Unterhaltsamer, geheimnisvoller Familienroman, der in australische Gefilde entführt
Im Schatten der goldenen AkazieDeutschland, Gegenwart:
Die Schwestern Franziska und Alina könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Franziska die ruhige, besonnene und vernünftige Seite des Duos verkörpert, hat Alina die Reise- ...
Deutschland, Gegenwart:
Die Schwestern Franziska und Alina könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Franziska die ruhige, besonnene und vernünftige Seite des Duos verkörpert, hat Alina die Reise- und Rastlosigkeit der Eltern geerbt und wird von den Eltern auch ein bisschen bevorzugt.
Eigentlich sollte Franziska, als Belohnung für ihr bestandenes Abi mit ihrer Mutter nach Australien reisen, um dort eine Verwandte zu besuchen, doch dann kommt alles anders. Die Eltern sterben plötzlich und Franziska bemüht sich fortan, Alina nicht nur beizustehen, sondern auch alles zusammenzuhalten, was an Familienbanden noch vorhanden ist. Besagte Bande bekommen jedoch einen hässlichen Riss, als Alina Franziska mit deren Freund betrügt. Franziska ist außer sich und beschließt, vier Jahre nachdem sie mit ihrer Mutter nach Australien reisen wollte, allein die Reise anzutreten. Zu sehr ist sie verletzt und will erst einmal Abstand zwischen ihr und ihrer Schwester schaffen.
Ihre Gastfamilie begrüßt sie überschwänglich und obwohl es Franziska so manches Mal etwas zuviel wird, mit den Kindern, die sie beaufsichtigen soll, lebt sie sich schnell ein und schließt viele neue Freundschaften.
Doch eines will ihr nicht aus dem Kopf- die Großtante, die sie eigentlich besuchen wollte. Und obwohl deren Briefverkehr mit Franziskas Mutter bereits vier Jahre her ist, fasst sie sich ein Herz und sucht die alte Dame auf. Ella freut sich sehr über die Ablenkung, da sie nach dem Tod ihres Gatten sehr einsam ist und erzählt der überraschten Franziska, dass es einige, noch ungelöste Familiengeheimnisse gibt, die es aufzudecken gilt. Sie bittet die junge Frau um Mithilfe…
Australien 1890:
Die beiden Schwestern Victoria und Catherine, leben mit ihrem Vater auf einer Zuckerrohrfarm. Bis zum plötzlichen Tod der Mutter, florierte die Farm, doch dann ließ sich ihr Vater aus Trauer gehen und sein Hang zu Glücksspielen sorgte zusätzlich dafür, dass sich die finanzielle Situation immer mehr zuspitzte.
Auch auf familiärer Ebene hat die älteste Schwester nicht viel zu lachen, denn ihr Vater gibt ihr die Schuld am Tod der Mutter, die an einem Schlangenbiss starb. Kein gutes Haar lässt er an ihr und das, obwohl sie sich um alle anfallenden hauswirtschaftlichen Arbeiten kümmert und Catherine ein Mutterersatz ist. Als der Glücksritter Luke bei der Familie vorstellig wird, um bei der Ernte zu helfen, verliebt sich Catherine Hals über Kopf in den attraktiven Mann, doch der ist lediglich an einem Abenteuer mit ihr interessiert und heiratet schließlich Franziska, die zukünftige Erbin der Farm. Catherine ist am Boden zerstört. Sie sieht es als Verrat an, dass ihre Schwester Lukes Heiratsantrag angenommen hat und zieht weg vom Land in die Stadt zu einer Tante. Dort macht sie die Bekanntschaft vieler interessanter Menschen, insbesondere diejenigen, die für das Frauenwahlrecht kämpfen.
Währenddessen wünscht sich Franziska, sie hätte Lukes Heiratsantrag niemals angenommen, denn heimlich liebt sie jemand ganz anderen…
„Im Schatten der goldenen Akazie“ von Christiane Lind, entführt die Leser diesmal in die Weiten Australiens und erzählt die Geschichte einer Familie. Die Story wird auf zwei Zeitebenen, im Wechsel, vorangetrieben. Während man im Handlungsstrang der Gegenwart die Schwestern Franziska und Alina kennenlernt, sind die Hauptfiguren in den Romanpassagen die in der Vergangenheit angesiedelt sind, ebenfalls Schwestern und gleichzeitig Vorfahren der beiden jungen Frauen.
Und es gibt durchaus Parallelen, denn sowohl Victoria als auch Franziska, waren stets diejenigen, die sich kümmern mussten, während sich die Schwestern, behütet, zu kleinen Egozentrikern entwickelten.
Ich fand, dank des bildhaften Erzählstils schnell hinein, in den Vergangenheitsstrang und bangte und hoffte besonders mit Victoria mit, die wahrlich einiges ertragen muss. Der Vater war mir, von Verhalten her ein bisschen zu eindimensional gestrickt, wie ich zugeben muss, genauso, wie auch Luke. Hier hätte ich mir ein wenig mehr charakterliche Facetten gewünscht. Zudem hätten Unterhaltungen/Streitgespräche/Diskussionen ruhig ein wenig umfangreicher gehalten sein dürfen für meinen Geschmack. Und auch die Angewohnheit der Autorin, Unheilvolles vorab anzukündigen/anzudeuten, hat mich ein wenig gestört. Ich fand, dass, da es der Spannung eher abträglich war. Ebenfalls hätte ich mir gewünscht, noch ein wenig mehr über das Leben der Aborigines und über ihre Gebräuche zu erfahren.
So viel zu meinen Kritikpunkten. Wenden wir uns den positiven Aspekten dieses Romans zu.
Ich fand, dass beide Handlungsstränge stimmig, unterhaltsam und abwechslungsreich geschrieben waren. Das Hauptthema des Buches ist eigentlich Selbstfindung, wenn es sich auch um eine Familiensaga handelt. Alle weiblichen Hauptfiguren in diesem Roman müssen lernen, sich zu behaupten und die Umsetzung fand ich gelungen. Man kann sich gut in die weiblichen Romanfiguren hineindenken; so etwa Franziskas Groll verstehen, genauso wie Victorias Sorgen, Ängste und ihren unbändigen Wunsch, den Familienbesitz, möglichen Nachkommen zu erhalten. Mit Alina und Catherine habe ich mich, ehrlich gesagt, ein wenig schwerer getan. Es gibt halt Dinge, die man nicht verzeihen kann, selbst wenn es sich um enge Familienmitglieder handelt. Und was Catherine und Alina da so veranstalteten, hat mich nicht wirklich begeistert. Sie wirkten sehr verwöhnt und egoistisch auf mich und ich fand, dass Catherine sich, auch im Laufe des Romans nicht wirklich ändert.
Dennoch haben mich beide Handlungsverläufe in ihren Bann ziehen können und die Liebesgeschichte zwischen Victoria und (?) verrate ich nicht , mochte ich dagegen sehr.
Der Roman lässt sich, dank des eingängigen, guten Erzählstils flüssig lesen und wer eine Schwäche für geheimnisvolle Familienromane hat, sollte hier unbedingt mal einen Blick ins Buch riskieren.
Übrigens, ebenfalls angerissen wird nebenher die Suffragettenbewegung. Wer ein wenig mehr über deren Anfänge in Großbritannien erfahren möchte, dem empfehle ich Christiane Linds historischen Roman „Zeit des Mutes“, der sehr lesenswert ist und ausführlicher auf das Thema eingeht.
Kurz gefasst: Unterhaltsamer, geheimnisvoller Familienroman, der in australische Gefilde entführt.