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Veröffentlicht am 09.01.2022

Hamburg und Amsterdam im 17. Jahrhundert

Gold und Ehre
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Sabine Weiß hat mit „Gold und Ehre“ den zweiten Band veröffentlicht, der in und um Amsterdam spielt. Mit Hamburg und seinem Michel ist allerdings ein weiterer Ort mit in den Fokus gerückt. Die Geschichte ...

Sabine Weiß hat mit „Gold und Ehre“ den zweiten Band veröffentlicht, der in und um Amsterdam spielt. Mit Hamburg und seinem Michel ist allerdings ein weiterer Ort mit in den Fokus gerückt. Die Geschichte der Architektenfamilie Aard wird im 17. Jahrhundert weitererzählt. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Lübbe.

Amsterdam, 1650: Der junge Benjamin Aard liebt die Architektur, aber auch die Wissenschaften reizen ihn sehr. Nachdem eines seiner Experimente außer Kontrolle gerät, wird er von seinem Vater nach Hamburg geschickt. Dort soll er sich beweisen und erwachsen werden. Nach einigen Rückschlägen lernt er schließlich Menschen kennen, auf die er sich verlassen kann. Unter ihnen ist die junge Lucia, die in ärmlichen Verhältnissen lebt und ihre kranke Mutter pflegt. Um sich über Wasser zu halten, muss sie auch zu Mitteln greifen, die nicht in Ordnung sind, dennoch entsteht eine zarte Liebe zwischen ihr und Benjamin, die auf eine harte Probe gestellt wird, als dieser wieder zurück nach Amsterdam gerufen wird.

Zumindest die historischen Romane der Autorin sind bei mir immer gesetzt, erst recht, wenn eine Stadt wie Hamburg einer der zentralen Handlungsorte ist. Ich lebe in der Nähe dieser wunderbaren Stadt und bin immer begierig darauf etwas über die Vergangenheit von Orten zu lernen, in denen ich häufiger verweile.
Zunächst werden wir allerdings wieder nach Amsterdam entführt, denn dort beginnt die Geschichte und Sabine Weiß versteht es direkt wieder Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Die Beschreibungen von Orten faszinieren mich jedes Mal wieder aufs Neue und oftmals habe ich direkt Lust, die Orte zu besuchen, wenn es sie denn heute noch gibt. Sowohl Amsterdam als auch Hamburg wurden wunderbar eingefangen. Mit Nieuw Amsterdam, dem heutigen New York, haben wir allerdings noch einen interessanten, wenn im Umfang auch kleineren, Schauplatz.
Die Themenvielfalt dieses Romanes ist enorm. Es geht natürlich wieder um Architektur. Der Bau des kleinen Michel spielt eine große Rolle, aber auch Bauten in und um Amsterdam. Die Wissenschaft gewinnt an Bedeutung, die Niederlande sind eine wichtige Größe auf den Weltmeeren, es geht um Seeschlachten, Kolonien und Sklavenhandel, die politische Lage jener Zeit ist sehr angespannt, der Adel ist im Niedergang begriffen, Werte wie Freiheit gewinnen an Bedeutung, aber der Weg dorthin ist auch von Rückschlägen geprägt. Für mich war das eine sehr spannende Mischung und ich verstehe das manche Themen nur angerissen werden konnten, dennoch hat mir der Gesamtüberblick, den das Buch gibt, sehr gut gefallen.
Mit den Personen im Roman habe ich mitgefiebert, auch wenn es keine Person gab, die mich so richtig für sich einnehmen konnte. Benjamins Entwicklung hat mir gefallen, ich fand es schön, dass er Fehler machen durfte und aus diesen lernen konnte, obwohl es mir manchmal fast ein bisschen zu einfach ging. Die Liebesgeschichte zu Lucia kam nicht so wirklich bei mir an, insgesamt spielt diese im Gefüge des Romanes keine so große Rolle, was mir wiederum gut gefällt. Ich mochte Lucia und ihre Wissbegierde, insgesamt betrachtet war sie für mich etwas zu blass. Theos Geschichte mit der Seefahrt hat mir gut gefallen. Mit ihm hat man die Weltmeere bereist und interessante Orte kennengelernt. Ich verstehe, warum Sabine Weiß einen bestimmten Weg nicht gegangen ist, hätte es mir allerdings dennoch insgeheim gewünscht. So kennen wir nur die Folgen, wenn man erwischt wird. Insgesamt hat mir der Personenmix sehr gut gefallen, da dieser die Vielfalt der Themen unterstützt hat und man sich so in verschiedene Sichtweisen versetzen konnte.
Der Spannungsbogen war insgesamt gut gewählt, allerdings ging es für mein persönliches Empfinden am Anfang ein bisschen zu langsam und am Ende deutlich zu schnell. Gerade zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und es fiel mir schwer noch richtig zu folgen. So manche Entwicklung war mir fast ein wenig zu leicht. Hier ist es glaube ich recht schwer die richtige Balance zu finden, ohne dass es am Ende dann doch zu dramatisch wirkt, manchmal hätte ich es mir dennoch etwas dramatischer gewünscht.
Das Nachwort der Autorin gibt nochmal einen guten Überblick über den gesamten Roman, seine Themenvielfalt und was das für eine wahnsinnige Recherche bedeutet haben muss. Wer sich weiter informieren will, findet im Nachwort schon einige Lesetipps, kann aber auch auf der Homepage der Autorin noch einiges zu den Hintergründen des Romanes erfahren. Ich werde dort mit Sicherheit vorbeischauen. Ich bin ein Fan von Nachworten. Für mich rückt das die Arbeit, die in so einem Roman steckt, nochmal in den Fokus und steigert meine Wertschätzung dafür.

Fazit: Ein toller Roman über Hamburg und Amsterdam im 17. Jahrhundert, der die wichtigen Ereignisse und Veränderungen wunderbar einfängt und mit einer großen Themenvielfalt aufwartet. Wer historische Romane mit tollen Ortsbeschreibungen liebt und es mag, wenn statt des Adels, Bürger, Kaufleute und Architekten in den Mittelpunkt rücken, ist hier genau richtig. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen Roman, auch wenn der letzte kleine Funke zur totalen Begeisterung gefehlt hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.10.2021

Akram El-Bahay weiß auch diesmal zu überzeugen

Ministry of Souls – Die Schattenarmee
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„Die Schattenarmee“ ist der zweite und finale Band der „Ministry of Souls“-Reihe von Akram El-Bahay, in der ein junger Soulmen, eine Katze und eine Prinzessin den dunklen Plan des Schattenspielers vereiteln ...

„Die Schattenarmee“ ist der zweite und finale Band der „Ministry of Souls“-Reihe von Akram El-Bahay, in der ein junger Soulmen, eine Katze und eine Prinzessin den dunklen Plan des Schattenspielers vereiteln müssen. Erschienen ist der Roman im September 2021 bei Bastei Lübbe.

London, um 1850: Der Kampf gegen den Schattenspieler geht weiter. Nur knapp konnten der Soulman Jack, Prinzessin Naima und Kater Oz fliehen, doch ein Fluch hat Jack getroffen und dieser wird dadurch immer schwächer. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Ra‘s -Al-Chaima, das Königreich der Prinzessin, und hoffen dort eine Lösung zu finden. Doch neue Probleme tauchen auf. Anscheinend zieht der Schattenspieler eine Armee aus dunklen Geschöpfen zusammen und möchte diese aus der Zwischenwelt in die echt Welt bringen. Es bleibt nur noch wenig Zeit, um diesen Plan zu verhindern und dabei brauchen Jack, Naima und Oz jede Hilfe, die sie bekommen können.

Endlich konnte ich die Geschichte rund um die Zwischenwelt, die Soulmen und ein ungewöhnliches Dreier-Gespann weiterlesen. Die Welt, die Akram El-Bahay in der „Ministry of Souls“-Reihe erschaffen hat, ist reich an Fantasie und vielen unterschiedlichen Elementen und gibt einen neuen Einblick in das mögliche Leben nach dem Tod.
Der Schreibstil des Autors zieht einen wie eh und je sofort in seinen Bann. Ich mag die Art, wie er Dinge beschreibt und ich liebe das Lesegefühl, dass bei seinen Geschichten entsteht. Einerseits ist es locker-leicht und liest sich schnell weg, andererseits wird einem auch eine gewisse Tiefe geboten, um über bestimmte Themen nachzudenken. Diesmal wurde das alles noch mit einer ordentlichen Prise Humor versehen, die mir sehr gut gefallen hat.
Der Spannungsbogen hat mir gut gefallen. Immer wieder gibt es einen Schlagabtausch mit dem Schattenspieler, der neue Erkenntnisse zu Tage fördert. Spannende Szenen und kleinere Verschnaufpausen wechseln sich ab, insgesamt steigert sich die Spannung von Begegnung zu Begegnung und am Ende kann man das Buch kaum noch aus den Händen legen.
Die Geschichte spielt zu großen Teilen in der echten Welt und in der Vergangenheit. Dies hat eine neue Art der Recherche vorausgesetzt. Denn die Details mussten stimmen, damit alles ein rundes Gesamtbild ergibt. Die Verbindung der echten Historie mit der Fantasie-Welt ist dem Autor extrem gut gelungen. Wieder einmal schafft es Akram El-Bahay Dinge miteinander zu verbinden, wo man auf den ersten Blick sagen würde, das passt nicht zusammen. Hier trifft ein bisschen echte Historie auf Aberglauben, das Leben nach dem Tod, Katzen und 1001 Nacht.
Mit den Personen im Buch habe ich wieder mitgefiebert und ich wollte unbedingt, dass sie den Kampf gegen den Schattenspieler gewinnen. Allerdings hat mir der Kater Oz, im Gegensatz zu Jack und Naima mein Herz gestohlen. Ich liebe diesen Kater einfach. Er war so bissig, so majestätisch und hat einen Spruch nach dem anderen rausgehauen. Ich mochte sein Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit, wie er Dinge für sich in Anspruch nimmt und dennoch hat man immer gemerkt, dass das Herz am rechten Fleck sitzt. Jack und Naima wirken dagegen etwas blass, dennoch mochte ich auch diese beiden. Jack wirkt zwischendurch weiterhin etwas unbeholfen, wenn es drauf ankommt, ist er aber voll da und handelt im Zweifelsfalle selbstlos, was mir sehr imponiert hat. Die Prinzessin hat eine gewisse Sanftheit an sich und kann Mensch und Tier schnell für sich einnehmen, so dass sie immer wieder vermittelt, wenn sich Jack und Oz mal wieder necken.
Zusatzmaterial gibt es zumindest im ebook nicht. Die Personenanzahl im Buch ist überschaubar und fremde Begriffe werden direkt im Text erklärt. Wer schon andere Bücher von Akram El-Bahay gelesen hat, wird das ein oder andere sicher wiedererkennen und sich besonders darüber freuen aus welcher ungewöhnlichen Bibliothek dieses Buch stammt. Ein kleines Nachwort hätte ich gut gefunden, weil ich glaube, dass man da schon die ein oder andere interessante Information hätte einbringen können, die man jetzt dann nur bei einer Lesung oder durch ein Interview bekommt.

Fazit: Ein weiteres Mal konnte mich Akram El-Bahay für seine Geschichte begeistern. Eine Geschichte, die fantasievoll, märchenhaft und humorvoll ist und diesmal sogar ein bisschen Historie enthält. Okzident trifft auf Orient, echte Welt auf Zwischenwelt und Fantasie trifft auf Aberglauben. Eine wirklich gelungene Mischung, die sich schnell lesen lässt und dennoch Tiefe hat. Wer schon andere Bücher des Autors begeistert gelesen hat, kann hier beruhigt zugreifen.

Veröffentlicht am 05.09.2021

Ein starker Auftakt für die Claim The Stars-Reihe

Skyward - Der Ruf der Sterne
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„Skyward - Der Ruf der Sterne“ ist der erste Teil einer neuen Science-Fiction Trilogie von Brandon Sanderson für Jugendliche, in der es um die 17jährige Spensa geht, deren unbedingter Traum es ist Pilotin ...

„Skyward - Der Ruf der Sterne“ ist der erste Teil einer neuen Science-Fiction Trilogie von Brandon Sanderson für Jugendliche, in der es um die 17jährige Spensa geht, deren unbedingter Traum es ist Pilotin zu werden. Erschienen ist der Roman im August 2021 im Knaur-Verlag.

Die Menschen leben seit Jahrhunderten auf einem fremden Planeten namens Detritus und werden dort von Außerirdischen, die Krell genannt werden, festgehalten. Immer wieder gibt es Auseinandersetzungen, denen sich die unerschrockenen Piloten der DDF stellen. Die jugendliche Spensa möchte auch Pilotin werden, doch die Erreichung ihres Traumes wird vom Ruf ihres Vaters erschwert. Einst lies er in einem Kampf seine Staffelkameraden im Stich und wurde beim Versuch zu fliehen getötet. Trotzdem lässt sie sich nicht unterkriegen und eines Tages bietet sich ihr eine Chance, die sie doch noch hoch hinauf zu den Sternen führen könnte. Sie findet ein altes Raumschiff und beschließt es zu reparieren.

Science-Fiction ist seit letztem Jahr zu meiner neuen Passion geworden. Im Fantasy-Bereich habe ich schon gute Erfahrungen mit Brandon Sanderson gemacht und der Klappentext dieses Buches klang einfach zu spannend, um es nicht zu lesen.
Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen und ich war schnell im Geschehen drin. Die Handlungsorte mit den vielen Höhlen und später der Flugschule konnte ich mir sehr gut vorstellen. Insbesondere die Kämpfe in der Luft haben für viel Adrenalin während des Lesens gesorgt. Die Zeichnungen der Raumschiffe der Krell und der Flugzeuge der DDF haben zur Veranschaulichung der Kämpfe beigetragen.
Der Spannungsbogen ist gut gesetzt und steigert sich immer mehr zum Ende hin. Die Einführung in die Welt von Spensa und den Planeten Detritus macht neugierig und auch im Laufe der Geschichte werden immer wieder neue Erkenntnisse zum Leben auf Detritus, seiner Geschichte und der Flugschule der DDF enthüllt.
Die Zielgruppe dieses Romanes sind ganz klar Jugendliche, ich glaube allerdings, dass hier viele Menschen unabhängig von ihrem Alter Spaß haben werden. Ein bisschen Durchhaltevermögen kann allerdings nicht schaden. Ich bin ingesamt zwar schnell in die Geschichte reingekommen, Spensa und die DDF ging mir allerdings die ersten 30% teilweise sehr auf die Nerven. Hätte man da nicht zwischendurch erahnen können, dass Spensa sich entwickeln wird, dann hätte ich das Buch wohl abgebrochen.
Spensa wurde auf Grund der Flucht ihres Vaters während einer wichtigen Schlacht viele Jahre gehänselt und beleidigt und dementsprechend gemieden und ausgeschlossen. Sie musste sich eine harte Schale zulegen, um hier durchzukommen und insofern verstehe ich ihre Aufmüpfigkeit, Angeberei und ihre Schimpftiraden, die ihre Unsicherheit überdecken sollen. Durch ihre Wut war sie selber allerdings auch nicht in der Lage hinter die Fassade eines Menschen zu blicken. Gerade anfangs hat sie sehr viele Vorurteile in sich, die sie andere auch spüren lässt. Ich war sehr froh als sie begonnen hat, sich zu reflektieren, denn das erfordert viel Mut und auch sonst, lernt sie in diesem ersten Band viel dazu, was ihr sicher dabei helfen wird, die zukünftigen Herausforderungen zu meistern.
Mein Highlight dieses Buches ist allerdings das Raumschiff. Es ist ein kleiner Spoiler, aber ohne diesen kann man die Faszination dieses Buches nur schwer erklären. Das Raumschiff besitzt eine KI mit Persönlichkeitssimulation und diese Persönlichkeit ist einfach so erfrischend. Diese KI ist sehr rational, wie man es erwartet und es können wichtige Berechnungen und sofern vorhanden viel Wissen abgerufen werden, aber diese hier besitzt auch einen sehr trockenen Humor, an dem ich sehr viel Freude hatte.
In diesem Buch wurde eine gute Mischung geschaffen. Es ist spannend, manche Wendungen sind überraschend, anderes wiederum etwas vorhersehbar und es ist eine Geschichte, die von der Mischung der Charaktere lebt. Die Leitung der DDF ist sehr festgefahren in ihrer Meinung und hat dementsprechend harte Regeln zur Aufnahme in ebenjene Pilotenschule aufgestellt. Es gibt den alten Veteranen, der mehr gesehen hat als gut für ihn ist, der sich aber dennoch dazu entschieden hat, den Nachwuchs auszubilden, wenn auch eher auf unkonventionelle Weise und auch die Dynamik in der Flugstaffel Spensas hat mit sehr gefallen. Es gab viel Potenzial für Konflikt, es gab allerdings auch viel Potenzial zum Wachsen und gegenseitig voneinander lernen.

Fazit: Ein starker Auftakt für die Claim the Stars-Reihe von Brandon Sanderson. Eine gute Mischung aus Abenteuer, Spannung und Humor sorgen für kurzweilige Unterhaltung und ziehen einen schnell in ihren Bann. Ich hatte allerdings leichte Startschwierigkeiten mit Spensa und der DDF. Empfehlenswert für alle, die gerne auch mal ein Jugendbuch lesen und unterhaltende Science-Fiction ohne viele wissenschaftliche Erklärungen suchen.

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.05.2021

Am Ende etwas Übertrieben, aber wahnsinnig komplex für 458 Seiten

Singularity
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„Singularity“ von Joshua Tree handelt von der Singularität und der Zukunft der Menschheit. Erschienen ist der Roman im April 2021 bei Fischer Tor.

Ende des 21. Jahrhunderts: Künstliche Intelligenz und ...

„Singularity“ von Joshua Tree handelt von der Singularität und der Zukunft der Menschheit. Erschienen ist der Roman im April 2021 bei Fischer Tor.

Ende des 21. Jahrhunderts: Künstliche Intelligenz und virtuelle Realitäten beherrschen das Leben der Menschen. Doch nicht jeder durfte an dieser Entwicklung teilhaben. Die Menschen sind in Verbesserte und Überflussmenschen unterteilt. Die Verbesserten werden medizinisch bestens versorgt und besitzen eine höhere Intelligenz. Überflussmenschen dienen den Verbesserten als Hausdiener oder leben in Zügen.
James ist einer der Überflüssigen, der für die neue Elite der Menschheit arbeitet und er wird mit einem besonderen Auftrag betraut: Er soll die vor 20 Jahren verschwundene Tochter wiederfinden. Doch dies ist kein normaler Auftrag, denn James muss hierfür eine Simulation betreten.
Adam hingegen ist ein 12jähriger Junge, der in einem Zug lebt. Zusammen mit seiner Mutter wird er von Einsatzort zu Einsatzort gekarrt, doch als die Dienste der Überflüssigen nicht mehr benötigt werden, verwandelt sich sein Leben sehr schnell in einen Albtraum. Sein einziger Hoffnungsschimmer ist sein Vater, der vor vielen Jahren nach New York geflohen ist.
In einer Simulation wird derweil ein Experiment durchgeführt. 100 Klonkörper werden auf den Exoplaneten Proxima B entsendet. Rhea und Phoebes Aufgabe ist es, sich um diese zu kümmern bis sie eines Tages mit Bewusstseinen gefüllt werden. Dies geht auch lange Zeit gut, doch dann verschwindet ein Klon.

Ok, das ist eine ziemlich lange Zusammenfassung für ein Buch, doch dies stellt die drei Handlungsstränge dar, die wir in diesem Buch verfolgen. Ich war sofort Feuer und Flamme für dieses Buch. Die Idee der Singularität finde ich spannend: Die Menschheit erschafft eine Superintelligenz, durch die sie sich selber überflüssig macht. Der Klappentext zeigt schon, dass dieses Ereignis nicht mehr fern sein kann, wenn es da schon Menschen gibt, die als überflüssig eingestuft werden. Ich fand das klang so fies und ich wollte wissen, wie diese Welt aussieht und sich anfühlt.
Das Buch zieht einen direkt mit einem ersten Rätsel in die Geschichte rein, dass man hofft mit dem Weiterlesen lösen zu können. Man bekommt zusätzlich einen ersten Eindruck von der Welt Ende des 21. Jahrhunderts, der in den darauffolgenden Kapiteln gefestigt wird. Joshua Tree hat die heutigen technologischen Entwicklungen konsequent weiter entwickelt und auf die Spitze getrieben, seine Zukunftsvision erscheint für mich damit insgesamt recht schlüssig, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass es zu 100% so eintreffen wird.
Zusammen mit seinem gut lesbaren Schreibstil konnte ich mir die Welt außerordentlich gut vorstellen und ich hatte das ganze Buch über Kopfkino. Der Autor nutzt hier keinen besonders komplizierten Wortschatz. Natürlich geht es an der ein oder anderen Stelle etwas wissenschaftlicher zu, vieles wird aber auch für den Laien verständlich herunter gebrochen. Ein gewisses Interesse an den im Klappentext angedeuteten Themen sollte dennoch nicht fehlen, denn sonst bekommt man glaube ich nicht so glänzende Augen wie ich an so mancher Stelle im Buch.
Den Spannungsbogen wurde gut über den gesamten Verlauf des Buches gespannt. Wir lernen erstmal die Welt kennen, die Weichen für die spätere Entwicklung werden geschickt gelegt, im weiteren Verlauf setzen sich die Puzzleteile immer mehr zu einem Gesamtbild zusammen und am Ende gibt es den Showdown, der alles zu einem recht runden Ende führt, dass mich jedoch nicht 100% überzeugen konnte. Manches war mir zu hart, manches dann doch ein bisschen zu vorhersehbar und es alles wirkte ein wenig übertrieben auf mich.
Der Roman hatte insgesamt viele Themen zu bieten. Einen großen Teil des Buches nehmen Künstliche Intelligenz und Virtuelle Realitäten ein. Es geht aber auch um den Klimawandel, Big Data, Privatsphäre, Genmanipulation, Rationalisierung und noch einiges mehr. Sehr gut gefallen hat mir das durch die drei Handlungsstränge manches von mehreren Seiten betrachtet wurde. Joshua Tree hat eine komplexe Zukunftsvision erschaffen, die philosophische Fragen aufwirft.
Ich habe mit den Personen mitgefiebert, dennoch war da auch eine gewisse Distanz. Der Unterschied zwischen Verbesserten und Überflussmenschen war spannend, diesem Unterschied wohnt allerdings auch etwas Problematisches inne. Ich fand das durch die unterschiedlichen Perspektiven gut gelöst. Hier findet keine einseitige Darstellung statt, sondern man sieht das alles seine Vor- und Nachteile hat.
James ist so ein Überflussmensch. Ich bin seiner Geschichte gerne gefolgt. Er besitzt eine große emotionale Intelligenz und kann Probleme auf eine ganz eigene Weise angehen. Er bildet so ein bisschen das Bindeglied zwischen beiden Welten, da er durch seinen Auftrag und sein Leben bei den Verbesserten viel mitbekommt, von denen andere Überflussmenschen komplett abgeschirmt sind.
Adam ist ein 12jähriger Junge, der in diesem Buch sehr viel ertragen muss. Er ist in einem Zug als Wohnort aufgewachsen, hat sich dennoch eine gesunde Skepsis und viel Mut bewahrt. Das ist nichts für schwache Nerven. Er besitzt einen großen Überlebensinstinkt, der ihn viel aushalten lässt.
Rhea und Phoebe sind zwei Schwestern, die in einer außergewöhnlichen Situation sind. Sie sind Verbesserte, die die Vorteile der modernen Welt zu schätzen wissen, dennoch heißen sie nicht alle Entwicklungen gut.
Stuarts Familie hingegen repräsentiert alles, wofür die neue Welt steht. Stuart Furlong war maßgeblich mit an den Entwicklungen beteiligt und ist einer der reichsten und mächtigsten Menschen der neuen Welt.
Zusatzmaterial gibt es bei diesem Buch nicht wirklich. Die Personenanzahl ist überschaubar, das Nachwort ist kurz gehalten, was ich aber auch ok finde, da alles im Roman schon gut erklärt wird. Die ein oder andere interessante Information zum Buch gibt es eventuell ja auch in dem ein oder anderen Autoreninterview zu entdecken.

Fazit: Ein wahnsinnig komplexes Buch für nur 458 Seiten, dessen Idee und Zukunftsvision mir gut gefallen hat, auch wenn es zum Ende hin etwas übertrieben wurde. Der letzte Funke zum Wow-Effekt hat leider gefehlt. Empfehlenswert für alle, die gerne die Zukunft bereisen und sich für Themen wie künstliche Intelligenz und virtuelle Realitäten interessieren.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Eine Familiensaga wie aus dem Bilderbuch

Der leuchtende Himmel
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„Der leuchtende Himmel“ von Ellin Carsta ist der mittlerweile 7. und vorletzte Band der Hansen-Reihe, in der es um die Kaufmannsfamilie Hansen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei Tinte & ...

„Der leuchtende Himmel“ von Ellin Carsta ist der mittlerweile 7. und vorletzte Band der Hansen-Reihe, in der es um die Kaufmannsfamilie Hansen geht. Erschienen ist der Roman im Februar 2021 bei Tinte & Feder.

Hamburg, 1896: Luise kämpft mit ihren unterschiedlichen Rollen. Einerseits ist sie gerne Geschäftsfrau, doch in letzter Zeit merkt sie immer mehr, dass sie auch mehr Zeit mit ihrer Tochter Viktoria verbringen möchte. Als sie sich endlich dazu durchringt, mehr Zeit für ihre Tochter zu schaffen, überschlagen sich die Ereignisse.
Die Hafenarbeiter sind immer unzufriedener mit den Arbeitsbedingungen und es rumort gewaltig. Auch das Thema Streik ist eine Option. Und auch in Wien kündigen sich einige Veränderungen an als Felix, der das Kontor verwaltet hat, unerwartet stirbt.

Ich muss sagen, dass mich dieser siebte Teil mit so einigen Entwicklungen überraschen konnte. Ich habe sechs Teile gelesen, da war es klar, dass ich diese Reihe auch zu einem Ende bringen möchte. Mittlerweile steht fest, dass dies hier der vorletzte Band ist und die Voraussetzungen für den letzten Teil könnten spannender nicht sein.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir schon von Beginn dieser Reihe an sehr. Man ist sofort drin, man fühlt sich schnell mit den Charakteren verbunden, man kann deren Beweggründe nachvollziehen, auch wenn man selber ganz anders handeln würde. Ellin Carsta ist immer sehr nah an ihren Figuren dran und versteht es dies auch an den Leser zu vermitteln.
Der Spannungsbogen hat für mich in der zweiten Hälfte deutlich zugenommen. Zuerst dachte ich, es wird für mich eher ein mittelmäßiger Teil der Hansen-Reihe sein. Es ist eine Familiensaga und so bedient die Autorin gewisse Klischees, die mir für mein persönliches Empfinden ein bisschen zu viel in der ersten Hälfte des Buches waren. Die Familie Hansen ist die fortschrittliche Familie, sie halten zusammen, sie legen moderne Maßstäbe bei der Beurteilung von Sachverhalten an den Tag. Mich hat zuerst auch genervt, dass in diesem Band Homosexualität wieder eine Rolle spielen wird und das nicht im positiven Sinne. In der zweiten Hälfte dieses Buches hat die Autorin einiges an Überraschungen gepackt, die sowohl positiv als auch negativ waren und die meine Beurteilung dieses siebten Bandes maßgeblich beeinflusst haben.
Mit den Personen im Buch habe ich mitgefiebert, aber diesmal hatte ich keine Person, die besonders hervorgestochen ist. Luise hat mich mit ihrem konsequenten Handeln beeindruckt, Therese und Robert sind sympathisch wie eh und je, waren aber sehr blass in diesem Teil, Florentinus hat in diesem Teil für mich an Kontur gewonnen, die Kinder der Familie Hansen sind alle auf ihre Weise zuckersüß. Die Hafenarbeiter bekommen in diesem Band eine eigene Stimme, was mir sehr gefallen hat, da man dort noch mehr Hamburg rausgehört hat.
Die Hansen-Saga ist in erster Linie Familiensaga, dennoch werden auch historische Themen im kleineren Rahmen eingewoben. Über Briefe oder Zeitungsartikel erfahren wir etwas über die Erfindungen und Fortschritte jener Zeit, erleben die Entwicklungen in den deutschen Kolonien in Afrika mit und bekommen ein Stimmungsbild jener Zeit vermittelt. Für meinen persönlichen Geschmack würde ich mir hier deutlich mehr wünschen, dann müssten die Romane allerdings auch länger sein.
Kamerun ist mir auch dieses Mal wieder zu kurz gekommen. Hamza hat man so gut wie gar nicht gehört. Es gab diesmal glaube ich nur ein oder zwei Kapitel die dort spielen, dabei ist das das Thema, dass mich ursprünglich einmal zu dieser Reihe hat greifen lassen.
Am Ende des Buches gibt es ein kurzes Nachwort zu den historischen Hintergründen und ein Quellenverzeichnis über das man sich tiefergehend mit den Themen aus dem Roman beschäftigen kann.

Fazit: Der siebte Teil kommt etwas langsam in Gange, versteht es aber in der zweiten Hälfte den Leser zu überraschen und neugierig auf den finalen Band der Saga zu machen. Die typischen Klischees des Genres haben die Lesefreude bei mir zu Beginn etwas getrübt. Empfehlenswert ist die Reihe für alle, die typsiche Familiensagas lieben und zu schätzen wissen.

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