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Veröffentlicht am 18.08.2021

Spannendes Steampunk-Abenteuer

Florance Bell und die Melodie der Maschinen
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England, 1820: Die Waise Florance Bell arbeitet als rechte Hand des Meistermechanikers Monsieur Pignon auf Birch Manor, seit dieser sie im Alter von 10 Jahren bei sich aufgenommen hat. Sie hat ein außergewöhnliches ...

England, 1820: Die Waise Florance Bell arbeitet als rechte Hand des Meistermechanikers Monsieur Pignon auf Birch Manor, seit dieser sie im Alter von 10 Jahren bei sich aufgenommen hat. Sie hat ein außergewöhnliches Talent für Maschinen, darf jedoch aufgrund der von Napoleon erlassenen Gesetze als englisches Mädchen keine höhere Schule besuchen, schon gar keine technische Akademie. Als Birch Manor jedoch von Rebellen angegriffen wird und Florance sich in deren Luftschiff versteckt, bietet sich für sie auf einmal die Gelegenheit zu beweisen, dass sie dem Kaiser treu ergeben ist und somit einen Platz an der Akademie verdient hat. Doch dann kommt alles anders…

„Florance Bell und die Melodie der Maschinen“ wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Auf der einen Seite folgen wir der Mechanikerin Florance, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt, auf der anderen Seite den beiden Kindern des Earls von Birch Manor, Victoria und Edward. Der Kontrast zwischen den Figuren wird sofort deutlich: Florance ist gewissenhaft und arbeitet hart, Edward hingegen vertreibt sich seine Zeit am liebsten mit den Dampfdroschken seine Vaters, während Victoria mit den Annehmlichkeiten des adeligen Lebens beschäftigt ist und Florance schikaniert.

Die Handlung spielt in einem historischen Setting, das jedoch auch Steampunk-Elemente aufweist. Diese Thematik wird durch die Gestaltung des Buches noch unterstützt. So sind Kapitelanfang und -ende mit illustrierten Zahnrädern verziert und auch das – übrigens sehr gelungene – Cover greift das Steampunk-Thema wieder auf. Inhaltlich werden hingegen die unterschiedlichsten Aspekte beleuchtet: die politische Situation in England, der Unterschied zwischen arm und reich sowie die Frage, was jeder von uns für seine Träume oder seine Freiheit zu opfern bereit ist.

Gut gefallen hat mir, dass Florance zwar eine entscheidende Rolle in der Geschichte spielt, dass sie aber auch Fehler machen darf und die Hilfe anderer benötigt. Der Schluss führt alle Perspektiven wieder zusammen und rundet sie ab – dennoch lässt der Autor sich am Ende ein Schlupfloch, das weitere Bände möglich macht. Ich würde sie auf jeden Fall lesen!

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Veröffentlicht am 17.08.2021

Ein zarter Roman über Schuld und Vergebung

Der Mauersegler
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Mauersegler befinden sich ihr ganzes Leben in der Luft. Einmal am Boden, fällt es ihnen schwer, wieder zu starten; in den Lüften hingegen sind sie grandiose Flieger, die sich im freien Fall hinabstürzen, ...

Mauersegler befinden sich ihr ganzes Leben in der Luft. Einmal am Boden, fällt es ihnen schwer, wieder zu starten; in den Lüften hingegen sind sie grandiose Flieger, die sich im freien Fall hinabstürzen, um dann im letzten Moment wieder aufzusteigen. Im freien Fall befindet sich auch Prometheus, Arzt auf der Onkologie. Was ihm geschehen ist, wissen wir zu Beginn nicht – nur, dass es etwas mit dem Tod seines besten Freundes Jakob zu tun hat und er daher auf der Flucht nach Dänemark ist. Wird es auch ihm, wie dem Mauersegler, gelingen, seinen Fall zu bremsen, um sich wieder in den Himmel zu erheben?

„Der Mauersegler“ ist nach „Marianengraben“ der zweite Roman aus der Feder von Jasmin Schreiber. Die Handlung wird aus Prometheus‘ Perspektive in der Er-Form erzählt; dabei nimmt er uns auch immer wieder mit in die Vergangenheit und schildert Erlebnisse mit Jakob. Der Autorin gelingt es dabei sehr gut, einzufangen, was diese Freundschaft seit Kindertagen ausmacht und wie sehr Trauer und Schuld den Protagonisten zu Boden drücken. Im Text finden sich auch Bezugspunkte zu Schreibers vorherigen Büchern: Paula, die Protagonistin aus „Marianengraben“ hat kurz vor Prometheus am selben Ort Zuflucht gefunden, einige Szenen und Dialoge greifen wiederum Themen aus „Abschied von Hermine“, dem Sachbuch der Autorin auf.

Die Flucht des Protagonisten endet zunächst am Strand von Dänemark, wo er von Helle und Aslaug
gefunden und auf deren Hof gebracht wird. Die beiden helfen ihm nicht nur dabei, seine Angst vor Pferden zu kurieren, sondern geben ihm auch die nötige Zeit, die er braucht, um sich dem Schmerz über Jakobs Verlust zu stellen. Vor allem Aslaug hatte es selbst nicht immer leicht im Leben und hilft Prometheus, einen neuen Blickwinkel auf die Geschehnisse zu finden. Die namensgebenden Mauersegler begleiten ihn dabei immer wieder durch die unterschiedlichen Phasen seines Lebens und bieten dabei die perfekte Metapher für seinen Erfolg und sein Scheitern – und im Grunde für den Menschen an sich.

Fazit: Jasmin Schreiber ist erneut ein zarter, emotionaler Roman gelungen, der gerne noch viel mehr Seiten umfassen könnte.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Geschichtslektion für die ganz Kleinen

Rosa Parks
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Im Insel Verlag existiert schon seit einigen Jahren die Reihe "Little People, BIG DREAMS", in der kindgerecht beeindruckende Lebensgeschichten großer Persönlichkeiten erzählt werden. Nun liegt diese Erfolgsreihe ...

Im Insel Verlag existiert schon seit einigen Jahren die Reihe "Little People, BIG DREAMS", in der kindgerecht beeindruckende Lebensgeschichten großer Persönlichkeiten erzählt werden. Nun liegt diese Erfolgsreihe auch im Pappbilderbuch vor und liefert damit eine Version für die ganz Kleinen, die aufgrund der festen Pappseiten gerne auch etwas wilder bespielt werden darf. Das kleinere Format eignet sich dabei perfekt für unterwegs.

Der vorliegende Band befasst sich mit der Bürgerrechtsaktivistin Rosa Parks, die im Alabama der Rassentrennung aufwuchs. Am 1. Dezember 1955 weigerte sie sich, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Mann zu räumen, was zum so genannten "Busboykott von Montgomery" und in der Folge zum Ende der Jim Crow-Gesetze führte.

Die Handlung ist natürlich stark vereinfacht, für das Alter der Zielgruppe ab etwa fünf Jahren aber ein sehr gelungener Einstieg in ein wichtiges Thema. Unterstützt wird die Botschaft noch durch die kindgerechten Illustrationen von Marta Antelo - auf den Seiten gibt es, auch für Erwachsene, einiges zu entdecken; so zum Beispiel die Fotos an der Wand, die Rosa Parks mit Bill Clinton oder Al Gore zeigen.

Im Gegensatz zur großformatigen Version fehlt die Biografie am Ende des Buches. Schade, aber aufgrund des Formates durchaus verständlich. Als Vorleser*in empfiehlt es sich daher, vorher selbst etwas zu recherchieren, um die Fragen des Kindes auch beantworten zu können. So lernen auch die Großen noch etwas dazu, eine tolle Sache!

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Bewegender Roman über die Schattenseiten des "American Dream"

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
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Die Geschwister Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, sind in den staubigen Hügeln Kaliforniens unterwegs – im Gepäck die verwesende Leiche ihres Vaters. Nach dem Verlust der Mutter ist nun auch ...

Die Geschwister Lucy und Sam, Kinder chinesischer Einwanderer, sind in den staubigen Hügeln Kaliforniens unterwegs – im Gepäck die verwesende Leiche ihres Vaters. Nach dem Verlust der Mutter ist nun auch er verstorben und die beiden kämpfen allein ums Überleben. Doch erst müssen sie die notwendigen zwei Silberdollar finden, um ihrem Ba ein würdiges Begräbnisritual zu ermöglichen. Diese Suche führt sie durch unwegsame Landschaften und in menschliche Abgründe – und vor allem zu den Geheimnissen ihrer Familie.

In ihrem Debütroman erzählt die Autorin C Pam Zhang die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven. Mal folgen wir Lucy, sehen mit ihre Augen und erleben durch sie, wie es ihr nach dem Tod ihres Vaters ergeht. Das Verhältnis zu Sam ist nicht immer einfach, denn die Geschwister haben nicht dieselben Erwartungen an das Leben und werden von unterschiedlichen Sehnsüchten angetrieben. Es finden aber auch Rückblenden in die Vergangenheit statt, als die Eltern der beiden sich kennenlernten und sogar der verstorbene Ba kommt zu Wort. Die Sprache ist dabei atmosphärisch und poetisch und fängt sowohl die Landschaft als auch die Emotionen der Charaktere ein. Interessant ist auch, dass die Kapitelüberschriften (bis auf eine Ausnahme) nur aus einem einzigen Wort bestehen, sich mehrfach wiederholen und so stets eine andere Bedeutung erhalten.

Eine konkrete zeitliche Einordnung vermeidet die Autorin bewusst, indem sie – in Tradition von Murakamis „1Q84“ die ersten beiden Ziffern der Jahreszahlen durch ein X ersetzt. Ihr Roman steht zwar klar in der Tradition des klassischen Western und spielt auf den kalifornischen Goldrausch an, bricht aber diese Anklänge auch wieder auf und formt daraus etwas Neues. „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ ist eine Geschichte über die Vernichtung indigener Völker in den USA, die Kolonisierung und die Ausbeutung des Landes. Ebenso ist es aber auch eine ganz persönliche Historie über Identität, Rassismus und Armut und das Trauma einer Einwandererfamilie über verschiedene Generationen hinweg.

Fazit: Ein bewegender Roman über die Tatsache, dass der „American Dream“ nicht für jeden dieselben Chancen bereithält

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Veröffentlicht am 21.07.2021

Stimmungsvolles Kinderbuch mit wichtiger Botschaft

Greenglass House
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Es ist der erste Tag der Weihnachtsferien. Der zwölfjährige Milo hat gerade alle seine Hausaufgaben erledigt und freut sich auf einige ruhige Tage mit seinen Eltern, die in ihrem Zuhause – dem charmanten ...

Es ist der erste Tag der Weihnachtsferien. Der zwölfjährige Milo hat gerade alle seine Hausaufgaben erledigt und freut sich auf einige ruhige Tage mit seinen Eltern, die in ihrem Zuhause – dem charmanten Greenglass House – ein Gasthaus für Schmuggler betreiben. Doch dann treffen einer nach dem anderen sechs mysteriöse Gäste ein und sie alle scheinen ihre eigene Agenda zu verfolgen. Zu allem Überfluss sorgt ein Schneesturm dafür, dass niemand Greenglass House verlassen kann. Als dann auch noch zwei der Gäste bestohlen werden, macht Milo sich mit Meddy, der Tochter der Köchin, auf die Suche nach dem Täter.

„Greenglass House“ erinnerte mich von Cover und Beschreibung sofort an eine meiner liebsten Kinderbuchreihen, nämlich „Winterhaus“. Tatsächlich sind beide im Verlag Freies Geistesleben erschienen und haben zumindest die Grundstruktur gemeinsam: Zwei Kinder versuchen die Geheimnisses eines alten Hauses zu lüften. Allerdings fügt die Autorin Kate Milford in diesem Buch noch einige interessante Aspekte hinzu. Zum einen das Thema Schmuggel und die damit verbundenen alten Geschichten und auf der anderen Seite das wichtige Thema Adoption.

Milo stammt nämlich ursprünglich aus China und wurde als Baby von den Pines adoptiert. In seiner Umgebung sieht niemand so aus wie er und so stellt er sich oft vor, wer seine wirklichen Eltern sind und was sie wohl tun. Gleichzeitig hat er dabei auch Schuldgefühle, denn verrät er damit nicht die Pines, die sich liebevoll um ihn kümmern? Meiner Meinung nach ist das Thema wirklich sensibel eingebettet, ohne zu viel oder zu wenig Raum einzunehmen.

Mit ihrem detaillierten, bildhaften Schreibstil erweckt die Autorin das alte Haus und seine Bewohner zum Leben. Die Handlung ist spannend und hält für die Leser die eine oder andere überraschende Wendung parat. Vor allem die Lebensgeschichten der sechs Gäste und ihre unterschiedlichen Charaktere führen dabei immer wieder zu amüsanten, aber auch traurigen Situationen. Ein perfektes Buch, um sich damit – in eine warme Decke eingekuschelt und mit einer Tasse Kakao – in einen gemütlichen Lesesessel zurückzuziehen.

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