Wenn eigentlich nichts geschieht...
Eine Familie in Berlin - Paulas LiebeIch lese gerne historische Schmöker und so bin ich mit viel Hoffnung an diesen Roman gegangen - leider konnte er mich aber nicht überzeugen.
Die grundlegende Idee, die doch sehr spezielle Beziehung von ...
Ich lese gerne historische Schmöker und so bin ich mit viel Hoffnung an diesen Roman gegangen - leider konnte er mich aber nicht überzeugen.
Die grundlegende Idee, die doch sehr spezielle Beziehung von Paula und Richard Dehmel aufzuarbeiten, war eine sehr gute, denn bei den beiden handelt es sich tatsächlich um ein Paar, bei dem so einiges in recht speziellen Bahnen läuft. Doch unglücklicherweise wurde aus dieser Grundlage zu wenig herausgeholt.
Stattdessen erfahren wir in epischer Breite fast alles über Paulas Heranwachsen - ein Prozess, der nicht sonderlich spannend und auch nur sehr bedingt unterhaltsam ist, dafür aber fast 50% des Textes beansprucht. Auch als Richard Dehmel die Szene betritt, wird es nicht wirklich interessanter, denn das Anbandeln der beiden geschieht fast ausschließlich "off stage". Plötzlich sind sie in Liebe für einander entflammt, wann, wie und warum - darüber bleibt zu spekulieren, zumal Richard als Charakter äußerst vage, fast ein Schatten und im Gegensatz zu Tante Auguste eine Randfigur bleibt. Er ist zwar Dreh- und Angelpunkt für Paula, aber was genau sie an diesem sehr ungehobelten Egomanen reizt, bleibt mir verschlossen. Dies ist im Kontext der Geschichte sehr schade, da man als Leser*in einfach nicht zu durchschauen vermag, wie man als Frau sich den diversen Zumutungen (unabhängig davon, dass der zeitliche Kontext ein anderer war) so aussetzen konnte.
Abgesehen von diesem nicht unerheblichen Faktor, weist der Text zahlreiche Wiederholungen auf. Immer wieder geht es nach Ahrenshoop (was noch einigermaßen verständlich ist), immer wieder wird betont, dass Hedwig eine gute Freundin geworden ist, dass Richard doch alles tut, was er soll, dass die Eltern wegen Richards Atheismus skeptisch sind und dass Auguste aus Erfahrung spricht. Ich hätte mir in der Tat ein inhaltlich sorgfältigeres Lektorat gewünscht, denn diese immer wiederkehrenden Aspekte haben mich zunehmend gestört und ich genervt. Man hätte gut und gerne den Roman um mindestens 1/3 kürzen können, wenn man die Variation der immer gleichen Dialoge oder Kommentare entfernt hätte. Hinzu kommen die zu zahlreichen Briefe, die der Handlung Authentizität verleihen sollen, diese aber nicht voranbringen - im Gegenteil: es passiert, das inhaltliche Komponenten in benachbarten Passagen unmittelbar wieder aufgenommen werden.
Insgesamt hat mich das zugrundeliegende Schicksal von Paula Dehmel sehr berührt und interessiert, aber die Umsetzung war für mich nicht auf die wesentlichen Punkte konzentriert.