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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.12.2020

Liest sich zäh, viel Agenten-Action, wenig Herz und Hintergrund

Die Republik
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Autor ist Markus Heitz, bekannt als Fantasy-Autor, hier mit dem Pseudonym Maxim Voland.
Der spannende Klappentext (DDR 2.0) animierte mich, das Buch lesen zu wollen. „Was wäre gewesen, wenn … ?“-Szenarien ...

Autor ist Markus Heitz, bekannt als Fantasy-Autor, hier mit dem Pseudonym Maxim Voland.
Der spannende Klappentext (DDR 2.0) animierte mich, das Buch lesen zu wollen. „Was wäre gewesen, wenn … ?“-Szenarien bieten regelmäßig die Chance auf Thrill, Kenntniszuwachs und Denkanstöße. Gelungene Beispiele: „NSA – Nationales Sicherheitsamt“ von Andreas Eschbach, „Der Anschlag“ von Stephen King, „Vaterland“ von Robert Harris, „Flug 39“ von Phillip P. Peterson.
Dass ich Ende der 1980er geboren und im Westen aufgewachsen und wohnhaft bin, ließ mich hier auf neue, wertvolle Eindrücke hoffen.

Leider wollte kein Lesefluss und -genuss aufkommen, selbst wenn Dramatisches passierte. Es blieb mir egal, wer überlebt und stirbt. Die meisten Figuren wirken unsympathisch und distanziert. Viele Vertreter von Stasi und ausländischen Geheimdiensten sind dabei, schwer auseinanderzuhalten, wenn man kühle Berufsgespräche mitbekommt, jedoch keine Gefühle mit ihnen verbindet. Das Personenverzeichnis im Anhang unterstützt, gleicht aber den Mangel an Hintergründen und Motiven nicht aus.

Schusswechsel, Stunts und anderes Agenten-Zeugs gibt es dafür in allen Details, wofür ich mich nicht begeistern konnte. Es herrscht eine bedrückende, bedrohliche Atmosphäre, gut eingefangen z. B. bei Christophers Grenzübertritt. Um an James Bond heranzureichen, ist es nicht international genug, auch wenn es in anderen Ländern spielt, es fehlen Futuristisches, technische Innovation, Charisma, Glamour und Erotik.

Der Alternative-History-Aspekt blieb mir zu dünn. Es tauchen beiläufig DDR-typische Gegenstände auf, die sich zusätzlich in einem sehr langen Glossar nachschlagen lassen. Anderweitige Unterschiede im Alltag und wie der alternative sozialistische Überwachungsstaat in einer globalisierten Welt funktioniert, hätte ich gern mehr beleuchtet gehabt. Maxim Voland hat es verpasst, beispielsweise Parallelen zu China einzubetten und damit zum Nachdenken zu bringen.

Es war viel Herumblättern nötig, um alles zu verstehen (vielleicht geringen DDR-Vorkenntnissen geschuldet). Die zweite Hälfte habe ich quergelesen, weil mir die Lust vergangen war. Wenig visionär, viel actionreicher Geheimdienst-Krimi. Kein Werk, das nachhallt, mich berührt oder gebildet hätte. Knappe drei Sterne.

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Veröffentlicht am 17.11.2020

Familiensaga-Auftakt nach Schema F

Das Unrecht der Väter
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Dies ist ein Auftaktband mit offenem Ende. Die Autorin Ellin Carsta schätzt die Länge der neuen Familiensaga auf acht Bände.
Beleuchtet wird gehobenes Bürgertum für einige Wochen im Spätsommer/Herbst 1936, ...

Dies ist ein Auftaktband mit offenem Ende. Die Autorin Ellin Carsta schätzt die Länge der neuen Familiensaga auf acht Bände.
Beleuchtet wird gehobenes Bürgertum für einige Wochen im Spätsommer/Herbst 1936, verortet hauptsächlich im ländlichen Raum nahe München, teils in Berlin.

Erzählstil, Handlung, Figuren, Dialoge, Atmosphäre usw. finde ich mittelmäßig, seicht. Es fehlt das Besondere und das Überraschende. Irgendwie hat man das alles schon mal gelesen. Manchmal war ich geneigt, abzubrechen, weil mich die Geschehnisse nicht fesselten, nicht zu Herzen gingen. Dann gab es mal wieder stärkere Szenen, in denen Grauschattierung in der Figurenzeichnung hervorblitzt, Spannung und Gefühle generiert werden, zum Beispiel in Kapitel 16. Das ließ mich ohne Reue durchhalten bis zum Schluss.

Ein Personenverzeichnis, am besten als Stammbaum, wäre hilfreich. Nach und nach gelingt es aber auch so, zu ergründen, wie alle zueinander verwandschaftlich und emotional stehen. Sympathien und Antipathien bilden sich schnell und ändern sich auch nicht wirklich, weil die Figuren recht holzschnittartig angelegt sind:
Ein Fortschritt ablehnender Familien- und Unternehmensmonarch, dem gegenüber ein kreativer, durchsetzungsschwacher Sohn. Eine Tochter, die Nazitum und Judenverfolgung kritisch beäugt, ansonsten aber ziemlich planlos durch’s Leben geht bzw. reitet. Eine Ehefrau mit Lügen um ihre Identität. Das Glück der Frauen hängt stark vom Wohlwollen der Männer ab, sie sind vor allem dazu da, hübsch auszusehen, Kinder zu bekommen und Personal anzuweisen. Titelgebend sind drei Weltkriegsveteranen mit abgründigem Geheimnis, welches in Gesprächen und Gedanken - ziemlich gestelzt - ausgespart wird, um zum Rätseln zu animieren. Wahrscheinlich wird es letztendlich eine Tötung ohne politisches Mandat gewesen sein.

Was Kenntniszuwachs angeht, sehe ich für geschichtlich halbwegs gebildete Personen keinen Mehrwert.

Das Ende wirkt überstürzt. Es verärgert, dass lebensverändernde Entscheidungen aus einem Impuls heraus getroffen werden, die eigentlich nicht zum Charakter passen. Dann werden im Epilog noch einige Monate in 1936 und 1937 im Zeitraffer dargestellt. Das klärt ein paar (aber nicht die wichtigsten) offenen Fragen, hakt einige Krisenherde eher unbefriedigend ab, wahrscheinlich um im Folgeband „Die Stärke der Töchter“, der für den 23. März 2021 angekündigt ist, den Fokus auf neue Ereignisse zu legen. Ich vergebe knappe drei Sterne. Wie bereits bei den späten Bänden der Hansen-Saga hätte ich gern mehr Tiefe und Anspruch erlebt.

Um die Bewertung in Relation zu setzen, hier meine Buchbewertungen mit ähnlichem Thema und Verortung:
Ella Zeiss - Wie Gräser im Wind, Von Hoffnung getragen - 5 Sterne
Michaela Saalfeld - Was wir zu hoffen wagten, Als wir im Regen tanzten - 5 und 4 Sterne
Andreas Izquierdo - Schatten der Welt - gute 4 Sterne
Izabelle Jardin - Libellenjahre - gute 4 Sterne (Figuren, Handlung, Atmosphäre und Kenntniszuwachs besser)
Peter Prange - Eine Familie in Deutschland - knappe 4 Sterne (Figuren auch klischeehaft, Handlung gehaltvoller und informativer)
Ulrike Renk - Jahre aus Seide - 2 Sterne (langatmig und Schwarz-Weiß, abgebrochen)

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Schwere Lesekost, für Science-Fiction-Neulinge zu kompliziert …

Kantaki
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Enthalten sind die Einzelbände „Diamant“, „Der Metamorph“ und „Der Zeitkrieg“.
Autor Andreas Brandhorst hat einen enormen Weltenbau entwickelt, der wohl jedem Respekt abnötigt. Man springt zwischen irdischen ...

Enthalten sind die Einzelbände „Diamant“, „Der Metamorph“ und „Der Zeitkrieg“.
Autor Andreas Brandhorst hat einen enormen Weltenbau entwickelt, der wohl jedem Respekt abnötigt. Man springt zwischen irdischen und außerirdischen Figuren, unterschiedlichsten Orten, verschiedenen Zeiten, Paralleluniversen. Es kommen manchmal mehrere fremdartige Begriffe in einem Satz vor. Ich las konzentriert, wollte verstehen, wo und wann ich bin und warum, Rahmenhandlung und Spannungsbogen identifizieren, Zusammenhänge begreifen. Es wirkt technisch detailliert, ohne Anwenderorientierung. Das strengte an, war sehr zäh, machte auf Dauer keinen Spaß. Zwar gibt es so eine Art Enzyklopädie im Anhang, aber – vielleicht meinem Lerntyp geschuldet – konnte ich mir das auf diese Weise Vermittelte nicht merken.
Auch die Charaktere blieben mir suspekt. Valdorian - mächtig, alt, mit Angst vor einem baldigen Tod - ist ein reizvoller, aufregender Antagonist. Es fiel schwer, mich hineinzudenken und Spannung zu empfinden. Seine Motive bleiben nebulös. Woher die Anziehungskraft zwischen der sympathischen Kantaki-Pilotin Lidia und ihm herkommt, wo sie doch in Werten und Weltanschauung so unterschiedlich sind, habe ich nicht verstanden.
Trotz einer gewissen Faszination habe ich erstmal abgebrochen. Vielleicht beginne ich nochmal, wenn ich mehr Erfahrungen im Genre gesammelt habe. Die Rezension würde ich dann ergänzen.
Geduldige, intellektuelle, erfahrene Science-Fiction-Leser könnten das Werk mögen.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Detailreiche Mordermittlungen in düsterem Setting

Mädchentaufe
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Ich habe kurzentschlossen zugegriffen, weil ich die drei bisher ins Deutsche übersetzten Romane der Autorin mochte. Ich habe dann gemerkt, dass dieser hier anders ist. Es ist ein klassischer Krimi, in ...

Ich habe kurzentschlossen zugegriffen, weil ich die drei bisher ins Deutsche übersetzten Romane der Autorin mochte. Ich habe dann gemerkt, dass dieser hier anders ist. Es ist ein klassischer Krimi, in dem - kapitelweise wechselnd - ein Ermittlergespann wider Willen, Vergewaltigungsopfer, Angehörige und der Täter mit ihrer jeweiligen Gedanken- und Gefühlswelt zu Wort kommen. Man liest stundenlang von kaputten Familien mit fatalen Geheimnissen. Auch die Polizisten stellen ihr Privatleben zurück, ohne dass es ihnen gedankt wird. Die anderen Werke von Loreth Anne White stellten keine Polizisten in den Vordergrund und schafften zwischendrin einen angenehmen Kontrast mit Hoffnung und Liebe. Noch intensiver als sonst ist alles detailliert und realitätsnah beschrieben, bis hin zur Schilderung und Erklärung von Fachbegriffen bei der pathologischen Untersuchung. Das ist einerseits langatmig, andererseits realistisch und mit Lerneffekt.
Ich empfand es als spannend, Rätsel zu sammeln und dann mitzuergründen, wo sich Verknüpfungen und Entdeckungen bei den Ermittlungen ergeben und wie die Figuren interagieren. Ich konnte mir die Charaktere lebhaft vorstellen, sie haben Wiedererkennungswert. Auch das atmosphärische Umfeld im tiefen nordamerikanischen Winter in einer Kleinstadt wird erlebbar gemacht.
Nichtsdestotrotz habe ich in der Mitte erstmal abgebrochen, weil mich die Gewalt, Perversion und Hoffnungslosigkeit aktuell emotional zu sehr belasten. Sollte ich in ein paar Monaten fortsetzen wollen, komme ich bestimmt schnell wieder in die Geschichte hinein.
Es sind mit "Mädchenfang" und "Mädchengrab" bereits zwei weitere Thriller mit Ermittlerin Angie Pallorino im Deutschen für 2020 angekündigt. Wer diesen Auftakt mag, kann sich also auf Nachschub freuen.

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Oberflächlich, sachlich, wenig emotional

Grace und die Anmut der Liebe
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Dieses Werk bietet 7 bis 8 Stunden kurzweilige, einfach lesbare Unterhaltung über das Leben der Grace Kelly ab ihrem 17. Lebensjahr, von 1947 bis 1956.
In Teilbereichen habe ich es genossen, Grace Kelly ...

Dieses Werk bietet 7 bis 8 Stunden kurzweilige, einfach lesbare Unterhaltung über das Leben der Grace Kelly ab ihrem 17. Lebensjahr, von 1947 bis 1956.
In Teilbereichen habe ich es genossen, Grace Kelly zu begleiten auf ihrem Weg vom schwarzen Schaf einer reichen Familie bis an die Spitze der US-Filmindustrie. Missfallen hat mir, dass sich dieser Belletristik-Roman streckenweise wie eine nüchterne Biografie liest. Ungewöhnlicherweise wählt die Autorin zwar den allwissenden Erzähler, nutzt dies aber nicht, um verschiedene Perspektiven erlebbar zu machen. In der Gedankenwelt der Hauptfigur geht es brav zu. Es wirkt, als wolle die Autorin Sophie Benedict mit ihrem Debütroman Werbung für diese Schauspielerin betreiben, denn ständig wird hervorgehoben, dass sie fleißig, ambitioniert, freundlich und ohne Allüren auftrat. Um einen echten Menschen abzubilden, bedarf es meines Erachtens mehr Ecken und Kanten. Wenn es zu Konflikten kommt, wäre ich gern tief eingetaucht, um mich hineinfühlen, identifizieren, sympathisieren zu können. Doch häufig (so zum Beispiel bei den Kapiteln 26, 29, 35 und 42) werden elementare Umwälzungen im Schnelldurchlauf abgehandelt, es erfolgen ein abruptes Ende und ein Zeitsprung, anstatt die Leserschaft an inneren Kämpfen, z. B. am Zwiespalt zwischen Liebe, Karriere, Eltern, teilhaben zu lassen. Wonach wählt sie ihre Liebschaften/Beziehungen aus, fragte ich mich des Öfteren. Begehren usw. werden nur angerissen. Die Wortwahl ist oft distanziert und erweckt den Anschein, nirgendwo anecken zu wollen. Der Aufbau-Verlag hätte die unerfahrene Autorin ermutigen sollen, fiktive, direkte Gedanken und Gefühle hinzuzufügen und diese gegebenenfalls in einem Nachwort kenntlich zu machen. Dass es gar kein Nachwort gibt, etwa zur Motivation über diese Künstlerin zu schreiben, oder in komprimierter Form was aus den Persönlichkeiten wurde, ist schade.
Zeit und Orte (hauptsächlich New York) werden beschrieben und der Kontrast zu Hollywood erwähnt. Ich könnte anhand dessen trotzdem nicht festmachen, was an der Künstlerwelt besonders war oder woran sich das New York der späten 1940er und 1950er von anderen Städten in den 1950ern oder 1960ern unterscheidet. Bei „Madame Piaf und das Lied der Liebe“ von Michelle Marly, Band 9 der Reihe, gelang mir dies besser und auch der Mitfühlfaktor war dort höher.
Ein Lerneffekt zu dieser Persönlichkeit nebst prominenter Wegbegleiter ist eingetreten. Jedoch hätte man diesen mit dem Wikipedia-Artikel in wenigen Minuten erzielt. Das Wiederholen positiver Attribute geht gefühlt nach hinten los, weil sie zu glatt wirkt. Ich bleibe ratlos, was sie außer Talent, Höflichkeit und Fleiß ausmachte. Grace Kelly lässt sich von ihren Eltern emotional erpressen, was die These von der starken, emanzipierten Frau wackeln lässt. Auch die Entscheidung am Ende überzeugt nicht. Ich hätte sie gern näher kennengelernt und verstanden, aber durch die unnahbare, wenig anspruchsvolle Sprache und Erzählart hat es nicht geklappt. Weil mir einige der längeren Sinnabschnitte gefielen und das Hineinschnuppern in die Welt der Schauspielerei interessant ist, war es aber doch Unterhaltung, die ich nicht bereut habe.

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