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Veröffentlicht am 26.11.2020

Logbuch einer Tragödie

Unter uns das Meer
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INHALT
Die Havarie einer Ehe, ein Segeltörn in der Karibik. Mit großem erzählerischem Geschick entfaltet Amity Gaige ein nautisches und menschliches Drama.
Juliet arbeitet an ihrer Dissertation und lebt ...

INHALT
Die Havarie einer Ehe, ein Segeltörn in der Karibik. Mit großem erzählerischem Geschick entfaltet Amity Gaige ein nautisches und menschliches Drama.
Juliet arbeitet an ihrer Dissertation und lebt mit den beiden Kindern und ihrem Mann Michael ein Vorstadtleben. Michael gelingt es, sie für seinen großen Traum zu begeistern: ein Jahr auf hoher See auf einer Segelyacht zu verbringen. Atemlos steuern wir mit der vierköpfigen Familie in der Karibik dem dramatischen Finale entgegen.
(Quelle: Eichborn)

MEINE MEINUNG
Der Roman „Das Meer unter uns“ von der US-Amerikanischen Autorin Amity Gaige ist eine faszinierende Mischung aus mitreißendem Abenteuerroman, interessantem Reisebericht und bewegendem Familiendrama. Es ist ein fesselnder und nachdenklich stimmender Roman voller Überraschungen, dessen besonderer Reiz darin liegt, dass man lange nicht weiß, wohin sich die eindringliche Geschichte nun entwickeln wird.
Gekonnt thematisiert die Autorin neben der Suche nach Freiheit und einem selbstbestimmten Leben auch den Umgang mit Ängsten, Depressionen, sexuellem Missbrauch und traumatischen Erlebnissen. Auch erzählerisch kann dieser Roman mit seinem anspruchsvollen Schreibstil überzeugen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht das Ehepaar Juliet und Michael Partlow, die sich in einer handfesten Ehekrise befinden und sich auf Michaels Initiative hin eine gemeinsame einjährige Auszeit nehmen, um – in der Hoffnung die Ehe zu retten - mit ihren beiden kleinen Kindern Sybil und George einen Segeltörn in der Karibik zu unternehmen.
Erzählt wird die Geschichte aus den Perspektiven der beiden Ich-Erzähler - Michael und seiner Frau Juliet, die durch verschiedene Schrifttypen voneinander zu unterscheiden. Im Erzählstrang der Gegenwart erinnert sich Juliet, die sich offenbar psychisch angeschlagen in einem Schrank verkrochen hat, rückblickend an die Geschehnisse ihres Segeltrips. Michaels Part hingegen erfahren wir aus den tagebuchartigen Logbuch-Aufzeichnungen, die er während ihrer Reise an Bord der Yacht verfasst hat und eindrückliche Einblicke in seine Gedankenwelt offenbart. Zudem gibt es noch gelegentliche Einschübe mit Gesprächen, die ihre Tochter Sybil mit einer Kinderpsychologin führt. Eine unheilvolle Atmosphäre liegt von Beginn an über der Geschichte und allmählich verdichtet sich eine schreckliche Vermutung.
Geschickt hat die Autorin die schnell aufeinanderfolgenden Perspektiv- und Zeitwechsel in den Handlungsverlauf eingewoben und stellt die zwei oft so unterschiedlichen Sichten einander gegenüber. Diese besondere Erzählweise sorgt für einen subtilen Spannungsaufbau und schon bald versucht man die zwischen den Zeilen angedeuteten, unheilvollen Verwicklungen zu ergründen, unklar wohin uns diese tragische Geschichte führen wird.
Gebannt verfolgt man den Schilderungen ihres abenteuerlichen und teilweise gefahrenvollen Segeltrips, der sie in vielerlei Hinsicht herausfordert und an ihre Grenzen treibt, aber auch den dramatischen Entwicklungen in der Familiendynamik an Bord. Sehr anschaulich und glaubhaft schildert die Autorin, wie sich die charakterlich so gegensätzlichen Ehepartner nicht nur miteinander auseinandersetzen, sondern sich auch den Widrigkeiten von Technik und den unbarmherzigen Naturgewalten stellen und folgenschwere Entscheidungen treffen müssen.
Schrittweise enthüllt Amity Gaige das Logbuch einer unglücklichen Ehe. Gekonnt gewährt uns die Autorin eindrückliche Einblicke in die Hintergrundgeschichten der beiden Protagonisten und leuchtet deren so unterschiedliche Persönlichkeiten und inneren Abgründe aus. So wird immer deutlicher, dass beide ihren Problemen miteinander und ihren inneren Dämonen auch auf dem Meer nicht entfliehen können. Feinfühlig und tiefgründig hat die Autorin ihre Charaktere ausgearbeitet. Schade nur, dass ich trotz der ausgefeilten Charakterstudien mit beiden Protogonisten nicht wirklich warm geworden bin.
Mir haben die Beschreibungen der Naturschönheiten und von der einzigartigen Atmosphäre an Bord hervorragend gefallen; auch wenn ich mit Nautik und der Seemannssprache wenig anfangen kann, runden sie diese mitreißende Geschichte perfekt ab.

FAZIT
Ein spannender, bewegender und nachdenklich stimmender Roman, der uns mit auf eine ungewisse und herausfordernde Reise voller Überraschungen nimmt.

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Veröffentlicht am 14.11.2020

Fesselnder, brandaktueller Fall für Privatermittler Dengler

Kreuzberg Blues
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INHALT
Georg Dengler fühlt sich in Stuttgart so wohl wie schon lange nicht mehr, und auch mit Olga läuft es besser denn je. Trotz der aufziehenden Corona-Pandemie lässt er sich von ihr überreden, in Berlin ...

INHALT
Georg Dengler fühlt sich in Stuttgart so wohl wie schon lange nicht mehr, und auch mit Olga läuft es besser denn je. Trotz der aufziehenden Corona-Pandemie lässt er sich von ihr überreden, in Berlin zu ermitteln. Der Immobilienhai Sebastian Kröger scheint seine Mieter mit kriminellen Methoden rauszuekeln. Doch Dengler muss erkennen, dass die Sache größer ist, viel größer. Das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt: In einem Radius von wenigen hundert Metern vereinen sich in Kreuzberg Plattenbauten, schicke Townhouses, die türkische Community und der Schwarze Block. Ausgerechnet hier will der Bauunternehmer Kröger zwei Häuser »entmieten«, den danebenstehenden Kindergarten abreißen und ein neues Townhouse bauen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Die Mieter*innen wehren sich. Eine von ihnen bittet ihre Freundin Olga um Hilfe. Plötzlich stehen sie und Georg Dengler mitten im modernen Berliner Häuserkampf um das Recht auf Wohnen. Dann fällt ein Spekulant vom Dach eines der umkämpften Häuser – und die Lage eskaliert.
(Quelle: KiWi)
MEINE MEINUNG
Mit seinem neusten Krimi „Kreuzberg Blues“ lässt der deutsche Krimi-Autor Wolfgang Schorlau seinen toughen Stuttgarter Privatermittler und Ex-BKA-Fahnder Georg Dengler bei seinem bereits 10. Fall antreten, der ihn diesmal mit seiner cleveren Freundin Olga nach Berlin verschlägt.
Bekannt für seine scharfsinnigen, politischen Krimis hat Wolfgang Schorlau seinen brisanten Fall in der gewissenlosen, geldgierigen Immobilienbranche angesiedelt. Hierin widmet er sich der erschreckenden Verflechtung von Finanzindustrie und Immobilienwirtschaft sowie den rüden Methoden ihrer Handlager. In Zeiten des immer knapper werdenden Wohnraumes in deutschen Großstädten boomt das lukrative Geschäft mit kostbarem Wohnraum mehr denn je. Kein Wunder, dass in den letzten Jahren mächtige Immobilienkonzerne entstanden sind, die nun Hunderttausende von Wohnungen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung verwalten und die Objekte nach Luxusrenovierungen deutlich über dem Marktpreis anbieten – darunter ehemals bezahlbarer Wohnraum, der einst als Sozialwohnungen in öffentlicher Hand war. Sehr vielschichtig hat Schorlau die sorgsam recherchierten Hintergründe zu einer packenden Story verwoben. Äußerst anschaulich führt er uns die skrupellose Vorgehensweise der Entmieter vor Augen, die neben Einschüchterung und Drangsalierung auch vor kriminellen Machenschaften nicht haltmachen, um unliebsame Mieter aus den Wohnungen herauszubekommen. Zugleich gibt uns auch Einblicke ins das Leben der Betroffenen und ihre verzweifelten Versuche sich zur Wehr zu setzen.
Schorlaus sehr lebendiger Schreibstil und die sehr filmische Umsetzung lassen uns schnell in die spannende Handlung eintauchen. Es gelingt ihm mit seinen flotten Dialogen und bildhaften Beschreibungen des Kreuzberger Milieus sehr gut, für eine authentische Atmosphäre zu sorgen und das besondere Ambiente einzufangen, so dass das Kopfkino schon bald anspringt. Neben diesem an sich schon sehr spannenden Plot hat Schorlau sich entschlossen, auch noch die Corona-Pandemie als brandaktuelles Thema in seine Geschichte mit einzuflechten und hat daher noch einen interessanten Nebenhandlungsstrang rund um die Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner angelegt.
Die Handlung ist mehrgleisig angelegt und wechselt beständig zwischen unterschiedlichen Schauplätzen, Zeitebenen und Perspektiven hin und her. Denglers neuer, heikler Auftrag für die Kröger Immobilien AG in Berlin, den er eher zufällig bekommen hat, ist ein recht ungewöhnlicher Fall und entpuppt sich schon bald als ganz schön heikel. Mit welchen übermächtigen Gegnern Dengler hier zu tun hat, wird ihm erst spät bewusst. Bei ihren hartnäckigen Ermittlungen in der Immobilienbranche decken Dengler und Olga erschütternde Hintergründe und skrupellose Machenschaften auf, die nur allzu sehr der deutschen Realität entsprechen. Durch die extrem raschen Perspektivwechsel und oft sehr kurzen Szenen treibt der Autor seine Handlung mit einem hohen Tempo voran und sorgt für viel Spannung. Eine vielschichtige Figurenzeichnung bleibt hier allerdings weitgehend aus. Erst nach und nach ahnt man, wie die ganzen Geschehnisse und zwielichtigen Akteure zusammenpassen könnten, und fiebert der Zusammenführung der verschiedenen Handlungsstränge sowie der abschließenden Auflösung regelrecht entgegen.
Der unheilvolle Ausklang des Bands macht auf jeden Fall neugierig auf eine Fortsetzung. Ich bin sehr gespannt, in welchem brisanten neuen Fall Dengler das nächste Mal ermitteln wird.
Sehr interessant und lesenswert ist übrigens auch Schorlaus Nachwort „Finden und Erfinden“, in dem er seine umfangreichen Recherchen erläutert und nochmals auf einige bestürzende Entwicklungen und Fakten zu Deutschlands Immobilienlandschaft aufmerksam macht.
FAZIT
Ein spannender, temporeich erzählter Krimi mit einem brisanten Fall, der zwar etwas konstruiert wirkt, mit seiner Aktualität und Gesellschaftskritik aber dennoch sehr lesenswert ist.

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.11.2020

Packender Auftakt einer neuen Thriller-Trilogie

Amissa. Die Verlorenen
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INHALT
In einer regnerischen Herbstnacht werden die Privatdetektive Rica und Jan Kantzius Zeugen eines grauenhaften Zwischenfalls an einer Autobahn-Raststätte: Ein panisches Mädchen rennt direkt auf die ...

INHALT
In einer regnerischen Herbstnacht werden die Privatdetektive Rica und Jan Kantzius Zeugen eines grauenhaften Zwischenfalls an einer Autobahn-Raststätte: Ein panisches Mädchen rennt direkt auf die Fahrbahn und wird von einem Auto erfasst, jede Hilfe kommt zu spät. An der Raststätte findet sich die Leiche eines Mannes, der das Mädchen offenbar entführt und sich dann erschossen hat. Die Privatdetektive stellen Nachforschungen an und finden heraus, dass es weitere Teenager gibt, die auf ähnliche Weise kurz nach einem Umzug verschwunden sind. Eine Spur führt zu "Amissa", einer Hilfsorganisation, die weltweit nach vermissten Personen sucht und für die Rica arbeitet. Plötzlich ist nichts mehr wie es war, und Rica und Jan kommen Dingen auf die Spur, von denen sie lieber nie gewusst hätten.
(Quelle: Droemer)
MEINE MEINUNG
Mit „Amissa - Die Verlorenen“ hat Frank Kodiak, ein Pseudonym des deutschen Bestseller -Autors Andreas Winkelmann, einen spannenden und knallharten Thriller vorgelegt, in dem es um vermisste Teenager und die dubiosen Machenschaften der international agierenden Hilfsorganisation AMISSA geht.
Es ist zugleich der fesselnde Auftakt einer Thriller-Trilogie, in deren Mittelpunkt Privatermittler und Ex-Polizist Jan Kantzius und seine Ehefrau Rica stehen, die im Auftrag von AMISSA weltweit vermisste Personen aufzuspüren versuchen.
Als versierter Thriller-Autor versteht es Winkelmann einfach, schon mit dem direkten Einstieg Spannung zu erzeugen und den Leser sofort mitten in die mitreißende Handlung hineinzukatapulieren. So dauert es nicht lange, bis man von den sich überschlagenden Ereignissen in einen Sog gezogen wird, dem man sich einfach nicht mehr entziehen kann.
Hierbei hält sich der Autor nicht mit vielen beschreibenden Details und einem einfühlsamen Schreibstil auf, sondern setzt auf eine tempo- und actionreiche Handlung, bei der es bisweilen schon recht derb und blutrünstig zur Sache geht und die nichts für schwache Nerven ist. Der Autor hat seine packende Geschichte sehr lebendig gestaltet und vor allem der erschreckende Realitätsbezug, der die Gefahren und Manipulationsmöglichkeiten durch Social Media insbesondere für leichtgläubige, empfängliche Jugendliche, äußerst lebensnah und glaubhaft aufgreift, wird vor allem Eltern schockieren und sehr nachdenklich stimmen. Die stetigen Wechsel der Perspektiven und Zeitebenen sowie die häufigen Cliffhanger sorgen für viel Dynamik und einen rasch steigenden Spannungsbogen. Zudem gibt es immer wieder auch Episoden, in denen man zum einen die Sicht der Opfer in ihrer Hoffnungslosigkeit und ihrem Martyrium, und zum anderen das sadistische und skrupellose Agieren der Täter miterlebt, wobei oftmals nicht klar ist ob die Einschübe Rückblicke sind oder die gegenwärtigen Geschehnisse wiedergeben. Viele dieser sehr grausamen und brutalen Szenen gehen unter die Haut, so dass man regelrecht mitfiebert und um das Schicksal der Opfer bangt.
Das im Mittelpunkt dieses Thrillers stehende Ermittlerteam Kantzius ist mit ihren Ecken und Kanten sehr lebendig und lebensnah ausgearbeitet. Beide sind vom Leben gezeichnet und haben aufgrund ihrer individuellen Vorgeschichten mit inneren Dämonen zu kämpfen. Ihre Hintergrundgeschichten und auch ihr Privatleben werden allerdings nur sehr knapp angerissen und nehmen keinen allzu großen Raum ein. Insbesondere die von Beginn an sehr sympathische Rica mit ihrer traumatischen Vergangenheit hat mich mit ihrem unermüdlichen Engagement für die verschwundenen Menschen sehr beeindruckt. Mit dem etwas unnahbaren Jan hingegen wurde ich nicht so recht warm. Auch er setzt sich sehr für das Auffinden der Opfer ein, ist allerdings bei der Wahl seiner Methoden nicht sehr zimperlich. Vor allem seine Gewaltbereitschaft und Brutalität empfand ich als abstoßend.
Bei den Nebenfiguren beschränkt sich der Autor auf eine für dieses Genre eher knappe, aber vollkommen ausreichende Figurenzeichnung.
Winkelmann ist es im Laufe der rasanten Handlung hervorragend gelungen, uns auf so manche falsche Fährte zu locken und uns mit einigen Wendungen zu überraschen. Zum großen Finale hin steigert sich die Spannung immer mehr und so findet der Fall einen zufriedenstellenden Abschluss. Die überraschende Enthüllung und der fiese Cliffhanger zum Ende hin machen allerdings sehr neugierig auf die Fortsetzung der Trilogie!
FAZIT
Ein gelungener, sehr fesselnder Auftakt einer neuen Thriller-Trilogie –rasant und actionreich geschrieben, knallhart und mit beklemmendem Realitätsbezug!

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Veröffentlicht am 09.11.2020

Unterhaltsame Familiensaga zur Nachkriegszeit

Und die Welt war jung
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INHALT
1. Januar 1950: In Hamburg, Köln und San Remo begrüßt man das neue Jahrzehnt. Das letzte hat tiefe Wunden hinterlassen: in den Städten, in den Köpfen und in den Herzen. Gerda und Heinrich Aldenhovens ...

INHALT
1. Januar 1950: In Hamburg, Köln und San Remo begrüßt man das neue Jahrzehnt. Das letzte hat tiefe Wunden hinterlassen: in den Städten, in den Köpfen und in den Herzen. Gerda und Heinrich Aldenhovens Haus in Köln platzt aus allen Nähten. Heinrichs Kunstgalerie wirft längst nicht genug ab, um all die hungrigen Mäuler zu stopfen. In Hamburg bei Gerdas Freundin Elisabeth und deren Mann Kurt macht man sich dagegen weniger Sorgen um Geld. Als Werbeleiter einer Sparkasse kann Kurt seiner Familie eine bescheidene Existenz sichern. Nach mehr Leichtigkeit im Leben sehnt man sich aber auch hier. Schwiegersohn Joachim ist noch immer nicht aus dem Krieg zurückgekehrt. Margarethe, geborene Aldenhoven, hat es von Köln nach San Remo verschlagen. Das Leben an der Seite ihres italienischen Mannes scheint sorgenfrei, doch die Abhängigkeit von der Schwiegermutter quält Margarethe.

So unterschiedlich man die Silvesternacht verbracht hat - auf Jöck in Köln, still daheim in Hamburg, mondän in San Remo -, die Fragen am Neujahrsmorgen sind die gleichen: Werden die Wunden endlich heilen? Was bringt die Zukunft?



(Quelle: Rowohlt- Erscheinungsdatum: 29.09.2020 - ISBN: 978-3-463-40704-3)


MEINE MEINUNG
Der Roman „Und die Welt war jung" ist der gelungene Auftakt einer neuen, auf 2 Bände angelegten historischen Familiensaga von der deutschen Bestsellerautorin Carmen Korn, in der uns die Autorin tief eintauchen lässt in die spannende deutsche Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt des ersten Bands stehen drei befreundete bzw. miteinander verwandte Familien in den Städten Köln, Hamburg und San Remo leben, deren Leben wir über einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt hinweg begleiten.
Beginnend im Jahr 1950 bis hinein ins Jahr 1959 folgen wir den Familien Aldenhoven aus Köln, den Hamburger Borgfeldts und der Familie Canna in San Remo jeweils durch ihr bewegtes Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, haben Anteil an ihren Hoffnungen, Träumen und glücklichen Momenten, erleben sie aber auch mit ihren Sorgen, Enttäuschungen, herben Verlusten und Schicksalsschlägen. Es ist ein faszinierendes Jahrzehnt der Umbrüche und eine Zeit der Neuanfänge, die geprägt ist von den Nachwehen des grausamen Kriegs, dem Wunsch, die schlimmen Erlebnisse hinter sich zu lassen, verbunden mit der großen Hoffnung auf bessere Zeiten und ein glücklicheres Leben. Diese sehr unterhaltsame und abwechslungsreiche Geschichte wird zugleich getragen von bemerkenswert tatkräftige und starke Frauenfiguren, die das traditionelle Rollenbild hinter sich lassen wollen und ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben für sich suchen. Zum besseren Überblick über die vielen Charaktere und ihre Beziehungen zueinander sind dem Roman ein ausführliches Personenregister sowie die Skizze eines Familienstammbaums vorangestellt, die man zum den Einstieg in die Saga zu Rate ziehen kann.
Dank des angenehmen und lebendigen Erzählstils gelingt es der Autorin rasch, ihre Leser in die historische Vergangenheit der Nachkriegszeit eintauchen zu lassen und die verschiedenen Familienmitglieder zum Leben zu erwecken. Es gelingt der Autorin hervorragend, das damalige Zeitkolorit mit vielen, akribisch recherchierten Details und dem Einflechten einiger zeitgeschichtlicher Ereignisse einzufangen und uns sehr lebendig und authentisch zu vermitteln. Aber auch den charakteristischen Zeitgeist dieser Epoche und die allgegenwärtige Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung führt uns die Autorin anhand vieler anschaulich beschriebener Episoden aus dem Alltag und in den Dialogen ihrer Charaktere sehr nachvollziehbar und glaubhaft vor Augen. Hierbei greift sie auch emotionale, problembehaftete Themenkomplexe wie beispielsweise das Schicksal der vermissten Soldaten und ihrer in quälender Ungewissheit wartenden Angehörigen sowie der traumatisierten Kriegsheimkehrer auf. Auch gelegentliche Rückblicke auf die Nazidiktatur und die Aufarbeitung der Nazigräuel werden angesprochen.
In den sich abwechselnden Handlungssträngen verfolgen wir aus den unterschiedlichen Perspektiven, was das Leben den drei Familien an Überraschungen, Herausforderungen und Problemen bereit hält und welche Entwicklungen die einzelnen Charaktere im Lauf der Zeiten durchlaufen. Ob nun Gerda und Heinrich Aldenhoven in Köln, die durch Heinrichs schlecht laufende Kunstgalerie von Geldsorgen geplagt sind, ihre Hamburger Freunde Elisabeth und Kurt Borgfeldt, deren Tochter Nina mit ihrem kleinen Sohn immer noch auf die Heimkehr ihres in Russland vermissten Manns Joachim wartet und sich nicht auf ein neues Glück einlassen kann, oder schließlich Heinrichs Schwester Margarethe, die mit ihrer Familie in San Remo lebt und unter der herrischen Schwiegermutter Agnese zu leiden hat – die Autorin versteht es einfach, uns mit mitreißenden, abwechslungsreichen Episoden zu unterhalten. Durch ihre einfühlsamen Schilderungen erweckt die Autorin die verschiedenen Charaktere geschickt zum Leben. Ihre Figuren sind trotz der großen Vielzahl recht detailliert und liebevoll ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Marotten, Launen und Eigenheiten äußerst lebensnah wirken. Bei einigen von ihnen hätte ich mir allerdings etwas mehr Tiefgang gewünscht. Gekonnt bringt die Autorin einem auch die Gedankenwelt der Protagonisten näher, so dass mir einige von ihnen im Laufe der Saga sehr ans Herz gewachsen sind.
Für zusätzliche Spannung und Abwechslung sorgt zudem eine fesselnde, in die Handlung eingewobene Kriminalgeschichte, die uns in die Kunstszene entführt.
Nach einem überraschenden, etwas plötzlichen Ende des ersten Bands darf man sehr gespannt sein, wie sich die Geschichte für drei Familien mit den vielen Charakteren weiterentwickeln wird.

FAZIT
Eine kurzweilige Familiensaga zur Nachkriegszeit - abwechslungsreich erzählt, mit authentischem Zeitkolorit und vielen interessanten Charakteren, denen teilweise aber etwas mehr Tiefgang nicht geschadet hätte.

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Veröffentlicht am 08.11.2020

Solider Whodunit

Wer auf dich wartet
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem gelungenen Krimidebüt „Bis ihr sie findet“ hat die britische Autorin und mehrfach ausgezeichneten Theaterautorin Gytha Lodge nun mit „Wer auf dich wartet“ den zweiten Band ihrer ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem gelungenen Krimidebüt „Bis ihr sie findet“ hat die britische Autorin und mehrfach ausgezeichneten Theaterautorin Gytha Lodge nun mit „Wer auf dich wartet“ den zweiten Band ihrer Krimi-Reihe rund um Detective Chief Inspector Jonah Sheens und sein Ermittlerteam der Hampshire Constabulary vorgelegt.
Auch bei ihrem zweiten fesselnden Kriminalfall dreht sich alles um den Tod einer jungen Frau, der beliebten und vielversprechenden Künstlerin Zoe Swardadine. Schon bald richtet sich der Fokus ihrer Ermittlungen auf den illustren Kreis ihrer Freunde, Bekannten und einen Geliebten mit sorgsam gehüteten Geheimnissen.
Auch wenn die Autorin ihren Lesern den Einstieg durch die verwirrende Vielzahl der Charaktere im Umfeld des Opfers nicht gerade leicht macht, ist man rasch von der vielschichtigen Geschichte gefesselt und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Der lebendige, anschauliche Schreibstil der Autorin lässt sich zudem sehr angenehm lesen.
Die komplexe Handlung hat die Autorin in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen angelegt, die einander abwechseln und auf unterschiedlichen Zeitebenen laufen. Ganz typisch für einen klassischen „Whodunit“ verfolgt man zum einen die ausführlich und sehr authentisch geschilderten Ermittlungen von DCI Sheens Team in der Gegenwart. Zum anderen erhalten wir in dem in der Vergangenheit angesiedelten Handlungsstrang Rückblicke auf Zoes Leben und zugleich aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeit des Opfers, aber auch in ihre Freundschaften und Beziehungen. Die Handlung setzt etwa 20 Monate vor Zoes Tod ein, steuert allmählich auf ihren Todestag zu und rollt somit schrittweise die gesamte Vorgeschichte bis zu ihrem tragischen Tod auf.
Geschickt streut die Autorin immer neue Verdachtsmomente, legt falsche Fährten, offenbart brisante Details über die Familie, Freunde und Bekannten und lässt schließlich nahezu jeden aus Zoes Umfeld verdächtig erscheinen. Der rätselhafte Fall bietet durch den großen Kreis der Verdächtigen viel Raum für eigene Spekulationen über Täter und die möglichen Motive, wobei einiges für meinen Geschmack etwas zu konstruiert und durchschaubar war. Während der polizeilichen Nachforschungen wird immer deutlicher, dass sich fast ein jeder der Befragten durch Heimlichkeiten, dunkle Geheimnisse und wohl gehütete Ressentiments verdächtig macht, und die Beweggründe für die verhängnisvolle Tat in enttäuschter Liebe, Eifersucht, Hass, Misstrauen, Neid und anderen abgründigen Verletzlichkeiten zu finden sind.
Schrittweise kann sich der Leser aus den vielen zusammengetragenen Mosaikstückchen und den bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnissen ein vages Bild von den verhängnisvollen Ereignissen an jenem Tag machen.
Die Charakterisierung von Zoes Freunden und Bekannten sowie ihre komplizierten Beziehungsgeflechte sind von der Autorin sehr facettenreich und glaubwürdig angelegt. Gekonnt lässt sie uns in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken und offenbart schrittweise ein komplexes Geflecht von echter Freundschaft, Sympathien, Erwartungen, Abhängigkeiten und Schuldgefühlen. Sehr interessant ausgearbeitet sind auch die sympathische Hauptfigur von DCI Jonah Sheen und seinem Ermittlerteam mit der cleveren Kollegin Detective Constable Hanson, die nach und nach immer mehr Profil gewinnen. Ihr Privatleben tritt diesmal wohltuend in den Hintergrund.
Nach zahlreichen Wendungen und überraschenden Enthüllungen zieht die subtil aufgebaute Spannung zum Ende hin immer mehr an, gipfelt in einem spannenden Finale und einer sehr nachvollziehbaren und zufrieden stellenden Auflösung des Mordfalls.

FAZIT
Ein klassischer, recht ruhiger Whodunit mit einem verwickelten Fall und interessanten Polizeiermittlungen – fesselnd, clever konstruiert und toll geschrieben! Leider nicht ganz so gelungen wie der Auftakt der Krimi-Reihe!

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