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Veröffentlicht am 28.06.2021

Eine ehrliche, feministische Umsetzung des Mythos um die Amazonen

Die Götter müssen sterben
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Aufmachung:
Das Cover sieht super aus! Man sieht eine Amazone und im Hintergrund den Mond – beides ein Hinweis auf Artemis, die im Buch natürlich eine wesentliche Rolle spielt. Mir gefällt es auch besonders ...

Aufmachung:
Das Cover sieht super aus! Man sieht eine Amazone und im Hintergrund den Mond – beides ein Hinweis auf Artemis, die im Buch natürlich eine wesentliche Rolle spielt. Mir gefällt es auch besonders gut, dass nicht auf dem ersten Blick erkennbar ist, dass es sich bei dem Cover um ein gemaltes Bild handelt.
Der Titel passt ebenso gut. Zum einen wird er im Text erwähnt, zum anderen bekommt er durch den Inhalt auch mehrere tiefere Bedeutungen. Solche Momente mag ich sehr gerne!

Meine Meinung:
Ich habe mich riesig auf „Die Götter müssen sterben“ gefreut, immerhin geht es um die Amazonen, den Trojanischen Krieg und im Allgemeinen um griechische Mythologie. Genau mein Fall!
Bereits jetzt kann ich auch schon sagen, dass mir die Umsetzung an sich super gefallen hat, auch wenn mich das Buch im Ganzen nicht hundertprozentig abholen konnte.

Zunächst einmal gefällt mir Nora Bendzkos Take auf die Amazonen sehr gut! Historisch und mythologisch weiß man nicht besonders viel über die Amazonen und Vieles ist sehr stark umstritten. Bendzko hat Teile des Bekannten und des Mythos genommen und hat ihre ganz eigene Version der Amazonen geschaffen, die überzeugen kann.
Besonders gut hat mir dabei gefallen, dass die Autorin nichts beschönigt. Die Amazonen sind Kriegerinnen, die vom Kriegsgott Ares abstammen – und dementsprechend brutal, blutig und gewalttätig hat sie sie auch dargestellt. Gleichzeitig sind die Frauen nicht weniger menschlich, weshalb man trotzdem noch sehr gut mit ihnen sympathisieren und mitfühlen kann.
Vor allem aber ist dieses Buch und die Darstellung der Amazonen ein Paradebeispiel für feministische Literatur in der Fantasy! Selbst wenn mich nicht alle Aspekte des Buches überzeugen konnten – dadurch hat „Die Götter müssen sterben“ es geschafft, mich zu inspirieren, zu berühren und zu motivieren und alleine deshalb verdient das Buch einen besonderen Platz in meinem Regal.

„Abfall? Bei den Göttinnen, das warst du nie. Das ist keine Frau dieser Welt, und wenn es tausend Männer sagen.“ (S. 290)

Die Namen der einzelnen Amazonen (und auch der anderen Figuren) sind dabei zwar etwas schwierig zu merken und teilweise auch sehr ähnlich. Trotzdem erhält jede Figur einen eigenen Unterton im Schreibstil, sodass es einem sehr leichtfällt, sie voneinander zu unterscheiden. Das ist definitiv auch ein Pluspunkt, denn gerade bei so vielen Figuren ist das nicht selbstverständlich!

Dennoch würde ich sagen, dass ich „Die Götter müssen sterben“ niemandem empfehlen würde, der nicht wenigstens Grundlegendes über die Ilias, den Trojanischen Krieg und griechische Mythologie weiß, denn vieles wird hier beim Leser vorausgesetzt und nicht weiter erläutert. Das soll keine Kritik sein, im Gegenteil. Es wäre in meinen Augen eher unpassend, wenn die Autorin hier unnötig weit ausgeholt hätte, zumal der Fokus hier ja ganz offensichtlich auf den Amazonen liegt und der Trojanische Krieg, auch wenn er ein wesentlicher Auslöser für den ganzen Plot ist, eher im Hintergrund eine Rolle spielt. Vorwissen würde ich hier trotzdem voraussetzen, auch, weil es einem sonst mitunter nicht so leichtfällt, die einzelnen Figuren auseinander zu halten.

Im Übrigen hat mir auch die Darstellung der einzelnen Götter sehr gut gefallen. Ähnlich wie die Amazonen sind sie blutrünstig, brutal und manisch dargestellt – wie unsterbliche Götter eben. Auch hier hat die Autorin also nichts beschönigt oder „verniedlicht“.
Diese Ehrlichkeit und Ungefiltertheit ist der größte Pluspunkt des Buches und macht seinem Genre der Dark Fantasy alle Ehre.

Das klingt bis jetzt also alles sehr positiv und so habe ich das Buch durchaus auch wahrgenommen. Warum konnte „Die Götter müssen sterben“ mich also nicht völlig überzeugen?
Das kann ich leider auch nicht so wirklich beantworten. Ganz wesentlich liegt es daran, dass das Buch teils doch sehr langatmig ist. Nicht selten hatte ich bspw. das Gefühl, an die 200 Seiten gelesen zu haben, während es in Wahrheit bloß um die 50 waren. Ab und zu musste ich mich sogar regelrecht dazu überreden, weiterzulesen. Aber weshalb genau ich das Gefühl hatte, dass das Buch so zäh ist, kann ich nicht wirklich festmachen. Möglicherweise, weil der Schreibstil nicht meins war, vielleicht hätte ich mir auch ein paar mehr rasante Stellen gewünscht? Ich weiß es nicht zu 100 %, ich kann nur sagen, dass mich das Buch nicht so sehr gefesselt hat, wie ich es mir gewünscht habe.
Das ist natürlich jetzt extrem subjektiv, das ist mir bewusst. Deshalb werde ich dem Buch auch nur einen Punkt abziehen. Es hat eben alles richtig gemacht, was es richtig zu machen gibt, und ich habe keine handfesten Kritikpunkte. Der Funke ist bloß nicht übergesprungen, was vielleicht auch daran liegt, dass es möglicherweise nicht der richtige Zeitpunkt für mich gewesen ist.


Fazit:
„Die Götter müssen sterben“ ist eine große Empfehlung für alle Mythologie- oder Dark Fantasy-Fans, oder für Leute, die feministische oder queernormative Fantasy lesen wollen und kein Problem damit haben, wenn es etwas blutiger zugeht.
Nora Bendzko interpretiert den Mythos um die Amazonen neu und setzt ihn in überzeugender, greifbarer Weise um. Das Buch setzt Vorwissen über die griechische Mythologie, speziell über den trojanischen Krieg voraus, aber diejenigen, die gerne Bücher darüber lesen, werden hier ein paar interessante Lesestunden finden.
Ich habe keine objektive Kritik an „Die Götter müssen sterben“ zu äußern. Dennoch muss ich sagen, dass es mir zwischendurch leider zu zäh und zu anstrengend zu lesen war. Woran genau das gelegen hat, kann ich jedoch nicht sagen, es gibt keinen Anker im Buch, an dem ich dieses Gefühl festmachen könnte. Deshalb – weil das Buch also alles richtig gemacht hat, und es für mich möglicherweise nur der falsche Zeitpunkt war – werde ich dem Buch nur einen Punkt abziehen und empfehle es jedem, der sich für die Amazonen interessiert oder ein feministisches Buch lesen möchte.
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 22.03.2021

Langsame, aber hochkomplexe High Fantasy

Der Orden des geheimen Baumes - Die Königin
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Vielen lieben Dank an das Penguin Randomhouse-Bloggerportal und den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das ...

Vielen lieben Dank an das Penguin Randomhouse-Bloggerportal und den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover von Band 2 ist genau das gleiche wie von Band 1 nur mit einer umgekehrten Farbgebung. Das gefällt mir sehr gut, da es das Originalcover ist und somit deutlich wird, dass es sich im Original um einen Einzelband handelt, während man im Deutschen trotzdem noch gut Band 1 und 2 voneinander unterscheiden kann.
Toll finde ich auch die Karten im Einband sowie das Glossar im Anhang. Das hilft bei der Orientierung im Buch auf alle Fälle weiter!
Das Buch hat übrigens auch ein Lesebändchen.

Meine Meinung:
Der Orden des Baumes ist schwierige, hochkomplexe High Fantasy, die definitiv nichts für Fantasy-Anfängerinnen ist! Selbst geübte Fantasyleserinnen wie ich haben unter Umständen Schwierigkeiten, sich in die Welt des Ordens einzufinden. 😉

Das liegt zum einen auch an dem Schreibstil von Samantha Shannon, der keiner ist, über den man mal so eben hinwegliest. Er hat mir zwar für ein High Fantasy-Buch sehr gut gefallen, aber ich habe dennoch eine Weile gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Sie schreibt relativ hoch und eher wenig umgangssprachlich, was aber durchaus zum mittelalterlichen Setting passt – eben sehr typisch für High Fantasy. Dennoch musste ich vor allem zu Beginn einige Sätze mehrfach lesen, um den Sinn dahinter zu verstehen. Das legt sich jedoch mit steigender Spannung: Wenn man einmal „drin“ ist, ist man „drin“.

Zum anderen umfasst der Orden aber auch sehr viele verschiedene Figuren, die natürlich alle ungewöhnliche, teils auch ähnlich klingende Namen haben, eine ganze Welt voller unbekannter Orte und dazu besondere Wesen und Begriffe, bspw. der Ichneumon Aralaq oder Siden für eine Form der Magie. Das alles muss man erst einmal „lernen“, bevor man die Wörter auseinanderhalten kann, aber dabei hilft das Glossar am Ende besonders. Anfangs ist es daher etwas schwierig, in die Geschichte einzufinden, aber gerade diese Komplexität macht Der Orden des Geheimen Baumes meiner Meinung nach aus. Man merkt einfach, wie viele Gedanken die Autorin sich über dieses Buch gemacht hat.

Vor allem ist jedoch das zu Beginn eher langsame Erzähltempo hinderlich. Der Orden ist im Original, wie gesagt, ein Einzelband. Dennoch hat man selbst hier in Buch 2 – also in der zweiten Hälfte des Originals – anfangs noch lange das Gefühl, dass sich die Geschichte erst aufbauen muss. Zwar ist die Handlung nicht mehr ganz so zäh wie in Die Magierin, aber ein wenig Geduld, bis alles endlich zusammenläuft, braucht man dennoch. Etwa nach der Hälfte von Die Königin war es dann soweit, dass ich mich nur noch schwer von der Geschichte lösen konnte. Bis dahin musste ich mich allerdings fast schon überreden, noch ein weiteres Kapitel zu lesen.

Das ist schade, da Der Orden des Geheimen Baumes so unglaublich originell ist. Nicht nur das Magiesystem, das nach und nach immer mehr erklärt wird und man so mit fortlaufender Handlung immer besser versteht, sondern auch der neue Blickwinkel auf Drachen, nämlich dass es feuerspeiende „Lindwürmer“ gibt und solche Drachen, die ihre Kraft aus dem Wasser ziehen, haben mir wahnsinnig gut gefallen.
Hier macht sich dann aber auch der lange Aufbau bezahlt: Nur, weil die Autorin sich zu Beginn so viel Zeit gelassen hat, in die Welt einzuführen und alles zu erklären, kann das Buch in dieser Hinsicht überzeugen. Insofern ist es natürlich nicht nur schlecht, dass der Anfang so langwierig ist – auch wenn man sagen muss, dass dem Buch ein paar spannende Sequenzen mehr nicht geschadet hätten.

Die Figuren des Ordens sind ebenso komplex wie das Magiesystem. Die Geschichte wird von vier handelnden Personen erzählt: Eadaz, eine Dienerin des Ordens vom Orangenbaum, Loth, ein Adliger aus Inys, Tané, eine Drachenreiterin, und Niclays, einen in Ungnade gefallenen Alchemisten.
Alle vier sind dabei so grundverschieden, wie es nur möglich ist – dadurch fällt es nicht nur sehr leicht, sie voneinander zu unterscheiden, sondern auch, sich in jeden einzelnen von ihnen hineinzuversetzen: In allen findet man auch sich selbst wieder.
Gleiches gilt aber auch für die Nebenfiguren: Sie dienen nicht, wie es so oft bei Nebenfiguren ist, den Protagonisten als „Plot Device“, sondern haben alle einen ebenso ausgeformten, einzigartigen Charakter, wodurch auch sie umso lebensechter erscheinen.
Am meisten hat mir dabei Sabran, die Königin von Inys gefallen: Während sie mich anfangs aufgrund ihrer Starrsinnigkeit noch genervt hat, war ich zum Ende hin wirklich beeindruckt, wie sie sich ihre Unabhängigkeit erkämpft hat und aus allem, was sie erlebt hat, stärker und selbstbewusster herausgewachsen ist. Sie hat eine wirklich tolle Entwicklung durchgemacht!

„‚Die, die die Ketten trägt, ist tausendmal größer als der, der sie anlegt‘, erwiderte Nayimathun. ‚Ketten sind Feigheit.‘“ (S. 70)

Was abschließend noch erwähnenswert ist: Der Orden des Geheimen Baumes zeigt, dass High Fantasy nicht sexistisch sein muss. In so gut wie allen HF-Büchern, die in einem mittelalterlichen Setting spielen, ist es Gang und Gäbe, dass Frauen von Männern unterdrückt, ausgenutzt und belächelt werden. Eben, weil es im „echten“ Mittelalter so war. Aber wer sagt denn, dass das in Fantasy auch so sein muss? Fantasy ist doch gerade das Genre, in dem alles erlaubt ist!
Und das zeigt Der Orden des Geheimen Baumes: Das Königinnenreich Inys bspw., oder auch der Orden des Orangenbaumes sind Matriarchate. Auch in vielen anderen Teilen dieser Welt sind Frauen diejenigen, die leitende Positionen und Macht innehaben – nicht in allen, es gibt auch Könige und Kaiser!
Frauen und Männer sind hier also gleichberechtigt, und das wird nicht einmal zum Thema gemacht, sondern ist einfach so. Ein Beispiel: Die Ritter des Leibes der Königin von Inys sind sowohl Männer als auch Frauen, und das ist dort eine Selbstverständlichkeit. Und all das, ohne dass die Geschichte darunter „leidet“! Wer hätte das gedacht? (Achtung, Sarkasmus hier)

„‚Unfruchtbar.‘ Sie lächelte kühl. ‚Wir sollten uns ein anderes Wort dafür ausdenken, meine ich. Dieses jedenfalls klingt so, als wäre ich ein Stoppelfeld. Ein brachliegendes Stück Land, das nichts mehr zu geben hat.‘“ (S. 188)

Gleiches gilt übrigens auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Es gibt hier mehrere Figuren, die sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen, und auch das wird nicht weiter kommentiert, sondern einfach dahingestellt.
In der Hinsicht ist Der Orden des Baumes also ein Vorreiter für moderne High Fantasy!

Fazit:
Insgesamt ist Der Orden des Baumes eine schlüssige und runde Fantasy, die vor allem damit überzeugen kann, das von dem Weltenaufbau über die Charakterisierung der Figuren bis hin zum Magiesystem alles komplett durchdacht ist. Zwar wird die Geschichte dadurch ebenso komplex, aber das ist bei High Fantasy ja nichts Neues.
Eine weitere Besonderheit, die eigentlich nicht „besonders“ sein sollte, aber den Orden auszeichnet: Er beweist, dass gerade High Fantasy auch ohne klischeehafte Rollenbilder und Sexismus geht.
Etwas schade ist, dass der Anfang, der im Original sogar schon der Mittelteil ist, immer noch sehr langatmig ist und es entsprechend viel Zeit und Nerven braucht, bis es zum spannenden Teil kommt. Das hat mein Lesevergnügen hier etwas eingeschränkt, weshalb ich einen Punkt abziehe.
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 22.12.2020

Hochkomplex, aber lesenswert

Macht des Feuers
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Vielen lieben Dank an die Autorin und Mainwunder für das Rezensionsexemplar und die wundervolle Kampagne!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie ...

Vielen lieben Dank an die Autorin und Mainwunder für das Rezensionsexemplar und die wundervolle Kampagne!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch Band 1 ist Macht des Feuers richtig schön aufgemacht – am Ende des Buches findet man diesmal sogar vier Karten!
Der Titel ist ebenfalls gut gewählt. Seine Bedeutung ist ein wenig offensichtlicher als die von Tag des Na’kathá, aber auch hier gibt es viel hineinzuinterpretieren.

Meine Meinung:
Ich kann mich in dieser Rezi eigentlich in vielen Punkten auf das beziehen, was ich in meiner Rezension zu Band 1 angesprochen habe, auch wenn sich einiges durchaus verändert hat.

Am auffälligsten ist dabei wohl, dass ich dieses Mal mit dem Schreibstil keinerlei Probleme hatte. Während ich in Tag des Na’kathá ein wenig gebraucht habe, um damit warmzuwerden, war ich hier direkt auf Anhieb in der Geschichte drin. Das liegt wohl ganz einfach daran, dass man sich nach einem Buch an den Schreibstil gewöhnt hat und es auch nicht so lange her ist, dass ich Band 1 beendet habe. 😉

Auch fällt einem sofort auf, dass dieses Mal der Fokus auf ganz andere Figuren liegt. In Band 1 ging es hauptsächlich um Dacan, die Reise nach Toretho und die Charaktere, die er und seine Crew dort antreffen.
Während Dacan im Folgeband zwar kurz sogar eine eigene Handlung bekommt, die meiste Zeit (aus guten Gründen) jedoch nur über ihn gesprochen wird, werden die Figuren, die auf Toretho wichtig sind, hier nur erwähnt. Das will ich jedoch gar nicht kritisieren, im Gegenteil. Man merkt dennoch, dass alles, was in Band 1 passiert ist, immer noch relevant bleibt, indem sich die Autorin stets auf die Geschehnisse rückbezieht. Allerdings geht es hier eben um eine scheinbar ganz andere Problematik, für die die Handlung aus Band 1 nur bedingt wichtig ist.

Aus diesem Grund werden hier auch wieder sehr viele neue Figuren eingeführt, am wichtigsten sind hierbei wohl die Heilerin Lunara und Remos.
Lunara hat mir sehr gut gefallen, neben Kazim gehört sie in dieser Reihe mittlerweile zu meinen Lieblingsfiguren. Sie ist cool, tough und lässt sich von niemandem etwas sagen. Dabei hat sie dennoch ihre Schwächen, um die sie aber weiß. Man lernt sie gut kennen und kann sich schnell leicht in sie hineinversetzen; sie war mir auf Anhieb sympathisch. Gleichzeitig hat sie trotz allem noch ihre Geheimnisse, hinter die man nicht sofort kommt. Das macht sie vielschichtig und spannend. Ich habe so meine Vermutungen über sie und bin gespannt, ob sich diese in den Folgebänden bewahrheiten!

Mit Remos konnte ich hingegen nicht besonders gut anbändeln, aber das liegt nicht an ihm oder seiner Charakterisierung, sondern ist einfach subjektives Empfinden. Ich bin mit ihm schlicht nicht warmgeworden.

Besonders toll fand ich es, dass Kazim hier wieder eine sehr wichtige Rolle einnimmt. Bereits in Tag des Na’kathá hatte ich vor allem wegen seines Humors und seiner Vorliebe dafür, andere zur Weißglut zu bringen, großen Spaß an ihm. Aber auch, weil man einen Einblick darin bekommt, wie groß sein Einfluss in Usenia tatsächlich ist und was er alles auf dem Kerbholz hat, ist er eine spannende Figur. Er schüttelt stets ein Ass aus dem Ärmel und es ist wirklich beeindruckend mitzuerleben, wo er überall seine Finger mit im Spiel hat!
Was zwar einerseits die Reihe ausmacht, beim Lesen aber durchaus teils sehr anstrengend ist, ist die Langatmigkeit der Geschichte. Ich habe es in meiner Rezension zu Band 1 bereits angesprochen, aber auch hier möchte ich noch einmal betonen, dass man schnell merkt, dass die Geschichten rund um Dacan und seine Crew alle miteinander verwoben sind und irgendwo hinführen sollen, dass die Autorin sich also unheimlich viele Gedanken über Usenia und seine Figuren gemacht haben muss.
Es ist alles hochkomplex und miteinander verwoben, gleichzeitig hat man nicht das Gefühl, dass Frau Bush zu irgendeinem Zeitpunkt ein Detail mal aus den Augen oder den Faden verliert.

Beim Lesen ist es jedoch nicht so leicht, den Überblick zu behalten, weshalb es, wie gesagt, teils sehr anstrengend ist, der Handlung zu folgen. Es passiert einerseits unglaublich viel, andererseits hat man beim Lesen aber auch das Gefühl, dass extrem weit ausgeholt wird, wodurch die Chronica Usenia sehr langatmig werden.
Bei Band 1 hatte ich bereits das Gefühl, dass es eine Einführung in eine viel größere Handlung sein soll, und auch Band 2 hat mir dieses Gefühl gegeben.
Es wird sehr viel aufgebaut und sehr viele Fragen aufgeworfen, die keinen Schluss darauf liefern, wohin das Ganze führen soll. Natürlich werden auch immer mal wieder Fragen beantwortet, aber das große Ganze oder der Sinn und Zweck der Geschichte ist immer noch sehr nebulös.

Um das klarzustellen: Ich erwarte keinesfalls, dass schon von vornherein erkennbar ist, wie die Geschichte ausgeht, im Gegenteil! Dann würde ich sie wegen ihrer Vorhersehbarkeit kritisieren.
Aber die Chronica Usenia brauchen extrem lange, bis überhaupt mal ein Roter Faden erkennbar ist. Erst ca. im letzten Drittel des zweiten Teils konnte ich wenige Vermutungen darüber aufstellen, wohin alles, was bisher passiert ist, führen könnte.
Auch werden die Zusammenhänge zum ersten Band erst sehr spät erkennbar, auch wenn sich ab diesem Zeitpunkt dann einiges ineinanderfügt.

Das alles weist aber, wie gesagt, darauf hin, dass Chronica Usenia hochkomplex ist, was vor allem den ungeübten Fantasyleser mit hoher Wahrscheinlichkeit überfordert – es passiert eben enorm viel, sodass es schwer ist, den Überblick zu behalten.
Auch geübtere Fantasyfans werden hier sicherlich einiges an Geduld aufbringen müssen; auch mir fiel es zwischendurch schwer, der Handlung zu folgen und gerade abends konnte ich nicht die erforderliche Konzentration aufbringen, um weiterzulesen, und ich lese eigentlich relativ viel High Fantasy.
Nichtsdestotrotz ist das keine Kritik an der Handlung, sondern einfach eine Empfehlung dahingehend, wer an diesem Buch vielleicht eher mehr und wer eher weniger Freude findet.
Wer bereit ist, die Geduld und Konzentration aufzubringen, die erforderlich sind, um die Chronica Usenia gänzlich zu verstehen, hat sicherlich auch an Band 2 einiges an Spaß, vor allem, wenn der Auftakt einem schon ganz gut gefallen hat – Macht des Feuers wirft zwar nämlich wieder einige Fragen auf, aber beantwortet auch Vieles, das man im Auftakt noch nicht ganz begriffen hat.
Trotz allem hoffe ich natürlich, dass der Folgeband noch ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringt. 😉


Fazit:
Macht des Feuers ist eine gute Fortsetzung, die ihrem Vorgänger in vielerlei Hinsicht dennoch sehr ähnlich ist.
Bereits in Tag des Na’kathá bekommt man einen Eindruck davon, wie unglaublich komplex die Chronica Usenia sein müssen, und Macht des Feuers bestätigt dies noch einmal. Während Band 1 wie eine Einführung in eine gut durchdachte High Fantasy wirkt, bekommt man beim Lesen von Band 2 den Eindruck, dass es sich dabei um eine Fortsetzung der Einführung handelt.
Es wird zwar einiges Unklares aus Band 1 geklärt und ab ca. dem zweiten Drittel beginnt man auch so ganz langsam, einige Zusammenhänge zu erklären, aber gleichzeitig werden in Macht des Feuers wieder so viele neue Figuren und Handlungsstränge eingeführt, dass noch nicht ganz das Gefühl aufgekommen ist, dass die Geschichte jetzt in Fahrt kommt.
Dies führt zwar einerseits dazu, dass das Lesen teils durchaus sehr anstrengend und auch langatmig wird, andererseits beweist die Autorin auch mit diesem Band, dass ihre Geschichte zwar unglaublich komplex ist, man aber dennoch das Gefühl hat, dass sie einen Plan hat und irgendwann alles seinen Sinn machen und letztlich zusammenlaufen wird.
Für die Chronica Usenia braucht man also viel Geduld und Konzentration, aber gerade High Fantasy-Fans finden hier eine hochkomplexe, interessante neue Welt. Neueinsteigern in dieses Genre würde ich die Reihe gerade deshalb aber nicht empfehlen.
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 01.12.2020

Viel Geduld macht sich bezahlt!

Tag des Nakathá
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Vielen lieben Dank an die Autorin und Mainwunder für das Rezensionsexemplar und die wundervolle Kampagne! ♥
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Okay, ...

Vielen lieben Dank an die Autorin und Mainwunder für das Rezensionsexemplar und die wundervolle Kampagne! ♥
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Okay, da gibt es tatsächlich nicht besonders viel zu sagen, nur: Schaut euch dieses Cover an! Und schaut es euch genau an, denn die Detailverliebtheit ist sagenhaft. Man kann viel in dieses Cover hineindeuten, aber eines macht es offensichtlich: Es handelt sich beim ersten Band der Chronica Usenia um einen High-Fantasy-Abenteuerroman. Hervorragend gestaltet und wenn man den Inhalt kennt, macht es auch Sinn! 😉
Wie viel Sinn der Titel Tag des Na´kathá macht, erschließt sich einem erst relativ spät in der Handlung, aber dann wird einem klar, dass das Buch nicht anders hätte heißen dürfen. Ich denke sogar, dass man den gesamten Sinn des Titels auch erst im weiteren Verlauf der Reihe nachvollziehen können wird.

Meine Meinung:
Was für den Titel gilt, kann man im Prinzip auf das gesamte Buch übertragen. Lange versteht man wirklich nicht viel von dem, was dort vor sich geht, und am Ende hat man auch noch lange nicht alles verstanden, aber dennoch ist Tag des Na´kathá ein vielversprechender Auftakt zu einer womöglich bis ins kleinste Detail durchdachten, genialen Reihe.
Aber fangen wir langsam an.

Der Einstieg in das Buch ist zugegebenermaßen eher holprig. Das liegt vor allem an dem Schreibstil der Autorin, der sich doch stark von anderen Schreibstilen unterscheidet und daher sehr gewöhnungsbedürftig ist. Sie bedient sich eines auktorialen Erzählers, dem es mir teilweise schwerfiel, vollständig zu folgen, weil er doch eher rasant zwischen den vielen Charakteren umherspringt. Hinzu kommen viele kurze, abgehackte Sätze, die den Lesefluss zunächst ein wenig behindern.
Dennoch muss ich sagen: Gebt dem Schreibstil eine Chance, denn nach einer gewissen Zeit, werdet ihr euch daran gewöhnt haben! Dann merkt man auch, dass der auktoriale Erzählstil mit Bedacht gewählt ist. Anhand der Vielzahl der Charaktere, bei der es leicht ist, den Überblick zu verlieren, ist es, hilft der allwissende Erzähler, denke ich, ganz gut dabei, dass man als Leser eben doch nicht so leicht den Faden verliert.

Die Kehrseite davon ist natürlich, dass er es einem erschwert, eine tiefere Bindung zu den Figuren aufzubauen – jedenfalls bei mir war es so. Durch die überblickende Erzählperspektive bleibt man – obwohl man öfter durchaus einen Einblick in die Gefühlswelt der Protagonisten erhält – eher auf Distanz zu den Charakteren. Es wirkt, als würde man das Geschehen aus einer Vogelperspektive beobachten und nicht inmitten der Charaktere dabeistehen.
Wieder gilt: Mit der Zeit gewöhnt man sich daran und dann kann man auch eine Beziehung zu den Figuren entwickeln. Es ist anfangs eben nur ein wenig schwieriger.

Dacan, der Hauptprotagonist der Reihe, ist mir nach einer gewissen Zeit sehr sympathisch geworden. Er ist ein fähiger Seefahrer und guter Anführer, der sich durch seinen besonnenen, gewissenhaften Führungsstil und seine Sorge um seine Crew auszeichnet.
Er bildet einen starken Kontrast zu seinem Kontrahenten Delos, dessen Kälte und Skrupellosigkeit sowie die Tatsache, das ihm ein tief vergrabenes, dunkles Geheimnis umgibt, kennzeichnend ist.
Dieser Kontrast hat mir wirklich sehr gut gefallen!
Anfangs fiel es mir aufgrund ihrer ähnlichen Namen (der gleiche Anfangsbuchstabe und die gleiche Anzahl Buchstaben reicht mir da schon) allerdings noch etwas schwer, sie auseinander zu halten, was zwischendurch für etwas Verwirrung gesorgt hat, aber auch das hat sich irgendwann gelegt. xD

Über Anouk, Dacans Blutsbruder und bester Freund, hätte ich gerne noch etwas mehr erfahren. Er hat eine ganz andere Kultur, die sich besonders durch seine intensive Bindung zu seinen Ahnen auszeichnet, als die anderen Crewmitglieder, die zwar auch allesamt aus unterschiedlichen Ländern kommen, sich untereinander aber ein wenig mehr ähneln. Zudem muss er in seiner Vergangenheit Schlimmes erlebt haben, das wird jedoch nicht näher erläutert, sondern nur angeschnitten. Ich hoffe, dazu kommt mehr im Folgeband!

Kazim, ein weiterer Freud Dacans, der erst etwas später hinzutritt, konnte mich jedoch durch seinen eigensinnigen Humor am meisten von sich überzeugen – er war der Hauptgrund dafür, dass ich zwischendurch mal gut lachen konnte! Gleichzeitig hat auch er viel auf dem Kerbholz, ist durchtrieben und man darf ihn nicht unterschätzen. Er verspricht, im nächsten Band eine bedeutendere Rolle zu bekommen.
Die anderen Crewmitglieder der Edra bleiben dagegen jedoch eher farblos und ihre Namen konnte ich mir durchgehend leider nicht merken, was aber angesichts der Charaktermenge auch nicht weiter verwunderlich ist. Ich hoffe dennoch, dass sich auch das im Folgeband ändern wird!

Der Plot ist zunächst – wie bereits angerissen – sehr verwirrend. Man versteht nicht, welchen Sinn der Auftrag an Dacan hat und wohin die unterschiedlichen Herausforderungen, denen er und seine Crew sich im Laufe der Reise stellen müssen, führen sollen. Dennoch ahnt man, dass das alles auf etwas Größeres hinauslaufen soll, man hat nur keinen blassen Schimmer, was dieses Größere sein soll.
Erst relativ spät kommt etwas Klarheit auf. Dann kann man sich rückblickend einen Reim auf das meiste, was bisher passiert ist, machen und man versteht auch so einiges besser als vorher. Alle Fragen werden jedoch selbst bis zum Schluss nicht vollständig beantwortet, Vieles bleibt sogar gänzlich unbeantwortet. Der Nebel lichtet sich also, aber eben nur ein wenig und man hat längst nicht alles durchblickt.
Man braucht für Chronica Usenia also gehörig viel Geduld, wodurch das Lesen teils auch sehr anstrengend wird, aber ich denke, im Laufe der Reihe wird sich das auszahlen.
Einzig negativ ist mir dabei nur aufgefallen, dass manches Wesentliches einfach unkommentiert dahingestellt wird; eine solche Situation passiert auf S. 284f. Ich hatte den Eindruck, dass hier Potenzial ungenutzt bleibt, sowohl das Funktionieren der Welt, in der wir uns befinden, als auch die Stärken eines bestimmten Charakters zu erklären. Stattdessen wird das Problem durch einen einzigen Satz ohne Erklärung gelöst. Ich musste die bestimmte Stelle mehrfach lesen um sicherzustellen, dass ich nichts aus Versehen überlesen habe (passiert manchmal, wenn es spannend wird, ups), aber mein Eindruck wurde dadurch nur noch bestätigt. Das hat mich sehr verwirrt und gleichzeitig auch ein wenig enttäuscht.
Glücklicherweise tauchen solche Situationen, in denen ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte, nicht allzu häufig auf, und eine solche extreme wie auf S. 284f. ist auch ein Einzelfall. Vielleicht verschafft auch hier Band zwei eine Erklärung?
Nichtsdestotrotz ist die Handlung durchgehend sehr spannend.

Erwähnenswert ist schließlich noch, dass sich das Worldbuilding hier durch eine ungemeine Diversität auszeichnet; Usenia ist von vielen unterschiedlichen Kulturen (und Lebewesen) bevölkert, die teilweise winzige Parallelen zu unserer Welt aufweisen, für den Leser meistens jedoch völlig unbekannt sind. Allzu tiefgehend wird auf die unterschiedlichen Völker hier noch nicht eingegangen, aber es wird ein wesentliches Fundament für eine beeindruckende, komplexe Welt geschaffen, auf das im Folgeband hoffentlich gebaut wird.

Fazit:
Es gibt wohl zwei wesentliche Aspekte, die meine Rezension zusammenfassen:
1. Habt Geduld beim Lesen! Auch wenn sich sehr Vieles sehr lange nicht erklärt und man förmlich im Dunkeln tappt, was das Lesen zugegebenermaßen erschwert, lohnt es sich, weiterzulesen. Am Ende wird man zwar nicht mit allen Antworten belohnt, aber man merkt dafür nur umso stärker, wie unglaublich gut durchdacht Chronica Usenia ist. Tag des Na´kathá ist das Versprechen auf eine atemberaubende High Fantasy-Reihe.
Das führt zu 2.: Dieser Auftakt macht sehr viel Hoffnung auf den zweiten Band. Vieles bleibt auch am Ende noch ungeklärt und es kommen einige Fragen hinzu. Um also Band eins vollständig nachvollziehen zu können, muss man wahrscheinlich die gesamte Reihe kennen. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass Usenia eine wirklich hochkomplexe Welt ist, die noch so viel mehr verbirgt, als sie einem hier gezeigt hat.
Das macht Tag des Na´kathá zu einem sehr soliden Auftakt, der trotz seiner nicht unwesentlichen Schwächen durchaus lesenswert ist und neugierig auf den Folgeband macht.
Daher hat er auch trotz der Kritik mit Fug und Recht gute 4/5 Lesehasen verdient!

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Veröffentlicht am 24.10.2020

Eine Geschichte über Schicksal und Berufung

Whitefeather (Legende der Schwingen 1)
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Vielen lieben Dank an NetGalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover ist so wunderschön! ...

Vielen lieben Dank an NetGalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover ist so wunderschön! .
Ich muss gar nicht viel dazu sagen. Schaut es euch einfach nur an!
Mir gefällt besonders gut, dass es mit dem Schwarz, Weiß und Gold in so schlichten Farben gehalten ist. Das passt natürlich gleichzeitig auch zu dem Inhalt: Es gibt Whitefeather und Blackfeather. Hier geht es zunächst um die Whitefeather, wie ja auch der Titel schon sagt. Deshalb liegt auch auf dem Cover der Fokus auf die weißen Schwingen.

Meine Meinung:
Mit dem Einstieg habe ich mich ehrlicherweise etwas schwergetan. Das Buch startet mit einigen Jugendbuch-Klischees, unter anderem die obligatorische Dreiecksbeziehung, die direkt offensichtlich ist, und auf die ich nicht wirklich Lust hatte. Das Lesen macht also zunächst wenig Spaß, da man das Gefühl hat, die gleiche Geschichte wie schon hundertmal zu lesen.

Aber nichtsdestotrotz liest man erstmal weiter, hauptsächlich weil der Schreibstil sehr angenehm und flüssig zu lesen ist.
Dann kommt es zum ersten Plottwist, den man zwar erahnen kann, der dann aber doch spannend geschrieben ist. Das ist im Übrigen stellvertretend für das gesamte Buch: Vieles ist zwar leider vorhersehbar, aber die Autorin hat ein Händchen dafür, den Leser trotzdem ans Buch zu fesseln. Obwohl man in etwa erahnt, wie es ausgehen wird, möchte man wissen, wie genau es dazu kommen wird, und liest weiter.

Trotz allem gibt es auch Situationen, die man so nicht vorhersehen konnte, insbesondere in Bezug auf Lijan.
Seinen Charakter fand ich auch mit Abstand am interessantesten – gerade weil er mich so überraschen konnte. Man ordnet ihn zunächst in eine Schublade ein, merkt dann aber irgendwann, dass er dort gar nicht hineinpasst. Man hat schnell Zweifel, ob der erste Eindruck, den man von ihm hat, wirklich stimmt, und kann nur schwer einschätzen, welche Rolle (die des Helden oder des Bösewichts) er in Whitefeather einnimmt. Das macht ihn zwar nicht gerade sympathisch, aber durch diese Undurchsichtigkeit trägt er wesentlich zur Spannung bei.

Liz und Fab wirken dagegen noch farblos. Anders als Lijan haben sie nur wenig, was sie von anderen Romantasy-Figuren unterscheidet. Trotzdem wachsen sie dem Leser ans Herz, vor allem Fab, der mich ein bisschen an Damon Salvatore erinnert hat. Fab hat auch eine dunklere Vergangenheit, über die man mehr und mehr herausfindet und die ihn etwas interessanter als die Protagonistin macht.
Ich wünsche mir von Band zwei, dass auch Liz mehr Persönlichkeit erhält.

Die Idee mit den Engeln und Engelsstädten hat mir sehr gut gefallen. Ich habe zwar schon einige Engelsgeschichten gelesen, allerdings noch nicht in der Weise. Die Whitefeather und Blackfeather sind ein ganz neuer Take auf Engel, gerne möchte man mehr über die beiden Städte und ihre Regeln herausfinden. Man bekommt hier zwar einige Brocken hingeworfen, die allerdings kaum Licht ins Dunkel bringen, sondern eher nur noch mehr Fragen aufwerfen. So weiß man zum Beispiel nicht wirklich, was jetzt die Wahrheit ist und was gelogen, oder wer gut oder böse ist. Man ahnt zwar, dass es zu einem Verrat kommen wird, aber von wem er kommt, bleibt bis zum Schluss völlig unklar, da man lange nicht weiß, wem man überhaupt trauen kann.
Das macht die ganze Sache jedoch wieder packender und ich bin gespannt, wie der Konflikt im Folgeband aufgelöst wird.
Das Ende ist nämlich zwar auch vorhersehbar, aber dennoch schließt Whitefeather mit einem fiesen Cliffhanger ab.

Fazit:
Whitefeather ist ein guter Auftakt zu einer neuen Dilogie, der zwar zunächst nicht besonders überzeugt, dann den Leser jedoch recht schnell umstimmt. Trotz teilweiser Vorhersehbarkeit und 08/15-Figuren punktet er mit einer originellen Idee, einem packenden Schreibstil und vielen Rätseln.
4/5 Lesehasen.

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  • Handlung
  • Charaktere