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Veröffentlicht am 31.08.2021

Sehr derb und dennoch überraschend fesselnd

Boston Belles - Hunter
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Sailor Brennan arbeitet schon seit Jahren sehr hart für ihren großen Traum: Sie möchte um jeden Preis als Bogenschützin bei den olympischen Spielen antreten. Talent, Kampfgeist und Disziplin bringt sie ...

Sailor Brennan arbeitet schon seit Jahren sehr hart für ihren großen Traum: Sie möchte um jeden Preis als Bogenschützin bei den olympischen Spielen antreten. Talent, Kampfgeist und Disziplin bringt sie dafür bereits mit, es mangelt ihr jedoch an finanziellen Mitteln bzw. einem großen Sponsor, um auch in den Medien die Werbetrommel für sich zu rühren. Als ihr das Angebot unterbreitet wird, für die kommenden 6 Monate auf den Milliardärssohn und zukünftigen Erben Hunter Fitzpatrick aufzupassen und dafür zu sorgen, dass er in keinen Skandal verwickelt wird, nimmt sie dieses nur zähneknirschend an. Denn Hunter ist ein unverbesserlicher Playboy, sexuell enthemmt und hat sich in den Kopf gesetzt, Sailor ins Bett zu bekommen…

„Boston Belles – Hunter“ ist Teil eins einer neuen Buchreihe von L.J. Shen. Ich kannte die Autorin bisher nicht und war durch das hübsche, fast liebliche Cover auf das Buch aufmerksam geworden. Das liebreizende Cover ist aber irreführend: Es handelt sich bei diesem Buch um keinen sanften Liebesroman, sondern einen eher derben, manchmal sehr obszönen New Adult Roman. Auch der Klappentext gibt dies meines Achtens nicht ausreichend wieder.

Die Protagonisten Sailor und Hunter sind in dieser Geschichte noch sehr jung (18 und 19 Jahre) und verhalten sich, vor allem in sexueller Hinsicht, sehr pubertär. Zärtliche Liebe und romantische Momente bleiben nahezu gänzlich aus. Die Beziehung zwischen den beiden ist sehr harsch, voller Dominanzgehabe und Kampfeslust. Das wirkte auf mich teilweise leidenschaftlich, oft empfand ich die gegenseitigen Handlungen aber als fast brutal. Der Sprachstil ist dem derben Ton der Geschichte angepasst und war mir persönlich zu oft zu vulgär. Davon abgesehen ist er aber sehr leicht und lebhaft, sodass die Seiten nur so dahinfliegen. Die Geschichte wird aus der wechselnden Perspektive von Hunter und Sailor dargestellt, was mir sehr gut gefallen hat. Hierbei hätte ich mir allerdings in Sailors Abschnitten einen deutlicheren Unterschied im Sprachduktus zu Hunter gewünscht. Auch bei ihr wird z.B. das Wort „ficken“ inflationär verwendet. Beim Lesen habe ich mich ob der Obszönität oft fremdgeschämt und den Sprachstil als extrem gewöhnungsbedürftig empfunden.

Nichtsdestotrotz hat mich die Rahmenhandlung, die mit mehreren Geheimnissen sehr spannungsgeladen war, ab Seite 1 in den Bann gezogen und ich konnte das Buch trotz all meiner Kritikpunkte kaum aus der Hand legen. Auch die bei Hunter immer wieder durchblitzende „echte“ Persönlichkeit hat mich – wie auch Sailor – so süchtig gemacht, dass ich bei all der Derbheit die Augen zukniff, um herauszufinden wie es weiter geht. Auch die Figur von Sailor hat mich sehr angesprochen, denn sie hat - egal welcher Person gegenüber - immer ihre Meinung vertreten und sich stets für ihre Lieben eingesetzt.

Auch, wenn zuletzt einige Fragen nicht beantwortet wurden und die Geschichte und Handlungen für mich sehr unrealistisch erschienen, - so habe ich zum Beispiel SPOILER nicht nachvollziehen können wie Sailor nach Jahren der Entbehrung und des Kampfes mal eben so ihren großen Traum aufgeben konnte SPOILERende, so hat mich dieses New Adult "Märchen" doch sehr gut unterhalten. Allerdings empfinde ich 14 Euro für das Printexemplar in Anbetracht der Einfachheit der Gesamtkonstruktion als etwas überteuert. Das Preis-Leistungsverhältnis könnte für mich ausgewogener sein. Dennoch bin ich überraschenderweise schon jetzt sehr neugierig auf die Fortsetzungen!

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Zwiegespalten

Dich hab ich nicht kommen sehen
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Mari wagt nach einer Fehlgeburt einen kompletten Neuanfang: neuer Job als Anwältin in einer großen Kanzlei, neue Wohnung zum Einigeln und neue Stadt zum Untertauchen. Direkt bei der ersten Wohnungsbesichtigung ...

Mari wagt nach einer Fehlgeburt einen kompletten Neuanfang: neuer Job als Anwältin in einer großen Kanzlei, neue Wohnung zum Einigeln und neue Stadt zum Untertauchen. Direkt bei der ersten Wohnungsbesichtigung findet sie nicht nur eine Bleibe, sondern trifft auch auf den ungewöhnlichen Vermieter Tom. Eigentlich möchte Mari nur ihre Ruhe haben, doch Tom lässt nicht locker und integriert sie in seine Familie, die vermutlich chaotischste, zugleich aber auch herzigste Familie Berlins. Nur aus seinem Schwager Leo wird Mari nicht schlau, denn er bringt sie regelmäßig aus der Fassung…

„Dich hab ich nicht kommen sehen“ ist der Debütroman von Nina Resinek. In seiner Art ist er sehr speziell, verschroben und schräg. Dabei bleibt er aber stets fantasievoll und unterhaltsam. Die Figuren sind kauzig und wirken sehr authentisch. Jeder Charakter hat seinen eigenen Spleen, wodurch man ihn sofort in sein Herz schließt. Insbesondere Maris Gabe, neue unsichtbare Tierfreunde für den kleinen Toby zu finden, ist großartig. Die Geschichte birgt viele anrührende/herzige, aber auch urkomische Momente, da man Maris zum Teil sehr schnell hin und herspringenden Gedankengängen folgt. Schon lange habe ich nicht mehr so sehr bei einem Roman gelacht. Auch das Knistern zwischen Leo und Mari und ihre beginnende Liebesromanze mit zunächst noch sehr vielen offenen Fragen ist sehr unterhaltsam. Nach 2/3 des Romans habe ich jedoch einen deutlichen „Cut“ empfunden. Die Geschichte war fortan doch sehr abstrus und rief bei mir keine Belustigung oder Lacher mehr hervor. Zudem verändert sich die Hauptfigur Mari in eine biestige Art und Weise, die ich nicht wohlwollend betrachten konnte. Ferner wird sie als plötzlich sehr tough dargestellt. Eine wünschenswerte Veränderung, die ich aber leider nicht nachvollziehen konnte, da sie von jetzt auf gleich erfolgte. Zuletzt fokussierte sich der Inhalt auch sehr auf ihre vermeintliche Essstörung, die dennoch nicht hinreichend thematisiert wurde, denn bis zuletzt war mir unklar, ob sie einfach dünn/dürr ist oder tatsächlich magersüchtig. Das Ende hinterließ hiermit bei mir leider sehr viele offene Fragen und stieß mich mit seiner bissigen, fast bösartigen Absurdität fast ab. Somit setzt sich für mich das letzte Drittel deutlich von den sehr gelungenen vorherigen 2/3 des Buches ab. Schade!

Der Sprachstil ist erfrischend und vielfältig. Die Geschichte strotzt vor Anekdoten, Vergleichen und ulkigen Formulierungen, was mir sehr gut gefallen hat.

Insgesamt ein ungewöhnlicher, skurriler Liebesroman mit schrägen, dafür aber umso liebenswerteren Charakteren. Leider konnte mich der doch sehr abstruse finale Part nicht überzeugen, weshalb ich etwas zwiegespalten zurückbleibe. Aufgrund des sehr erfrischenden und einzigartigen Sprachstils freue ich mich aber schon jetzt auf einen weiteren Roman von Nina Resinek!

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Veröffentlicht am 13.07.2021

Tropische Mörderjagd auf Jamaika

Rum oder Ehre
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Martin Störtebäcker ist 72 Jahre alt und lebt in Flensburg. Als Ausrichter von Piratenkindergeburtstagsfesten und enthusiastischer Rum-Connaisseur wird er von seinen Freunden liebevoll „Käpt’n“ genannt. ...

Martin Störtebäcker ist 72 Jahre alt und lebt in Flensburg. Als Ausrichter von Piratenkindergeburtstagsfesten und enthusiastischer Rum-Connaisseur wird er von seinen Freunden liebevoll „Käpt’n“ genannt. Als sein bester Freund Lasse verstirbt, hinterlässt ihm dieser eine Aufgabe: Nach Jamaika zu reisen und seinen seit 20 Jahren verschollenen Bruder Christian finden. Doch die tropische Insel ist nicht so paradiesisch wie erträumt. Schon nach ersten Nachforschungen kommt es zu einem Mord und der Käpt’n gerät nicht nur in den Fokus der polizeilichen Mordermittlungen, sondern auch in das Visier eines kaltblütigen Mörders...

„Rum oder Ehre“ ist der neue kulinarische Kriminalroman von Carsten Sebastian Henn. Der Name ist Programm, denn bei den Mordermittlungen dreht sich alles rund um Rum, seine Herstellung, Verkostung und Vertrieb sowie die Insel Jamaika.

Inhaltlich ist die Geschichte sehr ausgewogen zwischen Mordfall und -ermittlung sowie Hintergrundinformationen zu Rum und Jamaika. Die vielen Fakten werden interessant aufbereitet und neben Einflechtungen in Dialoge auch im Rahmen von Newslettern wiedergegeben, die von Martins Freund Lasse für das Flensburger Museum erstellt wurden. Im Anhang finden sich noch ein Rum-Glossar sowie einige Rezepte. Ich habe hierdurch viel dazu gelernt und noch einmal einen ganz neuen Einblick in die Herstellung des Getränks bekommen. Auch die jamaikanische Kultur wird im Roman durch Beschreibungen und Dialoge umrissen. Durch Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten hat sich bei mir direkt Urlaubsstimmung eingestellt.

Der Mordfall und Martins Suche nach seinem Bruder sind spannend und nehmen zum Ende hin ordentlich Fahrt auf. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Martin als auch der ermittelnden Kommissarin wiedergegeben. Intermittierend gibt es Tagebucheinträge von Martins Bruder Christian, die nur dem Leser zur Verfügung stehen und geschickt weitere Informationen zum Rätseln vermitteln. Darüber hinaus finden sich die bereits angesprochenen Newsletter für das Flensburger Museum von Martins Freund Lasse, die Hintergrundinformationen zum Rum liefern. Die Hauptfigur Martin ist sehr eigenbrötlerisch, bodenständig, reserviert („typisch“ norddeutsch), aber auch sehr ehrlich und freundlich. Er verleiht der Geschichte noch einmal einen ganz eigenen Charakter. Mit der quirligen Taxifahrerin Babe an seiner Seite wird es darüber hinaus auch nicht langweilig. Dennoch plätschert die Geschichte im Verlauf immer mal wieder etwas vor sich hin, was einerseits durch den stoischen Charakter des Protagonisten Martin und andererseits durch das gelassene Flair der Jamaikaner hervorgerufen wird. Dies bewirkte bei mir einerseits eine tiefe Entspannung, die ich sehr begrüßt habe, andererseits fehlte mir hierdurch partiell das angekündigte rasante Katz-und-Maus-Spiel, das für mich erst zum Ende hin erkennbar und spürbar wurde. Das Finale selbst ist überraschend und kam für mich sehr unerwartet. Das hat mich sehr erfreut, denn ich empfinde es als langweilig, wenn sich der Mörder in Kriminalromanen zu schnell abzeichnet. Ich konnte viel miträtseln und Vermutungen anstellen.

Der Sprachduktus ist angenehm, flüssig und humorvoll. Allerdings habe ich insbesondere zu Beginn und im Rahmen der Tagebucheinträge von Martins Bruder den norddeutschen Dialekt als zu gesetzt und damit zu gewollt empfunden. Das hat mich vor allem zu Beginn sehr gestört, wirkte es auf mich einfach unecht und gestelzt. Grundsätzlich ließ sich der Roman aber leicht und schnell lesen.

Fazit: Insgesamt bietet „Rum oder Ehre“ einen unterhaltsamen und humorvollen kulinarischen Kriminalroman, dessen Name Programm ist. Durch die eigensinnigen Charaktere bleibt er stets kurzweilig und endet mit einem überraschenden Finale.

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Veröffentlicht am 05.07.2021

Sabbatical im Perigord

Trüffelgold
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Nachdem ihre Großmutter verstorben ist, nimmt sich die Pariser Kommissarin Marie Mercier ein Sabbatical und tritt ihr Erbe an, das unter anderem das Haus im malerischen Saint-André-du-Périgord beinhaltet. ...

Nachdem ihre Großmutter verstorben ist, nimmt sich die Pariser Kommissarin Marie Mercier ein Sabbatical und tritt ihr Erbe an, das unter anderem das Haus im malerischen Saint-André-du-Périgord beinhaltet. Hier hat sie jahrelang ihre Sommerferien verbracht und denkt gerne an unbeschwerte Tage der Kindheit zurück. Doch ein grausamer Mord trübt das Schwelgen in Erinnerungen. Das Opfer aus Bordeaux hatte eine Liaison mit ihrer Freundin und Dorfschönheit Helene. Natürlich kann Marie unter diesen Umständen nicht die Finger still lassen und stellt, sehr zum Unmut des Kommissars Leblanc, auf eigene Faust Ermittlungen an.

„Trüffelgold“ ist Band 1 einer neuen Krimi-Reihe rund um die Kommissarin Marie Mercier von Julie Dubois. Der Kriminalroman ordnet sich in der Sparte „Cosy-Crime“ ein und spielt im Perigord.

Das Setting ist idyllisch und die Figuren sind alle sehr herzig, sodass man sehr schnell mit ihnen warm wird. Insbesondere Maries Großtante Léonie und ihr Familienfreund Georges sind sehr süß und kämpfen für ihre Liebsten. Auch die sehr herzliche und familiäre Verbindung zwischen Marie und Léonie ist sehr bezaubernd. Ihre gemeinsamen Kochaktionen nehmen verhältnismäßig viel Raum ein, was mich aber nicht gestört hat, da sie den Wohlfühlanteil des Buches unterstützen. Darüber hinaus ist der Sprachduktus durchgehend angenehm und flüssig. Der Roman liest sich hierdurch schnell weg.

Leider fehlt es den Figuren und auch der Geschichte meiner Meinung nach jedoch an Tiefe. Somit verbleibt der Roman eher oberflächlich unterhaltend. Auch Spannung im Mordfall bleibt leider aus. Hierbei meine ich nicht, dass ich mir blutrünstige Schilderungen des Mordes etc. gewünscht hätte, sondern dass die Ermittlungen und Aktionen mehr Fahrt aufnehmen. Die Geschichte plätschert jedoch bis zum Ende vor sich hin, sodass der Kriminalroman für mich insgesamt mehr Roman als Krimi darstellt. Das ans Buch gefesselt sein und unbedingt herausfinden und miträtseln wollen, wer der Mörder ist, hat sich bei mir hierdurch leider nicht eingestellt.

Insgesamt ist dies ein unterhaltsamer und netter Roman, bei dem der Kriminalanteil mit Spannung und Faszination jedoch recht kurz kommt. Nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt und ein paar entspannte Stunden genossen. Ich bin zudem neugierig, wie es mit Marie Mercier weiter gehen wird, da hier eine Reihe angekündigt wurde.

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Veröffentlicht am 23.03.2021

Durch die Nacht und alle Zeiten

Durch die Nacht und alle Zeiten
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Die 16-Jährige Lori besucht mit ihrer Familie das alljährliche Reenactment eines Feldzugs der Napoleonischen Kriege am Rhein in Deutschland. Im Gegensatz zu ihren Eltern ist sie jedoch nicht allzu begeistert ...

Die 16-Jährige Lori besucht mit ihrer Familie das alljährliche Reenactment eines Feldzugs der Napoleonischen Kriege am Rhein in Deutschland. Im Gegensatz zu ihren Eltern ist sie jedoch nicht allzu begeistert von der authentischen Kostümierung und Nachstellung der geschichtlichen Ereignisse, sodass sie einen Spaziergang in den nahe gelegenen Wald macht. Dort wird sie plötzlich von einem heftigen Gewitter überrascht und verliert im Gewittersturm das Bewusstsein. Als sie wieder erwacht, ist es mitten in der Nacht. Auf dem Heimweg begegnet sie dem Engländer Thomas, der ebenfalls historisch kostümiert zu sein scheint. Wegen seiner Ernsthaftigkeit und altmodischen Formulierungen hält Lori ihn allerdings für einen Spinner. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass Thomas aus dem Jahr 1813 kommt und ungewollt eine Zeitreise gemacht haben muss. Lori nimmt sich seiner an und schon bald merken die beiden, dass Thomas unbedingt ins Jahr 1813 zurückfinden muss – denn in der gegenwärtigen Zeit gibt es plötzlich viele ungewollte Veränderungen. Die beiden begeben sich daher auf die Suche nach einer Möglichkeit, Thomas so schnell wie möglich in der Zeit zurückzusenden. Wenn da nur nicht die aufkeimenden Gefühle füreinander wären…

ACHTUNG Spoiler!

„Durch die Nacht und alle Zeiten“ ist der neue Jugendroman von Eva Völler. Die Geschichte ist anrührend und märchenhaft. Gleichzeitig gibt es einen sich fortwährend verändernden und weiterentwickelnden Handlungsstrang, sodass ein angenehmer Spannungsbogen entsteht. Durch die ständig neuen Impulse verbleibt der Roman sehr kurzweilig. Insbesondere durch Thomas Anwesenheit im 21. Jahrhundert kommt es zu Veränderungen, die Lori und Thomas unbedingt rückgängig machen wollen. Als ihnen der Zeitsprung gelingt, aber Lori versehentlich mit ins Jahr 1813 reist, ist das Chaos perfekt. Die Beschreibungen der Begebenheiten im 19. Jahrhundert sind gelungen und authentisch. Ausgesprochen gut hat mir die Kombination des historischen Hintergrunds der Napoleonischen Kriege mit den Sagen rund die Loreley gefallen.

Die Romanfiguren sind gut ausgearbeitet, wobei ich mir gewünscht hätte, über Lori noch mehr zu erfahren, um die besser einschätzen zu können, bevor die rasante Reise losgeht. Meine Lieblingsfigur ist Thomas, der – ganz englischer Gentleman – mit vielen guten Charaktereigenschaften ausgestattet ist. So beschützt er Lori und stellt sich im Angesicht ihrer Feinde stets schützend vor sie oder rettet sie aus brenzligen Situationen. Zwischen Lori und Thomas herrscht von Beginn an ein Knistern, wodurch es immer wieder zu zauberhaften und süßen Momenten kommt, die einen Schmachten lassen. Die französischen Gegenspieler rund um Montignac sind ebenfalls gut getroffen. Die Motivation der Franzosen, Thomas und Lori aufzuhalten, um eigenen Ruhm zu erlangen, ist für mich zwar persönlich nicht nachvollziehbar, für die damalige Zeit aber glaubhaft. Dass Hugo zuletzt einen Sinneswandel durchmacht und sich auf „die gute Seite“ schlägt, habe ich als sehr sympathisch empfunden.

Der Sprachstil ist grundsätzlich locker und bildhaft. Zu Beginn hat mir das gut gefallen, da der Kontrast zu Thomas' Ausdrucksweise noch verstärkt wurde. Insgesamt habe ich den Sprachstil jedoch als zu salopp empfunden, auch wenn er an die Zielgruppe angepasst ist, und war davon etwas ernüchtert. Denn hierdurch wurde bei mir leider eine Distanz zur Protagonistin Lori generiert, die verhinderte, dass mich die Geschichte so intensiv und allumfassend vereinnahmt, wie ich es mir erhofft und erwartet hatte. Allerdings unterstützte der lockere Sprachstil den jugendlichen Charakter des Romans.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Durch die Nacht und alle Zeiten“ um einen unterhaltsamen und fantasievollen Jugendroman. Auch wenn ich den jugendlichen Sprachstil partiell als zäh empfunden habe, bietet der Roman ein nettes und charmantes Märchen für eine kurze Auszeit vom Alltag.

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