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Veröffentlicht am 15.06.2021

Die Macht des Geldes kann Menschen verändern

Die Skrupellosen
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Geld und Macht ... wer träumt nicht davon? Ist man glücklich mit dem, was man hat und wer man ist? Hätte man gern mehr oder wäre gern jemand anderes? Fragen, mit denen ich mich noch nach Beenden des Buches ...

Geld und Macht ... wer träumt nicht davon? Ist man glücklich mit dem, was man hat und wer man ist? Hätte man gern mehr oder wäre gern jemand anderes? Fragen, mit denen ich mich noch nach Beenden des Buches beschäftigt habe.

Die Story fing relativ ruhig an, nahm dann allerdings so schnell und unerwartet an Fahrt auf, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen hab.

Sadie Jones hat einen angenehmen Schreibstil, so dass man gut in die Geschichte eintauchen kann und sogartig mitgerissen wird. Sie hat eine bildhafte Sprache und verliert sich nicht in unnötigen Erklärungen. Show don't tell - klappte hier vorbildlich.

Die Protagonisten Bea und Dan waren mir von Anfang an sympathisch. Beas Motive, das Geld ihrer Eltern auszuschlagen, wurden authentisch dargestellt und glaubhaft vermittelt. So war es mir möglich, eine Verbindung zu ihr herzustellen, mit ihr zu fühlen, zu denken wie sie.

Zitat Pos. 354:

Bea wollte die Klimaanlage nicht anschalten, es hätte ihr Schuldgefühle bereitet.

„Ja, Süße, jedes Mal wenn jemand die Klimaanlage benutzt, stirbt ein Eisbär“, sagt Dan schwitzend.“

Diese Aussage bleibt mir garantiert noch lange im Gedächtnis.

Als Dan nach und nach herausbekommt, wie reich Beas Eltern tatsächlich sind, ist er stinkesauer auf seine Frau. Er kann der Macht der Geldes nicht widerstehen und lässt sich von seinem Schwiegervater Griff um den Finger wickeln. Ein Teufelskreislauf, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Erst zu spät versteht er Bea und ihre Abneigung gegen das viele Geld. Insbesondere an der Stelle, als sich das Blatt wendete, hatte ich eine Gänsehaut. Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst ... Mir vorzustellen, was Bea und Dan passiert ist, und mir dann vor Augen zu führen, dass so vielen Menschen da draußen Ähnliches widerfahren ist, trieb meinen Adrenalinpegel bis nach ganz oben. Ich habe keine Angst vor Reichen und Mächtigen, aber davor, dass Geld und Macht sie zum Negativen verändern.

Persönliches Fazit: Sadie Jones hat mit „Die Skrupellosen“ einen Roman geschrieben, der spannend, zeitgemäß und nachdenklich stimmend daherkommt. Am Ende muss man sich als LeserIn selbst fragen, wie wichtig einem Geld und Macht sind. Und wie weit man dafür gehen würde. Lesetipp!

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Veröffentlicht am 08.06.2021

Warum wird ein Mensch zum Serienmörder?

Der Blutkünstler (Tom-Bachmann-Serie 1)
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Mit diesem Buch ist Chris Meyer ein Thriller gelungen, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, denn seine detaillierten Beschreibungen der Folterszenen und Tatorte sind sowohl blutrünstig als ...

Mit diesem Buch ist Chris Meyer ein Thriller gelungen, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, denn seine detaillierten Beschreibungen der Folterszenen und Tatorte sind sowohl blutrünstig als auch grausam, sodass mein Kopfkino mir Bilder lieferte, die mir eine Gänsehaut verursachten. Gleichzeitig entfachte der Plot eine außerordentliche Sogwirkung auf mich, denn die Spannung wurde immer weiter nach oben gepeitscht.

Ein fesselnder Schreibstil tat sein Übriges, um mich nur so durch die Seiten zu jagen. Die Kapitel werden aus den Blickwinkeln verschiedener Protagonisten und teilweise in Rückblenden erzählt.

Die Charaktere sind differenziert gezeichnet, denn man bekommt tiefe Einblicke in das Seelenleben der Hauptprotagonisten. Wir lernen mit dem Profiler Tom Bachmann einen Mann kennen, der mit finsteren Dämonen aus seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Nach und nach kann man als Leser verstehen, was den Seelenleser antreibt und warum er so völlig ohne Emotionen agiert. Als sein "Ziehbruder" Aaron auftaucht und ich erfahren musste, was die beiden in der Kindheit alles erleben und erleiden mussten, schockierte mich das sehr.

Zitat Pos. 2068:

Unzählige Mal in seinem Leben hatte er selbst eine solche Ohrfeige bekommen. Und er wusste, dass der körperliche Schmerz nicht so schlimm war wie die Demütigung. Eine Ohrfeige war das Demütigendste, was Aaron sich vorstellen konnte. Denn sie kam immer von jemandem, der über einem stand oder sich zumindest über einem wähnte.

Zitat Pos. 2330:

"Wir können nicht ungeschehen machen, was mit uns passiert ist", sagte Aaron schließlich. "Aber wir können das, was er in uns geweckt hat, sinnvoll nutzen". Bilder von damals tauchten vor Toms innerem Auge auf. Aaron, der gefesselt an der Wand hing und <...> mit einem Elektroschocker gequält wurde, wobei Tom lauter weinte und schrie, als er.

Auch an der Denkweise des Blutkünstlers lässt uns der Autor teilhaben, was zum Einen verstörend ist, gleichzeitig aber die Faszination des Bösen ausmacht. Bis zum Schluss war ich auf dem Holzweg mit meiner Vermutung, wer der Blutkünstler sein könnte, und war am Ende genauso überrascht wie die Ermittler! Der fulminante Showdown zum Schluss war das i-Tüpfelchen dieses fesselnden Thrillers und schaffte es tatsächlich, noch einmal einen Spannungskick draufzusetzen.

Persönliches Fazit: Der Blutkünstler ist nichts für schwache Nerven. Wer es blutig und grausam mag, dem wird dieses Buch durchweg gefallen, aber Achtung: Es geht auch um Gewalt an Kindern, was für einige bestimmt schwer zu ertragen ist! Ich finde, Chris Meyer reiht sich gut ein in die Riege namhafter Thriller-AutorInnen, und ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf eine Fortsetzung mit Tom Bachmann und seinem Ermittler-Team.

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Veröffentlicht am 31.05.2021

Eiskalter Buchtipp

Blutkristalle
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Die Kurzgeschichte "Blutkristalle" von Ursula Poznanski greift das Thema Stalking auf. Doch anders wie vermutlich erwartet, schreibt die Autorin aus Sicht des Stalkers Wolfram und nicht aus der des Opfers. ...

Die Kurzgeschichte "Blutkristalle" von Ursula Poznanski greift das Thema Stalking auf. Doch anders wie vermutlich erwartet, schreibt die Autorin aus Sicht des Stalkers Wolfram und nicht aus der des Opfers. Dieses wird von Ella verkörpert, wo wir - nebst ihrem neuen Freund Paul - auch schon bei dem wichtigsten Charakter wären. Über Ella und Paul erfahren wir nur das Nötigste, was völlig ausreichend ist.

Über Wolfram dagegen erfahren wir als Antagonist etwas mehr. Die Autorin spielt hier mit Wesenszügen, die ersichtlich machen, wie gestört das Wahrnehmungsgefühl solcher Menschen sein muss. Mit seiner namens- und gesichtslosen Begleitung, welche für ihn eher ein lästiges Anhängsel ist, gleiten wir mühelos durch die Story.

Ella hat ihren Stalker bisher weder zu Gesicht bekommen noch weiß sie, wer er ist. Sie weiß nur eins: Er ist da und er ist gefährlich. Dieser Umstand soll sich Wolframs Meinung nach alsbald ändern und so plant er peinlich genau Pauls Tod, um von Ella wahrgenommen zu werden. Doch ein einfacher Mord kommt da nicht in Frage, es muss ein raffiniert konstruierter Unfall sein. Denn am Ende möchte er doch Ellas Retter und Held sein. Da kommen die Urlaubspläne des Paares gerade wie gerufen.

Dieser Thriller ist kurz und knackig, doch hat alles, was es braucht, um den Leser zu fesseln und zwischendurch den Atem anhalten zu lassen. Ursula Poznanski versteht sich darauf, dem Spruch "In der Kürze liegt die Würze" gerecht zu werden. Sie verliert keine Zeit mit unnötigen Details, sondern fokussiert sich auf das Wesentliche. Am Ende war ich erstaunt und überrascht, denn mit diesem Showdown hätte ich so nicht gerechnet. Ich fand es dann sogar ein wenig schade, dass es eben nur eine Shortstory ist.

Persönliches Fazit: Bisher habe ich immer die Finger von Kurzgeschichten gelassen, denn die können ja aufgrund ihrer Kürze nichts Fesselndes und Ausgereiftes sein. "Blutkristalle" hat mich eines Besseren belehrt. Kurz, knackig und auf dem Punkt. Insbesondere die Täterperspektive fand ich erfrischend. Die Autorin hat mich absolut überzeugt. Ein eiskalter Buchtipp!

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Außergewöhnlicher Krimi

Die zweite Schwester
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Wenn im Internet eine Hetzjagd auf ein Mädchen angezettelt wird. Wenn hunderte Menschen sich an dieser digitalen Hetzjagd beteiligen. Wenn besagtes Mädchen in letzter Konsequenz den Freitod wählt. Wer ...

Wenn im Internet eine Hetzjagd auf ein Mädchen angezettelt wird. Wenn hunderte Menschen sich an dieser digitalen Hetzjagd beteiligen. Wenn besagtes Mädchen in letzter Konsequenz den Freitod wählt. Wer trägt dann die Schuld? Und was steckt hinter diesem perfiden Spiel?

Chan Ho-Kei hat mit „Die zweite Schwester“ einen Kriminalroman geschaffen, der von der ersten bis zur letzten Seite an unseren Vorstellungen von Moral und Gerechtigkeit rüttelt.
Der Autor erzählt eine bis ins letzte Detail durchdachte Geschichte, die uns Leser immer wieder an der Nase herumführt und überrascht. Zu keiner Zeit lässt er sich in die Karten schauen und baut so bereits im Prolog eine Spannung auf, die sich auf hohem Niveau durch das gesamte Buch zieht.

Ungewöhnlich, und man sollte meinen ein garantierter Spannungskiller, ist, dass bereits zur Hälfte klar wird, wer der wahre Schuldige ist. Nicht aber in diesem Roman. Ganz im Gegenteil: Da an dieser Stelle nach wie vor die eigentlichen Motive weiter im Dunkeln liegen, entwickelt sich „Die zweite Schwester“ spätestens jetzt zu einem Pageturner der Extraklasse.

Auch sämtliche Figuren kommen wohl durchdacht, realistisch und glaubwürdig daher. Dabei schafft Chan Ho-Kei mit Nga-Yee und N ein Figurenpaar, das durchweg für eine gewisse Dramatik sowie für Unterhaltung sorgt. Während Nga-Yee für meinen Geschmack teilweise zu naiv und gutgläubig ist, ist N der perfekte Gegenpart und Antiheld. Immer wieder fühlte ich mich an Stieg Larssons Lisbeth Salander erinnert, obwohl N noch mal ein ganz anderes Kaliber ist. Trotz seiner schroffen Art, die so einige Male Grenzen überschreitet, war ich Fan der ersten Stunde. Für mich hat N der Handlung einen unglaublichen Drive gegeben.

Neben dem eigentlichen Kriminalfall vermittelt Chan Ho-Kei die nötigen IT-Kenntnisse, um die Geschehnisse um Nga-Yee, ihre Schwester Siu-Man und N zu verstehen. In gut dosierten und leicht erklärten Sequenzen schildert er auf erschreckende Weise, welche Möglichkeiten und Schlupflöcher das World Wide Web mit dem nötigen Know-how bietet.

Der Autor versteht es, intelligent mit Sprache zu spielen. Er hat ein Gefühl dafür, wann es nötig ist, zwischen den Perspektiven zu wechseln, Spannung und Humor einzusetzen und punktgenau die nötigen Details zu liefern, um seine Leser bei Laune zu halten.
Schlussendlich fügen sich alle einzelnen Fäden zu einem in sich schlüssigen Gesamtbild zusammen.

Persönliches Fazit: Chan Ho-Kai versteht sein Handwerk und erzählt seine Geschichte auf einem wirklich hohen Niveau. „Die zweite Schwester“ ist für mich schon jetzt eines meiner Lesehighlights 2021! Wer Settings abseits des Mainstreams sucht und sich gern mit der Hackerszene auseinandersetzt, sollte unbedingt zu diesem Kriminalroman greifen.

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Veröffentlicht am 22.05.2021

Gelungene Adaption!

1984 (Graphic Novel)
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George Orwells 1948 erschienener Roman »1984« schildert als Dystopie die düstere Vision eines totalitären Überwachungs- und Präventionsstaates. Ort der Handlung ist London, die wichtigste Stadt von Landefeld ...

George Orwells 1948 erschienener Roman »1984« schildert als Dystopie die düstere Vision eines totalitären Überwachungs- und Präventionsstaates. Ort der Handlung ist London, die wichtigste Stadt von Landefeld Eins, dem früheren England, das jetzt ein Teil von Ozeanien ist. Eine beängstigende Welt, die von Paranoia dominiert wird. Dort begegnen wir dem Angestellten Winston Smith, der der äußeren Partei angehört und für das Ministerium für Wahrheit arbeitet. Seine Aufgabe ist es, Nachrichten und Informationen rückwirkend so zu verändern, wie es sein Arbeitgeber verlangt. So schreibt er beispielsweise ältere Zeitungsartikel um, damit sie der Gegenwart bzw. der vorgegebenen Wahrheit angepasst werden. Das, was die Partei gegenwärtig sagt, muss sie de facto auch schon in der Vergangenheit gesagt haben.

Doch Winston ist nicht wie andere, nicht wie die Parteiführer und erst recht nicht wie jene, die sich diesem totalitären System nur allzu gern beugen. Er will etwas dagegen unternehmen. Rebellieren. Doch jeder Schritt, jeder Gedanke und jede Gesichtsregung wird von »Big Brother« mittels Telebildschirmen überwacht. Sogar in ihren Wohnungen sind die Menschen nicht allein. Und so muss Winston sich vorerst bedeckt halten, darf zumindest äußerlich nicht auffallen, während in seinem Inneren ein größer werdendes Feuer lodert. Mich haben seine Willenskraft und insbesondere die rebellischen Züge auf eine Weise beeindruckt, die ich kaum in Worte fassen kann. Mir war bisher nur als Zuschauerin von einer RTL Show bekannt, was hinter der Aussage »Big Brother is watching you« steckt, aber versetze ich mich in Winstons Lage, finde ich diese allumfassende Kontrolle und Überwachung überhaupt nicht mehr spannend und unterhaltsam. Ganz im Gegenteil. Sie ist erschreckend, einnehmend und absolut nicht mit den Grundrechten, wie wir sie heute kennen, vertretbar. Der springende Punkt allerdings ist, dass uns niemand garantieren kann, wie unsere Zukunft aussehen wird. Keiner kann voraussagen, dass es diese Grundrechte auch in 30 Jahren noch geben wird. Oder in 300. Dass wir nicht eines Tages in einem System feststecken, das uns jede Form von Privatsphäre und Meinungsbildung untersagt.

Das Buch ist in drei Kapitel eingeteilt, von denen mir das letzte am besten gefiel. In diesem geht es u.a. darum, wie viel Einfluss etwas oder jemand auf einen haben kann, wenn Zeit keine Rolle mehr spielt. Wenn man oft genug hört, man soll etwas glauben, dann glaubt man es irgendwann. Mich hat das sehr berührt und nachdenklich gestimmt. Wer die Geschichte bereits kennt, wird wissen, warum mir folgende Gleichung daher nicht mehr aus dem Kopf geht: 2 + 2 = 5.

»Freiheit bedeutet die Freiheit, zu sagen, dass zwei und zwei vier ist.«

Die Graphic Novel vom Splitter Verlag greift die ursprüngliche Storyline auf und verpasst ihr einen düsteren Touch, der passend gewählt wurde. Ob man bei den Illustrationen bewusst auf eine minimalistische Form- und Farbgebung gesetzt hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Für mich wirkte es allerdings so, als hätte man das Wesentliche fokussieren und widerspiegeln wollen. Und das hat meiner Meinung nach hervorragend funktioniert.

Persönliches Fazit: Mit »1984« schuf Orwell einen zeitlosen Klassiker und eines der einflussreichsten, meistgelesenen Bücher des 20. Jahrhunderts. Die Graphic Novel aus dem Splitter Verlag hat Literatur und Kunst auf großartige Weise miteinander verbunden.

»Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, so stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein Gesicht tritt. Unaufhörlich.« George Orwell

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