Darf es ein bisschen Meer sein ?
OstseefrischeDer große Traum von Konrad und seiner Frau Jette - ein eigenes Sanatorium auf Rügen - geht in Erfüllung. Das Haus strahlt mit seinen Eigentümern um die Wette und die Kurgäste fühlen sich rundherum wohl. ...
Der große Traum von Konrad und seiner Frau Jette - ein eigenes Sanatorium auf Rügen - geht in Erfüllung. Das Haus strahlt mit seinen Eigentümern um die Wette und die Kurgäste fühlen sich rundherum wohl. Aber Konrad hat große Sorgen, denn Bruder Theo ist an Syphilis erkrankt und sein Verfall schreitet zusehends voran. Die Idylle scheint eine Knacks zu bekommen, auch weil sich Jettes Schwangerschaft als problematisch herausstellt...
Elke Hellweg hat ihren eigenen medizinisch Hintergrund als Grundlage für die Figur Theo genommen und bietet dem Leser einen fachlich fundierten Einblick in die Behandlung des Erkrankten. Die Szenen sind aufwühlend und sehr emotional, sodass man jederzeit mitfühlen kann.
Auch ist man hautnah mit dabei, wenn das wunderschöne Sanatorium entsteht und so von der Grundsteinlegung bis zum ersten Kurgang die Fortschritte nachverfolgen kann.
Jette und Konrad sind unglaublich liebenswerte Figuren, die den Leser vom ersten Augeblick an an die Hand nehmen, um ihn an ihrer Seite durch ihre Geschichte zui führen. So fällt es unglaublich leicht, inmitten der historischen und zugleich mondänen Kulisse die Seele baumeln zu lassen und die weißen Prachtbauten zu bestaunen.
Die Handlung baut sich langsam auf und durch den sehr bildhaften Schreibstil entsteht das Gefühl, mitten in den Szenen zu sein, wenn es im Sanatorium mal hitztig, mal stürmisch, mal vermeintlich sittenwidrig zugeht. Die Charaktere sind von der Schreibenden sehr akzentuiert gestaltet und beleben mit ihren unterschiedlichen Mentalitäten und dem mal mehr mal weniger aufbrausenden Naturell den Sanatoriumsalltag. Es braucht schon viel Fingerspitzengefühl, um hier keine Persönlichkeit bloßzustellen und sie, trotz aller Eigenarten, liebenswert und sympathisch auftreten zu lassen.
Die Dialoge werden durch den gesprochenen Rügener Dialekt sehr authentisch, lassen regionale Sprichwörter und Redensarten einfließen und geben so eine sehr lebendige Bildsprache wieder. Ich mag es, wenn historische Erzählungen nicht nur mit der vorherrschenden Architektur, Mode und Zeitgeschichte, sonder auch mit Mundart überzeugen können.
Das Buch ist abwechslungsreich wie ein Aufenthalt auf Rügen - mal glitzert die Sonne auf dem Meer, dann ziehen dunkle Wolken auf, mal kann man die Seele baumeln lassen, mal wird man emotional gefordert.. Ein Roman voller Träume, viel Gefühl und historischen Bildern.