Profilbild von engineerwife

engineerwife

Lesejury Star
offline

engineerwife ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit engineerwife über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.04.2021

Zwischen Fantasie und Wirklichkeit ...

Ein Teelöffel Land und Meer
0

Das elfjährige Mädchen Saba muss einen herben Verlust einstecken, so ist es dann auch kein Wunder, dass sie sich zeitweise in ihre Fantasiewelt zurückzieht, in der sie ihre Schwester und Mutter mit einbezieht. ...

Das elfjährige Mädchen Saba muss einen herben Verlust einstecken, so ist es dann auch kein Wunder, dass sie sich zeitweise in ihre Fantasiewelt zurückzieht, in der sie ihre Schwester und Mutter mit einbezieht. Das wahre tägliche Leben spielt sich für sie in dem kleinen abgelegenen Dorf Cheshmeh im Iran ab. Das Dorfleben ist geprägt von kulturellen Handlungsweisen, Regeln und Pflichten. Nachdem sie dort mit ihrer Zwillingsschwester Mathab eine gemeinsame Kindheit erleben durfte, werden sie durch ein schweres Schicksal voneinander getrennt. Die zudem verschwundene Mutter der beiden Mädchenmacht ihren Mann dadurch zum alleinerziehenden Vater der kleinen Saba.

Saba wächst in der großen Gemeinschaft des Dorfes und ihren Freunden Raza und Poneeh auf. Eine Vielzahl unterschiedlicher "Ziehmütter" vermitteln ihr die unterschiedlichsten Prägungen und Unterstützungen. Doch immer wieder zieht sie sich in ihre Fantasiewelt zurück. Sie ist sehr wissbegierig und liebt amerikanische Literatur und Filme, die sie sich heimlich und illegal auf dem Markt beschafft. Diese Leidenschaft lässt sie wenigstens gedanklich in die Ferne reisen und bestimmt bald ihre Gedanken. Immer wieder kreisen ihre Fantasien um den Verbleib von Mutter und Schwester. Mit ihrem blühenden Vorstellungsvermögen malt sie sich für die Beiden ein Leben in einem Amerika aus, welches durch Freiheit und Wohlstand geprägt ist.

Als Saba schließlich ins heiratsfähige Alter kommt, wird sie mit einem sehr viel älteren, wohlhabenden Mann zwangsverheiratet. An ihrem Traum, irgendwann auch im großen freien Amerika leben zu können will sie jedoch nicht aufgeben. Schließlich kommt alles anders …

Trotz aller negativen Aspekte wird der Iran, seine Kultur, seine Natur und Gesellschaft, der Familienzusammenhalt, die Gastfreundschaft mit so viel Herzenswärme geschildert, dass das Buch aber auch eine starke Wärme ausstrahlt. Durch dieses Buch taucht man als Leser bzw. Hörer in eine bunte, vielschichtige orientalische Welt ein, die man förmlich riechen, spüren und schmecken kann.

Einen Stern in meiner Bewertung jedoch ab, da die detailreiche Erzählweise leider manche Längen aufweist, was den an sich gekonnt gezogenen Spannungsbogen teilweise unnötig in die Länge zieht. Dennoch ein wunderbarer Einblick in eine uns Deutschen eher fremde Welt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2021

Nur wer schweigt, hört das Flüstern der Natur ....

Das Flüstern der Bienen
0

Gleich zu Anfang möchte ich sagen, dass ich schon lange kein Buch mehr mit einem solch ansprechenden und frischen Cover gesehen habe. Das allein hat schon Lust auf den Roman gemacht.

Durch die Zeitsprünge ...

Gleich zu Anfang möchte ich sagen, dass ich schon lange kein Buch mehr mit einem solch ansprechenden und frischen Cover gesehen habe. Das allein hat schon Lust auf den Roman gemacht.

Durch die Zeitsprünge und den manchmal etwas ausufernden Erzählstil war es anfangs nicht ganz einfach in die Geschichte reinzufinden, die in der kleinen Stadt Linares im Mexiko vor guten hundert Jahren ihren Anfang nahm. Aber einmal drin, will man nicht mehr aufhören. Der generationsübergreifende Roman liest sich fast wie ein modernes Märchen in dem Simonopio, der kleine Bienenjunge mit der Hasenscharte und der „kleine Francisco“ die Hauptrolle spielen. Francisco ist das Nesthäkchen der Familie Morales und bald schon verbindet ihn eine besondere Freundschaft mit Simonopio, der wie ein zweiter Sohn in der Familie aufgenommen wurde und dennoch bald ein Eigenleben entwickelt, in das er sich immer wieder zurückzieht.

Der Roman der mexikanischen Autorin Sofía Segovia erzählt eine besondere Geschichte. Trotz kleinerer Schwächen hat mich „Das Flüstern der Bienen“ gut unterhalten und ich vergebe wohlverdiente vier von fünf Sternen.

Eine kleine Anmerkung in eigener Regie … die Betonung der Spanischen Grippe im Klappentext, die in dem Roman tatsächlich vorkommt, aber nicht das Hauptthema ist, wurde in meinen Augen Corona bedingt und marketingtechnisch besonders hervorgehoben. Aber sei’s drum, wenn dadurch ein paar mehr Bücher verkauft werden, ist das ja nicht verkehrt …

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.03.2021

Als der Rundfunk laufen lernte ...

Radio Girls
0

Noch längst ist nicht wieder alles beim Alten im London des Jahres 1926 doch der schreckliche große Krieg ist Geschichte und es scheint aufwärtszugehen. So zumindest für die junge Maisie, die das unverschämte ...

Noch längst ist nicht wieder alles beim Alten im London des Jahres 1926 doch der schreckliche große Krieg ist Geschichte und es scheint aufwärtszugehen. So zumindest für die junge Maisie, die das unverschämte Glück hat, einen Job beim frisch gegründeten Radiosender BBC zu ergattern. Vor Aufregung aber vor allem Nervosität fast umkommend, wagt sie diesen großen Schritt und wird schließlich zweite Sekretärin des obersten Chefs aber gleichzeitig auch Assistentin der fortschrittlichen und emanzipierten Hilda Matheson. Hilda nimmt sie unter ihre Fittiche und bindet sie ein in das neu aus dem Boden gestampfte Talk Programm, zu dem die interessantesten Personen eingeladen werden. Maisie, die erst nur im Hintergrund agiert, stößt im Laufe der Monate schließlich auf einen Skandal, der weite internationale Kreise zieht und sie schließlich sogar in Lebensgefahr bringt …
Wie so oft bei historischen Romanen mit realem Hintergrund ertappte ich mich auch diesmal oft dabei, nicht die Finger von der Tastatur lassen zu können und im Internet nach weiteren Informationen zu recherchieren. Es muss schon unglaublich gewesen sein damals, als der neue Rundfunk den Printmedien Konkurrenz machte. Es waren spannende, aber auch schwierige Zeiten, da längst nicht alles gesendet durfte. Hilda und schließlich auch Maisie stießen oft auf Widerstände. Eine Frau in einer Führungsposition war durchaus noch ungewöhnlich und brachte schnell den einen oder anderen vor allem männlichen Neider hervor.
Gut gefallen im Roman hat mir die Entwicklung der jungen Maisie, die sich von einer kleinen grauen Maus zu einer selbstbewussten, sogar politisch engagierten Frau aufblühte. Die Autorin hat hier wirklich ganze Arbeit geleistet, denn für mich wirkte diese Entwicklung an keiner Stelle überzogen oder unrealistisch. Zugegeben, man muss sich in den Roman einlesen, bis er einem ans Herz wächst und über gewisse Längen hinwegsehen. Mich hat er dennoch gefesselt und verdient in meinen Augen vier von fünf soliden Sternen. Ein absolut interessanter Einblick in die Anfänge der großen BBC!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.03.2021

August möchte einfach nur ein normaler Junge sein ...

Wunder
0

Eigentlich sind Jugendbücher nicht so meine Welt, doch an diesem Buch kommt man fast nicht vorbei. In „Wunder“ geht es um August, einen aufgeweckten, klugen und humorvollen Jungen, der langsam in die Pubertät ...

Eigentlich sind Jugendbücher nicht so meine Welt, doch an diesem Buch kommt man fast nicht vorbei. In „Wunder“ geht es um August, einen aufgeweckten, klugen und humorvollen Jungen, der langsam in die Pubertät hineinwächst. So weit so gut, sollte man denken. Doch August weiß, wie er auf Andere wirkt, besonders auf diese neuen – seine ersten – Klassenkameraden. Durch einen genetischen Defekt ist Augusts Gesicht von Geburt an deformiert. Bislang kannte er nur seine vertraute Umgebung, vor allem den Kreis seiner liebevollen und ihn schützenden Familie. Doch in der realen Welt merkt er bald, wie er angestarrt wird. Die Mitschüler sind anfangs irritiert von seinem Äußeren, reden zwar - aber nicht mit, sondern über ihn - und haben Scheu, sich näher mit ihm einzulassen. Er wird von den meisten seiner Mitschüler gemieden, denn es gehört Mut dazu, zu dem Anderssein zu stehen. So verbünden sich dann schließlich die coolen Kids gegen ihn mit einem grausamen Spiel: wer August versehentlich berührt, bekommt die Pest ...
Man fühlt sich als erwachsener Leser dieses Jugendbuchs förmlich rot werden, als sich schließlich einige Eltern einmischen und versuchen, die Versetzung Augusts in eine andere Schule zu erwirken. Ich wünsche mir noch viele Leser für dieses wunderbare Buch, dass uns den Spiegel vorhält und uns dazu animiert sich über Äußerlichkeiten hinweg zu setzen und den Menschen nach seinen inneren Werten zu beurteilen. Wer bestimmt eigentlich, was normal ist und was nicht?
Für mich ist es ein klarer Kandidat für die Schullektüre, auf dass aus unseren Kindern starke Persönlichkeiten werden, die Schwächere unterstützen, statt zu malträtieren. Ein Buch, das schnell gelesen ist doch lange nachwirkt! Ich bewerte mit vier soliden Sternen und spreche ein Lesempfehlung aus.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2021

Eine schwere Zeit ist angebrochen ...

Die Fotografin - Die Stunde der Sehnsucht
0

Sie haben wieder einige Prüfungen zu bestehen, die starken Frauen auf der schwäbischen Alb. Das schicksalsträchtige Jahr 1914 hat es in sich, denn es beinhaltet den Ausbruch des Großes Krieges. Während ...

Sie haben wieder einige Prüfungen zu bestehen, die starken Frauen auf der schwäbischen Alb. Das schicksalsträchtige Jahr 1914 hat es in sich, denn es beinhaltet den Ausbruch des Großes Krieges. Während viele noch euphorisch den Ausbruch bejubeln stellt sich schnell heraus, dass sich ein schneller harter Sieg nicht bewerkstelligen lässt. Begleitet von Sorgen und Nöten versucht Mimi die Druckerei am Laufen zu halten, während Corinne nach einem schweren Verlust fast den Lebensmut verliert. Doch auch die Männer haben es nicht leicht in den Schützengräben fern der Heimat und in Stuttgart kommt endlich die Wahrheit ans Licht …

Es passiert so viel und doch so wenig und so ziehen vier lange Jahre ins Land. Der Roman erscheint themenbedingt fast ein wenig trübsinnig, doch neben den Zeilen der Autorin schafft es vor allem die Sprecherin Svenja Pages ein Hörvergnügen zu präsentieren, das mich nicht mehr losließ. Sie lässt die Menschen trauern aber lässt sie auch in glücklichen Momenten glänzen. Wie schon einigen Rezensenten vor mir ist auch mir leider ein Fehler aufgefallen, der sich nicht mehr mit schriftstellerischer Freiheit glätten lässt. Sie lässt den Thronfolger Franz Ferdinand zum Sohn von Kaiser Franz Joseph werden. Dessen einziger Sohn Rudolf beging jedoch im Jahr 1889 Selbstmord, weshalb eben der Neffe als Thronfolger gehandelt wurde. Ich bin mir jedoch sicher, dass die Korrektur für die nächste Auflage schon im Kasten ist. Alles in allem hat mir das Hörbuch wieder gut gefallen und nach dem grandiosen Cliffhanger am Ende bin ich gespannt, wie es weitergehen wird. Ich vergebe wohlverdiente vier von fünf Sternen und freue mich schon heute auf „Am Ende der Stille“.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere