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Veröffentlicht am 03.09.2017

Schade um die Zeit

Realitätsgewitter
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"Realitätsgewitter" hatte mich gleich in mehrfacher Hinsicht angesprochen und neugierig gemacht. Autorin Julia Zange wird als Multitalent und junge Deutsche Stimme hochgelobt. Der Aufbauverlag spricht ...

"Realitätsgewitter" hatte mich gleich in mehrfacher Hinsicht angesprochen und neugierig gemacht. Autorin Julia Zange wird als Multitalent und junge Deutsche Stimme hochgelobt. Der Aufbauverlag spricht für Qualität. Selbstfindung ist ein interessantes Thema. Und nicht zuletzt ist eine coole schwarze Katze auf dem Cover. Das waren also die Gründe, warum ich dieses Buch lesen wollte.

Das Buch wirkt hochwertig mit Hardcover und Schutzumschlag. Die Schrift hat eine angenehme Größe. Allerdings bedeutet das auch, dass auf 150 Seiten nicht allzu viel Text unterzubringen ist. Kein Schmöker für stundenlanges Lesen also, worüber ich am Ende sehr froh war.

Marla, aus der Ich-Perspektive erzählende Protagonistin der Geschichte, ist Anfang 20 und lebt in Berlin. Sie bekommt jeden Monat Geld von ihrem Vater überwiesen und schnorrt sich gern auf Partys durch. Ihre Gedanken sind voller Melancholie, sie ist ständig auf der Suche nach jemandem, der sie in den Arm nimmt. Die für mich lebendige und bunte Stadt Berlin wirkt, mit Marlas Augen betrachtet, trist und grau. Das ist nicht mein Berlin! Die ständige Vernetzung und Erreichbarkeit über Facebook, WhatsApp & Co. verstärken Marlas Einsamkeit noch. Diesen Punkt kann ich sogar nachvollziehen. Was nützen tausend und mehr Facebookfreunde, wenn niemand davon ein wirklicher Freund ist? Trotzdem geht auch dieser bedenkliche Aspekt der Social-Media-Kultur in Marlas Jammerei unter. Der Vater überweist ihr kein Geld mehr - und sie fühlt sich am Ende, weil sie arbeiten muss! Irgendwann wünschte ich mir, der dauertraurigen Göre ins Gesicht schreien zu können: "Such Dir doch endlich einen stinknormalen Job, dann findest Du vielleicht sogar reale Freunde!" Aber für Marla muss alles irgendwie hipp sein, auch wenn sie dadurch nicht froh wird. Sie schreibt dann notgedrungen für ein Magazin über Mode und Promis, obwohl sie beides nicht interessiert.

Die Fahrt in ihr Heimatdorf und die Begegnung mit ihren Eltern lassen erahnen, dass Marla schon immer "so" war und die Eltern daran nicht unschuldig sind. Aber auch hier verpufft aufkommende Spannung wieder. Ich fühlte mich mehr und mehr gelangweilt von Maras tristen Gedanken und las das Buch schließlich nur zu Ende, weil es so dünn war. Einhundert Seiten mehr und ich hätte abgebrochen. Die ganze Geschichte wirkt auf mich ähnlich verkrampft wie Marla - beide bemühen sich, trendy zu sein. Der Sprachstil Julia Zanges gefällt mir sogar. Die englischen Dialogfetzen wirken authentisch für Berlin und seine Internationalität. Aber warum müssen Marla ständig irgendwelche Szenekünstler über den Weg laufen? Nur damit sie denken kann, wie egal ihr diese sind? In einem Nebensatz taucht tatsächlich ein alter grauer Kater auf - trotzdem finde ich es fast schon gemein, mit der schwarzen Katze auf dem Cover falsche Erwartungen zu wecken.

Fazit: Schade um die Zeit. Knappe 2**

Veröffentlicht am 16.08.2017

Schön, aber nicht notwendig

Vegan for Fit Gipfelstürmer – Die 7-Tage-Detox-Diät
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»Vegan For Fit - Gipfelstürmer« heißt das neuste Buch von Attila Hildmann. Attila ist nahezu jedem bekannt, der sich für vegane Ernährung interessiert. Er hat am eigenen Körper getestet, was gesunde vegane ...

»Vegan For Fit - Gipfelstürmer« heißt das neuste Buch von Attila Hildmann. Attila ist nahezu jedem bekannt, der sich für vegane Ernährung interessiert. Er hat am eigenen Körper getestet, was gesunde vegane Ernährung plus Sport bewirken können und sich vom schwer atmenden Moppelchen zu einem wohlproportionierten, gesunden Mann entwickelt. Attila verstand es außerdem, seine Erfahrungen in so motivierende Worte zu packen, dass kombiniert mit hübschen Bildern und leckeren Rezepten bereits mehrere Bücher daraus entstanden sind, die sich verkaufen wie geschnitten (veganes) Brot.
»Vegan For Fit - Gipfelstürmer« verspricht, dass jeder, der dieses Buch liest und seine Ratschläge befolgt, sich nach Attilas Rezepten ernährt und die nötige Zeit in leichten Sport investiert, innerhalb von 7 Tagen bis zu 4 Kilogramm abnehmen und gleichzeitig seinen Körper entgiften kann. Klingt super und nach einem verlockenden Einstieg in die Welt der verganen Ernährung, für alle, die es gern einmal probieren wollen. Sieben Tage ... das ist machbar, oder?
Mir gefällt die Aufmachung des Buches. Eine überschaubare Menge Text, theoretisches Wissen, ein Schritt-für-Schritt-Programm und jede Menge Rezepte für die sieben Tage, immer mit verschiedenen Alternativen und zusätzlichen leckeren Bausteinen, z.B. nach dem Sport. Zusätzlich zum Buch gibt es einen kostenlosen Rechner im Internet, wo jeder seinen persönlichen Bedarf an Nährstoffen ausrechnen und die Zutatenmengen der Rezepte entsprechend anpassen kann. Dabei werden Faktoren wie Körpergröße, Gewicht, Alter, Beruf und Bewegungsprofil berücksichtigt. Das finde ich praktisch und sinnvoll, auch wenn es im ersten Moment die Rezepte etwas verkompliziert. Sofort drauflos mixen oder kochen ist nicht, erst muss gerechnet werden. Aber immerhin lassen sich mit den errechneten werten Einkaufslisten online erstellen und ausdrucken.
Wobei das mit dem sofort Loslegen sowieso nicht ganz so einfach ist. Zumindest, wenn man die Rezepte ganz genau befolgen will. Herr Hildmann verkauft nämlich nicht nur Bücher, sondern betreibt auch einen »veganen Kaufmannsladen«, online natürlich. Und ebenso natürlich sind Produkte, die den Namen »Attila Hildmann« tragen, Basis dieses Detoxprogramms. Ohne »Attila Hildmann Macha Tee«, »Attila Hildmann Açaí-Fruchtpüree« und am besten noch »Attila Hildmann Bio Protein« geht nämlich gar nichts! Kann man glauben, muss man aber nicht. Zum Beispiel liebe ich mein original aus Japan mitgebrachtes Bio Mach Teepulver und sehe keinen Grund, es durch »Hildmann« zu ersetzen. Schwieriger wird es schon bei dem Açaí-Beeren-Pürree, das laut Buch beim »Biodealer meines Vertrauens« erhältlich ist. Ist es nicht, nicht im kleinen Bioladen und auch in keinem Biosupermarkt im Umkreis von mehr als 20 Kilometern. Das Wort »Biodealer« soll wahrscheinlich cool klingen, na ja ...
Am meisten stört mich an dem Buch aber etwas ganz Anderes: Jeder, der von heute auf morgen vom normalen Alles-Esser auf rein vegane Ernährung umstellt, wird Veränderungen bemerken. Besonders, wenn er dabei Bio-Obst und -Gemüse den Vorzug gibt vor industrieller »sieht-aus-wie-Fleisch-schmeckt-aber-nicht-so« Fertignahrung. Bei mir zeigten sich damals recht schnell Gewichtsabnahme, Energiezunahme, ein Hochgefühl, der unbändige Drang, mich zu bewegen. Ohne Hildmann-Buch oder -Produkte. Ich denke, so reagiert ein Körper, einfach auf die Ernährungsumstellung. Das bedeutet, es wird wahrscheinlich bei nahezu allen, für die »Vegan For Fit« der erste Versuch einer konsequent veganen Ernährung ist, ähnlich funktionieren. »Wow! Attilas Programm funktioniert.« Werden diese Leute sagen. Und weiter seine Produkte kaufen. Perfektes Marketing. Gekonnter Ritt auf einem aktuellen Trend, Herr Hildmann.
Fazit: Schönes Buch, aber nicht notwendig. Vegan funktioniert auch ohne »Hildmann« 2**

Veröffentlicht am 10.08.2017

Erwartungen leider nicht erfüllt

Green net
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Bei diesem Buch sprachen mich das wunderschöne Cover und die Idee der im Green Net kommunizierenden Bäume an. Eine völlig andere Geschichte, für Leser von zwölf bis hundertzwölf, versprach der Autor und ...

Bei diesem Buch sprachen mich das wunderschöne Cover und die Idee der im Green Net kommunizierenden Bäume an. Eine völlig andere Geschichte, für Leser von zwölf bis hundertzwölf, versprach der Autor und erwartete ich mir. Der Anfang gefiel mir, sowohl der Prolog, als auch die »Eigenheiten« Marios, die seine Mutter dazu bringen, mit ihm den Kinderpsychologen Robin de Winter aufzusuchen. Nach und nach lernen wir weitere Figuren kennen, wie Sabrina, die Freundin von Marios Mutter, oder Rado, die vierzehnjährige rebellische Tochter von de Winter, die als Reporterin der Schülerzeitung Umweltfrevlern auf der Spur ist. Doch je mehr ich las, um so schwerer fiel es mir. Mein Unbehagen wuchs, ich war mehrmals kurz davor, das Buch abzubrechen, ohne zunächst konkret sagen zu können, was mich störte. Also gab ich dem Buch eine Chance und las weiter. Die Geschichte will viel. Es gibt eine Botschaft, nämlich die vom bösen Menschen, der die Natur zerstört und ausbeutet, bis die Natur sich gegen ihn wendet. Sogenannte »Zeiter«, eine Erfindung eines besonderen Wissenschaftlers, können Menschen verlangsamen und Pflanzen verschnellern. Auch Zeitreisen kommen vor, ebenso andere tolle Erfindungen des Wissenschaftlers, bei deren bildlicher Vorstellung ich wirklich Spaß hatte. Aber dennoch, ich wurde mit dem Buch nicht warm. Die Figuren bleiben blaß, zweidimensional, allenfalls klischeehaft, wie z.B. Podoll. Sie handelten, meist sehr spontan, ohne ihre Beweggründe zu offenbaren. Es wird extrem schwarz-weiß gezeichnet. Alle Erwachsenen sind taub und blind für alles, was abseits von Einkaufswagen, Sonderangeboten und Treuepunkten liegt (S. 357). Ich bin der Meinung, schon Zwölfjährige, die als jüngste potentielle Leser angesprochen werden, sind in der Lage, zu differenzieren. Reginald, der große Pflanzendiktator, hatte eine »schwere Kindheit«, die Verständnis für die Wahl des Terrors zur gewaltsamen Weltverbesserung wecken soll? Diesen Denkansatz halte ich sogar für gefährlich.

In insgesamt 75 Kapiteln bei 400 Seiten wird ständig zwischen Figuren, Ort und Zeit hin- und hergesprungen. Diese Momentaufnahmen bringen viel Unruhe ins Buch und verhindern, zusammen mit den knapp gezeichneten Figuren, sich in eine Situation richtig einzufühlen. Trotz dieser schnellen Sprünge zieht sich die Handlung, weil immer wieder jemand etwas stiehlt, jemanden jagt oder einsperrt, so dass das anvisierte Ziel wieder in die Ferne rückt. Ein bisschen wie in einem überdrehten Comic.

Gefallen hat mir, wie erwähnt, die Grundidee, der miteinander kommunizierenden Pflanzen. Auch, dass Bäume so langsam sprechen, dass wir Menschen es nicht wahrnehmen. Dass wir aus Baumsicht hin und her huschende Punkte sind und zur Ruhe kommen müssen, um die Bäume (die Natur) zu verstehen. Diese Botschaft kann ich annehmen.
Fazit: Ich war froh, als ich das Buch endlich zu Ende gelesen hatte. 2**

Veröffentlicht am 08.12.2020

Nicht meins

Die Republik
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Klappentext und Leseprobe reizten mich, vor allem wegen der „was-wäre-wenn-Idee“, dass nämlich die 1949 gegründete DDR das gesamte deutsche Staatsgebiet umfasst, mit Ausnahme von Westberlin, und sich bis ...

Klappentext und Leseprobe reizten mich, vor allem wegen der „was-wäre-wenn-Idee“, dass nämlich die 1949 gegründete DDR das gesamte deutsche Staatsgebiet umfasst, mit Ausnahme von Westberlin, und sich bis in die Gegenwart zu einem wirtschaftlich und politisch starken Staat entwickelt hat. Das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) ist allgegenwärtig, ausländische Agenten agieren im Geheimen und das alles vor einer „Ostalgie“ Kulisse mit Goldbroiler, sich drehendem Fernsehturm-Café und Palast der Republik. Das Cover verstärkte den positiven Eindruck, den Klappentext und Leseprobe hinterließen.


Hatte ich wegen dieser Konstellation zu hohe Erwartungen an das Buch? Die Charaktere blieben für mich blass, von der Ostalgie der ersten Seiten war bald nichts mehr zu spüren. Was blieb, war ein wirres Hin und Her aus Agentenaktivitäten und den Gedanken eines alternden Stasioffiziers. Nein, mit dieser Republik wurde ich nicht warm. Nachdem ich mich durch die ersten hundert von über 500 Seiten mehr gequält als gelesen hatte, gab ich es auf. Viele Leser mögen dieses Buch, wie die überwiegend guten Rezensionen beweisen. Ich hätte mich über mehr Emotionen weckende Kleinigkeiten gefreut, bekam aber nur emotionsloses Agieren unnahbarer Personen. Vielleicht gibt es auf den mir fehlenden 400 Seiten ja noch einen Einblick in das Leben der „westdeutschen“ DDR. Gibt es z.B. im „DDR-Köln“ auch viele Regenbogenflaggen und eine fröhlich bunte LGBT-Szene? Wie sieht das DDR-St. Pauli aus, und wer führt in der DDR-Fußball-/(Ober-Bundes-)Liga? BFC Dynamo oder Bayern München? Wenn schon spinnen, dann richtig, aber genau das habe ich vermisst. Ein trockener Agententhriller wird nicht weniger trocken, wenn man den Schauplatz umbenennt. Die real existierende DDR bestand nur zu einem Bruchteil aus Stasi-Agenten, warum will der Autor in der „Republik“ einen ganz anderen Eindruck erwecken?

Hinter dem Pseudonym Maxim Voland verbirgt sich der Autor Markus Heitz. Um diesen Fakt wurde vom Verlag so lange ein Geheimnis gemacht, bis ich das Buch längst besaß. Schade, denn eigentlich hätte ich mir denken können, dass jemand ohne „DDR-Erfahrung“ zwar sehr gute Fantasy und Science Fiction schreiben kann, aber eben kein Buch, das die „Republik“ lebendig werden lässt.

Fazit: Wir wurden nicht warm miteinander, ich habe das Buch abgebrochen. 1*

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Veröffentlicht am 24.10.2017

Sehr einseitige, subjektive Sicht auf den Wolf

Zur Hölle mit den Wölfen
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Es gibt Bücher über Wölfe, wie das zuvor von mir rezensierte Werk, und es gibt dieses Buch. Der Titel "Zur Hölle mit den Wölfen" ist Programm. Hier wird einseitig alles zusammengetragen und betrachtet, ...

Es gibt Bücher über Wölfe, wie das zuvor von mir rezensierte Werk, und es gibt dieses Buch. Der Titel "Zur Hölle mit den Wölfen" ist Programm. Hier wird einseitig alles zusammengetragen und betrachtet, was gegen die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland spricht. Einerseits fast schon reißerisch unter Überschriften wie "Menschen in Lebensgefahr" oder "Bevölkerung im Belagerungszustand", andererseits durchaus wissenschaftlich anmutend, denn an Quellen und Quellenangaben wird nicht gespart. Nur dass eben jedes Wort, das in diesem Buch zitiert und niedergeschrieben wurde, nur einem Ziel dient: zu belegen, wie böse und schlimm der Wolf ist und dass er keinesfalls in Deutschland leben dürfe. Sicherlich ist ein Wolf kein Kuscheltier und bei seinem Wiederauftauchen in einem dicht besiedelten, modernen Industriestaat prallen im wahrsten Sinne des Wortes Welten aufeinander. Wölfe würden in ländlichen Gegenden schon bald Kinder an Schulbusstationen fressen, warnt der Autor. Hat in unserem Land tatsächlich schon ein Wolf einen Menschen angegriffen? Meldungen, die in diese Richtung gehen, erwiesen sich schnell als reißerische Übertreibung übereifriger Möchtegernjournalisten. Aber in Deutschland werden jedes Jahr Menschen von einem Nachkommen des Wolfes getötet - dem Hund. Nicht etwa, weil der Hund ein wölfisches Mörder-Gen in sich trägt, sondern weil der Mensch Fehler gemacht, Tiere zum Hass anstatt zum Respekt gezüchtet bzw. erzogen oder aber seine Halterpflichten verletzt hat. Respekt war schon immer sinnvoller als blinder Hass. Ich zitiere mich selbst: " Der Wolf ist weder ein Gott, noch eine Bestie, er ist weder schwarz noch weiß, sondern grau. Ein Wildtier, das lernt, in unserer modernen Welt seinen Lebensraum wieder zu finden."

Fazit: Sehr einseitige, subjektive Sicht auf den Wolf 1*