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Veröffentlicht am 27.10.2020

Da wäre mehr drin gewesen - hat mich erst gegen Ende überzeugt

Die letzte Dichterin
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Minna Fabelreich ist eine der letzten Dichterinnen Phantopiens. Einst war das ganze Land durchzogen von Magie, doch nun beschränkt sich diese auf die Stadt Fernab, in der die Königin lebt und zu der nur ...

Minna Fabelreich ist eine der letzten Dichterinnen Phantopiens. Einst war das ganze Land durchzogen von Magie, doch nun beschränkt sich diese auf die Stadt Fernab, in der die Königin lebt und zu der nur ausgewählten Gästen Einlass gewährt wird. Mit der Magie schwand nach und nach auch das Ansehen der Künste in Phantopien, sodass Minna hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten muss. Umso überwältigter ist sie, als sie eines Tages eine Einladung für Fernab erhält. Und mehr noch - sie darf an einem Dichterwettstreit teilnehmen, dessen Gewinner die Anerkennung und Wertschätzung seines Talents winkt. Das ist mehr, als Minna sich je zu erträumen gewagt hatte. Gemeinsam mit Finn Minengräber, der als Schatzsucher seinen Vater übertrumpfen muss, um einer alten Tradition gerechtwerden zu können, macht Minna sich auf den Weg. Doch die beiden ahnen nicht, dass hinter der Einladung der Königin viel mehr steckt als nur der Wunsch danach, längst vergessenen Künsten Respekt zu zollen...

In der ersten Hälfte des Buches plätschert die Geschichte eher gemächlich vor sich hin. Danach, und insbesondere auf den letzten etwa hundert Seiten, kommt dann aber doch deutliche Spannung auf und das ist auch der Grund, warum ich gerade so doch noch drei Sterne vergebe. Bis dahin konnte mich die Geschichte wenig überzeugen - eine interessante Idee steckt dahinter, aber die Umsetzung hatte mich doch etwas enttäuscht. Der erste Teil der Reise Minnas und Finns wurde noch relativ ausführlich beschrieben, der zweite Teil hingegen nur in wenigen Sätzen zusammengefasst. Zwar verstehe ich, dass der Fokus der Geschichte auf den späteren Ereignissen liegen soll, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin sich hier mehr Zeit gelassen hätte - auch für Beschreibungen der Umgebung, denn die kommen mir im ganzen Buch zu kurz, sodass ich beim Lesen kaum ein Bild von den Landschaften und den späteren Handlungsorten in Fernab hatte. Vielleicht hätte sich so auch die Möglichkeit geboten, die Charaktere etwas besser kennenzulernen, denn wir erfahren als Leser zwar alles über ihre aktuelle Lebenssituation und einiges zu ihrer Vergangenheit, trotzdem ist es mir nicht gelungen, eine emotionale Nähe zu den Protagonisten aufzubauen. Sie waren mir schlichtweg zu "glatt", zu wenig individuell, zu flach. Die einzige Figur, die ich wirklich spannend fand, war die der Königin, die mit widerstreitenden Gefühlen und Absichten zu kämpfen hat und tatsächlich deutlich mehr Tiefe besitzt als Minna oder Finn.

Wie gesagt haben es für mich allein die letzen hundert Seiten des Buches herumgerissen, weil ich dort zum ersten Mal mit den Protagonisten mitfiebern konnte. Dennoch ist mir dann das Ende wiederum zu sehr "Happy End", aber das ist wohl Geschmackssache.

Insgesamt ein Buch, dass meine Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte, dennoch aber auch nicht "schlecht" ist. Ich hatte mir einfach etwas mehr erhofft und denke, dass hier noch deutlich mehr hätte herausgeholt werden können!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.10.2020

Eine Suche nach Identität

Ada
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Ada wird 1945 in Leipzig geboren. Die ersten Jahre ihres Lebens verbringt sie mit ihrer Mutter in Argentinien, da diese Jüdin ist. Von einem Vater fehlt jede Spur, bis die beiden 1954 nach Deutschland ...

Ada wird 1945 in Leipzig geboren. Die ersten Jahre ihres Lebens verbringt sie mit ihrer Mutter in Argentinien, da diese Jüdin ist. Von einem Vater fehlt jede Spur, bis die beiden 1954 nach Deutschland zurückkehren und nun in Berlin leben. Dort treten zwei Männer in Adas Leben - Otto und Hannes. Mit beiden scheint ihre Mutter eine gemeinsame Vergangenheit zu teilen, und obwohl es Otto ist, der von nun an offiziell als Adas Vater gilt, bleibt in Ada stets ein leiser Zweifel zurück. Die Frage nach ihrer wahren Identität dehnt sich auch aus auf ihre Nationalität und ihre Religion: Ist sie Deutsche, weil dort geboren, oder Argentinierin, weil dort aufgewachsen? Jüdin, da ihre Mutter eine ist, oder Christin, weil sie so erzogen wurde? Oder ist sie alles davon, oder, schlimmer - nichts? Ada selbst äußert ihrem Psychologen gegenüber, den sie später als 45-Jährige aufsucht, sie habe eine glückliche Kindheit verlebt. Und dennoch steht hinter allem stets die Suche nach einer Identität, die Frage nach Heimat und Zugehörigkeit.

Mit Ada schenkt Berkel seinem Roman eine sympathische, vielschichtige Protagonistin. Aus der Ich-Perspektive geschrieben ermöglicht er dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt Adas, die sich schon als kleines Mädchen mit vielen schwierigen Themen auseinandersetzen muss, was nicht zuletzt dem gerade erst überstandenen Krieg geschuldet ist. Die Erwachsenen sind Ada keine große Hilfe, denn kaum jemand ist bereit dazu, die Vergangenheit neu aufleben zulassen, und auch Adas Mutter selbst weicht den Fragen ihrer Tochter aus.


Der Schreibstil gefiel mir gut, trotz der ernsten Thematik musste ich beim Lesen manches Mal schmunzeln. Es gelingt Berkel, die Kulisse der Nachkriegszeit glaubhaft und eindringlich nachzuzeichnen und an vielen Stellen wird die Melancholie, das Bedrückende, geradezu greifbar. Man kann der Geschichte gut folgen, und es macht auch nicht wiklich etwas, wenn man Berkels Debüt "Der Apfelbaum" vorher nicht gelesen hat. Vielleicht hätte das die ein oder andere Frage zur Vergangenheit der Eltern Adas geklärt, aber ich bin auch so zurechtgekommen - ich war in vielen Punkten eben genauso unwissend wie Ada.

Trotz aller positiven Aspekte hat mir irgendetwas gefehlt. Manche Szenen fand ich zu ausführlich, andere kamen mir dagegen zu kurz vor, da hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht. Außerdem war mir das Ende zu abrupt und nach dem Lesen hatte ich den Eindruck, dass da noch irgendetwas hätte kommen müssen.

Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn ich nicht zu hundert Prozent damit warmgeworden bin!

Veröffentlicht am 14.10.2020

Ohne Tiefgang

Miss Guggenheim
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Während 1941 in Europa der Krieg tobt, flieht die Kunstmäzenin Peggy Guggenheim wie viele andere Künstler nach Amerika. Kurz zuvor hatte sie Max Ernst kennengelernt und zieht nun mit ihm gemeinsam nach ...

Während 1941 in Europa der Krieg tobt, flieht die Kunstmäzenin Peggy Guggenheim wie viele andere Künstler nach Amerika. Kurz zuvor hatte sie Max Ernst kennengelernt und zieht nun mit ihm gemeinsam nach New York. Auch ihre Bildersammlung wird dorthin verschifft und Peggy begibt sich auf die Suche nach geeigneten Räumen, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ihr Leben in dieser Zeit ist geprägt von der kriselnden Beziehung zu Max einerseits und dem Austausch mit ihren Künstlerfreunden andererseits.


Das Hörbuch lässt sich ganz gut hören, auch wenn ich teilweise etwas Schwierigkeiten damit hatte, mich über einen längeren Zeitraum auf das Geschehen zu konzentrieren. In meinen Augen hätte etwas mehr Tiefe der Geschichte gutgetan, denn über weite Strecken dreht sich alles um die Beziehungsprobleme Peggys. Ich frage mich, ob man das nicht etwas hätte kürzen können, um den Fokus mehr auf andere Aspekte zu lenken; den neuen, ungewohnten Alltag in New York etwa, das kam mir zu kurz. Man lernt zahlreiche Künstler kennen, mit denen Peggy verkehrt, aber wie sich ihr Leben abseits der Öffentlichkeit gestaltet hat, bleibt dem Hörer nahezu vollständig verborgen.

Was mich ebenfalls irritiert hat, ist die Nebenhandlung, die im Jahr 1957 in Venedig spielt. Der Mehrwert für die Geschichte hat sich mir leider gar nicht erschlossen, denn eine wirkliche "Handlung" in dem Sinne gibt es dort nicht - vielmehr unterhält Peggy sich mit einem alten Freund über frühere Zeiten, eine Art Rückblick also auf die Phase, die zwischen den beiden Handlungssträngen liegt. Da stellt sich mir die Frage - warum nicht Seiten sparen, indem die Beschreibungen der Beziehung zu Max gekürzt werden und man sich auf die Haupthandlung beschränkt, und dafür den Zeitraum dieser vergrößern?


Mein Fazit also: Nicht schlecht, aber zu sehr auf Peggys Beziehung fokussiert. In jeder anderen Hinsicht kratzt es mir zu sehr nur an der Oberfläche, sodass es mich bis zum Ende nicht wirklich packen konnte. Schade, da wäre mehr möglich gewesen!

Veröffentlicht am 14.10.2020

Für Zwischendurch

Etta und Otto und Russell und James
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Sehr ungewöhnlich, insbesondere von der Erzählweise her. Interessante Geschichte & Figuren, irgendetwas hat mir trotzdem gefehlt!
Man kann es ganz gut zwischendurch lesen, es hat nicht allzu viel Tiefgang, ...

Sehr ungewöhnlich, insbesondere von der Erzählweise her. Interessante Geschichte & Figuren, irgendetwas hat mir trotzdem gefehlt!
Man kann es ganz gut zwischendurch lesen, es hat nicht allzu viel Tiefgang, ist aber durchaus unterhaltsam...

Veröffentlicht am 14.10.2020

So abstrus, dass es irgendwie schon wieder gut ist

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
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"Kommissar Aronsson stellte fest, dass er von der Entwicklung der Dinge enttäuscht war. Es wäre viel lustiger gewesen, einen Alten aus den Klauen einer kriminellen Gang zu retten, als daran zu scheitern, ...

"Kommissar Aronsson stellte fest, dass er von der Entwicklung der Dinge enttäuscht war. Es wäre viel lustiger gewesen, einen Alten aus den Klauen einer kriminellen Gang zu retten, als daran zu scheitern, die Kriminellen vor dem Alten zu retten."

Allan wird heute hundert, doch statt mit den anderen Altenheimbewohnern gemeinsam seinen Geburtstag zu feiern, wie man das als braver Hundertjähriger eben so macht, klettert er kurzerhand aus dem Fenster - es kann doch nicht sein, dass das schon sein ganzes Leben gewesen sein soll! Dabei war sein Leben wirklich alles andere als ereignislos, wie der Leser Schritt für Schritt erfährt. Allan macht sich also auf den Weg, wohin genau weiß er selbst noch nicht. Bis er, bevor er in den Bus steigt, mal eben noch schnell einen Koffer mitgehen lässt (immerhin könnte es ja sein, dass dieser Schuhe enthält - die hat Allan nämlich leider im Altenheim vergessen). Der Besitzer des Koffers ist jedoch alles andere als glücklich über dessen plötzliches Verschwinden, was kaum verwunderlich ist, wenn man denn bedenkt, dass der Koffer keinesfalls bloß Schuhe enthält... Und so kommt es, dass sich Allan, bald in Begelitung mehrerer unterwegs kennengelernter Freunde, plötzlich auf der Flucht vor einer kriminellen Bande befindet. Er selbst sieht das ganz entspannt, er hat in seinem Leben wahrlich schon Schlimmeres mitgemacht. Und so alt ist er ja eigentlich auch noch nicht. Die Polizei hingegen geht zunächst von einer Entführung aus , als Allan an seinem Geburtstag aus dem Altenheim verschwindet. Dann jedoch mehren sich die Hinweise, und als schließlich der Besitzer des Koffers für tot erklärt werden muss - nun, man hatte Allan wohl unterschätzt...

Was dieses Buch auszeichnet, ist wohl seine absolut abstruse Geschichte. Anders kann man es einfach nicht bezeichnen, denn Allan hat in seinem Leben schon so viel Unwahrscheinliches erlebt, dass die Geschichte eigentlich von vorneherein absolut unglaubwürdig sein müsste. Jedoch ist es dann schon wieder so abwegig, dass es irgendwie wieder gut ist. Insbesondere, da es sowohl so nüchtern erzählt wird, als seien die Ereignisse doch alle selbstverständlich und könnten jedem so passieren, als auch dank des sehr humorvollen Protagonisten, der sich ständig in schwierige Situationen bringt und sich jedoch meist schon wieder herausgeredet hat, bevor er überhaupt merkt, in welcher Gefahr er sich gerade befindet.

Es wird abwechselnd die Gegenwart beschrieben, also die Flucht mit dem Koffer mysteriösen Inhalts, und Allans Vergangenheit, angefangen von seiner Kindheit bis hin zu jenen Umständen, wie Allan ins Altenheim kam.

Wie bereits erwähnt ist das Buch sehr humorvoll geschrieben; an einigen Stellen wurde es mir teilwiese etwas zu viel und ich hätte das Buch niemals am Stück lesen können; es ist eben doch schon eine ziemlich ausgefallene Handlung. Aber obwohl es manchmal recht anstrengend war, ist das Buch keinesfalls schlecht; insgesamt ein klassischer Fall von irgendwo in der Mitte. Die Protagonisten waren mir alle auf ihre Art sympathisch, man bekommt nebenbei noch ein bisschen Weltgeschichte mit (wie gesagt, Allans Leben war alles andere als langweilig!) und kann sich so auf jeden Fall ein paar nette Lesestunden machen!