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Veröffentlicht am 24.10.2020

Surreale Geschichte, die die Missstände in der Gesellschaft auf krasse Art anprangert - provozierend und schockierend, aber ohne Erklärung

Power
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Die 11-jährige Kerze lebt zusammen mit ihrer Mutter in einem kleinen abgelegenen Dorf in Ostdeutschland, das umgeben von einem Wald ist. Als der kleine Hund der Nachbarin Frau Hitschke verschwindet, sieht ...

Die 11-jährige Kerze lebt zusammen mit ihrer Mutter in einem kleinen abgelegenen Dorf in Ostdeutschland, das umgeben von einem Wald ist. Als der kleine Hund der Nachbarin Frau Hitschke verschwindet, sieht es Kerze als ihren Auftrag an, Power zu finden und der Hitschke zurückzubringen - tot oder lebendig.
Kerze nutzt ihr detektivisches Gespür, befragt Einwohner und sucht nach Spuren von Power. Als die Sommerferien beginnen, schließen sich ihrer Suche die Kinder des Ortes an und sie beginnen zu trainieren, sich wie ein Hund zu verhalten, zu bellen und zu schnüffeln, bis sie sich komplett unter der Anleitung von Kerze in den Wald zurückziehen. Die Eltern können nur hilflos zusehen, wie sich ihre Kinder absondern und machen dafür die einsame Frau Hitschke verantwortlich.

"Power" ist eine außergewöhnliche Geschichte über ein besonderes Mädchen, die überspitzt dargestellt ist. Die Handlung ist verstörend und zieht einen in ihren Bann, auch wenn man sich nicht vorstellen kann, dass so ein Szenario in Deutschland möglich ist. Die Hilflosigkeit der Erwachsenen ist dabei genauso erschreckend wie das rigorose Verhalten der Kinder, die sich sektenartig einem 11-jährigen charismatischen Mädchen anschließen, das ihnen Befehle erteilt, die sie hinnehmen, um dazuzugehören.
Die Atmosphäre des Romans ist bedrohlich, fast schon apokalyptisch. Kerze gründet mit den anderen Kindern des Dorfes eine Art Parallelgesellschaft im Wald, führt ihr eigenes Rudel an, während die Suche nach Power in Vergessenheit gerät und die Dorfgemeinschaft an dem Kontrollverlust über die Kinder zu zerbrechen droht und wütend nach einem Sündenbock sucht.
Das Buch ist surreal, stellt aber die Missstände der Gesellschaft nicht unrealistisch, sondern nur in einer extrem krassen Form dar. Angeprangert werden Probleme wie die Einsamkeit im Alter, Vernachlässigung, Radikalisierung, Manipulation, Alleinherrschaft und Fanatismus.
Als Jugendbuch angelegt, ist "Power" trotz der komplexen Themen leicht zu lesen. Die Sprache ist nüchtern und reduziert, aber gerade die einfachen Erklärungen, die Kerze frech gibt, sind unglaublich pointiert und regen zum Nachdenken an. Auch wenn man während des Romanverlaufs über weite Strecken nur irritiert mit dem Kopf darüber schütteln kann, was ausgelöst durch die Suche nach einem kleinen Hund mit dem Dorf passiert, ist es eine kurze Geschichte, die mir sprachlich und aufgrund ihrer Andersartigkeit gut gefallen hat. Eine Erklärung für das Verhalten der Kinder, die sich urplötzlich einer Außenseiterin anschließen, sowie ein Ausblick darauf, welche Konsequenzen das Dorf am Ende aus dieser Abkehr von allen gesellschaftlichen Normen zieht, hätte ich mir schon gewünscht.

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Die Briefe des zukünftigen Ichs spielten nur eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund stand der Neuanfang in skurriler Umgebung - schade!

Blackwood
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Nach dem Tod ihrer Mutter zieht die 15-jährige Gesine von Wien nach Irland zu ihrer Tante in den kleinen Ort Blackwood. Die Einwohner dort wirken mit ihrem Glauben an Feenvölker und andere Fabelwesen sehr ...

Nach dem Tod ihrer Mutter zieht die 15-jährige Gesine von Wien nach Irland zu ihrer Tante in den kleinen Ort Blackwood. Die Einwohner dort wirken mit ihrem Glauben an Feenvölker und andere Fabelwesen sehr eigenartig auf sie. Sie tritt deshalb selbst bei ihrer Tante permanent aus Unwissen und Ungeschicktheit in Fettnäpfchen.
An ihrer neuen Schule freundet sie sich mit Sam an und schwärmt für den Sohn der Butterdynastie Marygold, Arian. Der ist jedoch mit der schönen Lilian zusammen, die Gesine die Eingewöhnung schwermacht, insbesondere als Gesine an der Seite von Arian die Hauptrolle in dem Schultheaterstück "Der Nussknacker" bekommt.
Gesine findet einen Brief in dem antiken Schreibtisch in ihrem Zimmer, der von ihrem zukünftigen Ich ist. Von ihr erhofft sie sich Ratschläge, wie sie sich in Blackwood zu verhalten hat, um sich nicht so fremd zu fühlen. Kurzerhand schreibt sie zurück und hofft auf Antworten...

Aufgrund des Titels und des Klappentextes hatte ich angenommen, dass die Briefe aus der Zukunft, mit denen Gesine konfrontiert wird, eine zentrale Rolle in dem Buch einnehmen. Tatsächlich findet sie den ersten Brief erst nach über einem Viertel des Buches. Der Roman dreht sich vielmehr um einen Neuanfang an einem fremden Ort, an dem man sich nicht willkommen fühlt. Obwohl Gesine in der Schule Anschluss findet, fühlt sie sich einsam und nicht zugehörig. Sie vermisst Wien oder vielmehr das Leben dort mit ihrer Mutter. Ihr Gefühl von Heimatlosigkeit ist spürbar, insbesondere da Blackwood mit seinen Mythen und exzentrischen, schrulligen Einwohnern ein skurriler Ort ist.
Von Trauer um die Mutter ist jedoch wenig zu spüren und auch die Briefe sind nicht so präsent und wesentlich für die Handlung. Das Theaterstück und die typischen Probleme unter Teenagern - Konkurrenzdenken und Eifersucht - sind dagegen im Vordergrund. Durch die stereotypen Charaktere dominiert ein Spiel Gut gegen Böse, das vorhersehbar ist. Auch der Verlauf der Liebesgeschichte ist von Anbeginn zu erahnen. Durch die Ich-Perspektive erhält man einen guten Einblick in Gesines Gefühlswelt und ihre Schwärmerei für Arian, eine emotionale Bindung ist allerdings nicht spürbar.

Das Buch ist ganz unterhaltsam und vor allem im Hinblick auf den in Irland weit verbreiteten Aberglauben stellenweise ganz witzig, aber die grundlegende Idee der Geschichte kam leider so gut wie gar nicht zum Tragen. Am Schluss wird noch einmal Bezug auf die Briefe genommen, aber auf eine Weise, die so gar nicht zum Rest der Handlung passen wollte. Auch eine Erklärung für das Phänomen findet sich nicht - die Geschichte wirkt am Ende unrund und nicht ganz durchdacht.
Es ist ein netter Roman für Teenager(mädchen), aber keinesfalls ein All-Age-Roman, wie angekündigt. Dafür waren die wesentlichen Probleme zu sehr auf 15-jährige Schüler bezogen, auch wenn die Botschaft, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen, um aus ihnen zu lernen oder die Frage, ob man sein Schicksal umgehen oder gar ändern kann, sicher für alle Altersklassen gültig ist.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Mehr ein Schauermärchen denn ein schockierender Psychothriller

Das tote Herz
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Nach einer Herzmuskelentzündung erhält Nicolas Kober ein Spenderherz. Was er nicht ahnt ist, dass das Herz einem seit drei Jahren gesuchten Serienmörder gehörte, der auf der Flucht vor der Polizei bei ...

Nach einer Herzmuskelentzündung erhält Nicolas Kober ein Spenderherz. Was er nicht ahnt ist, dass das Herz einem seit drei Jahren gesuchten Serienmörder gehörte, der auf der Flucht vor der Polizei bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Im Kofferraum hatte er sein neuntes Opfer, Solveig Jacobsen versteckt, die überlebte.
Während die Kriminalpolizei trotz des Tods des Mörders weiterhin dabei ist, die Mordserie aufzuklären, quält sich Nicolas mit schrecklichen Tagträumen, kann kaum mehr schlafen und empfindet keine Leidenschaft mehr für seinen Beruf oder seine Frau und Tochter.
Er trennt sich von seiner Familie und lernt eine junge Frau kennen, die er nicht sexuell begehrt, aber zu der sich stark hingezogen fühlt, da sie ihn an jemanden erinnert. Es ist Solveig Jacobsen...

Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln und ist aus drei Perspektiven geschrieben, die sich stetig abwechseln, was der Geschichte Dynamik verleiht. Aus der Ich-Perspektive kann man die Veränderungen von Nicolas Kober nachempfinden, während die Perspektiven des Polizeipsychologen Peter Stein und des Opfers Solveig Jacobsen aus der dritten Person beschrieben sind.

Die Idee des Thrillers ist interessant und verspricht mehr als nur ein Unbehagen gegenüber einer anonymen Organspende, ist jedoch zu übertrieben dargestellt, dass die Geschichte am Ende nicht mehr realistisch wirkt und der Nervenkitzel, der am Anfang durchaus vorhanden ist, durch den absurden Verlauf verfliegt. Dass ein Spendenempfänger eines Herzens Geschmäcker und Gewohnheiten des Spenders übernimmt, mag noch nachvollziehbar sein. Dass er damit aber die Seele übernimmt, ihn Erinnerungen überkommen und die beiden Menschen zu einer Person verschmelzen, war mir einfach zu abwegig. Zudem fragte ich mich, wie jemand Organspender sein kann, dessen Identität nicht geklärt ist. Auch die Rolle von Peter Stein als Polizeipsychologe und Psychotherapeut sowie leitender Ermittler in der Mordserie in Personalunion empfand ich wenig realistisch.

"Das tote Herz" ist mehr ein Schauermärchen denn ein schockierender Psychothriller.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Historisches Drama der leisen Töne, bei der die Liebe neben anderen tragischen Ereignissen im Hintergrund bleibt - etwas langatmig

Als die Nacht uns Sterne schenkte
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Die 21-jährige Selina Lennox ist eine der "Bright Young People". Sie stammt aus privilegiertem Haus und lebt ein Leben, das aus Partys und Alkohol besteht. Mit ihrem Verhalten weckt sie auch das Interesse ...

Die 21-jährige Selina Lennox ist eine der "Bright Young People". Sie stammt aus privilegiertem Haus und lebt ein Leben, das aus Partys und Alkohol besteht. Mit ihrem Verhalten weckt sie auch das Interesse der Presse, die auf der Suche nach Skandalen ist. Eines Nachts begegnet sie dem mittellosen Künstler Lawrence Weston. Die beiden verlieben sich ineinander, obwohl ihre Beziehjung nicht standesgemäß ist. Sie verbringen 1925 einen leidenschaftlichen Sommer miteinander, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Ein Ende ist jedoch unvermeidbar, denn Selina fühlt sich an die gesellschaftlichen Konventionen gebunden.

Der Roman handelt im Jahr 1936 und ist überwiegend aus der Perspektive von Alice, der kleinen Tochter von Selina erzählt, die ihre Mutter vermisst, die mit ihrem Vater auf Geschäftsreise in Asien ist. Selina schreibt Alice Briefe und gibt ihr kleine Rätsele auf, mit denen sie mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter erfährt. In Rückblenden wird der Leser mit der Liebesgeschichte von Selina und Lawrence konfrontiert.

"Als die Nacht uns Sterne schenkte" ist ein historischer Roman, der auf zwei Zeitebenen handelt und aus wechselnden Perspektiven geschildert ist, die unvermittelt innerhalb der Kapitel wechseln. Einen wesentlichen Part nimmt dabei die traurige Situation der neunjährigen Alice ein, die im Haus ihrer Großeltern, wo ihr nur von den Angestellten Wertschätzung und Zuneigung entgegengebracht wird, auf die Rückkehr ihrer Eltern, insbesondere die ihrer Mutter, wartet. Sehnsüchtig erwartet sie die Briefe ihrer Mutter, die ihr darin von der langen Reise durch exotische Länder berichtet.
Die Liebesgeschichte im Jahr 1925 geht im Vergleich dazu ein wenig unter. Ich fand sie zudem wenig glaubwürdig, da ich zwischen Selina und Lawrence kaum Emotionen verspürte und ich vor allem Selinas Entscheidung gegen Lawrence nicht nachvollziehen konnte. Statt für die Liebe entschied sie sich für ihr luxuriöses Leben, was so gar nicht zu ihrer freiheitsliebenden Persönlichkeit passen wollte.

Der Roman ist zunächst sehr gemächlich erzählt. Über weite Teile passierte mir während der Schilderung von Selinas Freundeskreis und der gemeinsamen Partyabende oder der Einsamkeit Alices zu wenig, bis es im letzten Drittel zu einer Wendung kam, die die beiden Erzählstränge enger miteinander verband. Das offene Geheimnis, das dabei zutage kam, war von Anbeginn vorhersehbar, nicht aber die Tragik für die Hauptfiguren, die von einem weiteren Schicksalsschlag erschüttert wurden.

"Als die Nacht uns Sterne schenkte" ist ein historisches Drama der leisen Töne, von dem ich mir aufgrund des Klappentextes eine emotionale Liebesgeschichte erwartet hatte, die dann jedoch nur einen Teilaspekt des Romans ausmachte und mich im Gegensatz zu den anderen tragischen Ereignissen in der Familie nur wenig berühren konnte. Auch vermisste ich eine zeitgenössische Atmosphäre der 1920er- und 1930er-Jahre. Die Geschichte hätte letztlich zu jeder Zeit handeln können.

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Veröffentlicht am 21.09.2020

08/15-Liebesroman, dem es an Dramatik und Romantik mangelt

Das Glück so leise
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Als Samuel seinen Job in einer Werbeagentur in Hamburg verliert, fährt er zu seiner Großmutter Henriette auf das norddeutsche Gut Auweide, um sie um einen Kredit zu bitten. Diese möchte ihn jedoch nur ...

Als Samuel seinen Job in einer Werbeagentur in Hamburg verliert, fährt er zu seiner Großmutter Henriette auf das norddeutsche Gut Auweide, um sie um einen Kredit zu bitten. Diese möchte ihn jedoch nur finanziell unterstützen, wenn er sich bewährt und eine Zeitlang für die Hilfsorganisation "Glücksmomente" gearbeitet hat. Diese hatte sie nach dem Tod ihres Mannes gegründet und hat den Zweck, Menschen einen letzten Wunsch zu erfüllen.
Auf dem Gut von Henriette wohnt Lillan zusammen mit ihrer achtjährigen Tochter Ida. Lillan arbeitet sowohl auf dem Gestüt, als auch für "Glücksmomente", weshalb sich Sam und Lillan miteinander arrangieren müssen. Lillan lehnte ihn jedoch schon ab, ohne ihn zu kennen, da sie Sam unterstellte, das Erbe von Henriette erschleichen zu wollen.
Die Antipathie verfliegt jedoch schon bald, als sich Sam und Lillan körperlich näher kommen. As Rücksicht auf Ida lassen sie sich nur zögerlich auf eine Beziehung ein. Als sich Lillan nach kurzer Zeit schon von Sam hintergangen sieht, fühlt sie sich in ihren Vorurteilen bestätigt und zieht sich von Sam zurück.

Aufgrund der vielen positiven Rezensionen bin ich auf den Roman neugierig geworden und hatte mir eine originelle Liebesgeschichte erhofft.
Der Roman entwickelt sich jedoch genauso wie man es anhand des Klappentextes erwartet. Nach anfänglicher Abneigung verlieben sich zwei Personen ineinander, dann kommt es zu einem Missverständnis, das zur Trennung führt, bevor es nach Umschiffung aller Hürden doch noch zu einem Happy End kommt. Das Konzept geht auch in "Das Glück so leise" auf, was aber so sehr nach Schema F umgesetzt ist, dass der Roman zwar nett, aber schlicht langweilig ist.
Während Lillan eine toughe Frau ist, die ihre Gehörlosigkeit verbirgt und weder darüber definiert werden noch als behindert gelten möchte, ist Sam als Charakter ohne herausragende Eigenschaften nichtssagend.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich nach meinem Empfinden unglaubwürdig. Die Abneigung von Sam und Lillan wandelt sich abrupt in Liebe um, ohne dass es dafür einen konkreten Auslöser gegeben hätte. Die Liebe zeigt sich dann jedoch allein auf körperliche Art, Emotionen sind kaum spürbar.
Auch abseits der vorhersehbaren Liebesgeschichte gibt es keine weiteren Erzählstränge, die mich gefesselt haben oder für überraschende Wendungen gesorgt hätten. So ist "Das Glück so leise" ein 08/15-Liebesroman, dem es an Drama und Romantik mangelt und der mich deshalb weder sonderlich gut unterhalten hat, noch Gefühle in mir wecken konnte.

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