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Veröffentlicht am 25.03.2021

Urlaub ade - der weiße Heilbutt ist zurück

Der weiße Heilbutt
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Inhaltsangabe:
Eigentlich möchte Dorfpolizist Thies Detlefsen und seine Fredenbüller Freunde ein paar erholsame Tage auf der Insel Amrum verbringen, aber es kommt anders als geplant. Das idyllische Strandleben ...

Inhaltsangabe:
Eigentlich möchte Dorfpolizist Thies Detlefsen und seine Fredenbüller Freunde ein paar erholsame Tage auf der Insel Amrum verbringen, aber es kommt anders als geplant. Das idyllische Strandleben wird jäh unterbrochen, denn plötzlich schwimmt ein riesiger Fisch in Richtung Strand. Der weiße Heilbutt! Unter den Strandbesuchern bricht Panik aus und als wäre dies nicht schon genug Aufregung, buddelt Nicoles Sohn Finn auch noch einen grausa-men Fund aus: einen Frauenfuß mit lackierten Nägeln. Da lässt sich Thies Detlefsen nicht zweimal bitten und übernimmt kurzerhand die Ermittlungen. Wem gehört dieser Fuß und wo ist der Rest der Leiche? War es ein Unfall oder sogar Mord? Die Spurensuche geht in vielen Richtungen.

Der weiße Heilbutt ist bereits der neunte Fall für Dorfpolizist Thies Detlefsen. Seit Mona-ten freue ich mich schon auf den neuen Inselkrimi, der jetzt endlich im DTV – Verlag er-schienen ist. Natürlich musste dieser auch sofort gelesen werden, aber das versteht sich fast von selbst!

Der Wohlfühlfaktor stellte sich bereits nach der ersten Seite ein. Ach, wenn ich die lustige und bunt gemischte Fredenbüller Truppe aus der Hidden Kist treffe, weiß ich sofort: es wird lustig und spannend zugleich und so sollte es auch werden. Nur das der Leser seine Lieblin-ge nicht in Fredenbüll wiedersieht, sondern im Urlaub auf Amrum antrifft. Wer schon den einen oder anderen Fall von Thies Detlefsen und Nicole Stappenbek kennt, weiß, dass für die beiden das Wort „Erholung“ eigentlich ein Fremdwort ist und so ist es auch hier. Kaum sind ein paar ruhige Tage ins Land gezogen, wird schon der nächste Fall an Land gespült. Sofort wittert Thies seine Chance und zieht ihn an Land. Seine Ermittlungsmethoden sind zwar sehr eigen, aber sie führen, nach vielen Abwegen, zum Erfolg. Wieder einmal unterstreichen die witzigen Dialoge den Charakter dieses Inselkrimis und führen dazu, dass ich das eine oder andere Mal herzhaft auflachen musste. Der Humor ist einfach brillant und ich liebe ihn! Wie schon in den vorherigen Fällen nimmt Krischan Koch erneut aktuelle Themen auf die Schip-pe, wie auch in diesem Fall. Influencer, die für ihre Likes fast alles tun, Wohlfühlseminare über Kartoffelschältherapien oder High Tech Kochen mit Seegras stehen ganz oben auf der Liste. Es gibt nichts was es nicht gibt!

Für mich ist Krischan Koch einer der besten Krimiautoren, der mit Humor und Spannung den Leser auf Verbrecherjagd mitnimmt, um ihn dann an der Nase herumführt. Wie oft glaubte ich, diesen Fall gelöst zu haben, aber Pustekuchen: es kam alles anders.
Ein humorvoller Lesespaß der Lust auf den zehnten Fall macht.
5 Sterne und ein absolutes Muss für Krimifans!

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Veröffentlicht am 15.03.2021

Lebenssekunden, ein Moment, der alles verändert

Lebenssekunden
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Die 15jährige Angelika Stein hat einen großen Traum: sie will Fotografin werden! Als sie von der Schule geworfen wird, scheint sich ihr Wunsch nicht mehr zu erfüllen. Trotz ihrer fotografischen Vorkenntnisse ...

Die 15jährige Angelika Stein hat einen großen Traum: sie will Fotografin werden! Als sie von der Schule geworfen wird, scheint sich ihr Wunsch nicht mehr zu erfüllen. Trotz ihrer fotografischen Vorkenntnisse und dem Talent, will kein Fotograf sie einstellen. Über Umwe-ge lernt sie doch noch einen Fotografen kennen, der ihr Können und Wissen zu schätzen weiß und sie als Lehrling einstellt.
In der DDR trainiert zeitgleich die 15jährige Leistungsturnerin Christine Mangold. Ihr gro-ßes Ziel sind die Olympischen Spiele. Die harten Trainingsmethoden und der dazugehörige Drill setzen Christine immer mehr zu. Nicht nur gesundheitlich, sondern auch seelisch. Im-mer wieder ertappt sie sich dabei, dass sie oft an ihrem großen Wunsch zweifelt. Möchte sie wirklich einer der großen DDR – Sportlerinnen werden?

Lebenssekunden ist bereits der dritte Roman von Katharina Fuchs, der jetzt im März 2021 erschienen ist. Von ihren vorherigen Büchern (Zwei Handvoll Leben und Neuleben) habe ich leider noch keins gelesen und für mich ist dieses Werk eine Premiere! Allein der Titel „Le-benssekunde“ weckte schon meine Neugierde und ich fragte mich: Wofür steht dieser Titel bzw. was für eine Geschichte mag sich dahinter verbergen? Um meine Neugierde ein wenig zu stillen, las ich den Klapptext und ab diesem Moment, wusste ich, dass diese deutsch-deutsche Geschichte genau meinen Nerv trifft.

Der flüssig-leichte und zugleich sehr berührende Schreibstil der Autorin hat mich von An-fang an überzeugt und ließ mich sofort in die Geschichte von Angelika Stein und Christine Mangold ein und abtauchen. Katharina Fuchs ist wahrlich ein „Fuchs bzw. eine Füchsin“, denn sie weiß wie sie ihre Leserschaft in ihren Bann ziehen kann. Mich eingeschlossen. Dank ihrer facettenreichen und authentischen Darstellung wirkten die Charaktere sehr le-bendig und so entstand der Eindruck, dass man sie schon seit Jahren kennen würde. Die re-bellische Angelika Stein, die so gerne Fotografin werden möchte. Das war Ende der 50er Jahre leider kein leichtes Unternehmen. Frauen wurden ungern in einem Männerberuf einge-stellt und wenn dann wurden ihre Arbeiten meist unterschätzt, aber Angelika weiß sich durchzubeißen und kann sich in der Männerdomäne behaupten. Die Autorin beschreibt hier nicht nur den steilen Werdegang einer angehenden Fotografin, sie lässt ihre Leser auch einen Blick hinter die Kulissen eines Fotografen werfen. Dunkelkammer, Entwickler, Abzüge und sogar die spannungsgeladenen Momente, die jeder Fotograf erlebt, wenn er zum ersten Mal sein Bild in Natura sieht, hält Katharina Fuchs ihren Lesern nicht vor. Ein wirklich sehr inte-ressanter und spannender Einblick.
Parallel zu Angelikas Werdegang lebt die ehrgeizige Christine Mangold in der DDR, die auch nur einen großen Traum hat: sie möchte eine erfolgreiche Kunstturnerin werden. Hartes Training und eiserne Disziplin stehen ganz oben auf ihren Tagesplan und wenn dies alles nicht ausreichte, griff man in der DDR auch schon mal zu ganz anderen Maßnahmen. Hun-ger, Drill und auch Trainerübergriffe standen dann ebenfalls auf dem Stundenplan und das alles nur für ein Stückchen Erfolg. Über Gesundheit und deren Spätfolgen machte sich kaum Einer Gedanken. Detailliert und erschüttert beschreibt sie den Alltag einer Kunstturnerin. Auch wenn Christines Karriere der eigentliche Fokus war, so blieb die politische Entwick-lung Ende der 50er bzw. Anfang der 60er nicht außen vor. Pendeleien nach West und Ostber-lin, Grenzübergänge, Überwachungen durch die Stasi und auch der Mauerbau 1961 finden hier ihren Platz.

Aufgrund dessen, dass die Handlung abwechselnd aus der Sicht beider Hauptcharaktere er-zählt wird, konnte ich mich sehr gut in die beiden Leben hineinversetzen. Am Anfang der Geschichte erschloss mir noch nicht so recht, wie die zwei „Schicksale“ zueinander finden würden, aber nach und nach kam Licht ins Dunkel und ich muss sagen, dass mir die Ver-flechtung beider Stränge sehr gut gefiel. Kompliment für diese berührende und spannende Lebensgeschichte. Auch wenn man dies nicht merkt möchte ich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um eine fiktive Geschichte handelt. Aber wer weiß, vielleicht hat sich irgendwo genau diese Geschichte so abgespielt…

Eine deutsch-deutsche Geschichte über zwei junge Frauen, die nicht bewegender hätte sein können. Ein Buch, dass mich nicht nur auf eine Lebens-Reise mitnahm, sondern auch noch emotional berührt und erschüttert hat. Für mich war dieser Roman ein weiteres Lesehigh-light 2021! (Ganz oben auf meiner Leseliste stehen schon ihre beiden bereits erschienen Werke)

5 von 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung obendrauf!

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Veröffentlicht am 12.02.2021

Beeindruckend und emotional

Glückskinder
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München 1945:
Der zweite Weltkrieg ist fast vorbei und München ist eine der Städte, die es am härtesten getroffen hat. Überall stehen zerbombte Häuser oder man sieht nur noch die Grundmauern derer. Brauchbaren ...

München 1945:
Der zweite Weltkrieg ist fast vorbei und München ist eine der Städte, die es am härtesten getroffen hat. Überall stehen zerbombte Häuser oder man sieht nur noch die Grundmauern derer. Brauchbaren Wohnraum ist Mangelware, aber Tonis Familie hat Glück im Unglück. Die Villa ihrer Tante Vev ist verschont geblieben und so kann die Familie Brandl vorüberge-hend dort Unterschlupf finden. Jetzt haben Toni zwar ein Dach über dem Kopf, aber der Ma-gen bleibt leer. Um zu überleben, fährt Toni regelmäßig zum Schwarzmarkt, um das Nötigs-te an Lebensmittel zu besorgen. Eines Tages steht Griet van Mook vor Vevs Tür, mit der Op-tion bei ihr einzuziehen. Die Freude über ihren Einzug hält sich bei Familie Brandl in Gren-zen und bei Toni löst es nicht nur den Unmut aus, sondern auch Skepsis. Doch ein Ereignis lässt die zwei jungen Frauen zu Freundinnen werden.

Nach ihren Bestsellern „Die Holunderschwestern“ oder „Die Oleanderfrauen“ hat die Auto-rin Teresa Simon nun ihren neusten Roman „Glückskinder“ vorgelegt. Viele Leser werden ihre Bücher bereits kennen und deren Geschichten lieben. Zwar habe ich einiges über Teresa Simons Romane gehört, aber noch keins davon gelesen. Dennoch ist die Autorin keine Un-bekannte für mich, denn wie der Heyne Verlag jetzt enthüllte, ist Teresa Simon Brigitte Rie-be und diese hat vor ein paar Jahren ihre Bestseller-Trilogie „Die Schwestern vom Ku´damm“ herausgebracht. Dank einer Leserunde durfte ich mich auch unter die Glückskin-der mischen und mein Lesedebüt feiern.

Von Anfang an konnte mich, wie einst bei der Ku´damm-Trilogie, der flüssige und leichte Schreibstil der Autorin überzeugen. Erneut bewies Teresa Simon, dass sie ihr Handwerk ver-steht und sie weiß, wie sie ihre Leserschaft in ihren Bann ziehen kann. Ab der ersten Seite tauchte ich ein und ab in die Schicksalsjahre der beiden jungen Frauen. Von da an wusste ich, dass dies „meine Geschichte“ werden würde, denn ich konnte und vor allen Dingen wollte ich dieses Buch kaum noch aus den Händen legen. Was natürlich auch an den authentischen und facettenreichen Charakteren lag. Egal, ob Hauptfigur oder Nebendarsteller, jeder hatte seinen Platzt und bereicherte die Geschichte. Die Kulisse befand sich in München. In einer der Städte, die im zweiten Weltkrieg die meisten Zerstörungen hatte. Ausgebombt und fast völlig zerstört und genau diese Bilder hat die Autorin durch ihre ausdrucksstarke und detail-lierte Erzählweise mir vor Augen geführt. Auch wenn ich kein Zeitzeuge bin, konnte ich die-ses Inferno spüren und sehen, wie fassungslos die Einwohner in ihrer Stadt standen. Ruinen, Schutt und Asche prägten für lange Zeit ihr Bild. Die Handlung ist eine fiktive Geschichte zweier jungen Frauen, deren Schicksale nicht unterschiedlicher hätte sein können. Wie so viele Menschen im Krieg haben auch Toni Brandl und ihre Familie einige Schicksalsschläge erleiden müssen, aber zum Glück hatten sie sich und konnten bei der Tante Unterschlupf finden. Griet van Mook hingegen hat es viel schlimmer erwischt, denn sie hat alles verloren. Zudem war sie als Jüdin den Gräueltaten der Nazis schutzlos ausgesetzt. 1945 haben die Amis München befreit und somit auch vielen Menschen das Leben gerettet, wie auch Griet van Mook. Teresa Simon erzählt nicht nur eine bewegende Geschichte, ich durfte sie haut-nah miterleben. Die Gewaltmärsche, denen Menschen bis zur Erschöpfung oder gar bis zum Tod ausgesetzt worden waren, den Hunger der überall herrschte, die Angst vor noch mehr Gewalt, die Hoffnung das der Krieg bald endet oder gar die Freude über die Befreiung der Amis. Wieder ein Leben in Freiheit und ohne Angst führen zu können. Trotz der neu gewon-nenen Freiheit blieb die Lebensmittelknappheit und der damit verbundene Hunger. Auch dieses Thema hat die Autorin emotional eingefangen und wieder gespiegelt. Es muss furcht-bar gewesen sein, wenn die Speisekammer nahe zu leer blieb. Was da blieb, war der Schwarzmarkt und der boomte. Wer konnte, der tauschte. Brillant eingefangene Bilder, wie Schwarzhändler ihre Waren anpriesen und in Deckung gingen, wenn Gefahr von der Polizei drohte. Während des ganzen Buches lief ein emotionaler und spannender Film ab, der nicht besser hätte sein können. Auch die eingestreuten Liebesgeschichten einiger Charaktere pass-ten sich perfekt in die Geschichte ein. Authentisch und realistisch zugleich.

Die Authentizität dieser emotionalen Geschichte wird durch das angehängte historische Nachwort und den Rezeptteil „Gute Kost in mageren Zeiten“ perfekt unterstrichen.

Wer dieses Buch beendet, wird auch den Titel „Glückskinder“ mehr als nur verstehen.

Zwei bewegende Frauenschicksale, die mich auf eine spannende Zeitreise in die Nachkriegs-zeit Münchens entführten. Ich kann und muss dieses Buch einfach weiterempfehlen und oben drauf noch die volle Punktzahl. Danke für dieses Leseerlebnis!




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Veröffentlicht am 05.02.2021

eine berührende und aufwühlende Familiengeschichte

Helenes Versprechen
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New York 1947:
Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und die Kinderärztin Helene Bornstein kann die langer-sehnte Reise in die USA antreten, um ihren Sohn Moritz wieder in die Arme schließen zu können. Rückblick: ...

New York 1947:
Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und die Kinderärztin Helene Bornstein kann die langer-sehnte Reise in die USA antreten, um ihren Sohn Moritz wieder in die Arme schließen zu können. Rückblick: Vor zehn Jahren traf Helene eine schwere Entscheidung: um das Leben ihres Sohnes vor den Nazis zu retten, steckte sie Moritz in den Frankfurter Kindertransport, der ihn aus Deutschland wegschaffte. In all der Zeit wollte sie nur eins: ihren Sohn wieder sehen! Jetzt sollte es endlich so weit sein, aber wie wird das Wiedersehen ausfallen? Kann er sich überhaupt noch an seine Mutter erinnern? Wie lebt er heute? Diese und noch andere Fragen quälen Helene und lassen die Wiedersehensfreude immer wieder abebben.

Helenes Versprechen ist bereits der dritte Roman von Beate Rösler. Ich muss zugeben, dass ich weder von der Autorin was gehört bzw. ein Buch gelesen habe. In einer Leserunde bin ich zufällig über dieses Werk “gestolpert“. Nicht nur das Cover hat meine Neugierde geweckt, sondern auch der dazugehörige Klapptext. Irgendwie wusste ich, dass dieses Werk genau meins ist und so sollte es auch sein.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht. (Anm. die ausgewählte Schriftform war mir ein wenig zu klein und ich empfand sie als leseunfreundlich. Wie ich erfahren habe, liegt die Entscheidung nicht bei der Autorin, sondern beim Verlag). Trotz allem ließ er mich sofort in die Geschichte von Helene Bornstein ein- und abtauchen. Je weiter ich mich in die Handlung vertiefte, desto mehr spürte ich mit wieviel Herzblut Beate Rösler ihren Roman schrieb. Als allererstes fielen mir die facettenreichen und authentischen Charakteren auf. Beate Rösler hat sie nicht nur perfekt eingefangen und wiedergegeben, sondern hauchte ihnen Leben ein. Mit jeder Seite ließ sie die Figuren wachsen und so konnten sie ihre Ge-schichte erzählen und allen voran leben. Das ist genau das, was ich liebe. Charaktere, in de-nen ich mich hineinversetzen kann und ihre Emotionen teilen darf. Gut ausgearbeitete Per-sonen ist das eine, aber eine berührende und starke Handlung ist das A und O und das gab es hier. Wie ich bereits von der Buchrückseite erfuhr, ließ sich die Autorin von einer wahren Geschichte einer jüdischen Kinderärztin inspirieren und schuf darauf die fiktive Story über Helene Bornstein. Aber Beate Rösler hat mehr getan, als nur eine Geschichte zu schreiben, diese hat sie zugleich und beklemmend und berührend erzählt. Dank ihrer akribischen und detaillierten Recherche trug sie biografische und historische Fakten aus dieser Zeit zusam-men, um diese dann in die Handlung einfließen zu lassen. Dadurch erhielt sie eine Authenti-zität, die nicht besser hätte sein können. Beate Rösler erzählt Helenes Geschichte in zwei Zeitzonen. Die eine handelt von der Reise nach Amerika, wo sie endlich ihren Sohn nach zehn Jahren wiedersehen wird. Die Autorin hat es geschafft, Helenes Neustart mit all seinen Facetten aufzuzeichnen. Was mir sehr gut gefiel, dass ich u.a. die Schwierigkeiten, die sie mit ihrer Familie, Sprache und neuen Heimat hatte, erleben und fühlen durfte. Ehrlich wer-den ihre Ängste, Selbstzweifel und die Verarbeitung ihrer Vergangenheit dargestellt. Pure Emotionen!
Die zweite Zeitzone blickt in die Jahren 1925 – 1945 zurück. Dort erfährt der Leser, wie Helene Kinderärztin geworden ist und allen voran, wie sie den zweiten Weltkrieg mit all seinen Gräueltaten erleben musste. Bildhaft berichtet die Autorin von brennenden Synago-gen, Plündereien von jüdischen Geschäften oder gar von den schrecklichen Deportationen der Juden. Ich hatte Bilder vor Augen, von verzweifelten Menschen, Angst, Hunger, schrei-enden Kindern, Tod, Gewalt und die blinde Wut der NS. Die Ereignisse waren an manchen Stellen so erschreckend und ließen mich erschaudern, dass ich das Buch erst einmal zur Sei-te legen musste. (Solche Bilder oder Ereignisse dürfen sich nie wieder wiederholen.)
Die Geschichte wird von einem Kapitel abgerundet, dass Helene schon zehn Jahre in Ameri-ka leben lässt.
Im hinteren Bereich befindet sich noch ein Glossar mit den wichtigsten Daten und Quellen-hinweisen, die ebenfalls sehr informativ sind.

Wenn es nicht auf diesem Buchdeckel draufgestanden hätte, hätte man auch meinen können, dass sich diese Geschichte genauso in Frankfurt so abgespielt hat. Zu keinem Zeitpunkt ent-stand das Gefühl, dass diese eine von fiktiver Art war.



Helenes Versprechen war einer der besten Romane, die ich bis heute gelesen habe. Kompli-ment an Beate Rösler, die nicht nur eine gute Erzählerin ist, sondern auch mit ihren bildhaf-ten Schreibstil ein wahres Kopfkino anwirft. Eine aufrüttelnde und bewegende Geschichte zugleich. 5 von 5 Sternen und eine absolute Leseempfehlung!!!
(Anm. Dieser Roman wird definitiv nicht der letzte von dieser Autorin sein.)

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Kinderklinik Weißensee eröffnet wieder

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder (Die Kinderärztin 1)
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Inhaltsangabe:
Schon früh verloren die Schwestern Marlene und Emma Lindow ihre Mutter und wuchsen in einem Waisenhaus auf. Nach ihrer Schulausbildung bekommen sie ihre große Chance: sie gehören zu den ...

Inhaltsangabe:
Schon früh verloren die Schwestern Marlene und Emma Lindow ihre Mutter und wuchsen in einem Waisenhaus auf. Nach ihrer Schulausbildung bekommen sie ihre große Chance: sie gehören zu den ersten Lernschwestern der neuen Kinderklinik Weißensee an. Während der Ausbildung entfernen sich die Geschwister immer mehr voneinander. Marlenes Wissens-durst im Gebiet Kinderheilkunde ist so groß, so dass sie den Wunsch verspürt, selber Kin-derärztin werden zu wollen. Emma hingegen blüht in der Kinderpflege. Aber nicht nur der berufliche Werdegang entzweit die beiden, sondern auch die Liebe.

Kinderklinik Weißensee „Zeit der Wunder“ von Antonia Blum ist der Auftaktband einer neu-en Reihe. Ich ein großer Fan von historischen Romanen und wenn diese auch noch in Berlin spielen, ist meine Liebe entfacht. Ganz schnell weckte der Klapptext mein Interesse und ich wusste, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss.

Von Anfang an konnte mich der flüssige und leichte Schreibstil begeistern. Nur ganz wenige Autorin verstehen ihr Handwerk und wissen, wie sie ihre Leser in ihren Bann ziehen können. Antonia Blum ist eine von ihnen. Bereits ab der ersten Seite merkte ich, dass dieses Buch ein Glücksgriff war. Voller Vorfreude tauchte ich in die Geschichte der beiden Schwestern ein und ab. Dank der ausdrucksstarken, facettenreichen und sympathischen Darstellung der Cha-raktere konnte ich mich sehr gut in die jeweilige Figur und deren Handlungen hineinverset-zen. Aber nicht nur die Charaktere haben mich überzeugt, sondern auch die brillant einge-fangene Kulisse, die wir der Autorin einem Besuch am Weißensee zu verdanken haben, die zufällig auf die Ruine der einstigen Kinderklinik gestoßen ist. Von da an ließ sie die Ge-schichte nicht mehr los. In akribischer und aufwendiger Kleinstarbeit trug Antonis Blum zahlreiche Fakten und Informationen zusammen, um die längst vergessenen Heilanstalt wie-der zum Leben zu erwecken. Das imposante Klinikgebäude, die einzelnen Stationen, der Hörsaal oder auch das große Parkgelände erstreckten sich vor meinem inneren Auge. Genau-so stellte ich mir das Klinikleben um 1911 vor.

Die Handlung ist eine bewegende Geschichte über zwei Schwestern, die in einem Waisen-haus groß werden mussten und deren berufliche Laufbahn eigentlich schon vorprogrammiert war. Das Schicksal meinte es aber besser mit ihnen und so durften sie, dank ihrer guten Schulausbildung, in die neueröffneten Kinderklinik Weißensee eine Ausbildung anfangen. Was für eine Chance, aber ihre Herkunft sorgte auch dafür, dass ihr Weg steiniger wurde. Andere Elevinnen, die aus gutem Haus stammten, Oberinnen und sogar Ärzte machten es den zwei Schwestern nicht immer leicht. Ihre Kämpfernatur und das strebsame Lernen kommen ihnen zu Hilfe. Im Vordergrund stehen aber nicht nur die Ausbildung der Lern-schwestern. So erfuhr ich eine Menge über die einstige und einmalige preußische Kinderkli-nik Weißensee und deren Klinikalltag um 1911. Sowie über die damalige Säuglingspflege, die erste und einzige Milchkuranstalt Preußens, die für die Versorgung und Behandlung der Säuglinge notwendig war oder die medizinische Versorgung. Beeindruckend wie die Autorin den Klinikalltag eingefangen und wieder gespiegelt hat. Mit jeden noch kleinsten Schicksal fieberte ich mit und freute mich, wenn die Behandlungen Erfolg zeigten und es den kleinen Patienten wieder besser ging. Hinzu kommen noch einige politische Hintergrundfakten, die die Authentizität dieser Geschichte unterstreicht. Wie in jedem guten Roman dürfen auch die privaten Schicksalsschläge und die Liebe nicht fehlen.

Gemein ist mal wieder der fiese Cliffhanger, der dieses Buch beenden ließ. Jetzt darf jeder Leser spekulieren, wie es mit Marlene, Emma Lindow und der Kinderklinik weitergehen wird.

Selten habe ich einen historischen Roman gelesen, der mich so in seinen Bann gezogen und begeistert zurück gelesen hat. Kompliment und ich fieber jetzt schon dem zweiten Band ent-gegen.
5 von 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung obendrauf!


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