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Ritja

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2022

Für mich ist es eine klare Leseempfehlung.

Der Brand
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Was passiert mit einem Paar, welches schon 30 Jahre miteinander verheiratet ist? Die Kinder sind aus dem Haus und gehen mehr oder weniger ihre eigenen Wege, die Schmetterlinge im Bauch haben sich schlafen ...

Was passiert mit einem Paar, welches schon 30 Jahre miteinander verheiratet ist? Die Kinder sind aus dem Haus und gehen mehr oder weniger ihre eigenen Wege, die Schmetterlinge im Bauch haben sich schlafen gelegt und dann fällt eine Schlüsselfigur im Leben der Frau aus.

Rahel und Peter sind fast am Ende ihrer gemeinsamen Zeit angekommen. Sie 49, er 55 haben sich nichts mehr zu sagen. Sie leben aneinander vorbei und umschiffen sich, weil sie den großen Knall fürchten. Beide ziehen ihren Frust, ihre Wut in sich hinein. Erst ein langer gemeinsamer Urlaub auf einem alten Hof in der Uckermark zwingt sie zum Nachdenken und Nachspüren, was von ihrer Ehe noch da ist.

Ganz langsam wird der Schutzpanzer der Charaktere von der Autorin ab- und die Wunden offengelegt. Es sind nicht nur die Eheprobleme, sondern auch die offenen Fragen aus der Vergangenheit und die stets unzufriedene Tochter, die ihren Teil dazu beitragen.

Die Autorin hat einen ruhigen, fast schon unaufgeregten Roman geschrieben. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Ohne Kitsch und Rührseligkeit erzählt sie von der Liebe und dem drohenden Untergang an der alltäglichen Banalität. Aber auch von den unterschiedlichen Ansichten der Generationen in Bezug auf die Liebe, Treue und Ehe.

Für mich ist es eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 14.11.2021

Unterhaltsam, humorvoll und viel Liebe zum Detail.

Dein Bücherregal verrät dich
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Jeder Buchliebhaber weiß, dass ein Blick in das Bücherregal eines anderen Bücherfreund sehr viel mehr über diesen verraten kann, als jede erzählte Geschichte. Es fängt schon bei der (An)-Ordnung der Bücher ...

Jeder Buchliebhaber weiß, dass ein Blick in das Bücherregal eines anderen Bücherfreund sehr viel mehr über diesen verraten kann, als jede erzählte Geschichte. Es fängt schon bei der (An)-Ordnung der Bücher an und hört beim Inhalt der Bücher auf.

Grant Snider zeichnet die vielen kleinen lieben Spleens der Bücherliebenden in witzigen und liebevollen Bildern. Man erkennt sich wieder oder erkennt einen anderen Bücherfreund. Ich musste manchmal schon schmunzeln, wie treffend er die Charakterzüge gezeichnet hat. Sehr unterhaltsam. Aber der Autor geht nicht nur auf die Konsumenten von Büchern ein, sondern auch auf die Produzenten, also die Autor:innen. Die vielen kleinen und großen Kämpfe, die ausgefochten werden müssen, die Blockaden, die Schreibstile, die Macken und Rituale bis ein großer lesbarer Roman entsteht.

Ich mochte den Stil der Zeichnungen und fand mich in einigen Bildern wieder. Was ich besonders mochte, waren die ganzseitigen Bilder, die wie Wimmelbücherseiten gestaltet waren. In diesen Bildern kann man sich verlieren und immer wieder etwas neues entdecken. Kleine witzige Details, die man erst auf dem zweiten Blick sieht. Der Witz, der sich manchmal hinter genau diesen Details versteckt und dann erst ersichtlich wird.

Ein schönes Buch, welches man immer wieder in die Hand nehmen kann, da es immer etwas zu entdecken gibt. Unterhaltsam, humorvoll und viel Liebe zum Detail.

Veröffentlicht am 16.09.2021

Für mich ist diese Geschichte ein Lesehighlight gewesen.

Die Bierkönigin von Minnesota
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Für mich ist diese Geschichte ein Lesehighlight gewesen. Es war spannend, traurig und berührend, humorvoll, unterhaltsam und sehr gut geschrieben.

Der Autor erzählt aus verschiedenen Perspektiven eine ...

Für mich ist diese Geschichte ein Lesehighlight gewesen. Es war spannend, traurig und berührend, humorvoll, unterhaltsam und sehr gut geschrieben.

Der Autor erzählt aus verschiedenen Perspektiven eine Familiengeschichte, die in Minnesota spielt. Er lässt sich Zeit mit dem Aufbau seiner Charaktere und springt immer wieder zwischen ihnen hin und her. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber mit der Zeit sorgte gerade diese Form des Erzählens für Spannung und weckte bei mir das Interesse, wie die Geschichte wohl weitergehen wird.

Im Mittelpunkt stehen das Bier bzw. das Bierbrauen und die Frauen. Wer kein Bier mag oder trinkt, wird es vielleicht etwas schwerer haben, denn der Autor wirft nur so mit den Biersorten und deren Bezeichnungen und Inhaltsstoffen um sich. Es ist interessant zu erfahren, wie man Bier braut (es gibt jedoch keine Anleitung dazu) und wie hart der Biermarkt umkämpft ist. Nur wer gut pokert, eine gute Geschichte zu erzählen hat und den Geschmack der Konsumenten trifft, wird gewinnen und sein Bier verkaufen. Zwei Frauen sind dem Bier verfallen und wollen ihr Bier etablieren. Dafür tun sie sehr viel, vernachlässigen sehr viel und gehen manchmal auch über Grenzen, die sie später bereuen werden.

Der Autor hat eine wunderbare Geschichte über die Frauen geschrieben. Er lässt sie kämpfen, stürzen und wieder aufstehen. Es sind starke Frauen, die sich durchsetzen und viel geben. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Die Charaktere waren interessant, obwohl sie nicht durchgängig sympathisch waren, konnte man doch nachvollziehen, warum sie bestimmte Entscheidungen getroffen hatten. Dazu bekam man noch einen guten Einblick in die amerikanische Gesellschaft, in das Leben der schlecht bezahlten Amerikaner:innen und der ständige Kampf ums Überleben.

Starke Frauen und das Brauwesen im Mittelpunkt, ein wunderbarer Schreibstil und Spannung bis zum Schluss - darauf ein schönes Weizen .

Veröffentlicht am 19.06.2021

Es war ein wahres Lesehighlight für mich.

Bergland
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Wer kennt sie nicht, die Anzeigen "Ferien auf dem Bauernhof"? Dazu noch ein paar schöne Bilder von glücklichen Kühen und fröhlichen Schweinen und selbstverständlich steht die happy Bauernfamilie daneben ...


Wer kennt sie nicht, die Anzeigen "Ferien auf dem Bauernhof"? Dazu noch ein paar schöne Bilder von glücklichen Kühen und fröhlichen Schweinen und selbstverständlich steht die happy Bauernfamilie daneben und freut sich auf die Gäste. Die Werbung funktioniert gut, denn die Städter lieben den "ursprünglichen" Urlaub in der Natur und so nah am "einfachen" Leben. Wer das Buch gelesen hat, wird diese Anzeigen mit ganz anderen Augen sehen und vielleicht auch anders an einen solchen Urlaub herangehen.

Erzählt wird die Geschichte einer Familie, die in einem Bergdorf lebt und arbeitet. Drei Generationen, ein Hof und viele ähnliche Probleme. Die Charaktere werden von der Autorin so glaubhaft und realistisch beschrieben, dass es schmerzt, wenn Rosa gegen den Berg und die Natur ankämpft, sich abrackert, schuftet von morgens bis abends, um den Hof allein durch den Krieg und die Nachkriegszeit zu bringen. Ihr Sohn muss zu Hause bleiben, vermisst sie, fühlt sich vernachlässigt und wird aggressiv, was sie noch mehr auf die Felder und in ihren Garten treibt. Sie erzielt Erfolge und zeigt den Menschen im Dorf, dass eine Frau den Hof allein stemmen kann. Doch mit welchen Konsequenzen?

Franziska ist am Ende. Mit den Nerven, der Geduld, den Gästen, mit ihren überzogenen Ansprüchen und den Kindern, die immer etwas wollen. Dazu ist sie hochschwanger und der Tourismusverein zwängt sie immer mehr ein, um noch profitabler zu werden. Das Geld ist knapp, trotz Schufterei und guter Gästezahlen. Die Familie droht an der Situation zu zerbrechen.

Die Autorin hat die Leben der drei Generationen so gut beschrieben, dass ich beim Lesen Gänsehaut bekommen habe. Ich ziehe den Hut vor Rosa und ihrer Kraft, ihrem Willen und den Mut. Ich habe mich immer wieder gefragt, würde ich das schaffen? Wahrscheinlich nicht. Zu weich, zu verwöhnt und zu wenig Ahnung von der Natur. Aber auch vor Franziska habe ich Respekt und konnte ihren harten Weg gut nachvollziehen.

Höher, schneller, weiter ist nur für wenige wirklich gut und lohnenswert. Viele bleiben auf der Strecke und werden krank, sind ausgelaugt und resignieren, wenn sie den Berg an To-Dos sehen. Jarka Kubsova baut auch schwere und aktuelle Themen mit in die Geschichte. Sie zeigt dem Lesenden an einem Beispiel, was passieren kann, wenn man sich ständig verbiegen muss und wirft indirekt Fragen auf, die jeder für sich reflektieren kann.

Es war ein wahres Lesehighlight für mich.

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Veröffentlicht am 18.05.2021

Berührend, traurig, aber auch mit wunderbarem Humor geschriebene Familiengeschichte.

Viktor
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Ich war anfangs skeptisch, ob eine Juristin einen (Familien-)Roman schreiben kann. Irgendwie hatte ich eine schwerlesbare Lektüre erwartet, aber da das Thema mich angesprochen hatte, wollte ich es lesen. ...

Ich war anfangs skeptisch, ob eine Juristin einen (Familien-)Roman schreiben kann. Irgendwie hatte ich eine schwerlesbare Lektüre erwartet, aber da das Thema mich angesprochen hatte, wollte ich es lesen. Was für ein Glück, denn der Roman ist so gut, so voll mit Ironie und feinem schwarzen Humor und so traurig und bedrückend zugleich, dass ich froh bin, ihn gelesen zu haben. Judith Fanto hat einen wunderbaren und leicht zu lesenden Schreibstil, dass die 400 Seiten leider schnell durch waren.

Sie erzählt die Geschichte ihrer Familie anhand von zwei Handlungssträngen. Die "alte" Familie, d.h. Ururgroßeltern und Urgroßeltern sowie ihre Großeltern und besonders ihr Großonkel Viktor spielen eine wichtige und zentrale Rolle. Sie leben in Wien und entstammen einer wohlhabenden jüdischen Familie. Bis zum zweiten Weltkrieg lebt es sich gut in Wien mit Kunst, Kultur und Sinfonien von Mahler. Doch dann kippt die Stimmung, die Politik und das Ansehen und aus der erfolgreichen Familie wird ein Hassobjekt.

Der zweite Handlungsstrang ist Judith selbst. Sie ist, als zwanzigjährige Studentin der Rechtswissenschaft, auf der Suche nach ihrer Identität. Sie will wissen, warum nicht von "früher" gesprochen wird, warum der Glaube keine große Rolle mehr spielt und warum alles totgeschwiegen wird.

Die Geschichte fesselt schnell und man wird mitgezogen. Die Autorin wirft Fragen auf, die man sich vielleicht so noch nicht gestellt hat und die zum Nachdenken und Reflektieren anregen. Viktor, das schwarze Schaf der Familie, weiß den Leser schnell einzunehmen und für sich zu gewinnen. Es ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, dass die Autorin immer zwischen den Handlungssträngen hin und her hüpft, aber schnell weiß man damit umzugehen und kann der Geschichte gut folgen. Je mehr die Geschichte fortschreitet, umso dunkler und trauriger wird sie. Das Ende ist ein Knall, eine Überraschung und sehr gelungen.

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