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Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Die Magie der Namen
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Meine Überschrift kann sich auf mehrere Dinge beziehen: Darauf, dass Tirasan anfangs nichts mit seinen Begleitern anfangen kann oder auch auf die Tatsache, dass ich persönlich mit ihm - der Hauptperson ...

Meine Überschrift kann sich auf mehrere Dinge beziehen: Darauf, dass Tirasan anfangs nichts mit seinen Begleitern anfangen kann oder auch auf die Tatsache, dass ich persönlich mit ihm - der Hauptperson - nicht warm werden konnte.

Wir lernen Tirasan zuerst als Nummer kennen. In diesem Weltenentwurf wachsen alle Kinder in staatlichen Einrichtungen auf und werden vor ihrem 16. Geburtstag nur mit Nummern benannt. Erst bei der Namenszeremonie (eine Art magische Firmung) werden ihnen von besonders Begabten ihre Namen genannt und ab diesem Moment verwandeln sich die Kids in ... ja, so eine Art Wiedergeburt von jemandem, der bereits existiert hat. Es kann also passieren, dass von einem Moment zum nächsten aus einem Teenager ein gewaltiger Krieger von Anfang 20 wird.

Tirasan bekommt also seinen Namen - und keiner weiß, wer sein Namensgeber überhaupt war. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise kennt man alle Clans und Dynastien. Doch er muss ohnehin nach Himmelstor, der Hauptstadt, reisen, um sich registrieren zu lassen, dort im Archiv hofft er alles über sich zu erfahren. Auf der Reise dorthin kommt er unverhofft zu Gefährten, die er sich nicht ausgesucht hat und er stolpert über eine Verschwörung, die direkt ihn zu betreffen scheint.

Mir gefällt die Idee sehr gut, obwohl ich mir manchmal eine genauere Erklärung gewünscht hätte. Wenn aus Kindern plötzlich "mittelalterliche" Erwachsene werden, wurden ihnen dann auch Jahrzehnte Lebenszeit weggenommen? Solche Sachen etwa. Auch der Schreibstil ist angenehm zu lesen, allgemein macht es Spaß, in diese Welt einzutauchen. Nur konnte ich so gar nichts mit Tirasan selbst anfangen. Ich finde es ja gut, wenn ein Protagonist nicht von heute auf morgen alles kann und vermag, aber noch weniger mag ich Protagonisten, die gar nichts können, nur in Selbstmitleid baden, andere, die ihnen helfen wollen, ständig vor den Kopf stoßen und sich allgemein aufführen, als wäre die ganze Welt gegen sie. Es gab Momente, da habe ich Tirasan nur verabscheut, zumal er sich bis zum Schluss nicht sonderlich weiterentwickelt hat, trotz mehrmals einsetzender Magie.

Dann der wohl von allen kritisierte Schluss. Das war einfach dieses Buchs nicht würdig. Als hätte die Autorin plötzlich nicht mehr gewusst, wie sie sich aus der von ihr erstellten Falle lösen sollte. Schade auch, dass einer der Protagonisten, der homosexuell war, plötzlich umgedreht wurde. Was sollte das denn? Endlich mal ein Buch, das es wagt, einen homosexuellen Helden aufzufahren, nur um dann zum Schluss einen Rückzieher und alles "straight" zu machen? Nein, das fand ich billig.

Es hätte ein wirklich außergewöhnliches Buch werden können, wenn einige Sachen besser durchdacht und konsequent Mut bewiesen wäre.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Welt am Ende

Sturmland - Die Kämpferin
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Auch Teil 2 von Sturmland konnte nicht mit mehr Sympathien punkten. Mittlerweile ist die knapp siebzehnjährige Elin Mutter einer Tochter geworden, als eines Nachts überraschend ihre Tante Karin auf ihrem ...

Auch Teil 2 von Sturmland konnte nicht mit mehr Sympathien punkten. Mittlerweile ist die knapp siebzehnjährige Elin Mutter einer Tochter geworden, als eines Nachts überraschend ihre Tante Karin auf ihrem Gehöft auftaucht. Karin ist eine von der autoritären Regierung gesuchte Flüchtige, eine Rebellin, der Auftauchen Elins ganze Familie in Gefahr bringt. Und richtig, nur kurze Zeit später erscheinen Leute von der Regierung, die Elin samt Tochter verschleppen und verhören. Elin tut alles, um zu fliehen und ihre Tochter zu retten, doch der Weg nach Hause ist weit, und die Rebellen kämpfen mittlerweile erbittert mit den Regierungstreuen um die Vorherrschaft.

Wieder hätte es eine spannende Geschichte werden können, doch Wahl schafft es einfach nicht, Fingerknabber-Momente zu ersinnen. Oh, ich bin gefangen, oh, ich kann fliehen, oh, da hilft mir jemand, oh, huch, da stirbt schon wieder jemand. Die Kämpfe zwischen den verfeindeten Parteien wurden so simpel abgehandelt, dass man sich fragen musste, wie es die Regierung jemals schaffen konnte, überhaupt an die Macht zu kommen. Die waren allgemein so unfähig und von Verrat durchdrungen, dass zu keiner Zeit wirklich Angst aufkommen konnte, dass noch mehr den Bach runtergeht, als es ohnehin schon der Fall war. Wieder werden Tode so en passant abgehandelt, dass weder Schock noch Bedauern aufkommen kann und lediglich der Schluss mit dem cleveren Bruder von Elin und seinen Erkenntnissen rettet das Buch auf gewisse Weise vor völliger Belanglosigkeit.

Ich weiß nicht, ob es der Abschluss einer Dilogie war oder ob es noch weitere Bände geben wird, nur, dass ich wohl kaum den Atem anhalten werde, um mehr oder andere Bücher von Mats Wahl zu lesen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Am Ende der Welt

Sturmland - Die Reiter
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Der Klappentext verspricht uns eine düstere Dystopie. Immerhin ist die Natur am Ende, Stürme und Wildschweinhorden bedrohen die wenigen Außenposten in der schwedischen Wildnis und eine Regierung macht ...

Der Klappentext verspricht uns eine düstere Dystopie. Immerhin ist die Natur am Ende, Stürme und Wildschweinhorden bedrohen die wenigen Außenposten in der schwedischen Wildnis und eine Regierung macht einen auf Big Brother und überwacht alles und jeden. In dieser nahen Zukunft lebt Elin mit ihrer Familie recht isoliert von allem, was man Stadt oder Siedlung nennen kann. Mit Überwachungskameras beobachten sie die Grenzen ihres Landes, mit Pferden überwinden sie Entfernungen. Einerseits sind sie ziemlich hochtechnisiert, andererseits irgendwo in der Mitte des 20. Jahrhunderts stehen geblieben. Als eines Tages Elin und ihr Bruder auf dem Rückweg von einem Handelsposten überfallen und ihr Bruder gekidnapt wird, muss sie sich auf den Weg machen, ihn zu finden und die Verhandlungen zu seiner Freilassung führen. Wenn man erst sechszehn und auf sich allein gestellt ist, scheint das in so einer lebensfeindlichen Situation eine nahezu unlösbare Aufgabe.

Wie man an der Punktebewertung erkennen kann, hatte ich wohl mehr erwartet. Eine ausgearbeitetere Ausgangssituation, durchdachtere Geschehnisse. Ja, das Leben ist wohl nicht einfach. Aber ich hatte es mir noch bedeutend mühseliger vorgestellt, auch die ganze Sache um ihren Bruder. Das hätte alles viel, viel eindringlicher, erschütternder erzählt werden können. Stattdessen beschränkt sich Wahl darauf, seine Handlungen wie Stichpunkte abzuarbeiten, ohne näher auf irgendetwas einzugehen. Wie sich die Sache mit ihrem Bruder löst, zum Beispiel, war geradezu lächerlich in ihrer Einfachheit. Oder wie der Autor Leute killt. Sie drehte sich um, ups, da lag derjenige, der ihr helfen wollte. Oh, schade. Na, passiert halt.

Was soll ich sagen? Natürlich weiß ich, dass es ein Mehrteiler ist und man nicht alles in dem ersten Band unterbringen kann. Trotzdem wäre ein Hintergrund, der den Leser besser einführt, angebracht gewesen. Ob sich Band 2 in meinen Augen steigern konnte? Seht selbst.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hin und hergerissen

Nichts als die Wahrheit?
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An der Überschrift erkennt man es bereits: Einerseits finde ich es unheimlich wichtig, ein solches Thema mal zu Papier zu bringen. Denn im Rechtsstaat Deutschland läuft tatsächlich manches tatsächlich ...

An der Überschrift erkennt man es bereits: Einerseits finde ich es unheimlich wichtig, ein solches Thema mal zu Papier zu bringen. Denn im Rechtsstaat Deutschland läuft tatsächlich manches tatsächlich eher in die falsche Richtung und Justizia ist manchmal noch blinder als die Polizei erlaubt. Von daher finde ich es gut, dass der "Lügenprofessor" Steller sich des Themas annimmt. Offensichtlich gibt es jede Menge Bedarf an Menschen wie ihm, die anderen Menschen, wenn schon nicht an der Nasenspitze, so doch durch ihre Aussagen auf den Kopf zusagen können, wenn sie lügen.

Doch:

Das ist ein großes DOCH.

Herr Steller macht es zumindest mir nicht leicht. Er erklärt ein paar Theorien, anhand derer man wohl Lügen oder Wahrheit voneinander unterscheiden kann oder zumindest die Wahrscheinlichkeit von Lüge oder Wahrheit besser herausfindet. Er erzählt von Anzeichen, von gewissen Merkmalen, von kleinsten Widersprüchen. Er versucht seine Theorien anhand von Fallbeispielen zu untermauern, und genau da haperte es dann meistens bei mir. Ich fand die Art, wie er Theorie und Wirklichkeit interagieren lässt, nicht immer überzeugend, nicht wissenschaftlich haltbar. Nun bin ich natürlich kein Wissenschaftler und entscheide das aus dem Bauch heraus, was Herr Steller sicherlich schmunzeln ließe. Sei es, wie es sei.

Unglücklich gewählt fand ich auch, dass sich die meisten seiner Fallbeispiele auf sexuelle Taten bezogen. Bzw. auf angebliche sexuelle Übergriffe. Ja, ich bin überzeugt davon, dass es auch in diesem Anzeigenbereich Lügen gibt. Nicht gut hingegen finde ich, dass man den Eindruck gewinnen könnte, nahezu 90 Prozent aller Anzeigen in Bezug auf sexuelle Nötigung, Vergewaltigung oder Angriffe seien erlogen und erstunken. Das macht es tatsächlichen Opfern von Übergriffen sicherlich nicht einfacher, wenn sie ohnehin einem besonders männlichen Polizisten gegenübersitzen, der das für ein Kavaliersdelikt hält.

Zusammengefasst: Ja, richtig und wichtig, über Lügen, blinde Justiz und Opferschutz in jeder Hinsicht zu schreiben. Nur die Umsetzung zeugt nicht unbedingt von Sensibilität.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Flapper, Morde, Okkultismus

The Diviners - Aller Anfang ist böse
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Evie O'Neill hat ein großes Mundwerk und ziemlich oft auch was dahinter - denn was sie erzählt, sind manchmal die tiefsten Geheimnisse der Leute. Es ist ihre Gabe, bei Dingen, die sie berührt, eben diese ...

Evie O'Neill hat ein großes Mundwerk und ziemlich oft auch was dahinter - denn was sie erzählt, sind manchmal die tiefsten Geheimnisse der Leute. Es ist ihre Gabe, bei Dingen, die sie berührt, eben diese Geheimnisse zu erfahren. Nicht unbedingt ein Vorteil, denn sie ist ein 17jähriges Mädchen in den 1920iger Jahren. Wegen eines "Vorfalls", bei dem sie ihre Gabe eingesetzt hat, wird sie von ihren Eltern aus ihrer hinterwäldlerischen Kleinstadt nach New York, zu ihrem Onkel, geschickt. Der ist Direktor des Museums für amerikanisches Volkstum und Okkultismus und ziemlich patent, denn er lässt ihr große Freiheiten. Als er eines Tages als Berater zu einem Mord hinzugezogen wird und Evie dabei ist, entdeckt sie dank ihrer Gabe etwas Ungewöhnliches - sie weiß, dass in wenigen Tagen nicht nur viele weitere Mordopfer existieren werden, sondern möglicherweise auch das Ende der Welt kommt.

Das hat Potenzial für eine spannende Geschichte, zumal man wirklich tief in das Flair der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eintaucht. Auch die Ausgangsbasis ist interessant. Doch ich hatte große Probleme mit der Hauptperson des Ganzen, Evie. Ich finde sie zum Teil unerträglich mit ihrem Leichtsinn, ihrem Egoismus, ihrer Arroganz. Sie ist immer so von sich überzeugt, dass sie nicht nur einmal ihren Onkel und ihre Freunde/Gefährten in Gefahr bringt. Sie ist eitel bis zum Abwinken, hält sich für überklug und ist doch manchmal erschreckend naiv. Das ist zwar meistens normal für eine 17jährige, doch all diese Eigenschaften zusammen waren teilweise schlimm. Zudem hat die Autorin die Angewohnheit, alles sehr langatmig zu beschreiben, so dass die Spannung oft genug auf der Strecke bleibt. Zwischendurch gab es wirklich mitreißende Stellen, doch die wurden dann wieder durch Zwischensequenzen von Leuten, die zumindest in diesem Band kaum eine Rolle spielten, unter- und durchbrochen.

Meines Erachtens nach hätte man das Buch um gut einhundert oder zweihundert Seiten kürzen sollen, das hätte der Handlung und der Spannung gut getan.