisten besser kennen. So wird direkt die Spannung und das Interesse geschürt und man will natürlich wissen, wie sich die Szene auflösen wird.
Ich mochte den kurzweiligen Charakter, der dem Schreibstil zugrunde liegt. Es gibt eine lockere Erzählung der Ereignisse und es wird sich nie zu lange mit einem Sachverhalt aufgehalten. Auf diese Weise, aber auch durch die Aufspaltung auf verschiedene Erzählperspektiven, können keine Längen entstehen und man erhält als Leser trotzdem immer ausreichende Informationen, um der Handlung ohne Probleme folgen zu können.
Der Schreibstil ist angenehm lebendig und teilweise bildhaft, was eine schöne Grundlage bietet. Es gibt wunderbare Beschreibungen von Gegenden, ich konnte mir besonders die verschiedenen Settings richtig gut vorstellen und hatte bei den Beschreibungen dessen die meisten Bilder vor Augen. In viele Dialoge wird ein Hauch des bayrischen Dialekts eingefügt, sodass die Aussagen noch mehr Authentizität bekommen und es wird hier natürlich auf den Handlungsort, München, Bezug genommen. Ich finde das Maß, in dem die Mundart eingefügt wurde gut, sie kommt nicht zu häufig, aber auch nicht zu selten vor. Ich hatte absolut keine Probleme, den Sinn der Aussagen zu verstehen, sondern empfand die Aussagen mit bayrischem Dialekt als leicht verständlich. Und mein Lesefluss wurde davon natürlich auch nicht gestört!
Nicht nur der Dialekt taucht immer mal wieder auf, sondern auch andere Begriffe, die vor allem im Süden des Landes bekannt sind. Viele davon waren mir unbekannt, doch der Sinn von ihnen ließ sich entweder durch weitere Aussagen verstehen oder ich hatte mir Hilfestellungen im Internet gesucht. Trotzdem stellten sie für mich kein Problem dar und diese Einbindungen geben dem Roman viel Lebendigkeit.

Ich hatte ja erwähnt, dass es mehrere Erzählperspektiven gibt. Allen voran gibt es die von Colina Kandl, früheres Schankmädchen, später als Gouvernante bei Prank angestellt. Und dann gibt es noch die Perspektive von den beiden Gendarmen Eder und Aulehner, die sich mit polizeilichen und rechtlichen Fragen herumschlagen und mysteriöse Ereignisse aufklären müssen. Ich mag es, wie sich die beiden Stränge immer wieder mal treffen und sich irgendwann sogar leicht miteinander verbinden. So wird die Handlung immer runder und man merkt, wie gut durchdacht die Geschichte ist.
Anhand von Colina lernt man sowohl das einfache Leben mit wenigen finanziellen Mitteln kennen, als auch das feinere Leben als Gouvernante in einem großen Haus. Man begleitet sie zusammen mit ihrem Schützling Clara auf einen festlichen Anlass und bekommt so einen Blick auf die gehobene Gesellschaft mit ihren Eigenarten und Umgangsformen. Durch ihr vorheriges Dasein, aber auch anhand von Erinnerungen Colinas, gibt es viele Details über das einfache Leben als Schankmädchen, die Vorurteile, den Lohn und die allgemeine Arbeitssituation. Man lernt vieles über Arbeitsregeln und über die Missstände im Brauerei- und Kneipenwesen. Anhand der Abschnitte der beiden Gendarme gibt es zahlreiche Informationen über Gesetze, aber auch über das Künstlerleben in Schwabing und über dubiose Menschen und Geschäfte.
Durch all diese Sichtweisen entsteht ein breites und umfangreiches Bild der Gesellschaft. Man lernt Abgründe und Zusammenhänge kennen und erhält Einblicke in verschiedene Lebensweisen, was mir sehr gut gefällt.

Wie ich vorhin kurz angesprochen habe, konnte ich mir besonders die verschiedenen Handlungsorte richtig gut vorstellen. Allen voran Lochners Kneipe, als auch die verschiedenen Bierzelte auf dem Oktoberfest, Pranks Haus oder Colinas kleine Wohnung. Anhand von wenigen, dafür umso bildreicheren Worten entstanden sehr lebendige und farbenreiche Szenen vor meinen Augen. Ganz besonders hat es mir gefallen, wie sich Colina in jedem möglichen Setting ganz natürlich bewegt hat, als würde sie schon immer dorthin gehören. Egal ob im prachtvollen Hause Pranks, in ihrer Wohnung oder in Lochners Kneipe: Colina wirkt einfach nie fehl am Patze, egal in welchem Milieu oder an welchem Ort sie sich gerade aufgehalten hat!

Je weiter der Roman fortgeschritten ist, desto mehr war es mir möglich, Stimmungen wahrzunehmen. Diese waren eigentlich schon vom Beginn an vorhanden, sind mir jedoch erst mit fortlaufender Handlung aufgefallen, weil sie immer stärker wurden. Dabei waren sowohl Freude, als auch Leid vertreten und häufig kann man mit den Protagonisten mitfühlen.

Auch historische Ereignisse wurden in den Roman eingebunden, diese traten vor allem im Zusammenhang mit drei großen Themen auf: Homosexualität, Menschenschauen und die Gewalt gegenüber Frauen. Diese Angelegenheiten werden immer wieder thematisiert und man erhält unterschiedliche Ansichten darauf. Und dabei lernt man nicht nur, was es für Auswirkungen beim einzelnen Menschen, sondern auch in der Gesellschaft gibt.
Und ein weiteres großes Thema ist natürlich das Bier, verbunden mit dem Brauen und dem Verkauf. Auch hierzu gibt es zahlreiche Informationen. Dies steht meist im besonderen Zusammenhang mit dem Oktoberfest. Man kann im Buch verfolgen, wie sich dieses Volksfest entwickelt hat und lernt auch ein wenig zu den Ursprüngen dessen.
Ich finde, dass die Themen geschickt und passend in die Handlung eingewoben wurden, sie haben den Roman nicht dominiert, wurden aber auch nie nur kurz angeschnitten. Man kann sich zu vielen Sachverhalten selbst ein Urteil bilden und man bekommt einen Eindruck, wie die Gesellschaft zu 1900 getickt hat.

Mir fehlt tatsächlich ein wenig ein Personenverzeichnis. Gerade am Anfang habe ich mich ein wenig schwer mit den ganzen Namen getan und musste alle Gedanken zusammennehmen, um der Handlung folgen zu können und mir die Personen zu merken. Ein Verzeichnis wäre wirklich angebracht und hätte mir gerade am Anfang geholfen.
Als ich dann alle Charaktere auf dem Radar hatte, gab es bei mir in dieser Hinsicht keine Probleme mehr. Sie hatten teilweise komplett unterschiedliche Wesen bekommen und ein jeder hat ein Detail erhalten, was ihn einzigartig macht.
Ich glaube, dass ich noch nie wirklich einen Roman gelesen habe, in dem die Personen so häufig mit dem Nachnamen angesprochen wurden. Ich fand dies sehr unterhaltsam und ich denke, es hat auch gut zu der Handlungszeit gepasst!
Bei vielen Protagonisten gibt es eine gute Entwicklung zu sehen, die man auch direkt mitverfolgen kann. Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, weil ich nichts über den möglichen Fortgang spoilern möchte, aber ich glaube, dass ich länger keinen Roman mehr gelesen habe, der so genau verfolgbare Entwicklungen besitzt! Toll!

Bisher habe ich ja nur positive Aspekte angesprochen (bis auf das fehlende Personenverzeichnis), aber jetzt kommt auch noch ein kleiner Absatz, wo ich zwei negative Punkte ansprechen werde. Einmal fände ich ein Nachwort noch angebracht. Hätte ich nicht allerhand Informationen aus der Leserunde bei Lovelybooks bekommen, wären manche Sachverhalte für mich ein wenig im Dunklen geblieben.
Zum anderen fand ich es schade, dass manche Zusammenhänge nicht genauer genannt werden. Es gibt einige Andeutungen, bei denen nicht richtig in die Tiefe gegangen wird. Das hat mir ein wenig gefehlt.

Fazit:
So, ich habe allerhand geschrieben und ich denke, aus vielen Zeilen lässt sich herauslesen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat. Es beherbergt eine interessante Geschichte, gut ausgearbeitete Charaktere und viel Spannung. Bis auf den letzten kleinen Abschnitt meiner Rezension ist mir nichts weiter negativ aufgefallen und ich bin im Grunde zufrieden mit dem Buch. Ich freue mich jetzt nicht nur auf die Serie, die bald im Fernsehen ausgestrahlt wird, sondern hoffe ja auch, dass es zu diesem Buch eine Fortsetzung geben wird. Ich denke, es gibt genügend Punkte, die in einem zweiten Teil dargestellt werden könnten und ich würde nur zu gerne ein Wiedersehen mit Colina, Clara und Co. erleben!

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