Überzeugende und inspirierende Anthologie
Schreibtisch mit AussichtInhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die ...
Inhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die alle ihren einzigartigen Werdegang haben und die sich schreibend eine eigene Welt erschaffen, von ihrem Alltag und ihren Gewohnheiten, ihrer Inspiration und ihren Sorgen erzählen und sich mit Sexismus im Literaturzirkus oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinandersetzen. Und somit ist "Schreibtisch mit Aussicht" ein feministisches Buch, ein kritisches und poetisches Buch, eine Liebeserklärung an das Schreiben (auch wenn es sich dabei manchmal um eine Hass-Liebe handelt) und das geschriebene Wort.
Meine Meinung:
Ich bin so froh, dieses Buch entdeckt zu haben und nachdem es mir bei Instagram einige Male begegnet war, musste ich es mir sofort kaufen. Auch meiner besten Freundin habe ich es gekauft (wir haben uns gemeinsam durch den Advent gelesen) und einigen weiteren lieben Menschen habe ich es ebenfalls schon empfohlen und geschenkt. Nicht nur habe ich zahlreiche weitere Autorinnen entdeckt (im Anhang finden sich übrigens die Kurzbiografien aller Autorinnen), ich habe auch Einblicke in ganz unterschiedliche Leben, Gedankenwelten und Haltungen zur eigenen Arbeit gewinnen dürfen.
Einige Texte sind mir besonders in Erinnerung geblieben. So zum Beispiel das Interview mit Elena Ferrante und die bewegenden Worte von Anne Tyler (die mir vorher zu meiner grossen Schande noch kein Begriff war) Meg Wolitzer, Elif Shafak, Zadie Smith und Mariana Leky. Aber auch Leila Slimanis und Sybille Bergs Texte haben mich für sich eingenommen. Eher nicht so überzeugt hat mich das Kapitel aus der Feder von Olivia Sudjic und je mehr Kapitel ich lesen durfte, desto öfter wiederholten sich auch einige Themen. Wenn nämlich Schriftstellerinnen über ihre Arbeit schreiben, erwähnen sie unverhältnismässig oft die Familienplanung, die Familiensituation (und die daraus folgenden Konflikte, was Aufgabenteilungen, Zuständigkeit und Zeitmanagement anbelangt) und das Gefühl, immer noch im Schatten der Männer in der Literaturwelt zu stehen. Sie schreiben von Ablenkungen während der Arbeit und davon, nicht ernst genommen zu werden. Schreiben gilt in den Augen vieler schliesslich nur als Hobby, vor allem, wenn es Frauen tun, die von ihrem Mann und Ernährer mitfinanziert werden. Aber genau diese Wiederholungen zeigen eben auch auf, wo immer noch strukturelle Benachteiligungen und Sexismus anzutreffen sind und dass noch ein weniger Weg vor uns liegt und genau in diesen Erkenntnissen und klaren Haltungen liegt sehr viel Mut und Stärke.
Aber auch die Texte, welche sich wirklich mit dem Akt des Schreibens selber, dem Suchen und Finden von Inspirationen und dem Kampf um jedes passende Wort erzählen, haben mich fasziniert und mich dazu angeregt, über mein eigenes Arbeiten, meine Inspiration und meine Routinen nachzudenken.
Meine Empfehlung:
Diese Anthologie verschafft zahlreiche Einblicke und regt zum Nachdenken an. Sie versammelt Texte von Autorinnen, die ihre Arbeit, ihr Autorinnensein und ihre Karriereplanung literarisch betrachten und gibt somit Stimmen eine Bühne, die sonst eher ungehört verhallen: Frauen, die schreiben und sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen, Frauen, die nicht mehr länger im Schatten ihrer Männer stehen wollen und Frauen, die sich trotz und ohne Kinder dieser anspruchsvollen und fordernden Arbeit stellen, ihrem inneren Drang folgen und Wort um Wort zu Papier bringen.