Cover-Bild Kim Jiyoung, geboren 1982
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 11.02.2021
  • ISBN: 9783462053289
Cho Nam-Joo

Kim Jiyoung, geboren 1982

Roman
Ki-Hyang Lee (Übersetzer)

Der Weltbestseller aus Korea – über 2 Millionen verkaufte Exemplare weltweit.

Cho Nam-Joo hat mit ihrem Roman einen internationalen Bestseller geschrieben. Ihre minimalistische und doch messerscharfe Prosa hat nicht nur viele Leserinnen weltweit begeistert, sondern auch Massenproteste in Korea ausgelöst. In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mittdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern – wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht – von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen. In den Augen ihres Vaters ist es Jiyoung’s Schuld, dass Männer sie spät in der Nacht belästigen; in den Augen ihres Mannes ist es Jiyoung’s Pflicht, ihre Karriere aufzugeben, um sich um ihn und ihr Kind zu kümmern. »Kim Jiyoung, geboren 1982« zeigt das schmerzhaft gewöhnliche Leben einer Frau in Korea und gleichzeitig deckt es eine Alltagsmisogynie auf, die jeder Frau – egal, wo auf der Welt – nur allzu bekannt vorkommt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.02.2021

Mehr als nur ein Roman

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„Hat ein Gesetz oder ein System Einfluss auf die Wertvorstellungen eines Menschen? Oder richten sich die Gesetze und Institutionen nach den Werten der Menschen?“

Die 33-jährige Kim Jiyoung, die mit ihrem ...

„Hat ein Gesetz oder ein System Einfluss auf die Wertvorstellungen eines Menschen? Oder richten sich die Gesetze und Institutionen nach den Werten der Menschen?“

Die 33-jährige Kim Jiyoung, die mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Seoul lebt, fängt eines Tages an sich seltsam zu verhalten. Sie leidet an einer Art Persönlichkeitsstörung, bei der andere Frauen sie als Medium benutzen, um ihre Botschaft durch sie zu vermitteln. In diesen Momenten tritt ihre eigene Person zurück und Kim Jiyoung erinnert sich selbst nicht an diese Vorfälle. Da sich ihr Mann Sorgen macht, sucht er einen Psychiater auf.

Hier endet vorerst die Handlung, die in der Gegenwart spielt und wir bekommen Kim Jiyoungs Leben in Passagen nacherzählt, die sich jeweils mit den prägenden Phasen in ihrem Leben befassen: Mit ihrer Kindheit zu Hause und in der Schule, ihrer Jugend, ihrer Studentenzeit, der Phase, in der sie bei einem Marketingunternehmen arbeitet und endet mit der Zeit, in der sie heiratet, schwanger wird, ihre Arbeit kündigt und sich von nun an ihrem Kind und dem Haushalt widmet.

Die Erzählweise ist dabei sehr interessant gewählt. Ein allwissender Erzähler berichtet von Kim Jiyoungs Leben und taucht in ihre Innensicht ein, schlüpft aber zwischendurch auch in das Innenleben ihrer Mutter ein und gibt in direkter Rede Gespräche wieder, die unter anderem auch vor Kim Jiyoungs Geburt oder während ihrer Zeit als Säugling geführt wurden, Kim folglich diese Geschehnisse und das Gesagte nicht kennen konnte. Die persönliche Erzählung wird von wissenschaftlichen, berichtartigen Passagen ergänzt, in denen Fachliteratur zugezogen wird, die die Exemplarität des Schicksals von Kim Jiyoung und ihrer Familie in Bezug zu der Lebensrealität in Südkorea setzt. Die sehr persönlichen, emotionalen Textstellen, in denen Gedanken, Gespräche und Handlungen der Romanfiguren geschildert werden, wechseln mit sehr nüchternen, rationalen Passagen ab, die von Fußnoten und Quellenangaben geprägt sind.

Wir erleben mit, wie Kim Jiyoung zeit ihres Lebens benachteiligt wird und erfahren direkt, dass sie nur eine von Millionen Frauen in Südkorea ist, denen es ebenso ergeht. Zu Hause muss sie zusammen mit ihrer älteren Schwester dem jüngeren Bruder in allem den Vorzug lassen (so müssen die Mädchen beispielsweise der Mutter bei ihrer Heim- und Hausarbeit helfen, während der Junge nichts zu tun braucht); in der Schule werden die Mädchen strenger als die Jungen (z.B. in Bezug auf die Schuluniform) behandelt; während des sehr anspruchsvollen Studiums müssen die meisten Frauen nebenher arbeiten, um sich das Studium zu finanzieren, während die Männer auf das Geld, das ihre Mütter und Schwestern auf mühevolle Weise erarbeiten, zurückgreifen können; Männer finden nach dem Studium direkt eine Anstellung, wohingegen Frauen einen harten Kampf auf sich nehmen müssen, um eventuell einen Arbeitsplatz zu finden, bei dem sie unvergleichlich schlechter bezahlt werden; last but not least müssen sie mit dem Verlust ihrer Arbeitsstelle rechnen, wenn sie nicht nahtlos nach der Niederkunft wieder anfangen zu arbeiten. Frauen, die sich dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben, um sich ganz der Kindererziehung und der Haushaltsführung zu widmen, werden hinter vorgehaltener Hand als „Schmama-rotzer“ bezeichnet. Und obwohl ihnen von anderen Frauen und auch einigen wenigen Männern Verständnis entgegengebracht wird, ändern sich ihre Lebensbedingungen über die Jahrzehnte nur geringfügig.

Im Anschluss auf Kim Jiyoungs Lebensbericht meldet sich der zu Anfang des Romans genannte Psychiater zu Wort. Er erklärt, dass Kim Jiyoungs Lebensbericht von ihm verfasst wurde und gewährt dem Leser gleichfalls einen kurzen Einblick in sein eigenes Leben. Dabei wird ersichtlich, dass er darin mit denselben Problemen konfrontiert ist, wie die Patienten, die zu ihm kommen. Zum Abschluss stellt er Überlegungen über seine Assisstentin an, die aufgrund ihrer Familiensituation bei ihm kündigt, sodass er zu dem Schluss kommt, in Zukunft nur unverheiratete Frauen anzustellen, wodurch er die gängige Meinung in Südkorea repliziert, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Hier ist auch die meiner Meinung nach einzige Schwachstelle des Romans anzusiedeln, denn die Erzählerinstanz, die so einnehmend über Kim Jiyoungs Leben berichtet und mit Quellenangaben belegt, dass ihr Schicksal nur eines von vielen ist, kann folglicherweise nicht mit dem Psychiater gleichgesetzt werden, da ihm der nötige Scharf- und Weitblick fehlt.

Zurecht ist auf dem Cover des Romans eine gesichtslose Frau zu sehen, denn Kim Jiyoungs Schicksal ist exemplarisch für Millionen anderer südkoreanischer Frauen. „Immer wieder geht mir durch den Kopf, dass irgendwo da draußen eine Kim Jiyoung lebt. Wahrscheinlich, weil sie meinen Freundinnen, Bekannten und mir selbst ähnelt. Die ganze Zeit über, in der ich diesen Roman schrieb, hatte ich Mitleid mit ihr und war bedrückt. Doch ich weiß, dass sie genau so aufgewachsen ist und keinen anderen Weg gewusst hat. Auch ich habe es so erlebt.“

„Kim Jiyoung, geboren 1982“ ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Gleichberechtigung der Frau in Südkorea. Zu Recht hat es für weltweiten Aufruhr gesorgt!

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Veröffentlicht am 02.03.2021

Interessant

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"Kim Jiyoung, geboren 1982" erzählt aus dem Leben der jungen Koreanerin Jiyoung von deren Kindheit bis hin in die Zeit, in der sie selbst Mutter wird.

Der Stil der Erzählung ist eher emotionslos, dem ...

"Kim Jiyoung, geboren 1982" erzählt aus dem Leben der jungen Koreanerin Jiyoung von deren Kindheit bis hin in die Zeit, in der sie selbst Mutter wird.

Der Stil der Erzählung ist eher emotionslos, dem Text kann man leicht folgen. Trotz der nüchternen Erzählweise kamen bei mir als Leserin Emotionen auf und ich habe mit der Titelfigur mitgefiebert und -gelitten. Es zeigt sich, vor allem zu Beginn des Buches, wie groß die Kluft zwischen der koreanischen und der mitteleuropäischen Kultur ist. Oder würde in Deutschland heute noch eine Frau ihre Schwangerschaft aufgrund des Geschlechts des Kindes abbrechen? Auch in der Schule und in vielen anderen Situationen wird die Benachteiligung von Mädchen und Frauen sehr klar dargestellt.

Je weiter die Erzählung jedoch fortschreitet, desto mehr konnte ich Parallelen zu unserer "modernen" Kultur in Europa erkennen. Auch hier sind oft Frauen die Opfer körperlicher und psychischer Gewalt. Auch hier fällt es Frauen oft noch schwer, in Führungspositionen zu kommen, fair behandelt und bezahlt zu werden. Auch hier bleibt meistens die Frau zu Hause bei den Kindern, eben weil sie weniger verdient als ihr Mann.

Vom Unterhaltungswert betrachtet, fand ich das Buch von Nam-Joo Cho nicht überragend, allerdings öffnet einem die Lektüre wieder die Augen dafür, wogegen viele von uns bereits abgestumpft sind und was leider Normalität geworden ist. Somit ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert und bewirkt hoffentlich zumindest kleine Änderungen und eine Verbesserung der Situation von Frauen weltweit.

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Veröffentlicht am 22.02.2021

Leben als Frau in Korea und anderswo

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Kim Jiyoung wächst in Korea auf. Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die von ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrem Erwachsenwerden handeln. Dies alles in einem Land, in dem Frauen dafür verantwortlich ...

Kim Jiyoung wächst in Korea auf. Das Buch ist in Abschnitte unterteilt, die von ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrem Erwachsenwerden handeln. Dies alles in einem Land, in dem Frauen dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie belästigt werden und es eine Schande ist, keinen Sohn zu gebären. Ein Land, das Jungs und Männer bevorzugt und es Mädchen und Frauen schwer bis unmöglich macht, ihren Weg zu gehen oder Karriere zu machen. In dem das alte Rollenbild nach außen hin überholt, in Wahrheit aber weiterhin praktiziert wird.

Das Buch hat mich leider nicht ganz überzeugt. Die Personen blieben blass, die Geschichte hat mich nicht erreicht. Die Autorin rannte buchstäblich durch die Erzählung. Mehr Zeit und Raum hätten der Story gutgetan, so aber war es eine wenig in die Tiefe gehende Aneinanderreihung von Fiktion und Fakten, die sich abgewechselt haben. Eine wissenschaftliche Abhandlung mit Fußnoten, zu denen ich mir am Ende eine ausführlichere Erklärung gewünscht hätte. Wirklich neue Erkenntnisse konnte ich hier nicht gewinnen, die Rolle der Frau im asiatischen Raum (und im übrigen vielen anderen Ländern der Welt auch) war mir nicht neu, ein Schockeffekt blieb aus. Vielleicht ist aber gerade dies das schockierende daran; dass es als normal hingenommen wird, obwohl es alles andere als das ist.

„Auch wenn sich viel in der Welt getan hatte in puncto Gleichberechtigung, all die kleinen Regeln, Selbstverständlichkeiten oder Gewohnheiten innerhalb der Gesellschaft hatten sich nicht erkennbar geändert. Letztendlich war überall immer noch alles beim Alten.“ (Seite 155 ff.)

Es gab im Buch sehr viele interessante Ansätze, die ich mir ausführlicher gewünscht hätte. Der Anfang war spannend, im Mittelteil flachte die Story leider etwas ab, um zum Schluss hin wieder zu fesseln. Dennoch ist es ein wichtiges Thema, das leider immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Ich vergebe 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Eine unbequeme und leider vertraute Wahrheit

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Die Geschichte von Kim Jiyoung steht beispielhaft für die Diskriminierung die Frauen in der ganzen Welt erfahren. Auch wenn die Geschichte in Korea stattfindet, ist vieles von dem was sie erfährt leider ...

Die Geschichte von Kim Jiyoung steht beispielhaft für die Diskriminierung die Frauen in der ganzen Welt erfahren. Auch wenn die Geschichte in Korea stattfindet, ist vieles von dem was sie erfährt leider universel.

Das Buch hat nur 207 Seiten und ist schnell gelesen. Es beginnt damit, dass Kim Jiyoung plötzlich mentale Probleme aufweist. Der Leser wird im Unklaren gelassen, was dies bedeutet und was genau passiert. Stattdessen wird nun die ganze Lebensgeschichte, von Beginn an, aufgerollt.

Der Schreibstil ist sachlich, so wie man sich die asiatische Kultur auch vorstellt: nach außen bloss keine Emotionen zeigen, sondern immer funktionieren. Disziplin. Einerseits scheint es - so können wir es auch Dialogen in Kims Familie entnehmen - grosse Fortschritte in der Gleichberechtigung der Geschlechter gegeben zu haben. Aber in der Realität - immer wieder durch Statistiken in den Fussnoten unterlegt - sieht es jedoch immer noch anders aus.

Ein wichtiges Thema. Auch hier bei uns im Westen. Aber ehrlich gesagt, bin ich trotzdem verwundert, dass dieses Buch überall so angepriesen wird. Denn eigentlich sollte uns der Inhalt weder überraschen noch schockieren. Schließlich erleben wir es selber tagtäglich. Daher ist es für mich eher schockierend, dass darüber noch ein Buch geschrieben werden musste, um noch mehr Menschen aufzurütteln.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Am Ende müsste die Geschichte anfangen

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Kim Jiyoungs Geschichte steht beispielhaft für das Leben der Frauen in Südkorea. Es geht um die systematische Unterdrückung und Misshandlung der Frauen, eine permanente Angstkultur und überhohe Anforderungen.
Jiyoungs ...

Kim Jiyoungs Geschichte steht beispielhaft für das Leben der Frauen in Südkorea. Es geht um die systematische Unterdrückung und Misshandlung der Frauen, eine permanente Angstkultur und überhohe Anforderungen.
Jiyoungs unklare psychiatrische Symptome nach der Geburt des Kindes bilden den Ausgangspunkt der Geschichte, ab dem aus Sicht eines Psychiaters in die Vergangenheit zurück erzählt wird. Leider bleibt es auch bei dem Rückblick, sodass der Aufhänger, die ungewöhnlichen Symptome, keinen Raum mehr bekommt. Die Frage ist, wie geht es weiter mit Jiyoung? Was machen sie und ihr Umfeld daraus? Gibt es einen Lernprozess?
Doch auch der Rückblick hat was für sich. Die Erzählung ist umso spektakulärer, weil sie stellvertretend für jedes Frauenleben in Südkorea stehen soll. Doch ist das alles so allgemeingültig? Und wie gehen andere Frauen damit um? Es entstehen viele Fragen, die offen bleiben. Die Geschichte regt an, die Ungerechtigkeit macht wütend. Trotz dem nüchternen und distanzierten Bericht des Psychiaters birgt die Erzählung viel Raum für Emotionalität, vielleicht auch, weil Jiyoung ihre Gefühle selbst so wenig spürt und auslebt.
Die Einschätzung des Psychiaters am Ende wirkt unklar, kein Wunder bei diesen unrealistischen Symptomen. Wäre es eine dissoziative Störung, wären es abgespaltene Anteile ihrer selbst, dann würde sie aber nicht plötzlich ihre Mutter oder ihre Freundin sein und Dinge wissen können, die nur diese wussten. Unrealistisch! So erscheint es eher als erzählerisches Mittel, um zu verdeutlichen, dass Jiyoungs Geschichte eine von vielen ist und in ihr die gesamte Ungerechtigkeit angelegt ist. Nach dem Motto: erzählt man von einem Leben, kennt man alle.

Fazit: Sehr bewegende, nüchterne Erzählung über Benachteiligungen von Frauen in Südkorea, mit unrealistischen Anteilen und einem unbefriedigenden Ende.