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Veröffentlicht am 21.09.2020

Kulturclash 1894 in München: skurriler Krimi mit sehr spezieller Atmosphäre

Der falsche Preuße
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„Einige der Gaffer hielten mittlerweile sogar Bierkrüge in den Händen. Es gibt wirklich kaum etwas, dachte Gryszinski bei sich, das den Bayern von seiner geliebten Gemütlichkeit abbringt.“

Der Preuße ...

„Einige der Gaffer hielten mittlerweile sogar Bierkrüge in den Händen. Es gibt wirklich kaum etwas, dachte Gryszinski bei sich, das den Bayern von seiner geliebten Gemütlichkeit abbringt.“

Der Preuße Wilhelm Freiherr von Gryszinski arbeitet 1894 erst seit kurzem in München als Sonderermittler für die Königlich Bayerische Polizeidirektion. Für ihn eine Herausforderung, sich den bayerischen Gepflogenheiten anzupassen. Und auch sein erster Kriminalfall hat es in sich: An der Isar wird ein Toter gefunden, eingehüllt in einen wertvollen Federumhang, daneben der Abdruck eines Elefantenfußes. Schon bald stellt sich heraus, dass die Aufklärung des Mordes über die Landesgrenze hinaus von politischem Interesse ist. Gryszinski muss sich entscheiden, wem seine Loyalität gilt: Der neuen Heimat oder der alten, Bayern oder Preußen?

Dass Uta Seeburg das Schreiben Vergnügen bereitet, ist beim Lesen deutlich spürbar. Sie erzählt mit Witz und bringt treffend und trocken allerlei Kuriositäten auf den Punkt. Ihr Spiel mit der Sprache sorgt allerdings dafür, dass der Lesefluss mitunter ein wenig ins Stocken gerät, der Sprachstil stellenweise etwas sperrig und gestelzt wirkt. Trotzdem wird dadurch eine spezielle Atmosphäre erzeugt. Fast als würde ein nüchterner Preuße versuchen, sich den bajuwarischen Gepflogenheiten anzupassen, ohne dabei, sein innerstes Wesen zu verleugnen...

Seeburgs Charaktere haben großen Unterhaltungswert: Da ist natürlich zunächst der sympathische preußische, etwas ungeschickte Ermittler Gryszinski, der stets korrekt und pflichtbewusst ganz nach Vorschrift arbeiten möchte und in der theoretischen Wissenschaft der Kriminalistik bewandert ist. Er erkennt schnell, dass in Bayern die Uhren anders ticken. Seine Begeisterung für regionale kulinarischen Spezialitäten mutet fast bayrisch an. Ob in ihm doch etwas Bayrisches steckt? Seine Frau Sophie hat mir ebenfalls gut gefallen, sie hegt leidenschaftliches Interesse für die Literatur und steht ihrem Gatten öfter mit Ratschlägen aus Romanen zur Seite. Immer wieder amüsant auch die Auftritte der unbemerkt schleichenden Haushälterin Frau Brunner. Ein Talent, das auch bei der Ermittlungsarbeit von Nutzen sein kann.
Der interessanteste Charakter ist wohl ein weiterer Preuße, der Verdächtige Eduard Lemke. Seine Villa sagt alles über den Mann mit der außergewöhnlichen Biographie aus.
Freilich setzt die Autorin allerhand Klischees ein, aber gerade das macht die einzelnen Figuren und bizarren Szenen so amüsant. Auch die Stadt München spielt hier eine besondere Hauptrolle. Gryszinski nennt sie „Kulissenstadt“, „als hätte jemand eine Schneekugel bis zum Rand mit Palästen, Tempeln und ganzen Boulevards vollgestopft“.

Der Mordfall an sich ist einfach strukturiert, scheint recht unspektakulär. Die Schatten, die der Fall wirft, sind hingegen alles andere als unbedeutend. Da geht es um weit mehr als um einen Todesfall, um Verschwörung, Verbrechen, Mord von größerem Ausmaß. Spannend, welche Verwicklungen und Zusammenhänge ans Tageslicht gelangen. Gryszinskis moralische Zwickmühle fasst ein Freund für ihn zusammen: „ (,,,) ein furchtbares Paradoxon. Halten sie sich an die die Wahrheit, richten Sie sich nach den urpreußischen Tugenden: Redlichkeit, Ehrlichkeit, Pflichtbewusstsein, Unbestechlichkeit, Gewissenhaftigkeit. Aber wenn sie diesen preußischen Tugenden treu bleiben, verraten Sie Preußen“.
Da fragt man sich als Leser natürlich: Wie wird sich Gryszinski entscheiden? Wem gehört seine Loyalität, Bayern oder Preußen? Und wer ist eigentlich „Der falsche Preuße“?
Wie kurios bayrische und preußische Eigenarten mitunter ausarten, zu welchen bizarren Verrücktheiten Größenwahn und Geld führen können, das ist alles höchst amüsant dargestellt. Und auch die allgegenwärtige Präsenz von bayrischen Köstlichkeiten wirkte auf mich äußerst anregend. Uta Seeburg lebt als Berliner selbst in München. Trotz aller Klischees macht es den Eindruck, als weiß sie, wovon sie schreibt, auch wenn Gryszinskis Fall fiktiv ist und zudem über 100 Jahre zurückliegt. Alles in allem hat mir ihr unterhaltsames, ungewöhnliches Debüt jedenfalls Spaß gemacht.

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Wenn ein blaues Gespenst Zeuge eines Verbrechens wird: unverhofftes, originelles Detektivabenteuer

Achtung, Übernachtung!
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So eine bodenlose Gemeinheit! Hühnchens Eltern sind zu einem Kostümfest eingeladen, aber Hühnchen darf nicht mit. Hühnchen überredet seine Eltern zumindest, seinen Freund Matz am Abend der Feier bei ihm ...

So eine bodenlose Gemeinheit! Hühnchens Eltern sind zu einem Kostümfest eingeladen, aber Hühnchen darf nicht mit. Hühnchen überredet seine Eltern zumindest, seinen Freund Matz am Abend der Feier bei ihm übernachten zu lassen. Die beiden entwickeln einen ausgefeilten Plan, wie sie doch noch unbemerkt an der Feier teilnehmen können. Dass sie dann auf der Party Detektiv spielen müssen, damit hätten sie allerdings überhaupt nicht gerechnet...

Sabine Städing schreibt angenehm, gut verständlich, kindgerecht und lebendig. Ein Vorlesebuch für Kinder ab fünf Jahren. Schüler ab sieben, acht Jahren können die Geschichte vermutlich schon ohne Hilfe eigenständig lesen. Anna-Lena Kühlers hübsche, passende Illustrationen sorgen dabei sicherlich für Abwechslung und steigern die Lesemotivation.

Hauptfigur Alexander Huhn, genannt Hühnchen, hat meinen Kindern und mir gut gefallen. Ein netter, sympathischer, einfallsreicher, etwas naiver, willensstarker und umtriebiger Junge. Er und sein Freund Matz ergänzen sich prima. Eine Freundschaft durch dick und dünn! Auch Hühnchens Eltern und ihre ehrliche, liebevolle Beziehung zu ihrem Sohn sind schwer in Ordnung.

Werden es die Freunde schaffen, unbemerkt auf die Party zu kommen? Wir haben den beiden die Daumen gedrückt und gestaunt, was sie sich alles ausdenken, um ihr Ziel zu erreichen. Da mussten wir manchmal schon ziemlich schmunzeln, was für witzige Ideen sie haben und zu welchen komischen Momenten ihre Pläne so führen. Die Begeisterung der Jungs für ihr Vorhaben ist sehr gut zu spüren. Da möchte man am liebsten selbst noch einmal Kind sein, um den einfachen Alltag als aufregendes Abenteuer erleben zu können. „Achtung Übernachtung“ braucht definitiv keinen exotischen Schauplatz, keine besonders effektvolle Handlung, um einfach gut zu unterhalten. Ein nette, kurzweilige Geschichte aus der Lebenswelt der Kinder mit Krimielementen und viel Einfallsreichtum und Humor.

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Auf den Hund gekommen - irre komische Körpertauschgeschichte

Arthurs wildes Hundeleben
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Wirklich alle anderen Kinder haben ein Haustier, nur Arthur nicht. Dabei hätte er so gerne einen Hund, aber seine Eltern lassen sich einfach nicht überreden. Während Papas ehemaliger Arbeitskollege Manfred ...

Wirklich alle anderen Kinder haben ein Haustier, nur Arthur nicht. Dabei hätte er so gerne einen Hund, aber seine Eltern lassen sich einfach nicht überreden. Während Papas ehemaliger Arbeitskollege Manfred und seine Frau Evelyn in den Urlaub fahren, darf Arthur auf deren Hund Lucky aufpassen. Arthur freut sich riesig, Lucky weniger. Das Tier mag generell keine Zweibeinerwelpen und Arthur kennt sich mit Hunden eigentlich überhaupt nicht aus, was Lucky natürlich schnell merkt. Dann passiert etwas Unvorstellbares: Als Arthur und Lucky am Morgen aufwachen, haben sie ihre Körper getauscht. Arthur, der alles andere als ein Hundeexperte ist, muss jetzt als Hund leben und Lucky als Menschenkind. Wenn das mal nicht für totales Chaos sorgt....

Heike Abidi schreibt in der Ich-Perspektive abwechselnd aus Arthurs und Luckys Sicht. Das tut sie spritzig, gut verständlich, nachvollziehbar und sehr witzig. Barbara Fisingers amüsante, treffende Illustrationen sorgen dabei für Abwechslung und Auflockerung. „Arthurs wildes Hundeleben“ ist für Leser ab acht Jahren geeignet.

Arthur und Hund Lucky kommen gleichermaßen zu Wort. Arthur ist ein netter Junge, der sich zwar sehnlichst einen Hund wünscht, aber sich eigentlich mit dem Thema Hund noch nicht näher beschäftigt hat. Er wirkt ein wenig blauäugig und naiv, weiß nicht, welche Bedürfnisse Hunde wirklich haben und wie sie sich verhalten. Erst als er selbst ein Hund ist, weiß er, was es bedeutet, mit einem Hund zu leben. Lucky hat einige Vorurteile, er mag keine Kinder, die er „Zweibeinerwelpen“ nennt. Beim Körpertausch kommen sich die beiden näher, werden Freunde und lernen viel über sich selbst und den anderen.

Kann der Körpertausch auch wieder rückgängig gemacht werden? Meine Kinder und ich fieberten mit Arthur und Lucky, die nicht ganz so glücklich mit der neuen Situation sind, aber keinen Plan haben, was sie tun müssen, um alles wieder auf Anfang zu setzen...
Ganz schön spannend, aber nicht nur das: Absolut absurd und witzig, was ein Hund als Mensch und umgekehrt ein Mensch als Hund alles so anstellen kann. Eine wirklich originelle Idee, höchst unterhaltsam umgesetzt. Luckys unbeholfenes und merkwürdiges Verhalten als Junge hat für sehr viele erheiternde Momente gesorgt und zu extrem witzigen Gesprächen geführt. Es ist eben alles andere als einfach, plötzlich nicht mehr in der eigenen Haut zu stecken.
Ein phantasievolles, originelles, komisches und spannendes Kinderbuch für Hundefreunde und solche, die es werden wollen.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Magische Detektivgeschichte mit krummen Reimen zum Schieflachen

Elfie und das magische Eichhörnchen
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Äußerst merkwürdige Dinge geschehen in letzter Zeit in Elfies Leben. Im Wipfelschloss, dem Baumhaus und Geheimquartier von Maya und Elfie finden die zwei Mädchen ein geheimnisvolles Kästchen. Nur Elfie ...

Äußerst merkwürdige Dinge geschehen in letzter Zeit in Elfies Leben. Im Wipfelschloss, dem Baumhaus und Geheimquartier von Maya und Elfie finden die zwei Mädchen ein geheimnisvolles Kästchen. Nur Elfie kann es öffnen und entdeckt darin eine mysteriöse Nachricht, dass sie die Freundin eines weißen, weisen Tieres werden soll. In der Nacht erhält sie auch noch überraschenden Besuch von einem weißen Eichhörnchen, das sie in ungelenken und ziemlich unverständlichen Reimen vor Gefahr warnt. Und das ist erst der Anfang. Das Tier gibt ihr immer wieder Rätsel auf und bei der Entschlüsselung kommt es oftmals zu Missverständnissen und peinlichen Situationen. Dass nur Elfie das weiße Eichhörnchen, das sie Krümel nennt, verstehen kann, macht die Sache nicht einfacher. Wie soll sie ihre beste Freundin Maya, die ziemlich gut im Knobeln und Rätsellösen ist, nur davon überzeugen, dass gerade ziemlich viel unerklärliche Magie passiert, ohne dass die sie für komplett verrückt hält?

„Elfie und das magische Eichhörnchen“ liest sich angenehm, schön flüssig und humorvoll. Autorin Susanne Rauchhaus schreibt aus Elfies Sicht und formuliert altersgemäß für die Zielgruppe von Kindern ab acht Jahren. Elfie spricht den Leser anfangs direkt an, dadurch wirkt der Sprachstil sehr lebendig. Das Cover und die wenigen Illustrationen am Kapitelanfang machen allerdings einen leicht altbackenen Eindruck, scheinen fast aus der Zeit gefallen. Von der graphischen Gestaltung her, hätte das Buch auch aus den 80er Jahren stammen können. Für mich ein „nostalgisches“, unmodernes Cover, aber vielleicht ist das beabsichtigt.

Elfie ist ein aufgewecktes, nettes Mädchen. Als zweitältestes Kind in einer Familie mit vier Kindern ist sie Trubel gewohnt und macht natürlich einiges mit. Sie ist rücksichtsvoll und sehr sozial, hat Phantasie und glaubt an Magie, zumindest ein bisschen. Ihre neugierige, scharfsinnige Freundin Maya ist Realistin durch und durch, sucht für alles logische Erklärungen. Die Zwei ergänzen sich ziemlich gut, sind aber nicht immer einer Meinung. Und dann ist da ja noch der Neue, der geheimnisvolle Noah, der einen besonderen Draht zu Raben hat. Sehr gerne mochten meine Kinder übrigens Krümel, das weiße Eichhörnchen. Krümel ist wirklich drollig und besticht durch seine herrlich direkte Art.

Ganz schön viele Rätsel gilt es für Elfie und Maya zu lösen. Wie gelangt denn plötzlich das Kästchen ins Baumhaus? Was bedeuten die seltsamen Reimbotschaften? Was hat es mit den mysteriösen Raben auf sich? Diese Fragen machen „Elfie und das magische Eichhörnchen“ ziemlich spannend. Krümel mit seinen ziemlichen schlechten, aber witzigen Reimen sorgt zur Auflockerung für witzige Szenen und einige Lacher. Das ungewöhnliche Ende kommt wirklich überraschend und macht definitiv Lust auf mehr. Ein fesselndes, witziges Kinderbuch mit viel Nusskuchen für alle, die gerne knifflige Fälle lösen und Geheimnisse und etwas Magie mögen. Wenn es nach uns ginge, könnten Elfie, Krümel und Co in Serie gehen.

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Veröffentlicht am 02.09.2020

Vom Suchen und Finden der Liebe

Heute schon für morgen träumen
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„Liebe in all ihren Formen gibt den Ausschlag, ob das Leben eine trübsinnige Schwarzweißzeichnung ist oder ein farbenfrohes Ölgemälde“.

Emilia arbeitet in Brooklyn als Bäckerin im Feinkostgeschäft ihrer ...

„Liebe in all ihren Formen gibt den Ausschlag, ob das Leben eine trübsinnige Schwarzweißzeichnung ist oder ein farbenfrohes Ölgemälde“.

Emilia arbeitet in Brooklyn als Bäckerin im Feinkostgeschäft ihrer Familie, doch eigentlich möchte sie lieber schreiben. Als die von der Familie „verstoßene“ Großtante Poppy Emilia bittet, sie auf eine Italienreise zu begleiten, zögert sie zunächst. Poppy ist wie Emilia eine Zweitgeborene und die haben in Emilias Familie seit Generationen kein Glück in der Liebe. Manche Familienmitglieder glauben sogar an einen Fluch der zweitgeborenen Fontanas, der sie dazu verdammt, ihr Leben allein verbringen zu müssen. Gegen den Willen von Großmutter, Schwester und Vater beschließt Emilia schließlich, die Reise anzutreten. Gemeinsam mit Poppy und Cousine Lucy- ebenfalls zweite Tochter- geht es auf eine Tour durch das Land ihrer Vorfahren. Eine Reise in die Vergangenheit mit Blick in die Zukunft, in der Emilia klar wird, was für sie eigentlich wichtig ist.

Lori Nelson Spielman schreibt gewohnt flüssig und eingängig. Sie nimmt die Ich-Perspektive von Emilia ein, in Einschüben kommt aber auch Großtante Poppy zu Wort, die aus ihrem Leben im Italien der 60er Jahre erzählt.

Wer sind Emilia und Poppy, die Hauptfiguren des Romans? Für ihre Familie sind sie
Zweitgeborene, deren Schicksal vorherbestimmt ist. „Es ist doch interessant, dass wir alles dransetzen, die Meinung anderer über uns zu bestätigen- egal ob sie gut oder schlecht ist“, meint Poppy. Emilia ist natürlich überzeugt, dass es sowas wie Flüche nicht wirklich gibt, trotzdem hat sie sich in ihre Rolle des unscheinbaren Mädchens geflüchtet, wartet passiv, versteckt sich, kleidet sich wie eine alte Frau. Sie lernt sich in Italien selbst besser kennen. „Warum gibst Du dem Universum die Macht, über dich zu bestimmen, aber glaubst nicht, dass es dich erlösen kann“, fragt Poppy und bringt Emilia kräftig zum Nachdenken. Eigentlich ist nämlich Emilia eine Träumerin voller Zuversicht. Sie sieht das Leben lieber so wie es sein sollte, als wie es ist.

Poppy wirkt beinahe wie ein Gegenpol zu Emilia aktiv, schillernd, lebenslustig, temperamentvoll, selbstbewusst und selbstbestimmt. Sie blickt auf ein außergewöhnliches Leben voller dramatischer Momente zurück, hofft darauf, an ihrem 80. Geburtstag in Italien ihre große Liebe wieder zu treffen.

Wo Emilia zu passiv agiert, sich und ihr Temperament zu sehr zurückhält, versucht sich Cousine Lucy offensiv gegen den „Fluch“ zu wehren. Sie präsentiert sich sehr selbstbewusst, geizt nicht mit ihren Reizen, stürzt sich blind von einem Liebesabenteuer ins nächste, gönnt sich keine Pause und ärgert sich über Emilias Untätigkeit und Lethargie.
Die Reisegesellschaft besteht aus drei sehr unterschiedlichen Charakteren, die sich nach und nach immer näher kommen. Sie erkennen: Der wahre Fluch liegt in der Hoffnungslosigkeit, in der Untergrabung ihres Selbstvertrauens, in dem Unvermögen, an ihre Träume zu glauben- und damit an sich selbst.
Alle drei Frauen wecken Sympathien, sind nachvollziehbar und stimmig dargestellt. Die drei gegensätzlichen Persönlichkeiten gestalten die Geschichte lebendig und abwechslungsreich.

Wird Poppy die Liebe ihres Lebens wieder treffen? Können Emilia und Lucy den Fluch der Zweitgeborenen brechen? Und was geschah in den 60er Jahren wirklich in Poppys Vergangenheit?
Poppys Lebensgeschichte ist mindestens so spannend wie die aktuellen Ereignisse während des Italienaufenhalts.
Lori Nelson Spielman hat einen manchmal zwar leicht rührselig anmutenden, aber durchaus sehr unterhaltsamen, lesenswerten Roman über Familie, Rollen, Vorurteile, sich selbst erfüllende Prophezeihungen, Lebenslügen, Schicksal, Träume und natürlich über die Liebe geschrieben. Lebensweisheiten von Doris Day ,„the future is not ours to be“ finden darin genauso Platz wie die der Rolling Stones „You don‘t always get what you want, you get what you need“. Der Roman appelliert an die Leser, lieber im Jetzt zu leben, das Jetzt hat man schließlich besser unter Kontrolle als die Zukunft. Und wer sich dabei bemüht, das Besondere im Alltäglichen zu erkennen, kommt seinem Glück bestimmt noch ein paar Schritte näher.

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