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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.12.2020

Überzeugende und inspirierende Anthologie

Schreibtisch mit Aussicht
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Inhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die ...

Inhalt:
"Schreibtisch mit Aussicht", das sind ein Vorwort und 23 Berichte von Autorinnen, insgesamt also 24 Texte, die sich perfekt als Adventskalender lesen lassen. Texte von 24 Schriftstellerinnen, die alle ihren einzigartigen Werdegang haben und die sich schreibend eine eigene Welt erschaffen, von ihrem Alltag und ihren Gewohnheiten, ihrer Inspiration und ihren Sorgen erzählen und sich mit Sexismus im Literaturzirkus oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinandersetzen. Und somit ist "Schreibtisch mit Aussicht" ein feministisches Buch, ein kritisches und poetisches Buch, eine Liebeserklärung an das Schreiben (auch wenn es sich dabei manchmal um eine Hass-Liebe handelt) und das geschriebene Wort.

Meine Meinung:
Ich bin so froh, dieses Buch entdeckt zu haben und nachdem es mir bei Instagram einige Male begegnet war, musste ich es mir sofort kaufen. Auch meiner besten Freundin habe ich es gekauft (wir haben uns gemeinsam durch den Advent gelesen) und einigen weiteren lieben Menschen habe ich es ebenfalls schon empfohlen und geschenkt. Nicht nur habe ich zahlreiche weitere Autorinnen entdeckt (im Anhang finden sich übrigens die Kurzbiografien aller Autorinnen), ich habe auch Einblicke in ganz unterschiedliche Leben, Gedankenwelten und Haltungen zur eigenen Arbeit gewinnen dürfen.
Einige Texte sind mir besonders in Erinnerung geblieben. So zum Beispiel das Interview mit Elena Ferrante und die bewegenden Worte von Anne Tyler (die mir vorher zu meiner grossen Schande noch kein Begriff war) Meg Wolitzer, Elif Shafak, Zadie Smith und Mariana Leky. Aber auch Leila Slimanis und Sybille Bergs Texte haben mich für sich eingenommen. Eher nicht so überzeugt hat mich das Kapitel aus der Feder von Olivia Sudjic und je mehr Kapitel ich lesen durfte, desto öfter wiederholten sich auch einige Themen. Wenn nämlich Schriftstellerinnen über ihre Arbeit schreiben, erwähnen sie unverhältnismässig oft die Familienplanung, die Familiensituation (und die daraus folgenden Konflikte, was Aufgabenteilungen, Zuständigkeit und Zeitmanagement anbelangt) und das Gefühl, immer noch im Schatten der Männer in der Literaturwelt zu stehen. Sie schreiben von Ablenkungen während der Arbeit und davon, nicht ernst genommen zu werden. Schreiben gilt in den Augen vieler schliesslich nur als Hobby, vor allem, wenn es Frauen tun, die von ihrem Mann und Ernährer mitfinanziert werden. Aber genau diese Wiederholungen zeigen eben auch auf, wo immer noch strukturelle Benachteiligungen und Sexismus anzutreffen sind und dass noch ein weniger Weg vor uns liegt und genau in diesen Erkenntnissen und klaren Haltungen liegt sehr viel Mut und Stärke.
Aber auch die Texte, welche sich wirklich mit dem Akt des Schreibens selber, dem Suchen und Finden von Inspirationen und dem Kampf um jedes passende Wort erzählen, haben mich fasziniert und mich dazu angeregt, über mein eigenes Arbeiten, meine Inspiration und meine Routinen nachzudenken.

Meine Empfehlung:
Diese Anthologie verschafft zahlreiche Einblicke und regt zum Nachdenken an. Sie versammelt Texte von Autorinnen, die ihre Arbeit, ihr Autorinnensein und ihre Karriereplanung literarisch betrachten und gibt somit Stimmen eine Bühne, die sonst eher ungehört verhallen: Frauen, die schreiben und sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen, Frauen, die nicht mehr länger im Schatten ihrer Männer stehen wollen und Frauen, die sich trotz und ohne Kinder dieser anspruchsvollen und fordernden Arbeit stellen, ihrem inneren Drang folgen und Wort um Wort zu Papier bringen.

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Überraschend feinsinnig und berührend

Kurt
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Inhalt:
Lena liebt Kurt, Kurt liebt Kurt, seinen Sohn und gemeinsam leben sie jeweils wochenweise als Familie zusammen, bis der kleine Kurt wieder zu seine Mutter Jana zieht. Niemand ist dabei und niemand ...

Inhalt:
Lena liebt Kurt, Kurt liebt Kurt, seinen Sohn und gemeinsam leben sie jeweils wochenweise als Familie zusammen, bis der kleine Kurt wieder zu seine Mutter Jana zieht. Niemand ist dabei und niemand trägt die Schuld, als der kleine Kurt bei einem Sturz vom Klettergerüst stirbt, aber sie alle bleiben zurück als unfertiges Konstrukt, das eigentlich nur durch den kleinen Menschen zusammengehalten worden ist. Aber Kurt fehlt und kommt definitiv nicht mehr zurück und so ist es nun an den Erwachsenen, ihren Platz im Leben neu zu finden. Immer wieder geht es dabei um Lena, die mitten im Geschehen und doch eine Aussenstehende ist und die vor allem ihre Beziehung zum grossen Kurt retten, für ihn da sein und selber nicht zerbrechen will.

Meine Meinung:
Erst gerade habe ich "Mängelexemplar" von Sarah Kuttner gelesen und leider so gar nicht gerne gemocht. Vor allem die auf mich unfertig und oberflächlich wirkende Sprache hat mich überhaupt nicht überzeugt und deshalb war ich sehr neugierig auf "Kurt" und wollte mich unbedingt eines Besseren belehren lassen. Gleich zu Beginn kann ich sagen, dass ich eine ganz neue Sprache entdeckt habe, die ungeschönt beschreibt und Wert auf die kleinen, feinen Details legt. Details, die mir in "Mängelexemplar" so sehr gefehlt haben. Sprache, die es schafft, unendlichen Schmerz durch kleine Gesten oder Wortwechsel der Protagonisten auszudrücken. Ja, einmal plätschert die Geschichte nach den ersten packenden fünfzig Seiten und einmal in der Mitte des Buches ein wenig gar langsam vor sich hin, aber im Grossen und Ganzen hat mich das Buch für sich einnehmen und vor allem überzeugen können.
Zuerst war ich allerdings überrascht davon, dass mich "Kurt" nicht komplett erschüttert und berührt hat. Die ganze Tragik der Handlung ist aber - mit Sicherheit absichtlich - nicht rund um den Tod des kleinen Kurts aufgebaut worden. Die Tragik zeigt sich nachher, im Leben der Hinterbliebenen. Sie zeigt sich durch einen grossen Kurt, der nächtelang Fliesen von den Badezimmerwänden schlägt und sich mit seinem besten Freund prügelt. Der für Lena wochenlang nicht wirklich ansprechbar ist und der sich ins Bett des kleinen Kurts zurückzieht, wenn er nicht mehr kann. Und die Tragik zeigt sich auch durch die Rolle von Lena, die schon in der Patchworksituation oft die Aussenstehende war und nun erst recht nicht mehr viel zu sagen hat, obwohl auch sie um den kleinen Kurt trauert. Diese vielen einzelnen Fäden der Geschichte, lose Gedanken, überwältigende Gefühle und kleine Gesten (vor allem Lenas Garten und ihre tiefe Liebe zu den einzelnen Pflanzen, welche mich tief berührt hat), verbinden sich stimmig zu einem überzeugenden Ganzen.

Meine Empfehlung:
Ja, ich habe "Kurt" wirklich gerne gelesen und die Figuren und ihre Handlungen (abgesehen von Lenas Fernbleiben der Beerdigung) sehr gut nachvollziehen können. Man ist nicht nur Mensch, wenn man zurückbleibt, man ist auch Partner, Elternteil, Arbeitnehmer und Teil einer Gesellschaft, welche den Tod oft verdrängt. Diesen spannenden und so aus dem Leben gegriffen beschriebenen Spagat und die Geschichte, welche Lena immer mehr ins Zentrum rückt, hat mich wirklich für sich einnehmen und überzeugen können.

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.11.2020

Ein zauberhaftes Wintermärchen

Das Winterkarussell
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Inhalt:
Antonia hat vor Jahren ihren Vater verloren und als nun auch noch ihre Mutter bei einem Unfall verstirbt, ist sie plötzlich Vollwaise. Sie wird vorübergehend in einem Heim untergebracht und erfährt ...

Inhalt:
Antonia hat vor Jahren ihren Vater verloren und als nun auch noch ihre Mutter bei einem Unfall verstirbt, ist sie plötzlich Vollwaise. Sie wird vorübergehend in einem Heim untergebracht und erfährt zufällig, dass sie einen Grossvater hat, der einsam in einem kleinen Dörfchen lebt. Trotzdem versucht sie ihr Glück und überrascht ihn auf seinem Hof. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommen sich die beiden näher und Antonia verliebt sich Hals über Kopf in das alte Karussell, das ihr Grossvater wie einen Schatz hütet. Nach und nach erfährt sie die traurige Geschichte, welche sich hinter dem liebevoll erhaltenen Schmuckstück verbirgt und lernt dabei ihren Grossvater und auch das Karussell noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen und erlebt mit ihm und seiner Nachbarin Gerda, sowie Justus, dem Sohn eines nicht ganz angenehmen Nachbars ihres Grossvaters, ein märchenhaftes Abenteuer.

Meine Meinung:
Dieses Buch passt perfekt in die Vorweihnachtszeit und auch wenn der Vergleich mit Heidi und dem Almöhi hinkt (obwohl er leider auch im Buch vorkommt, was irgendwie unpassend ist), haben mich Antonia und ihr Grossvater Otto für sich eingenommen und das "alte Mädchen", wie sein Karussell von Otto liebevoll genannt wird, sowie die wundervolle Umgebung rund um den Römer in Frankfurt und den Frankfurter Weihnachtsmarkt, haben mich verzaubert. Nicht nur, weil ich den Ort auch schon besucht habe (leider allerdings nicht zur Weihnachtszeit), sondern weil die ganzen architektonischen und historischen Details so überraschend genau recherchiert und beschrieben sind. Im Nachwort erfuhr ich auch, warum: die Autorin schreibt eigentlich historische Romane und sie hat die Geschichte von Frankfurt genauestens studiert und mit Hilfe von Karten und alten Fotografien dafür gesorgt, dass die beschriebenen Orte wirklich der (damaligen) Realität entsprechen. Das Buch ist nämlich in zwei Zeitebenen erzählt: einmal 1938, also kurz vor dem zweiten Weltkrieg, und dann noch 1990, dem "Gegenwartsstrang".

Sprache:
Es erstaunt vielleicht ein wenig, dass die Autorin ihren "Gegenwartsstrang" in das Jahr 1990 verlegt hat, aber mir leuchtet das total ein. Eine Zeit, in der es keine Handys gibt und man sich Musik noch mit einem Walkman anhört, passt einfach besser zu dieser historischen Kulisse und somit wirkt alles noch ein wenig mehr "retro", als es sonst wäre. Ausserdem finde ich es sehr gelungen gemacht, die Sprache, die Beschreibungen und auch die Ruhe, welche der Erzählung innewohnt, passen perfekt in das Jahr 1990. Ich bin wirklich positiv überrascht von der aussergewöhnlichen Geschichte, der sehr detailverliebten Erzählsprache, den schrulligen aber dadurch um so liebeswerteren Figuren und der mutigen, starken Protagonistin Antonia. Einzig das Ende war mir ein wenig zu schnell, schnell erzählt, schliesslich sind es - ohne zu viel verraten zu wollen - in meinen Augen zwei Herzen, die Otto erobert hat und das wird dann plötzlich ein wenig gar abrupt abgehandelt, was total schade ist. Zwanzig Seiten mehr hätten da schon gereicht und der Geschichte sicher gut getan.

Meine Empfehlung:
Dem ein wenig gar plötzlichen Ende zum Trotz ist dieses kitschige Wintermärchen mit der ungewöhnlichen Handlung und der toll recherchierten Erzählung ein kleiner Schatz im Bücherregal und macht inhaltlich und optisch sehr, sehr viel her. Es passt perfekt in die Vorweihnachtszeit und zaubert noch den grössten Weihnachtsmuffeln ein Lächeln ins Gesicht und ein wenig Wärme ins Herz.

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Eine Ode an das Erinnern und Bewahren

Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind
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Inhalt:
Bei der Lektüre dieses Buches wird bewusst, wie wichtig Erinnerungen, Fotos, Erzählungen und gemeinsame Erlebnisse für eine Familie sind und dass Menschen und ihre Leben tatsächlich nicht nur in ...

Inhalt:
Bei der Lektüre dieses Buches wird bewusst, wie wichtig Erinnerungen, Fotos, Erzählungen und gemeinsame Erlebnisse für eine Familie sind und dass Menschen und ihre Leben tatsächlich nicht nur in Vergessenheit geraten, sondern komplett ausgelöscht werden, wenn man ihre Namen nicht mehr kennt und wenn es niemanden mehr gibt, der ihre Geschichte erzählen kann. Gerade für viele Überlebendes des Holocaust - unter anderem für die Autorin Esther Safran Foer - ist es von zentraler Bedeutung, die Namen ihrer teilweise unbekannten Angehörigen zu erfahren, die Geschichte ihrer Vorfahren kennenzulernen und weiterzuerzählen, egal, welches Grauen ihr innewohnt. Esther Safran Foer unternimmt mit ihrem Sohn Frank eine Reise in die heutige Ukraine und zugleich in das Leben ihres Vaters und dessen ersten Frau. Sie lernt die Menschen kennen, die gemeinsam mit ihren Angehörigen geflüchtet sind oder die geholfen haben, ihre Familie zu verstecken und indem sie Licht in diese sehr persönliche Dunkelheit bringt, gelingt es ihr auch, sich zu verabschieden und die Andenken ihrer verstorbenen Familie in Würde zu wahren.

Meine Meinung:
Ich kann schwer in Worte fassen, was dieses Buch in mir ausgelöst hat und eigentlich wollte ich es auch schon pünktlich zum Erscheinungstermin beenden. Dies war mir allerdings nicht möglich, weil die Geschichten, welche Esther Safran Foer erzählt, definitiv keine leichte Kost sind. Ich stelle es mir unendlich schmerzvoll vor, nicht annähernd alle Mitglieder der engen Familie zu kennen und zu wissen, dass einige von ihnen ein so schreckliches Schicksal erlitten haben. Obwohl die Autorin es schafft, die schlimmsten Gräuel eher nüchtern zu schildern, musste ich beim Lesen doch einige Male pausieren. Auch gelang mir vor allem der Einstieg in "Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind", nicht so leicht. Sehr viele Namen und Jahreszahlen, sowie Verwandtschaftsbeziehungen werden oft einige Male wiederholt und wild durcheinandergewirbelt. Der Stammbaum im Anhang hilft nur bedingt, da im Laufe der Erzählung noch zahlreiche weitere Personen, unter anderem Menschen, welche der Familie Foer an irgendeinem Punkt ihres Weges geholfen haben, erwähnt werden.
Erst im letzten Drittel des Buches, der den entscheidenen Durchbruch bei der Suche nach Verwandten und guten Geistern thematisiert, beginnt die Erzählung zu fliessen und dies passt eigentlich hervorragend zur erzählten Geschichte, weil man spürt, dass die Autorin an diesem Punkt der Erzählung zum ersten Mal ein wenig zur Ruhe kommt, aufatmet, die Luft ausströmen lässt und beginnt, die einzelnen losen Enden ihrer Familiengeschichte, die am Anfang des Buches noch für Verwirrung gesorgt haben, in Gedanken zu verknüpfen. Ist dieser Aufbau Zufall oder ein absoluter Geniestreich der Autorin? Letztendlich spielt das gar keine Rolle mehr, denn mit jeder weiteren Seite spürt man beim Lesen förmlich, wie Erleichterung, Dankbarkeit aber auch tiefe Trauer sie durchströmen und wie eine Art Frieden mit dem Schicksal geschlossen wird. Gerade diese letzten paar Seiten haben mich tief berührt und lassen mich voller Achtung für Esther Safran Foer und ihre mutige Reise, ihre positive Lebenshaltung und ihr tiefes Vertrauen in ihre Familie zurück.

Meine Empfehlung:
In "Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind", schreibt Esther Safran Foer nicht gegen das Vergessen an, wie ich jetzt schon einige Male gelesen haben, sondern rettet vielmehr das Erinnern, Erzählen und Bewahren. Obwohl sich vor allem der Anfang des Buches nicht ganz einfach liest, weil die zahlreichen Namen und Daten, die losen Ende in der Familiengeschichte, für Verwirrung sorgen und obwohl die Autorin keine leichte, sondern eine äusserst tragische, bewegende Geschichte erzählt, hat dieses Buch etwas enorm Versöhnliches an sich und strahlt eine grosse Ruhe und Kraft aus. Von mir gibt es eine herzliche Leseempfehlung für dieses wichtige Werk.

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Veröffentlicht am 28.10.2020

Perfekte Unterhaltung fürs Herz

Monsieur Thomas und das Geschenk der Liebe
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Inhalt:
Er ist Arzt und arbeitet seit vielen Jahren in der Nähe von Kriegsschauplätzen und mitten in Krisengebieten auf der ganzen Welt. Seit einiger Zeit hat er in einem kleinen Tal in Kaschmir eine zweite ...

Inhalt:
Er ist Arzt und arbeitet seit vielen Jahren in der Nähe von Kriegsschauplätzen und mitten in Krisengebieten auf der ganzen Welt. Seit einiger Zeit hat er in einem kleinen Tal in Kaschmir eine zweite Heimat gefunden, arbeitet dort als Dorfarzt und Vermittler und beteiligt sich aktiv am Dorfleben. Eher überraschend wird er von seinem besten Freund mit den Fotos einer jungen Frau konfrontiert, die ihm wie aus dem Gesicht geschnitten scheint und seine Tochter sein soll. Hals über Kopf reist er zurück in seine alte Heimat Paris und macht sich auf die Suche nach dieser jungen Frau und seiner damaligen grossen Liebe Céline, die er für seine Arbeit verlassen hat. Komplett überfordert mit den technologischen Neuerungen der letzten Jahre bewirbt er sich um eine Stelle als Altenheimdirektors und die gar nicht senilen Bewohner:innen des Heims stellen ihn nicht nur vor neue Herausforderungen, sondern erweisen sich auch als Lebensschule und Lebenshilfe der anderen Art.

Meine Meinung:
Schon länger ist es her, dass ich die drei anderen bei Goldmann erschienenen Bücher von Gilles Legardinier ("Julie weiss, wo die Liebe wohnt","Mademoiselle Marie hat von der Liebe genug" und "Monsier Blake und der Zauber der Liebe") verschlungen habe. Der Autor, der zuerst in der Filmbranche gearbeitet hat, hat einfach ein Händchen für charmant-schrullige Settings, die mit viel Humor, Lebensweisheit und wundervoll beschriebenen Figuren für feinfühlige und sehr romantische Unterhaltung sorgen. Man fühlt sich mitten in eine romantische Komödie aus Frankreich versetzt und kann abtauchen in eine Welt, in der die Menschen zueinander finden und sich gegenseitig Steine aus dem Weg räumen.
Dieses Buch ist nicht anders und obwohl sich alles einigermassen vorsehbar entwickelt (aber wann nicht in diesem Genre), hat mich vor allem der Humor sehr gut unterhalten. Die Szenen, wie die Bewohner:innen des Altersheim versuchen, ihre Bleibe zu retten und der Inspektorin vorgaukeln, zu krank zu sein, um umgesiedelt zu werden, sind auch einfach zu herrlich. Aber immer mal wieder erklingen auch leise und poetische Töne und gerade die Szenen, in denen Thomas sich um seine Tochter Emma sorgt oder ihrem Freund hilft, sie erneut zu erobern, sind herzerwärmend und sehr berührend gestaltet.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man ein wenig in der Stimmung für diese Art von Literatur sein muss, aber für mich war das gerade eine perfekte, unterhaltsame, tiefsinnige und intelligente Lektüre fürs Herz.


Meine Empfehlung:
Dieses Buch ist wie spezielle Praline. Zartbitter, sehr süss und vielleicht hat es sogar eine salzige Note. Es unterhält bestens, portraitiert liebevoll sehr schrullige, aber liebenswerte Menschen und erwärmt von innen heraus den Körper und die Seele. Von mir gibt es für diese romantische Komödie eine sehr herzliche Leseempfehlung.

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