Profilbild von darkola77

darkola77

Lesejury Profi
offline

darkola77 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit darkola77 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.01.2021

Die Entrechtung einer Frau – und dann die große Liebe?

Hingabe
0

Verwirrt, erschrocken, ratlos – selten hat mich ein Buch so zurückgelassen, hat derart unerwartete und zum Teil auch widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Das Zusammenleben, ja vermutlich auch das, ...

Verwirrt, erschrocken, ratlos – selten hat mich ein Buch so zurückgelassen, hat derart unerwartete und zum Teil auch widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. Das Zusammenleben, ja vermutlich auch das, was viele gemeinheim als Beziehung bezeichnen würden, von Tomás und Suiza beginnt mit Vergewaltigung, Entführung, Missbrauch und fußt bis zum Schluss auf einem Ungleichgewicht beider Partner – und der Unterdrückung und für mich auch Entrechtung Suizas. Und das war es auch, was mir über weite Strecken den Zugang zu dem Buch erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht hat.
Suiza ist Tomás Besitz, daraus macht er keinen Hehl – weder mit Worten noch mit Taten. Und dies ist auch gar nicht nötig, scheint diese Form des Denkens und Handeln doch allgemein akzeptiert und weit verbreitet zu sein. Suiza ist ihm unterstellt, er ist ihr Herr, ihr Lehrer, derjenige, der Rahmen und Spielregeln ihres Zusammenlebens setzt. Und doch besitzt auch Suiza eine Macht über Tomás, und zwar eine emotionale, die ihn an sie kettet, eine sexuelle, die ihn schier rasend macht in seiner Gier, seiner Begierde, seinem Trieb, und zudem die Macht, Prozesse des Wandels - und möglicherweise der Entwicklung - in seinem Charakter, Denken und Verhalten in Gang zu setzen. Tomás und Suiza treten damit in eine gegenseitige Abhängigkeit, ketten sich aneinander, empfinden schließlich möglicherweise eine Art von Liebe füreinander. Eine Liebe, die mit dem klassischen, romantischen Verständnis von Liebe wenig zu tun hat, die sich mit körperlichen und seelischen Gewaltakten vereinbaren lässt.
Belpois hat eine wunderschöne, poetische Sprache, die mir über die Momente des größten Schreckens, des Widerwillens und auch der Abneigung immer wieder hinweggeholfen hat. Das erkenne ich an als eine große Leistung, denn solche Momente gab es zahlreich. Und auch dass ein Buch derartige Reaktionen in mir hervorruft, mich nicht loslassen will, ich ein „Warum“ einfach nicht erkennen, eine Erklärung für mich nicht finden kann, ist es etwas Besonderes. Leider in Teilen auch etwas besonders Schmerzhaftes, Verstörendes, Trauriges.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere