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Veröffentlicht am 24.12.2020

Verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft!

Only One Song
0

"If you ever meet a hero
ask him to tell his story
The certain one that broke him
There you´re gonna find the place
where his superpower´s from."


Allein wegen solchen poetischen Zeilen der Band Treehouse ...

"If you ever meet a hero
ask him to tell his story
The certain one that broke him
There you´re gonna find the place
where his superpower´s from."


Allein wegen solchen poetischen Zeilen der Band Treehouse Promises, welche natürlich ursprünglich aus der Feder von Autorin Anne Goldberg stammen, lohnt es sich "Only One Song" zu lesen. Wer hier aber nur eine weitere Rockstark-Romance mit sentimentalen Songtexten, Leidenschaft und Liebe erwartet, ist definitiv auf dem Holzweg. Dieses dünne Büchlein enthält viel mehr, als Cover, Klapptext oder Genre vermuten lassen!

Das Cover ist mit dem blau eingefärbten Close-Up eines Paares und dem sehr großen Titel zwar sehr hübsch anzusehen, hat aber meiner Meinung nach keinen besonderen Wiedererkennungswert. Auch der Titel hat mich nicht unbedingt vom Hocker gehauen. "Only One Song" ist ein so typischer Titel, dass ich ihn selbst beim Lesen ein paar Mal vergessen habe und nachdem ich das Buch beendet hatte, mich immer noch frage, welcher eine Song hier so wichtig war, dass er im Titel verewigt werden musste. Besonders an der inneren Gestaltung der Geschichte ist, dass die Kapitel mit zum Ende hin schrumpfenden Tagesbezeichnungen benannt, die eine Art Countdown zu einem Ereignis ergeben, das wir noch nicht kennen. Auch die vor jedem Kapitel oben angehängten Nachrichten und Emails, die mit rätselhaften Entschuldigungen beginnen und immer panischer werden, geben Aufschluss darauf, dass gegen Ende des Buches etwas Heftiges passieren muss.


"Wäre ich nicht gegangen, hätte es irgendwann den Punkt gegeben, ab dem ich nicht anderes wollte als weg. Oder für immer dableiben. Und solange es ging, versuchte ich eben, beides zu vermeiden."


So steigt die Spannung über die 360 Seiten hinweg konstant an, auch wenn zwischendurch eher Alltägliches passiert. Über dem Kennenlernen der beiden, den Beginn einer Affäre und dem sich abzeichnenden Ende zum Tourstart von Treehouse Promises schwebt so immer ein Hauch rätselhafte Gefahr in der Luft, welche im Kapitel "0 Tage" ihren Höhepunkt findet. Was genau hier passiert und das Herzstück der Geschichte einnimmt, auf das alle Handlungsfäden zulaufen, werde ich hier natürlich nicht verraten. Nur zwei Dinge: Erstens, egal, in welche Richtung Ihr gerade denkt - Ihr werdet es nicht erraten. Und Zweitens, hier wäre meines Erachtens eine Triggerwarnung angebracht gewesen. Denn diese auf den ersten Blick harmlose Rockstar-Romance endet so tragisch, wie sie spaßig beginnt und verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft!

Da ich mich über das letzte bisschen der Geschichte nicht äußern kann, beschränke ich mich hier mal auf den ersten Teil. Denn auch hier gibt es einiges zu loben. Das wohl witzigste erste Treffen in der Geschichte der lustigen ersten Treffen zum Beispiel. Anne Goldberg versprüht mit ihrem lebendigen, spritzigen Schreibstil auch im weiteren Verlauf der Geschichte viel gute Laune, doch als ich gelesen habe, wie Theo (von Winston als Retourkutsche liebevoll "Dings" genannt) den Drummer der auftretenden Band für eine unbegabte Aushilfe für ihre Bar hält, ihm den Spitznamen "Instagram" verpasst und ihn kurzerhand einarbeitet, musste ich so laut loslachen, wie schon lange bei einem Buch nicht mehr. Das süßeste Plus ist aber, dass hier Tiere eine Hauptrolle einnehmen. Da Theo als Aushilfe in einer Tierklinik arbeitet, in ihrer Freizeit verwaiste Vierbeiner von den unbarmherzigen Straßen Londons rettet und Winstons bisherige große Liebe Willow heißt, vier Beine, Schlappohren und Kulleraugen hat (ein Cavalier King Charles Spaniel, für alle, die das googeln und verträumt aufseufzen wollen😊) sind einige zuckersüße Szenen mit tierischem Fokus natürlich vorprogrammiert.


"Die letzten zwanzig Minuten sind die entscheidenden. Das gilt für jeden Film, für jedes Buch, oft fürs Leben und vor allem für Clotted Cream."


Weiterhin hat mir sehr gut gefallen, dass Anne Goldberg das Rockstarmotiv nicht auf die typische "kaputter-aber-ultrasexy-Bad-Boy-sucht-dringend-Liebe"-Art ausschlachtet, sondern einfach eine süße Geschichte erzählt, bei der einer der Involvierten zufälligerweise ein aufstrebender Musiker ist. Dabei wird ein großer Wert auf die Träume, Zukunftsängste und Probleme der Figuren (vor allem Theos) gelegt und auch ihre Familie spielt eine größere Rolle, als man das in diesem Subgenre erwarten würde. In erster Linie die Nebenhandlung um Theos Großeltern hat mich sehr berührt. Etwas schade fand ich, dass hier nur Theo aus der Ich-Perspektive erzählt. So steht sie klar im Fokus und wir können sie von verschiedenen Seiten kennenlernen, Winston geht aber ein bisschen unter. Was er denkt, fühlt, was seine Träume sind, welche Beziehung er zu seinen Freunden, seiner Band oder seinen Eltern hat, bleibt nur kurz angerissen und er wird vor allem über die Beziehung zu seinem Hund charakterisiert.

Außerdem kritisieren muss ich, dass es einige Stellen gegeben hat, in denen ich mir gewünscht hätte, noch ein bisschen mehr in die Tiefe zu gehen. Vor allem gegen Ende hätte ich von einigen Vorgänge nochmal gerne im Detail gelesen (Spoiler: die Aussprache mit der Mutter, die Beginne der Traumabewältigung etc.) und so genial und tragisch ich die Richtung auch fand, die die Geschichte nahm, fand ich es doch etwas knapp abgeschlossen für meinen Geschmack. Dass die Autorin die Arbeit mit diesem Thema und den Folgen des "Tag 0" noch in einem weiteren Band fortführen will, kann ich also nur befürworten. Denn womit ich nicht gerechnet hatte: die Reihe, die sich aus "Only One Song" entwickelt, beschäftigt sich nicht wie so viele andere des Genres mit den weiteren Mitgliedern der Band, sondern behandelt ganz andere Figuren, die mit Theo und Winston nur das Vorkommnis am Ende gemeinsam haben. Es steht also außer Frage, dass ich diese Reihe weiterverfolgen muss!


"Wenn es andauert, obwohl es Komplikationen gibt, kannst du sicher sein, dass es echt ist!“




Fazit:


Diese auf den ersten Blick harmlose Rockstar-Romance endet so tragisch, wie sie spaßig beginnt und verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft! Anne Goldberg verzaubert mit einem humorvollen Schreibstil, zwei liebenswertigen Figuren, viel Tierliebe und einer tragischen Wendung, die man nicht kommen sieht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.12.2020

Verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft!

Only One Song
1

"If you ever meet a hero
ask him to tell his story
The certain one that broke him
There you´re gonna find the place
where his superpower´s from."


Allein wegen solchen poetischen Zeilen der Band Treehouse ...

"If you ever meet a hero
ask him to tell his story
The certain one that broke him
There you´re gonna find the place
where his superpower´s from."


Allein wegen solchen poetischen Zeilen der Band Treehouse Promises, welche natürlich ursprünglich aus der Feder von Autorin Anne Goldberg stammen, lohnt es sich "Only One Song" zu lesen. Wer hier aber nur eine weitere Rockstark-Romance mit sentimentalen Songtexten, Leidenschaft und Liebe erwartet, ist definitiv auf dem Holzweg. Dieses dünne Büchlein enthält viel mehr, als Cover, Klapptext oder Genre vermuten lassen!

Das Cover ist mit dem blau eingefärbten Close-Up eines Paares und dem sehr großen Titel zwar sehr hübsch anzusehen, hat aber meiner Meinung nach keinen besonderen Wiedererkennungswert. Auch der Titel hat mich nicht unbedingt vom Hocker gehauen. "Only One Song" ist ein so typischer Titel, dass ich ihn selbst beim Lesen ein paar Mal vergessen habe und nachdem ich das Buch beendet hatte, mich immer noch frage, welcher eine Song hier so wichtig war, dass er im Titel verewigt werden musste. Besonders an der inneren Gestaltung der Geschichte ist, dass die Kapitel mit zum Ende hin schrumpfenden Tagesbezeichnungen benannt, die eine Art Countdown zu einem Ereignis ergeben, das wir noch nicht kennen. Auch die vor jedem Kapitel oben angehängten Nachrichten und Emails, die mit rätselhaften Entschuldigungen beginnen und immer panischer werden, geben Aufschluss darauf, dass gegen Ende des Buches etwas Heftiges passieren muss.


"Wäre ich nicht gegangen, hätte es irgendwann den Punkt gegeben, ab dem ich nicht anderes wollte als weg. Oder für immer dableiben. Und solange es ging, versuchte ich eben, beides zu vermeiden."


So steigt die Spannung über die 360 Seiten hinweg konstant an, auch wenn zwischendurch eher Alltägliches passiert. Über dem Kennenlernen der beiden, den Beginn einer Affäre und dem sich abzeichnenden Ende zum Tourstart von Treehouse Promises schwebt so immer ein Hauch rätselhafte Gefahr in der Luft, welche im Kapitel "0 Tage" ihren Höhepunkt findet. Was genau hier passiert und das Herzstück der Geschichte einnimmt, auf das alle Handlungsfäden zulaufen, werde ich hier natürlich nicht verraten. Nur zwei Dinge: Erstens, egal, in welche Richtung Ihr gerade denkt - Ihr werdet es nicht erraten. Und Zweitens, hier wäre meines Erachtens eine Triggerwarnung angebracht gewesen. Denn diese auf den ersten Blick harmlose Rockstar-Romance endet so tragisch, wie sie spaßig beginnt und verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft!

Da ich mich über das letzte bisschen der Geschichte nicht äußern kann, beschränke ich mich hier mal auf den ersten Teil. Denn auch hier gibt es einiges zu loben. Das wohl witzigste erste Treffen in der Geschichte der lustigen ersten Treffen zum Beispiel. Anne Goldberg versprüht mit ihrem lebendigen, spritzigen Schreibstil auch im weiteren Verlauf der Geschichte viel gute Laune, doch als ich gelesen habe, wie Theo (von Winston als Retourkutsche liebevoll "Dings" genannt) den Drummer der auftretenden Band für eine unbegabte Aushilfe für ihre Bar hält, ihm den Spitznamen "Instagram" verpasst und ihn kurzerhand einarbeitet, musste ich so laut loslachen, wie schon lange bei einem Buch nicht mehr. Das süßeste Plus ist aber, dass hier Tiere eine Hauptrolle einnehmen. Da Theo als Aushilfe in einer Tierklinik arbeitet, in ihrer Freizeit verwaiste Vierbeiner von den unbarmherzigen Straßen Londons rettet und Winstons bisherige große Liebe Willow heißt, vier Beine, Schlappohren und Kulleraugen hat (ein Cavalier King Charles Spaniel, für alle, die das googeln und verträumt aufseufzen wollen😊) sind einige zuckersüße Szenen mit tierischem Fokus natürlich vorprogrammiert.


"Die letzten zwanzig Minuten sind die entscheidenden. Das gilt für jeden Film, für jedes Buch, oft fürs Leben und vor allem für Clotted Cream."


Weiterhin hat mir sehr gut gefallen, dass Anne Goldberg das Rockstarmotiv nicht auf die typische "kaputter-aber-ultrasexy-Bad-Boy-sucht-dringend-Liebe"-Art ausschlachtet, sondern einfach eine süße Geschichte erzählt, bei der einer der Involvierten zufälligerweise ein aufstrebender Musiker ist. Dabei wird ein großer Wert auf die Träume, Zukunftsängste und Probleme der Figuren (vor allem Theos) gelegt und auch ihre Familie spielt eine größere Rolle, als man das in diesem Subgenre erwarten würde. In erster Linie die Nebenhandlung um Theos Großeltern hat mich sehr berührt. Etwas schade fand ich, dass hier nur Theo aus der Ich-Perspektive erzählt. So steht sie klar im Fokus und wir können sie von verschiedenen Seiten kennenlernen, Winston geht aber ein bisschen unter. Was er denkt, fühlt, was seine Träume sind, welche Beziehung er zu seinen Freunden, seiner Band oder seinen Eltern hat, bleibt nur kurz angerissen und er wird vor allem über die Beziehung zu seinem Hund charakterisiert.

Außerdem kritisieren muss ich, dass es einige Stellen gegeben hat, in denen ich mir gewünscht hätte, noch ein bisschen mehr in die Tiefe zu gehen. Vor allem gegen Ende hätte ich von einigen Vorgänge nochmal gerne im Detail gelesen (Spoiler: die Aussprache mit der Mutter, die Beginne der Traumabewältigung etc.) und so genial und tragisch ich die Richtung auch fand, die die Geschichte nahm, fand ich es doch etwas knapp abgeschlossen für meinen Geschmack. Dass die Autorin die Arbeit mit diesem Thema und den Folgen des "Tag 0" noch in einem weiteren Band fortführen will, kann ich also nur befürworten. Denn womit ich nicht gerechnet hatte: die Reihe, die sich aus "Only One Song" entwickelt, beschäftigt sich nicht wie so viele andere des Genres mit den weiteren Mitgliedern der Band, sondern behandelt ganz andere Figuren, die mit Theo und Winston nur das Vorkommnis am Ende gemeinsam haben. Es steht also außer Frage, dass ich diese Reihe weiterverfolgen muss!


"Wenn es andauert, obwohl es Komplikationen gibt, kannst du sicher sein, dass es echt ist!“




Fazit:


Diese auf den ersten Blick harmlose Rockstar-Romance endet so tragisch, wie sie spaßig beginnt und verbirgt weitaus mehr als Liebe, Musik und Leidenschaft! Anne Goldberg verzaubert mit einem humorvollen Schreibstil, zwei liebenswertigen Figuren, viel Tierliebe und einer tragischen Wendung, die man nicht kommen sieht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.12.2020

Nimmt hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt"...

All Saints High - Der Verlorene
0

"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen ...

"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen gebracht, mir Unwohlsein verpasst und mir das Herz gebrochen hat, entwickelte sie einen atemberaubenden Sog, dem ich nicht mehr entkommen bin. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können. Und ich - ich war hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt".


Lenora: "Mein Dad sagt, dass brave Mädchen böse Jungs mögen. Und ich bin böse. Richtig böse."


Das Cover könnte meiner Meinung nach nicht schlechter passen (außer vielleicht es wären noch Blumen, Herzchen und Einhörner zu sehen). Denn "All Saints High" ist meilenweit entfernt von einer stimmungsvollen High-School-Romanze, welche durch die lila-rosa-blaue Farbwolke, den großen Titel und die Glitzersteine impliziert wird. Hier geht es nicht süß, unschuldig oder gar romantisch zu - diese Geschichte ist böse, grausam und hart und hätte daher in meinen Augen eher einen schwarz-roten Vamp-Look verdient gehabt. Dies war also einer der Momente, in denen ich die wunderschönen aber nichtssagenden LYX-Cover verflucht habe. Denn so (und ohne zuvor etwas von L. J. Shen gelesen zu haben) war ich komplett unvorbereitet auf die von negativen Gefühlen durchtränkte Atmosphäre, die hier auf den Leser zukommt.


Lenora: "Ars longa, vita brevis. Die Kunst währt lange, das Leben nur kurz. Die Botschaft war klar: Der einzige Weg zur Unsterblichkeit führte über die Kunst. Mittelmäßigkeit galt geradezu als vulgär. Wir lebten in einer Ellenbogengesellschaft und waren durch unsere Gier, durch Verzweiflung und blinden Idealismus aneinandergekettet."


Vielleicht sollte ich als Erklärung noch voranstellen, dass ich eigentlich nicht der Typ für Dark Romance mit toxischen Beziehungen, intriganten Manipulationen, hartem Mobbing und romantisierter Gewalt bin und eher harmlose Liebesgeschichten bevorzuge. Und das hier? Das hatte wirklich Anklänge von Dark Romance. "All Saints High - Der Verlorene" ist weit davon entfernt, eine typische Haters-to-Lovers-Geschichte mit Highschool-Kontext zu sein, mit welcher ich eigentlich gerechnet hatte. Ja, die Geschichte war intensiv und leidenschaftlich wie im New Adult Genre erwünscht, aber sie enthielt eben auch viele verstörende Szenen, die erst im Nachhinein mit viel Abstand Sinn ergaben und sich während des Lesens einfach falsch und abstoßend anfühlten. On top gab es dazu passende Anklänge von düsteren Fantasymotiven. Egal ob Spukschlösser mit dunkler Geschichte, bluthungrige Vampire oder wütende, gefühlskalte Gottheiten - L. K. Shen benutzt sie alle, um ihre Atmosphäre mit noch mehr Düsternis anzureichern. Neben diesen Kunstmotiven verdunkeln vor allem Gefühle wie Begehren, Rache, Hass und Verachtung die Atmosphäre, die nur ab und zu von positiveren Anklängen abgelöst werden. Die Autorin bedient sich der ganzen Gefühlspalette, um ihre Figuren leiden, taumeln und fallen zu lassen, nur um sie danach liebevoll wieder aufzurichten.


Vaughn: "Diese Sache könnte richtig hässlich werden, Astalis."
"Ist sie schon." Sie presste die Lippen zusammen und wirkte genervt. "Aber wenn du genauer hinsiehst, wirst auch du die Schönheit im Hässlichen finden."
Ich ging ohne ein weiteres Wort. Lenora war jetzt offieziell meine Angelegenheit, und obwohl ich kein Freund von Komplikationen war, erfüllte mich der Gedanke, sie zu vernichten, mit euphorischem Verlangen.
Sie machte hässliche Dinge schön.
Ich würde ihr zeigen, dass meine Seele irreparabel beschädigt war."


Von diesem gefühlstechnischem Hin und Her sowie den vielen widersprüchlichen Szenen, bei denen man oftmals nicht emotional mitgehen konnte einmal abgesehen, macht auch vor allem die zerstörerische Dynamik der toxischen Beziehung von Vaughn und Lenora die Geschichte in der ersten Hälfte schwer ertragbar. Als sich dann zartere Gefühle hinter den Masken aus Hass offenbaren, kommen dafür deutlich handfestere Probleme auf den Tisch, die das Weiterlesen ihrerseits wiederum schwer machen. Man sollte die vorangestellte Triggerwarnung also unbedingt beachten: Diese Geschichte bietet nämlich auch ernsten Stoff zum Nachdenken und befasst sich mit einem sensiblen Thema. Doch dann, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, dann drehte sich mein Verhältnis zur Geschichte plötzlich komplett. Denn mit der ganzen Düsternis kommt auch eine krankhafte Faszination, die ich gar nicht leugnen will. Diese drückt sich nicht nur durch die zwiespältigen Handlungen der Protagonisten im Buch aus, sondern überträgt sich auch auf den Leser. Die Autorin offenbart menschliche Abgründe und man selbst ist zu mitgerissen, um wegsehen zu können.

Warum also hat mich diese Geschichte trotz all der abstoßenden Brutalität verzaubert und begeistert? Vielleicht lag es an L. J. Shens Schreibstil. Denn wenn man an der derben Sprache ihrer Figuren und ihrer Grausamkeit, was sie miteinander anstellen, vorbeisieht, ist die Geschichte einfach herzzerreißend schön und kunstvoll gemacht. Auch seltsam unregelmäßige Zeitsprünge und unbarmherzige Anspielungen, mit denen man über lange Zeit nichts anzufangen weiß, tun der Sogwirkung keinen Abbruch, den die Autorin hier erschafft. Im Gegenteil: Mit jedem kleinen Hinweis, mit jedem Informationsschnipsel kommt man der Wahrheit ein kleines Stückchen näher und man will endlich wissen, was mit Vaughn passiert ist, was ihn zu einem zornigen Gott gemacht hat und was zum Teufel er mit seinem diabolischen Plan bezweckt. Auch Lenoras seelische Wunden sind bald schon nicht mehr zu übersehen und auch sie verbirgt einige Geheimnisse...


Vaughn: "Du bist echt. Vielleicht habe ich deshalb manchmal das Gefühl, dass du da bist, obwohl du dich woanders aufhältst."
So empfinde ich es auch. Vaughn war immer präsent, selbst wenn er nicht in der Nähe war. Ich konnte ihn spüren, über Kilometer hinweg. Ich erkannte seinen Geruch, seine Berührung, die Aura, die ihn Umgang, wenn er einen Raum betrat. Inmitten eines Kirmes voller Farben und Gerüche, erkannte ich seine düstere Seele."


Und hier wären wir bei Hypothese Nummer 2: Vielleicht lag es auch an den schlimmschön zerbrochenen Figuren, denn wer verliebt sich nicht auch immer hoffnungslos in die hoffnungslosesten Fälle (seufz)...? Die Autorin hat hier nämlich zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke geschaffen, die man zwar nicht unbedingt immer mag, schon gar nicht immer verstehen kann, die dafür jedoch das neugierige Bedürfnis auslösen, sie wie ein morbides Kunstwerk immer weiter zu betrachten und zu analysieren. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können.


Vaughn: "Ich fühlte mich eingesperrt. Selbst in der freien Natur. Ich war um den Globus gereist, hatte ganze Sommer in Frankreich, Italien, Australien, Großbritannien und Spanien verbracht. Und meine verdammten Dämonen kamen immer mit, als wären sie an meine Knöchel gekettet. Der Lärm ihrer Ketten war laut. Aber in diesem Sommer würde ich sie erschlagen. Ich wusste sogar schon, mit welcher Waffe ich die Verbindung zwischen ihnen und mir trennen würde. Mit einem Schwert, das ich ganz allein schmieden würde."


Dummerweise habe ich mit dem dritten Teil der "All Saints High"- Reihe angefangen und auch wenn die drei bisher erschienenen Bände nicht unbedingt aufeinander aufbauen, war ich von der Flut an Nebenfiguren ein bisschen überfordert. Neben den typischen High-School-Cliquen der All Saints High und den Protagonisten der ersten zwei Bände kommen auch noch Figuren der Kunstakademie Carlisle Prep vor, an der die ersten Kapitel und die letzten zwei Drittel der Geschichte spielen. Auch die Elterngeneration der hier vorgestellten Protagonisten, die jeweils ein eigenes Kapitel aus ihrer Sicht bekommen, wird eigentlich in einer anderen Reihe der Autorin, nämlich ihrer "Sinners of Saint"-Reihe, beleuchtet. Diese habe ich wie schon gesagt auch nicht gelesen, sodass ich kurz über die zwei Kapitel gestolpert bin, in dem Emilia und Vicious, also Vaughns Eltern aus ihrer Sicht erzählen. Ohne diesen Input kann man die Geschichte zwar nachvollziehen, man kann beim Lesen jedoch deutlich die Leerstellen fühlen, die man mit dem Wissen aus den vorhergegangenen Bänden füllen könnte. Ob ich diese noch lesen werde, oder ob ich mich lieber wieder "harmloseren Liebesgeschichten" widmen werde, habe ich noch nicht entschieden.


Vaughn: "Du kannst jederzeit gehen", forderte ich sie heraus, denn ich wusste, dass sie das nicht tun würde. Sie konnte nicht. Jede Begegnung seit unserer Kindheit hatte uns an diesen Punkt gebracht: Endlich zeigten wir einender unsere dunklen Seiten - den geheimnisvollen, bizarren Karneval unserer Seelen, zu dem noch nie jemand eingeladen worden war. Das hier war die goldene Eintrittskarte, persönlich überbracht von unserem eigenen Willy Wonka. Wir. Allein. Wo niemand uns finden konnte."


Das Ende war überraschend süß - so süß, dass es fast schon ein bisschen over the top war. Warum man High-School Liebesgeschichten auch immer mit Hochzeit-Kinder-Happily-Ever-After-Epilogen abschließen muss, erschließt sich mir einfach nicht. Da das schöne Ende aber eine angenehme Abwechslung zur Düsternis des Rests war, will ich mich hier nicht lange beschweren.


Lenora: "Er war lebendig, tödlich und göttlich.
Mein zorniger Gott."





Fazit:


In "All Saints High - Der Verlorene" stehen zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke, ein intensiver Schreibstil und ein meisterhafter Aufbau des Plots heftigen Dark Romance Anklängen und einer sehr düsteren Atmosphäre gegenüber. Doch gerade im Zwiespalt zwischen Abscheu und Faszination offenbart sich die Sogwirkung der Geschichte

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.12.2020

Nimmt hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt"...

All Saints High - Der Verlorene
0

"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen ...

"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen gebracht, mir Unwohlsein verpasst und mir das Herz gebrochen hat, entwickelte sie einen atemberaubenden Sog, dem ich nicht mehr entkommen bin. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können. Und ich - ich war hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt".


Lenora: "Mein Dad sagt, dass brave Mädchen böse Jungs mögen. Und ich bin böse. Richtig böse."


Das Cover könnte meiner Meinung nach nicht schlechter passen (außer vielleicht es wären noch Blumen, Herzchen und Einhörner zu sehen). Denn "All Saints High" ist meilenweit entfernt von einer stimmungsvollen High-School-Romanze, welche durch die lila-rosa-blaue Farbwolke, den großen Titel und die Glitzersteine impliziert wird. Hier geht es nicht süß, unschuldig oder gar romantisch zu - diese Geschichte ist böse, grausam und hart und hätte daher in meinen Augen eher einen schwarz-roten Vamp-Look verdient gehabt. Dies war also einer der Momente, in denen ich die wunderschönen aber nichtssagenden LYX-Cover verflucht habe. Denn so (und ohne zuvor etwas von L. J. Shen gelesen zu haben) war ich komplett unvorbereitet auf die von negativen Gefühlen durchtränkte Atmosphäre, die hier auf den Leser zukommt.


Lenora: "Ars longa, vita brevis. Die Kunst währt lange, das Leben nur kurz. Die Botschaft war klar: Der einzige Weg zur Unsterblichkeit führte über die Kunst. Mittelmäßigkeit galt geradezu als vulgär. Wir lebten in einer Ellenbogengesellschaft und waren durch unsere Gier, durch Verzweiflung und blinden Idealismus aneinandergekettet."


Vielleicht sollte ich als Erklärung noch voranstellen, dass ich eigentlich nicht der Typ für Dark Romance mit toxischen Beziehungen, intriganten Manipulationen, hartem Mobbing und romantisierter Gewalt bin und eher harmlose Liebesgeschichten bevorzuge. Und das hier? Das hatte wirklich Anklänge von Dark Romance. "All Saints High - Der Verlorene" ist weit davon entfernt, eine typische Haters-to-Lovers-Geschichte mit Highschool-Kontext zu sein, mit welcher ich eigentlich gerechnet hatte. Ja, die Geschichte war intensiv und leidenschaftlich wie im New Adult Genre erwünscht, aber sie enthielt eben auch viele verstörende Szenen, die erst im Nachhinein mit viel Abstand Sinn ergaben und sich während des Lesens einfach falsch und abstoßend anfühlten. On top gab es dazu passende Anklänge von düsteren Fantasymotiven. Egal ob Spukschlösser mit dunkler Geschichte, bluthungrige Vampire oder wütende, gefühlskalte Gottheiten - L. K. Shen benutzt sie alle, um ihre Atmosphäre mit noch mehr Düsternis anzureichern. Neben diesen Kunstmotiven verdunkeln vor allem Gefühle wie Begehren, Rache, Hass und Verachtung die Atmosphäre, die nur ab und zu von positiveren Anklängen abgelöst werden. Die Autorin bedient sich der ganzen Gefühlspalette, um ihre Figuren leiden, taumeln und fallen zu lassen, nur um sie danach liebevoll wieder aufzurichten.


Vaughn: "Diese Sache könnte richtig hässlich werden, Astalis."
"Ist sie schon." Sie presste die Lippen zusammen und wirkte genervt. "Aber wenn du genauer hinsiehst, wirst auch du die Schönheit im Hässlichen finden."
Ich ging ohne ein weiteres Wort. Lenora war jetzt offieziell meine Angelegenheit, und obwohl ich kein Freund von Komplikationen war, erfüllte mich der Gedanke, sie zu vernichten, mit euphorischem Verlangen.
Sie machte hässliche Dinge schön.
Ich würde ihr zeigen, dass meine Seele irreparabel beschädigt war."


Von diesem gefühlstechnischem Hin und Her sowie den vielen widersprüchlichen Szenen, bei denen man oftmals nicht emotional mitgehen konnte einmal abgesehen, macht auch vor allem die zerstörerische Dynamik der toxischen Beziehung von Vaughn und Lenora die Geschichte in der ersten Hälfte schwer ertragbar. Als sich dann zartere Gefühle hinter den Masken aus Hass offenbaren, kommen dafür deutlich handfestere Probleme auf den Tisch, die das Weiterlesen ihrerseits wiederum schwer machen. Man sollte die vorangestellte Triggerwarnung also unbedingt beachten: Diese Geschichte bietet nämlich auch ernsten Stoff zum Nachdenken und befasst sich mit einem sensiblen Thema. Doch dann, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, dann drehte sich mein Verhältnis zur Geschichte plötzlich komplett. Denn mit der ganzen Düsternis kommt auch eine krankhafte Faszination, die ich gar nicht leugnen will. Diese drückt sich nicht nur durch die zwiespältigen Handlungen der Protagonisten im Buch aus, sondern überträgt sich auch auf den Leser. Die Autorin offenbart menschliche Abgründe und man selbst ist zu mitgerissen, um wegsehen zu können.

Warum also hat mich diese Geschichte trotz all der abstoßenden Brutalität verzaubert und begeistert? Vielleicht lag es an L. J. Shens Schreibstil. Denn wenn man an der derben Sprache ihrer Figuren und ihrer Grausamkeit, was sie miteinander anstellen, vorbeisieht, ist die Geschichte einfach herzzerreißend schön und kunstvoll gemacht. Auch seltsam unregelmäßige Zeitsprünge und unbarmherzige Anspielungen, mit denen man über lange Zeit nichts anzufangen weiß, tun der Sogwirkung keinen Abbruch, den die Autorin hier erschafft. Im Gegenteil: Mit jedem kleinen Hinweis, mit jedem Informationsschnipsel kommt man der Wahrheit ein kleines Stückchen näher und man will endlich wissen, was mit Vaughn passiert ist, was ihn zu einem zornigen Gott gemacht hat und was zum Teufel er mit seinem diabolischen Plan bezweckt. Auch Lenoras seelische Wunden sind bald schon nicht mehr zu übersehen und auch sie verbirgt einige Geheimnisse...


Vaughn: "Du bist echt. Vielleicht habe ich deshalb manchmal das Gefühl, dass du da bist, obwohl du dich woanders aufhältst."
So empfinde ich es auch. Vaughn war immer präsent, selbst wenn er nicht in der Nähe war. Ich konnte ihn spüren, über Kilometer hinweg. Ich erkannte seinen Geruch, seine Berührung, die Aura, die ihn Umgang, wenn er einen Raum betrat. Inmitten eines Kirmes voller Farben und Gerüche, erkannte ich seine düstere Seele."


Und hier wären wir bei Hypothese Nummer 2: Vielleicht lag es auch an den schlimmschön zerbrochenen Figuren, denn wer verliebt sich nicht auch immer hoffnungslos in die hoffnungslosesten Fälle (seufz)...? Die Autorin hat hier nämlich zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke geschaffen, die man zwar nicht unbedingt immer mag, schon gar nicht immer verstehen kann, die dafür jedoch das neugierige Bedürfnis auslösen, sie wie ein morbides Kunstwerk immer weiter zu betrachten und zu analysieren. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können.


Vaughn: "Ich fühlte mich eingesperrt. Selbst in der freien Natur. Ich war um den Globus gereist, hatte ganze Sommer in Frankreich, Italien, Australien, Großbritannien und Spanien verbracht. Und meine verdammten Dämonen kamen immer mit, als wären sie an meine Knöchel gekettet. Der Lärm ihrer Ketten war laut. Aber in diesem Sommer würde ich sie erschlagen. Ich wusste sogar schon, mit welcher Waffe ich die Verbindung zwischen ihnen und mir trennen würde. Mit einem Schwert, das ich ganz allein schmieden würde."


Dummerweise habe ich mit dem dritten Teil der "All Saints High"- Reihe angefangen und auch wenn die drei bisher erschienenen Bände nicht unbedingt aufeinander aufbauen, war ich von der Flut an Nebenfiguren ein bisschen überfordert. Neben den typischen High-School-Cliquen der All Saints High und den Protagonisten der ersten zwei Bände kommen auch noch Figuren der Kunstakademie Carlisle Prep vor, an der die ersten Kapitel und die letzten zwei Drittel der Geschichte spielen. Auch die Elterngeneration der hier vorgestellten Protagonisten, die jeweils ein eigenes Kapitel aus ihrer Sicht bekommen, wird eigentlich in einer anderen Reihe der Autorin, nämlich ihrer "Sinners of Saint"-Reihe, beleuchtet. Diese habe ich wie schon gesagt auch nicht gelesen, sodass ich kurz über die zwei Kapitel gestolpert bin, in dem Emilia und Vicious, also Vaughns Eltern aus ihrer Sicht erzählen. Ohne diesen Input kann man die Geschichte zwar nachvollziehen, man kann beim Lesen jedoch deutlich die Leerstellen fühlen, die man mit dem Wissen aus den vorhergegangenen Bänden füllen könnte. Ob ich diese noch lesen werde, oder ob ich mich lieber wieder "harmloseren Liebesgeschichten" widmen werde, habe ich noch nicht entschieden.


Vaughn: "Du kannst jederzeit gehen", forderte ich sie heraus, denn ich wusste, dass sie das nicht tun würde. Sie konnte nicht. Jede Begegnung seit unserer Kindheit hatte uns an diesen Punkt gebracht: Endlich zeigten wir einender unsere dunklen Seiten - den geheimnisvollen, bizarren Karneval unserer Seelen, zu dem noch nie jemand eingeladen worden war. Das hier war die goldene Eintrittskarte, persönlich überbracht von unserem eigenen Willy Wonka. Wir. Allein. Wo niemand uns finden konnte."


Das Ende war überraschend süß - so süß, dass es fast schon ein bisschen over the top war. Warum man High-School Liebesgeschichten auch immer mit Hochzeit-Kinder-Happily-Ever-After-Epilogen abschließen muss, erschließt sich mir einfach nicht. Da das schöne Ende aber eine angenehme Abwechslung zur Düsternis des Rests war, will ich mich hier nicht lange beschweren.


Lenora: "Er war lebendig, tödlich und göttlich.
Mein zorniger Gott."





Fazit:


In "All Saints High - Der Verlorene" stehen zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke, ein intensiver Schreibstil und ein meisterhafter Aufbau des Plots heftigen Dark Romance Anklängen und einer sehr düsteren Atmosphäre gegenüber. Doch gerade im Zwiespalt zwischen Abscheu und Faszination offenbart sich die Sogwirkung der Geschichte

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.12.2020

Nimmt hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt"...

All Saints High - Der Verlorene
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"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen ...

"All Saints High - Der Verlorene" ist meine erste Begegnung mit Romance-Bestseller-Autorin L. J. Shen und wir definitiv nicht die letzte sein. Denn auch wenn mich diese Geschichte in verstörende Situationen gebracht, mir Unwohlsein verpasst und mir das Herz gebrochen hat, entwickelte sie einen atemberaubenden Sog, dem ich nicht mehr entkommen bin. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können. Und ich - ich war hoffnungslos gefangen irgendwo zwischen "Wow" und "Igitt".


Lenora: "Mein Dad sagt, dass brave Mädchen böse Jungs mögen. Und ich bin böse. Richtig böse."


Das Cover könnte meiner Meinung nach nicht schlechter passen (außer vielleicht es wären noch Blumen, Herzchen und Einhörner zu sehen). Denn "All Saints High" ist meilenweit entfernt von einer stimmungsvollen High-School-Romanze, welche durch die lila-rosa-blaue Farbwolke, den großen Titel und die Glitzersteine impliziert wird. Hier geht es nicht süß, unschuldig oder gar romantisch zu - diese Geschichte ist böse, grausam und hart und hätte daher in meinen Augen eher einen schwarz-roten Vamp-Look verdient gehabt. Dies war also einer der Momente, in denen ich die wunderschönen aber nichtssagenden LYX-Cover verflucht habe. Denn so (und ohne zuvor etwas von L. J. Shen gelesen zu haben) war ich komplett unvorbereitet auf die von negativen Gefühlen durchtränkte Atmosphäre, die hier auf den Leser zukommt.


Lenora: "Ars longa, vita brevis. Die Kunst währt lange, das Leben nur kurz. Die Botschaft war klar: Der einzige Weg zur Unsterblichkeit führte über die Kunst. Mittelmäßigkeit galt geradezu als vulgär. Wir lebten in einer Ellenbogengesellschaft und waren durch unsere Gier, durch Verzweiflung und blinden Idealismus aneinandergekettet."


Vielleicht sollte ich als Erklärung noch voranstellen, dass ich eigentlich nicht der Typ für Dark Romance mit toxischen Beziehungen, intriganten Manipulationen, hartem Mobbing und romantisierter Gewalt bin und eher harmlose Liebesgeschichten bevorzuge. Und das hier? Das hatte wirklich Anklänge von Dark Romance. "All Saints High - Der Verlorene" ist weit davon entfernt, eine typische Haters-to-Lovers-Geschichte mit Highschool-Kontext zu sein, mit welcher ich eigentlich gerechnet hatte. Ja, die Geschichte war intensiv und leidenschaftlich wie im New Adult Genre erwünscht, aber sie enthielt eben auch viele verstörende Szenen, die erst im Nachhinein mit viel Abstand Sinn ergaben und sich während des Lesens einfach falsch und abstoßend anfühlten. On top gab es dazu passende Anklänge von düsteren Fantasymotiven. Egal ob Spukschlösser mit dunkler Geschichte, bluthungrige Vampire oder wütende, gefühlskalte Gottheiten - L. K. Shen benutzt sie alle, um ihre Atmosphäre mit noch mehr Düsternis anzureichern. Neben diesen Kunstmotiven verdunkeln vor allem Gefühle wie Begehren, Rache, Hass und Verachtung die Atmosphäre, die nur ab und zu von positiveren Anklängen abgelöst werden. Die Autorin bedient sich der ganzen Gefühlspalette, um ihre Figuren leiden, taumeln und fallen zu lassen, nur um sie danach liebevoll wieder aufzurichten.


Vaughn: "Diese Sache könnte richtig hässlich werden, Astalis."
"Ist sie schon." Sie presste die Lippen zusammen und wirkte genervt. "Aber wenn du genauer hinsiehst, wirst auch du die Schönheit im Hässlichen finden."
Ich ging ohne ein weiteres Wort. Lenora war jetzt offieziell meine Angelegenheit, und obwohl ich kein Freund von Komplikationen war, erfüllte mich der Gedanke, sie zu vernichten, mit euphorischem Verlangen.
Sie machte hässliche Dinge schön.
Ich würde ihr zeigen, dass meine Seele irreparabel beschädigt war."


Von diesem gefühlstechnischem Hin und Her sowie den vielen widersprüchlichen Szenen, bei denen man oftmals nicht emotional mitgehen konnte einmal abgesehen, macht auch vor allem die zerstörerische Dynamik der toxischen Beziehung von Vaughn und Lenora die Geschichte in der ersten Hälfte schwer ertragbar. Als sich dann zartere Gefühle hinter den Masken aus Hass offenbaren, kommen dafür deutlich handfestere Probleme auf den Tisch, die das Weiterlesen ihrerseits wiederum schwer machen. Man sollte die vorangestellte Triggerwarnung also unbedingt beachten: Diese Geschichte bietet nämlich auch ernsten Stoff zum Nachdenken und befasst sich mit einem sensiblen Thema. Doch dann, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, dann drehte sich mein Verhältnis zur Geschichte plötzlich komplett. Denn mit der ganzen Düsternis kommt auch eine krankhafte Faszination, die ich gar nicht leugnen will. Diese drückt sich nicht nur durch die zwiespältigen Handlungen der Protagonisten im Buch aus, sondern überträgt sich auch auf den Leser. Die Autorin offenbart menschliche Abgründe und man selbst ist zu mitgerissen, um wegsehen zu können.

Warum also hat mich diese Geschichte trotz all der abstoßenden Brutalität verzaubert und begeistert? Vielleicht lag es an L. J. Shens Schreibstil. Denn wenn man an der derben Sprache ihrer Figuren und ihrer Grausamkeit, was sie miteinander anstellen, vorbeisieht, ist die Geschichte einfach herzzerreißend schön und kunstvoll gemacht. Auch seltsam unregelmäßige Zeitsprünge und unbarmherzige Anspielungen, mit denen man über lange Zeit nichts anzufangen weiß, tun der Sogwirkung keinen Abbruch, den die Autorin hier erschafft. Im Gegenteil: Mit jedem kleinen Hinweis, mit jedem Informationsschnipsel kommt man der Wahrheit ein kleines Stückchen näher und man will endlich wissen, was mit Vaughn passiert ist, was ihn zu einem zornigen Gott gemacht hat und was zum Teufel er mit seinem diabolischen Plan bezweckt. Auch Lenoras seelische Wunden sind bald schon nicht mehr zu übersehen und auch sie verbirgt einige Geheimnisse...


Vaughn: "Du bist echt. Vielleicht habe ich deshalb manchmal das Gefühl, dass du da bist, obwohl du dich woanders aufhältst."
So empfinde ich es auch. Vaughn war immer präsent, selbst wenn er nicht in der Nähe war. Ich konnte ihn spüren, über Kilometer hinweg. Ich erkannte seinen Geruch, seine Berührung, die Aura, die ihn Umgang, wenn er einen Raum betrat. Inmitten eines Kirmes voller Farben und Gerüche, erkannte ich seine düstere Seele."


Und hier wären wir bei Hypothese Nummer 2: Vielleicht lag es auch an den schlimmschön zerbrochenen Figuren, denn wer verliebt sich nicht auch immer hoffnungslos in die hoffnungslosesten Fälle (seufz)...? Die Autorin hat hier nämlich zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke geschaffen, die man zwar nicht unbedingt immer mag, schon gar nicht immer verstehen kann, die dafür jedoch das neugierige Bedürfnis auslösen, sie wie ein morbides Kunstwerk immer weiter zu betrachten und zu analysieren. Diese Geschichte geht an die Grenze der Menschlichkeit ihrer gebrochenen Protagonisten, ... und darüber hinaus. Sie tanzt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass und zeigt, was sich zwei Menschen gegenseitig aus Liebe antun können.


Vaughn: "Ich fühlte mich eingesperrt. Selbst in der freien Natur. Ich war um den Globus gereist, hatte ganze Sommer in Frankreich, Italien, Australien, Großbritannien und Spanien verbracht. Und meine verdammten Dämonen kamen immer mit, als wären sie an meine Knöchel gekettet. Der Lärm ihrer Ketten war laut. Aber in diesem Sommer würde ich sie erschlagen. Ich wusste sogar schon, mit welcher Waffe ich die Verbindung zwischen ihnen und mir trennen würde. Mit einem Schwert, das ich ganz allein schmieden würde."


Dummerweise habe ich mit dem dritten Teil der "All Saints High"- Reihe angefangen und auch wenn die drei bisher erschienenen Bände nicht unbedingt aufeinander aufbauen, war ich von der Flut an Nebenfiguren ein bisschen überfordert. Neben den typischen High-School-Cliquen der All Saints High und den Protagonisten der ersten zwei Bände kommen auch noch Figuren der Kunstakademie Carlisle Prep vor, an der die ersten Kapitel und die letzten zwei Drittel der Geschichte spielen. Auch die Elterngeneration der hier vorgestellten Protagonisten, die jeweils ein eigenes Kapitel aus ihrer Sicht bekommen, wird eigentlich in einer anderen Reihe der Autorin, nämlich ihrer "Sinners of Saint"-Reihe, beleuchtet. Diese habe ich wie schon gesagt auch nicht gelesen, sodass ich kurz über die zwei Kapitel gestolpert bin, in dem Emilia und Vicious, also Vaughns Eltern aus ihrer Sicht erzählen. Ohne diesen Input kann man die Geschichte zwar nachvollziehen, man kann beim Lesen jedoch deutlich die Leerstellen fühlen, die man mit dem Wissen aus den vorhergegangenen Bänden füllen könnte. Ob ich diese noch lesen werde, oder ob ich mich lieber wieder "harmloseren Liebesgeschichten" widmen werde, habe ich noch nicht entschieden.


Vaughn: "Du kannst jederzeit gehen", forderte ich sie heraus, denn ich wusste, dass sie das nicht tun würde. Sie konnte nicht. Jede Begegnung seit unserer Kindheit hatte uns an diesen Punkt gebracht: Endlich zeigten wir einender unsere dunklen Seiten - den geheimnisvollen, bizarren Karneval unserer Seelen, zu dem noch nie jemand eingeladen worden war. Das hier war die goldene Eintrittskarte, persönlich überbracht von unserem eigenen Willy Wonka. Wir. Allein. Wo niemand uns finden konnte."


Das Ende war überraschend süß - so süß, dass es fast schon ein bisschen over the top war. Warum man High-School Liebesgeschichten auch immer mit Hochzeit-Kinder-Happily-Ever-After-Epilogen abschließen muss, erschließt sich mir einfach nicht. Da das schöne Ende aber eine angenehme Abwechslung zur Düsternis des Rests war, will ich mich hier nicht lange beschweren.


Lenora: "Er war lebendig, tödlich und göttlich.
Mein zorniger Gott."





Fazit:


In "All Saints High - Der Verlorene" stehen zwei facettenreiche, tiefgründige Charakter-Kunstwerke, ein intensiver Schreibstil und ein meisterhafter Aufbau des Plots heftigen Dark Romance Anklängen und einer sehr düsteren Atmosphäre gegenüber. Doch gerade im Zwiespalt zwischen Abscheu und Faszination offenbart sich die Sogwirkung der Geschichte

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