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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2021

Emotionale Science Fiction mit Anspruch und Denkanstößen – ein Highlight

Singularity
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Dies ist ein Science-Fiction-/Nahe-Zukunft-Thriller, der virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, genetische und technische Optimierung des Menschen und eine abgründige Arbeitswelt in den Mittelpunkt ...

Dies ist ein Science-Fiction-/Nahe-Zukunft-Thriller, der virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, genetische und technische Optimierung des Menschen und eine abgründige Arbeitswelt in den Mittelpunkt stellt. Präsentiert wird ein Feuerwerk an futuristischen Ideen, großen Gefühlen, Spannung, Atmosphäre und Denkanstößen.
Bestens geeignet für Fans der Verfilmungen „Tron“, „Gattaca“, „eXistenZ“ und „Snowpiercer“ und der Romane „Ready Player One“ (Ernest Cline), „Hologrammatica“ (Tom Hillenbrand), „Singularity“ (William Hertling), „Die Schwärmer“ (Willi Hetze), „Bios“ (Daniel Suarez) und „Helix“ (Marc Elsberg). Joshua Tree hat hiermit seinen bis dato besten Roman abgeliefert, der am ehesten seiner Trilogie „Das Signal“ ähnelt.

Kapitelweise wechselnd schlüpft man in die Perspektive von a. Hausdiener James, b. Genetikerin Rhea und c. 12-jähriger „Überflüssiger“ Adam. Umfeld und Intellekt unterscheiden sich stark.
Die Hauptfiguren sind individuell gezeichnet. Es bildet einen prägenden Teil der Handlung, mysteriöse Vergangenheiten und Geheimnisse zu ergründen. Ich erfreute mich daran, aufmerksam zu lesen, mal falschen Fährten zu folgen und mal mit Vermutungen richtig zu liegen.

Die Perspektive a. empfand ich als besonders gehaltvoll und aufgrund der fachlichen Ausführungen und Verstrickungen teils anstrengend zu lesen. Ich liebe James‘ Scharfsinn und trockenen Humor. Er ist ein schwer auszurechnender Charakter. Seine Wahrnehmungen u. a. zu Familienbildern schockieren und regen zum Nachdenken an. Die Perspektive b. ist etwas kühler gehalten und fügt spannende Rätsel, Informationen und Eindrücke hinzu. Perspektive c. steht im Zeichen großer Gefühle. Sprachlich passend gestaltet lassen Adams Erlebnisse mitfühlen, sie erschüttern und gehen zu Herzen.
Das Zusammenspiel der drei Erzählstränge ergibt mehr als die Summe ihrer Teile. Eine ganz tolle Komposition. Es ist aufregend, die futuristische Welt kennenzulernen. Einerseits insbesondere auf technischer Ebene inspirierend, andererseits abstoßend, dystopisch.
Entwicklungen sind schwer vorhersehbar. Es erfreuen diverse Wow-Effekte.

Die Geschichte zeichnet aus, nicht nur großartig zu unterhalten, sondern auch wichtige Zukunftsthemen anzuschneiden und Potenzial zum Sinnieren zu bieten, auch Tage später. Kommunikationsbarrieren und die Verdrängung von Menschen vom Arbeitsmarkt durch Künstliche Intelligenz, Maschinen und Genmodifizierungen werden vergegenwärtigt. Was bedeutet das für das Selbstwertgefühl, den freien Willen, die Familienplanung und Erziehung? Wie geht man mit dem (drohenden) sozialen Abstieg um? Was geschieht mit Menschen, welche die Gesellschaft nicht braucht? Wie erstrebenswert ist ewiges Leben? Was zeichnet Menschsein gegenüber künstlicher Intelligenz aus? …

Der Roman endet abgeschlossen. Zwischen echter und virtueller Welt schwebend, dürfte (sensibilisiert für ganz andere Details) auch mehrfaches Lesen interessant sein. Für Neulinge im Genre eine Herausforderung, die es lohnt, auf sich zu nehmen. Es unterstützen ein Glossar und ein Personenverzeichnis. Eines der besten Bücher, die ich kenne. Komplex, einfühlsam, dramatisch, nachhallend. Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 05.03.2021

Zeitgemäßer detektivischer Finanzwirtschaft-Thriller

Montecrypto
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Dieser Thriller schafft Assoziationen zu Ready Player One von Ernest Cline und Daemon von Daniel Suarez: Vorkehrungen eines Milliardärs für seinen Tod, mit Schnitzeljagd und Nerdfaktor, ohne Game-Optik ...

Dieser Thriller schafft Assoziationen zu Ready Player One von Ernest Cline und Daemon von Daniel Suarez: Vorkehrungen eines Milliardärs für seinen Tod, mit Schnitzeljagd und Nerdfaktor, ohne Game-Optik und 80er-Charme, fast ohne Verfolgungsjagden und Schießerei, dafür mit vielfältigen zeitgemäßen Digital-/Internetmedien und Input zur Finanzindustrie und zu Kryptowährungen.
Spannend, verstrickt, bodenständig, zum Analysieren und Miträtseln, schwer vorhersehbar, informativ.

Man erlebt alles im Bewusstseinshorizont von Ed Dante, einem auf Vermögensfragen spezialisierten, alternden, scharfsinnigen, nach außen hin kühlen Privatdetektiv. Ich erlebte ihn als realistischen, facettenreichen Charakter mit reger Vergangenheit, mit Ecken und Kanten. Es macht ihn cool und besonders, dass er viele Szenen mit punkigem Soundtrack und alkoholischen Getränken hinterlegt, zu Fehlern steht und seine Meinung zu einzelnen Mitmenschen dem Leser elegant preisgibt. Der intelligente, britisch-trocken-humorige Sprachstil ist gut lesbar und passt optimal zur Figur.
Als besonders bereichernd empfand ich den Schlagabtausch mit der charmanten und cleveren Mercy Mondego.
Die Kapiteleinteilung und die betont lässigen Kapitelüberschriften sind ganz nach meinem Geschmack.
Gern habe ich mitverfolgt, wie Dante den Brotkrumen folgt, wie er interviewt, herumwühlt, analysiert und kombiniert. Man ist angehalten, sich eigene Eindrücke von der Glaubwürdigkeit und Motivlage der Nebenfiguren zu verschaffen. Es ist kein dramatisches Actionfeuerwerk, sondern nah am tatsächlich Möglichen. Ich hatte meinen Spaß dabei. Highlights bilden die Eindrücke und Denkanstöße in Las Vegas sowie der packende Showdown.

Im Vergleich mit Hologrammatica von Tom Hillenbrand finde ich das dortige futuristische Umfeld inklusive technischer Möglichkeiten faszinierender und den Ermittler noch aufregender und individueller, was Jammern auf hohem Niveau ist.

Dank greifbarer Figuren und eines durchdachten Plots habe ich mich über die gesamte Länge gefordert und gut unterhalten gefühlt. Gleichzeitig habe ich dank fundierter Recherche und eingängiger Schilderungen einen Kenntniszuwachs zu Digitalwährungen, Mechanismen in der heutigen Geldpolitik und IT-Sicherheit erzielt. Ein Nachwort rundet gelungen ab. Meinen Dank und knappe 5 Sterne dafür.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Hard Science Fiction – laienkompatibel, rätselhaft, informativ, faszinierend

Die Störung
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Beim Griff zu diesem Roman sollte man wissen, dass Brandon Q. Morris einen nüchternen Erzählstil verkörpert, welcher ein gewisses Interesse an naturwissenschaftlichen, insbesondere astrophysikalischen ...

Beim Griff zu diesem Roman sollte man wissen, dass Brandon Q. Morris einen nüchternen Erzählstil verkörpert, welcher ein gewisses Interesse an naturwissenschaftlichen, insbesondere astrophysikalischen Phänomenen und Astronautik voraussetzt. Ich habe schon viel von ihm gelesen und war mir dessen bewusst. Auch wenn ich Gefühle in Romanen grundsätzlich wichtig finde, lasse ich mich immer wieder gern in Morris‘ realistische „Was wäre, wenn …?-Szenarien“ inklusive hohem Informationsgehalt entführen.

Am Anfang braucht es Geduld. Dies ist eben keine vor Action sprühende Space Opera. Bei stets akkurater, anständiger Sprache und Political Correctness wird die Mission am Rande des Universums beschrieben. Man lernt die Hauptfiguren - abwechselnd die vierköpfige Astronautencrew und ihr CapCom Rachel in Houston - ein bisschen kennen und baut eine Beziehung zu ihnen auf. Keine innige, aber doch so, dass ich sie unterscheiden kann und Individuen vor dem inneren Auge sehe, deren Schicksal mich interessiert.

Ich bin nicht vom Fach (Diplom-Verwaltungswirtin) und fand sehr angenehm: a) überschaubare Anzahl relevanter Figuren, b) Namensgebung für die Figuren und deren Habitate, c) Sinnabschnitte, die in kurzen Abständen sinnvolle Lesepausen ermöglichen. Das ist sehr anwenderfreundlich und hat geholfen, mir viel von den Geschehnissen und den physikalischen und technischen Erläuterungen einzuprägen.

Ab Seite 80 zieht die Spannung merklich an. Ab der Mitte freute ich mich dann über mehrere krasse und
letztendlich erklärbare Wendungen. Die Spannung wird auf eine neue Ebene gehoben, wo sie angenehm zum Rätseln und Mitfiebern animiert und sich bis zum gelungenen und abgeschlossenen Ende konstant hält. Trotz der anspruchsvollen Materie empfand ich das Lesen gar nicht mehr als anstrengend.
Als Fan habe ich mich über beiläufige Querverweise zu The Hole, Enceladus, Proxima usw. gefreut.
Herzlichen Dank auch für das erklärende Nachwort und die umfangreichen Erläuterungen zur Quantentheorie im Anhang. Ich war nie ein Freund von Physik, aber so lasse ich mir das gefallen.

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Veröffentlicht am 09.10.2020

Neue Anspielungen, Ellbogen, realer Wahnsinn

QualityLand 2.0 (QualityLand 2)
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Der Garant für bissigen Wortwitz, Satire und absurde Denkanstöße mit dem gewissen Funken an Realitätsnähe im Nahe-Zukunft-Szenario ist zurück!
„QualityLand 2.0: Kikis Geheimnis“ bietet Lesevergnügen für ...

Der Garant für bissigen Wortwitz, Satire und absurde Denkanstöße mit dem gewissen Funken an Realitätsnähe im Nahe-Zukunft-Szenario ist zurück!
„QualityLand 2.0: Kikis Geheimnis“ bietet Lesevergnügen für etwa 5 bis 6 Stunden, knüpft inhaltlich und mit bekannten Figuren direkt an den Vorgänger an, den man gelesen oder gehört haben sollte.
Im Vergleich zu „QualityLand: Peters Problem“ ist das Intro weniger bahnbrechend, an die Erläuterung des Weltenbaus ist eben schwer heranzukommen. Die Werbeeinspieler aus der dunklen Edition bleiben unerreicht, machen dennoch Laune, nutzen sich zum Ende hin ein bisschen ab (z. B. Klone Dan & Dan). Cool finde ich die entlarvenden Kapitelüberschriften und die Fußnoten. Die Qualität der Rahmenhandlung ist solide, so wie beim Vorgänger. Nicht tiefschürfend und hochkomplex, aber durchaus unterhaltsam, mit Spannung und ein paar Überraschungen. Die Szenen mit Martyn Vorstand mag ich am liebsten.
Erneut entzücken eingestreute kreative Details: Diverse Programme, die Kommerz feiern, Dating und Sex revolutionieren, Erinnerungen manipulieren, Datenschutz bombardieren. Eine Skala von Trump bis Einstein. Therapie für Maschinen, denen ihre Grundfunktionen zuwider sind, z. B. ein Cuddle Bot, der körperliche Nähe und Kinder nicht mag. Reizvolle Einblicke in politische Machenschaften und Arbeitsmarkt.
Bei einigen Themen blieb mir ein bisschen das Lachen im Halse stecken, z. B. bei bedeutungslosen Klimakonferenzen und Krieg ohne menschlichen Einfluss.
Algorithmen, personalisierte Werbung und Zustellung, Level mit unzähligen Einflussfaktoren (Aussehen, Vermögen, Verhalten gegenüber Menschen und Maschinen, ...) und hieraus resultierenden Zusatzfähigkeiten sind in der Geschichte allgegenwärtig und halten der Gesellschaft - trotz oder gerade wegen der überspitzten Darstellung - den Spiegel vor.
Trotz einiger Kritik: Erwartungen erfüllt, schallend gelacht, genickt, gegrübelt, gibt fünf Sterne.
Wer Skurriles und schwarzhumorige Zukunftsaussichten liebt, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Auch super als Ratgeber zur Überbrückung kultureller Unterschiede von Haushaltsgeräten. Hat TheShop dafür nicht auch eine Kategorie?

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Klug, innovativ, fesselnd - Kopfkino mit tollem SF-Cyberpunk-Weltenbau

Neon Birds
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Die vier Protagonisten sind junge Erwachsene, trotzdem ist dies kein banales Jugendbuch. Kapitelweise wechselnd schlüpft man in ihre Wahrnehmungen, Gedanken- und Gefühlswelten, die je nach Lebenslage und ...

Die vier Protagonisten sind junge Erwachsene, trotzdem ist dies kein banales Jugendbuch. Kapitelweise wechselnd schlüpft man in ihre Wahrnehmungen, Gedanken- und Gefühlswelten, die je nach Lebenslage und Vergangenheit ganz unterschiedlich ausgestaltet sind. Die Ausführungen versprühen Tiefe und Individualität, sind philosophisch angehaucht, lassen Sympathisieren, Identifikation und Mitfühlen zu. Gespräche wirken stimmig. Mehrere Figuren bergen potentiell verhängnisvolle Geheimnisse. Okijen und Flover sind meine Favoriten. Auch die Nebenfiguren finde ich gelungen.
Der Weltenbau gefällt mir gut. Er hat aufgrund unbewohnbar gewordener Erdteile und der Bedrohungslage durch „Cyber-Zombies“ einerseits dystopische Züge. Andererseits gibt es utopische Elemente, z. B. grüne Städte, Umweltbewusstsein, Abkehr von religiös motiviertem Fanatismus. Punkige Ideen wie z. B. Cyborg-Körperteile und -Tiere bilden sowohl liebevolle Details als auch elementare Bestandteile der Geschichte. Andras Blickwinkel auf ihr neuartiges Umfeld gerät besonders faszinierend.
Die Autorin Marie Graßhoff hat wunderbare Stilmittel eingesetzt, um die Welt im Jahr 2101 und die Charaktere greifbar zu machen: Zwischen den Kapiteln gibt es prägnante Exkurse, z. B. Auszüge aus militärischen Vermerken zu Anfängen, Analysen und Gegenmaßnahmen zum „Virus“, Personalakten der Protagonisten zuzüglich einer Schwarz-Weiß-Zeichnung, Interviews.
Marie Graßhoff gelingt perfekt der Spagat zwischen hohem Tempo, Action, Charakter- und Handlungstiefe und stimmungsvoller Atmosphäre. Für mich ein Lese-Highlight im Jahr 2020. Beim Verschlingen des Buches wurde ich oft angenehm überrascht und habe intensive Eindrücke mitgenommen.
Band 1 von 3 endet mit Wow-Effekten und einem fiesen Cliffhanger.

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