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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2021

Ruhig und sehr poetisch

Der Klang der Wälder
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Tomura ist zufällig anwesend, als das Klavier in seiner Schule durch Itadori gestimmt wird. Dieses Erlebnis beeindruckt Tomura so sehr, dass er ohne jeglichen Bezug zu Musik und Instrumenten beschließt, ...

Tomura ist zufällig anwesend, als das Klavier in seiner Schule durch Itadori gestimmt wird. Dieses Erlebnis beeindruckt Tomura so sehr, dass er ohne jeglichen Bezug zu Musik und Instrumenten beschließt, den Beruf des Klavierstimmers zu erlernen. Tatsächlich bekommt er nach der theoretischen Ausbildung eine Anstellung in derselben Firma wie Itadori.
Anfangs nur als Assistent, später auch selbständig, stimmt er meist in Privathaushalten Klaviere. Dabei lernt er die Zwillingsschwestern Kazune und Yuni kennen. Auch das ist eine schicksalhafte Begegnung, denn Tomura ist verzaubert von dem unaufdringlichen Klavierspiel Kazunes, die als die weniger begabte der Schwestern gilt. Obwohl Tomura seine Fähigkeiten grundsätzlich eher geringschätzt, träumt er davon, Kazune bei ihren Konzerten als Klavierstimmer zu unterstützen.

Auf die Geschichte Tomuras muss man sich einlassen und viel Geduld haben. Sprachlich überzeugend, bietet der Roman an Handlung nicht viel mehr als oben beschrieben.
Tomura ist ehrgeizig, aber von Selbstzweifeln geplagt und niemals zufrieden mit seinen erworbenen Kenntnissen. Sein ganzes Handeln und Streben ist darauf ausgerichtet, besser in seinem Beruf zu werden. Dementsprechend viel Raum nimmt die Beschreibung des Klavierstimmens als Prozess ein. Das könnte langweilig und uninteressant sein, aber tatsächlich empfand ich diese Passagen lehrreich und sie haben mir einen neuen Blick auf Klaviermusik eröffnet.

Ich habe die Geschichte Tomuras wirklich genossen, allerdings kenne ich auch schon etliche japanische Romane. Die Charakterzeichnungen empfinde ich häufig als deutlich zurückhaltender, was sich natürlich auch auf die Spannungsbögen auswirkt.

Ein schöner Roman, wenn man sich auf die leisen Töne einlassen kann.

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Veröffentlicht am 15.04.2021

Glaubwürdige Charaktere zeichnen diesen Coming-of-Age-Roman aus

Hard Land
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Sam Turner ist 15 Jahre alt und lebt in der unattraktiven Kleinstadt Grady in Missouri. Mit dem Ort geht es seit Jahren bergab, sein Vater ist arbeitslos und kommt nur schlecht mit der Situation zurecht. ...

Sam Turner ist 15 Jahre alt und lebt in der unattraktiven Kleinstadt Grady in Missouri. Mit dem Ort geht es seit Jahren bergab, sein Vater ist arbeitslos und kommt nur schlecht mit der Situation zurecht. Zu seiner schwer kranken Mutter hat der Außenseiter Sam ein sehr gutes Verhältnis, sie ist sein einziger wirklicher Rückhalt.
Um die Sommerferien nicht mit seinen verhassten Cousins verbringen zu müssen, nimmt Sam einen Ferienjob im örtlichen Kino an. Auch für das Programmkino steht die Schließung zum Jahresende bereits fest, Zuschauer gibt es nur wenige, Sam hat kaum etwas zu tun. Allerdings trifft er hier auf die eingeschworenen Freunde Kirstie, Hightower und Cameron. Sie sind älter als er und werden nach dem letzten gemeinsamen Sommer in Grady auf verschiedene Colleges gehen. Nach anfänglicher Ablehnung nehmen sie ihn in ihre Clique auf. Gemeinsam mit ihnen verbringt er einen aufregenden und verwirrenden Sommer, der sein Leben für immer verändern wird.

Dieser Coming-of-Age-Roman behandelt mit einer Leichtigkeit schwierige Themen, die wirklich bemerkenswert ist. Neben der normalen Orientierungslosigkeit und damit verbundener Unsicherheit, dem ersten (unglücklichen) Verlieben und Auflehnung gegen die Eltern geht es hier auch um Tod und Trauer, wirtschaftlichen Niedergang, Mobbing, Rassismus, Bisexualität... Trotz dieser Masse an Themen, die mit einer Selbstverständlichkeit in die Handlung einfließen, wirkt es nicht überfrachtet.

Das liegt hauptsächlich an den glaubwürdigen Charakteren, die die Handlung zum Leben erwecken. Sie haben Ecken und Kanten, auch die selbstbewusst wirkenden Freunde haben tiefe Verletzungen und Unsicherheiten erlebt. Dabei beschränkt sich der Autor nicht nur auf die Hauptcharaktere, auch die Nebenfiguren werden liebevoll und detailliert entwickelt.

Hinzu kommt die wirklich gelungene Beschreibung des Ortes Grady. Diese langweilige Kleinstadt, die eigentlich dem Untergang geweiht ist und doch für ihre Bewohner so wichtig ist, dass sie versuchen, sie am Leben zu erhalten.

Auch wenn „Hard Land“ für mich nicht ganz das Niveau von „Das Ende der Einsamkeit“ erreicht, kann ich den Roman uneingeschränkt empfehlen. Er ist trotz seiner schweren Themenanteile wunderbar leicht zu lesen, das Ende ist hoffnungsvoll ohne in Kitsch abzudriften. Ein Kunststück, das nicht jedem Autor gelingt.

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Veröffentlicht am 07.01.2021

Noch ist es nicht zu spät, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen.

Das Eis schmilzt
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Arved Fuchs reist seit vielen Jahren in Regionen, die für die meisten Menschen unerreichbar sind. Die Bilder und Beschreibungen dieser Reisen haben schon immer fasziniert und entsprechend schön sind sie ...

Arved Fuchs reist seit vielen Jahren in Regionen, die für die meisten Menschen unerreichbar sind. Die Bilder und Beschreibungen dieser Reisen haben schon immer fasziniert und entsprechend schön sind sie auch in diesem Buch, gleichzeitig aber auch unsagbar deprimierend. Der Autor beschreibt in leisen, eindringlichen Tönen den Wandel der Natur durch die durch Menschen verursachte Umweltzerstörung. Er lässt uns teilhaben an ersten abenteuerlichen Exkursionen, als er in menschenleere Regionen vorstieß, und absurden Begegnungen mit Kreuzfahrtschiffen 40 Jahre später an denselben Orten. Neben erschreckenden Beispielen für Fehlverhalten in ganz unterschiedlichen Bereichen zeigt Arved Fuchs aber auch bemerkenswerte Beispiele für einen anderen, verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten.

Das Buch ist auf 250 Seiten in 16 Kapitel unterteilt, in sehr leicht verständlicher Sprache geschrieben und reich bebildert. Der erste Teil kann eher als Bestandsaufnahme und Problematisierung bezeichnet werden, der zweite Teil zeigt Lösungswege und anhand einiger ausgewählter Beispiele auch gelungene, ermutigende Umsetzungen.

Anders als viele andere Publikationen zu diesem sehr ernsten Thema macht Arved Fuchs Mut. Wenn wir jetzt handeln, dann ist es noch nicht zu spät. Es gibt genügend Ansätze in ganz unterschiedlichen Bereichen, die bereits funktionieren. Und anders als in den letzten Jahrzehnten gibt es seit „Fridays for Future“ eine breite Bewegung, die sich dem Klimawandel entgegenstellen will und umfangreiche Maßnahmen einfordert.

Arved Fuchs liefert mit diesem Buch einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion und vielleicht wird sein eher leiser, nichtsdestotrotz eindringlicher Appell gerade deshalb gehört.

Das Buch bekommt eine klare Leseempfehlung von mir!

Veröffentlicht am 03.01.2021

Viel mehr als (nur) ein Kochbuch

Uri Buri - meine Küche
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Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass Uri Buri bzw. Uri Jeremias ein mir völlig unbekannter Name war, bevor ich dieses Buch erstmals gesehen habe. Und auch dann hat mich das Cover nicht sonderlich ...

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass Uri Buri bzw. Uri Jeremias ein mir völlig unbekannter Name war, bevor ich dieses Buch erstmals gesehen habe. Und auch dann hat mich das Cover nicht sonderlich angesprochen. Ein weiteres Fischkochbuch eben, das ich eher desinteressiert aufgeschlagen habe. Doch dann hat mich bereits das kurze, aber sehr eindrückliche Vorwort von Uri Buri gepackt. Dieser Mann hat eine Lebensphilosophie, die sein ganzes Handeln bestimmt. Was er macht, das macht er richtig und umfassend. Folgerichtig ist "Uri Buri - Meine Küche" viel mehr als ein Kochbuch.

Eine sehr ausführliche Einleitung beschreibt das Leben und das Team Uri Buris. Wunderschöne Fotos ergänzen diesen Text. Erst dann folgt ein noch ausführlicherer Teil, in dem es ausschließlich um Fisch geht: Einkauf, Verarbeitung und die verschiedenen Zubereitungsarten. Und erst dann folgt der in einem normalen Kochbuch zu erwartende Rezeptteil. Überwiegend handelt es sich dabei natürlich um Fischrezepte, es gibt aber auch einige Salate, Desserts und Beilagen.
Überrascht hat mich die Einfachheit dieser Rezepte. Wenige Zutaten, eine sehr präzise Zubereitungsanleitung und zum Abschluss Anmerkungen, die Anregungen beinhalten, manchmal aber auch einfach nur sehr unterhaltsam sind. Zu jedem dieser Rezepte gibt es ein Foto, das passend zu Uri Buri ohne Schnickschnack einfach nur ein sehr appetitlich aussehendes Gericht darstellt.

Dieses Buch ist für mich viel mehr als ein Kochbuch und ich kann nicht sagen, welcher Teil mir am besten gefallen hat. Ein absolutes Highlight in diesem Genre!

Veröffentlicht am 03.10.2020

Herrliche Satire auf den Kunstbetrieb

Ein Mann der Kunst
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Herrlich überzeichnet, dabei aber auch sprachlich überzeugend erzählt Kristof Magnusson von einem exzentrischen Maler, der sein eigenes Museum bekommen soll. Dazu ist aber die Zustimmung aller Mitglieder ...

Herrlich überzeichnet, dabei aber auch sprachlich überzeugend erzählt Kristof Magnusson von einem exzentrischen Maler, der sein eigenes Museum bekommen soll. Dazu ist aber die Zustimmung aller Mitglieder des Fördervereins erforderlich. Der eitle Kurator des Museums will die jährliche Reise des Vereins dazu nutzen, auch die Zweifler zu überzeugen.

Der Kunstbetrieb wird pointiert karikiert, Eitelkeiten und Machtkämpfe sind sicher etwas überspitzt dargestellt, aber doch so nah an der Realität, dass sie glaubwürdig sind. Kristof Magnusson hält dem Bildungsbürgertum mit diesem gesellschaftskritischen Roman den Spiegel vor.

Man muss kein Kunstliebhaber sein, um dieses Buch zu mögen. Eine gewisse Nähe zum Kulturbetrieb sollte trotzdem vorhanden sein, um die wunderbar entwickelten Details wirklich schätzen zu können.

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