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Veröffentlicht am 19.02.2019

Jede Art von Ungewöhnlichkeit wird herausgequetscht

Onkel Stan und Dan und das ungeheuerlich ungewöhnliche Abenteuer
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"Aber inzwischen machten sich alle im Dorf Sorgen wegen der Ungewöhnlichkeit. Keiner von ihnen wusste genau, wann Dr P’Krall in seinem Besenschrank oder Gartenschuppen oder Badezimmer auftauchen und ihm ...

"Aber inzwischen machten sich alle im Dorf Sorgen wegen der Ungewöhnlichkeit. Keiner von ihnen wusste genau, wann Dr P’Krall in seinem Besenschrank oder Gartenschuppen oder Badezimmer auftauchen und ihm ein neues Flugblatt über Ungewöhnlichkeit in die Hand drücken oder einen Vortrag über Ungewöhnlichkeit halten würde.“ (38/39)

Dachs Dan und Onkel Stan sind die besten Freunde. Sie sind fröhlich und leben in einer beschaulichen, aber sehr ungewöhnlichen Welt. Außer ihnen gibt es auch noch ein paar - ebenfalls eher ungewöhnliche - Lamas. Eines Tages stellt Dr P’Krall ihre Welt auf den Kopf, denn er hat sich vorgenommen "jede Art von Ungewöhnlichkeit aus dem Leben herauszuquetschen“. So bringt er Onkel Stan eines Tages in seinem Institut für Hochsicherheit und Heilung von Ungewöhnlichkeit unter und nimmt Dachs Dan damit seinen besten Freund.

So nimmt das Abenteuer seinen Lauf…

Es gibt schon ein weiteres Abenteuer von Stan und Dan, doch dieser Band ist der erste, den ich bisher gelesen habe. Dieser zweite Band scheint durchaus auf dem ersten aufzubauen, man kann ihn aber auch unabhängig davon lesen und verstehen.

Mir gefallen die freche und kreative Sprache, der Wortwitz und die Behäbigkeit des Abenteuers Das Buch ist für Erstleser ab 9 Jahren und ich denke, dass die Altersangabe passt. Die Illustrationen sind nicht zu üppig und alle schwarzweiß und eher einfach gehaltene Strichzeichnungen. Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Inhaltsangabe. Das ist für die junge Leserschaft bestimmt interessant und führt sie an dieses Stilmittel heran.

Wir brauchen längere Geschichten zum Vorlesen im Bett, damit meine Stimme und die Geschichte eine Chance haben, unseren dreijährigen Sohn in den Schlaf zu tragen. So passt er zwar nicht in die Alterszielgruppe, dennoch gefällt ihm das Buch. Es ist fantasievoll und spannend. Tagsüber kann er das Vorgelesene nachspielen.

Veröffentlicht am 21.09.2017

Eine sehr lange, gemächliche Erzählung

Swing Time
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„Es ist ein Leben im Schatten und irgendwann zermürbt einen das.“ (592)

Ein solches Leben führt die Erzählerin des Romans. Als Kind einer Jamaikanerin und eines Engländers fühlt sie sich im London der ...



„Es ist ein Leben im Schatten und irgendwann zermürbt einen das.“ (592)

Ein solches Leben führt die Erzählerin des Romans. Als Kind einer Jamaikanerin und eines Engländers fühlt sie sich im London der 80er Jahre, in dem sie ihre Kindheit verbringt, zwar irgendwie fremd, aber doch auch geborgen. In ihrem Viertel sind viele Familien mit Migrationshintergrund. Man bleibt gewissermaßen unter seinesgleichen und lebt in recht geordneten Bahnen. Ihr Vater ist sehr aufmerksam und freundlich, ihre Mutter lebt für ihren Wunsch nach Emanzipation (nicht nur persönlicher, sondern allgemeiner).
Die Erzählerin ist zwar klug und verfügt über eine gute Beobachtungsgabe, gleichzeitig schwirrt sie aber sehr um sich selbst mit ihren Gedanken und Wahrnehmungen. Sie hat eigentlich nur ein Interesse: Den Tanz. Doch selbst ist sie auf diesem Gebiet nur mittelmäßig begabt und so kann sie nur andere bewundern. Als Kind schließt sie sich einem Mädchen ihrer Ballettgruppe an. Dann wählt sie ohne große Passion einen Studiengang und gerät mehr zufällig in den Job als persönliche Assistentin eines Popstars. Sie betreut das karitative Projekt ihrer Chefin in Afrika mit: Die Gründung einer Mädchenschule. Ein charakterstärkerer Mensch wäre bei dieser Gelegenheit vielleicht auf Identitätssuche gegangen. Sie jedoch treibt nur zehn Jahre an der Seite des Popstars mit, ohne eigene Besonderheiten. Am Ende trifft sie wieder auf das Mädchen aus der Ballettschule.

„Swing Time“ ist ein über 600 Seiten dicker Schmöker, dem teilweise der Rote Faden zu fehlen scheint. Die Story plätschert dahin, die recht persönlichkeitslose Protagonisten nimmt uns mit in ihr Leben, das zwar nicht unbedingt ereignislos ist, aber dennoch sehr unspektakulär.
Das Besondere des Buches liegt wohl gerade in dieser Perspektive. Die namenlose Erzählerin ist ein sehr formbarer, angepasster Mensch. Ein Normalo ohne Ecken und Kanten, der aus seinem Leben erzählt, ohne dabei ein konkretes Erzähl-Ziel zu verfolgen. Nichts an der Geschichte scheint gestrafft oder künstlerisch zurechtgebogen. Aber am Ende fügt sich dann sogar diese scheinbar ziellose Geschichte zu einer runden Sache.

Wer es mag, sich über viele Lesestunden von einer Erzählung tragen lassen, und nicht unbedingt Handlungsstärke braucht, ist mit diesem Roman gut bedient.
Es fließen immer mal wieder interessante Alltagsbeobachtungen und intelligente Kommentare über das Leben ein.

„Was wusste sie schon von den Wellen der Zeit, die eine nach der anderen über uns hinwegrollten? Was wusste sie schon vom Leben als ständig provisorischem, niemals vollständigem Über-Leben dieses Vorgangs?“ (197)

Veröffentlicht am 04.05.2017

Eine bezaubernde Geschichte

Frühling in Paris
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"Ein neues Leben zu beginnen ist nicht leicht, wie jeder bestätigen wird, der es schon einmal ernsthaft versucht hat." (14)

Nachdem ihre Tante Isabelle verstorben ist, erbt die junge Londonerin Louise ...

"Ein neues Leben zu beginnen ist nicht leicht, wie jeder bestätigen wird, der es schon einmal ernsthaft versucht hat." (14)

Nachdem ihre Tante Isabelle verstorben ist, erbt die junge Londonerin Louise nicht nur deren Apartment in der Rue d'Estelle in Paris, sondern auch ihre Bäckerei im Erdgeschoss desselben Hauses. Louise macht sich auf den Weg von England nach Frankreich, um die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Sie beschließt, der alten Bäckerei neues Leben einzuhauchen, indem sie sie als Café neueröffnet. Hierbei lernt sie nicht nur Isabelles alte Freundin Paulette, sondern auch die anderen Bewohner des Hauses näher kennen und lieben. Die verletzte Baletttänzerin Camille, den verwitweten Kioskbesitzer Isaac und den melancholischen und lebensklugen Straßenclown Nicholas.

"Frühling in Paris" ist eine zauberhafte und sehr leichtfüßige Geschichte. Sie fängt den ‚Pariser Flair‘ ganz wunderbar ein - dieses Gefühl, dass das Leben leicht und bedeutungsvoll zugleich ist, dass man von Kunst und Stil in jeder Alltäglichkeit umgeben ist.

Frauenromane schrecken mich häufig ab, da sie oft zu vorhersehbar und zu kitschig sind. Auch in ‚Frühling in Paris‘ ist die Story im Prinzip von Anfang an klar und das Ende wenig überraschend. Und doch gefällt mir dieser Roman sehr gut. Die Sprache ist sehr schön und atmosphärisch, die Protagonisten charmant und liebenswert gezeichnet.

Fiona Blums Romane sind unterhaltsame, zarte Geschichten, die das Leben ein Stückchen besser machen.

"Mit einer entschlossenen Geste packte sie ihren Rollkoffer und ging los. In ihr neues Leben." (15)

Veröffentlicht am 17.04.2017

Ostermitbringsel

Ei, Ei, Ei, was seh ich da?
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„Vielleicht wird alles vielleichter."

Dieser und weitere lustige Postkartensprüche finden sich in dem hübsch aufbereiteten Osterbüchlein "Ei, Ei, Ei, was seh ich das?".

Je eine Doppelseite wird für einen ...

„Vielleicht wird alles vielleichter."

Dieser und weitere lustige Postkartensprüche finden sich in dem hübsch aufbereiteten Osterbüchlein "Ei, Ei, Ei, was seh ich das?".

Je eine Doppelseite wird für einen Spruch mit dazu passendem Foto verwendet. Auf den Fotos tümmeln sich charmant in Szene gesetzte Ostereier.

Die Sprüche haben nicht unbedingt Ostern zum Thema, die Fotos setzen aber die Sprüche immer österlich um.

Das Layout des Büchleins ist klasse. Es ist witzig und es macht Spaß es durchzublättern. Man kann es in die Osterdeko stellen und als kleines Mitbringsel verwenden. Als Zielgruppe sehe ich hier Leute im Alter von 20 bis 40.

Wie viele hübsche Geschenkbücher zu Ostern gibt es? Für die Adventszeit gibt es etliche... Ich finde "Ei, Ei, Ei, was seh ich da?" bezaubernd. Es ist modern, witzig und hübsch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover "Ei, Ei, Ei, was seh ich da?"
  • Cover "Blütenpracht und Schmetterlingszauber"
  • Unterhaltungswert der Box
  • Bastelspaß
  • Ausführen der Aufgaben
  • Für Kinder geeignet
  • Zeit für die Diskussion
Veröffentlicht am 17.03.2017

Marx im Hosentaschenformat

MARX to go
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„Diese Sammlung kann die Marx-Lektüre nicht ersetzen, aber sie kann schlagartig in die Zentren seines Denkens führen.“ (5)

Bei Aphorismen- und Zitatesammlungen neigt man doch irgendwie dazu, das Buch ...

„Diese Sammlung kann die Marx-Lektüre nicht ersetzen, aber sie kann schlagartig in die Zentren seines Denkens führen.“ (5)

Bei Aphorismen- und Zitatesammlungen neigt man doch irgendwie dazu, das Buch aufs Geratewohl aufzuschlagen und hier und da etwas aufzuschnappen. Oder? Mir zumindest geht es so. Und zumindest von Layout und Struktur her, bietet diese Vorgehensweise sich auch bei "Marx to go" an. Die Zitate sind in sieben Themenbereiche aufgeteilt und das Layout ist sehr modern, irgendwie "popig". Auf jeden Fall sind die großen und variabel eingesetzten Schriften Eyecatcher und eine tolle Idee für eine Zitatesammlung.

Allerdings scheinen mir Marx' Aussagen dann doch etwas zu sperrig zu sein, um für ein knackiges Zitatebüchlein problemlos aneinanderreihbar zu sein. Ja, man gerät direkt in die Zentren seines Denken - ohne Vorwissen ist dies allerdings auch die Schwierigkeit, die man als Leser mit den losgelösten Zitaten von Karl Marx hat. Sie stehen teilweise etwas verloren da, sie sind sehr speziell, ihnen fehlt die Allgemeingültigkeit.
Aber man bekommt Lust, eine ausführliche Marx Lektüre anzuschließen und dann noch einmal dieses Heft zur Hand zu nehmen und zu durchstöbern.

Und dafür, dass Marx nur schwerlich in eine Zitatesammlung passt, wurde in dieser Auswahl ganze Arbeit geleistet. Deshalb und weil mir Layout und Format so gut gefallen, gibt es vier Sterne. Ein schönes, für Interessierte sehr empfehlenswertes Büchlein.