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Veröffentlicht am 15.04.2017

Perfekte Mischung aus Liebesroman und Familiendrama - emotional und trotz des schwierigen Themas leichtgängig zu lesen

Du erinnerst mich an morgen
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Der Klappentext zum Roman ist sehr kurzgefasst und verrät nicht, wovon er eigentlich handelt.

Die Geschichte beginnt unmittelbar mit dem Hochzeitstag von Zoe, die nach wochenlangen Zweifeln am Tag des ...

Der Klappentext zum Roman ist sehr kurzgefasst und verrät nicht, wovon er eigentlich handelt.

Die Geschichte beginnt unmittelbar mit dem Hochzeitstag von Zoe, die nach wochenlangen Zweifeln am Tag des Ereignisses kalte Füße bekommen hat. Als sie dann auch noch der Anruf einer Freundin ihrer Mutter erreicht, die Zoe bittet, sofort zu ihr zu fahren, lässt Zoe ihren Verlobten sang- und klaglos vor dem Altar stehen.
Ihre Mutter war nicht zur Hochzeit eingeladen, da Zoe den Kontakt zu ihr vor Jahren abgebrochen hatte. Die Hintergründe bleiben zunächst im Unklaren, ihre jüngere Schwester Lily hatte die Verbindung zu Gina zumindest aufrecht erhalten.

Zoe holt ihre verwirrte Mutter aus dem Gewahrsam einer Polizeistation ab, da sie beim Diebstahl erwischt und gegenüber den Beamten ausfallend geworden war. Zoe erkennt ihre Mutter kaum wieder, die einerseits aggressiv, aber auch zerbrechlich und hilflos wirkt.

Auch wenn Mutter und Tochter sich in den letzten Jahren ignoriert haben, und Zoe immer noch eine Wut auf Gina verspürt, kümmert sie sich um ihre Mutter, der immer wieder die Worte fehlen, die Schlüssel verlegt und sich von ihren Nachbarn bedroht fühlt. Lily hat Ginas geistige Aussetzer offensichtlich nicht wahrhaben wollen, aber Zoes schlimmste Befürchtungen werden bald von ärztlicher Seite bestätigt: Ihre Mutter leidet an Alzheimer.

Zoe fühlt sich für ihre Mutter verantwortlich, die bald kaum noch allein sein kann. Wegen der Sorgen um Gina geraten die abgeblasene Hochzeit und ihr Verlobter Jamie schon fast in Vergessenheit. Zoe liebt ihn trotz der Zweifel, die sie übermannt haben und möchte ihn zurückgewinnen.

Nach "Die Liebe ist ein schlechter Verlierer" hat Katie Marsh erneut ein sehr emotionales Buch um eine Krankheit und die Folgen für die Angehörigen geschrieben. Es geht auch wiederum um die Unsicherheit einer jungen Frau und deren Bindungsängste sowie die Fähigkeit, vergeben zu können. Zoe ist dabei eine sympathische und sehr authentische Protagonistin, die nicht im Selbstmitleid zerfließt.

Besonders schön sind auch die Tagebucheinträge von Gina ab 1985 zu lesen, die ihrer Tochter jedes Jahr zum Geburtstag geschrieben hat. Darin lernt der Leser auch sie besser verstehen, die in der Gegenwart - von der Krankheit gezeichnet- unnahbar wirkt. Da ihr Mann als Soldat zu Beginn ihrer Ehe stets über Monate entfernt stationiert war, war Gina in der Regel immer mit zwei kleinen Töchtern im Alltag auf sich allein gestellt und einsam. All ihr Liebe hat sich auf Zoe und Lily projiziert, weshalb ich mich lange gefragt habe, wie es zu so einem Zerwürfnis zwischen Gina und ihrer ältesten Tochter kommen konnte.

Abgesehen von Zoes familiären Problemen und der Annäherung ihrer Mutter, war es zudem spannend zu erfahren, warum sie Jamie nicht hatte heiraten können und ob sie es trotz ihres verletzenden Verhaltens und der Demütigung schaffen würde, ihren Verlobten zu einem Neuanfang zu bewegen.

Der zweite Roman von Katie Marsh ist damit eine perfekte Mischung aus Liebesroman und Familiendrama, der trotz des schwierigen Themas leichtgängig zu lesen ist.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Traurig-schöne Liebesgeschichte mit charakterstarken Protagonisten

Ein ganzes halbes Jahr
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"Ein ganzes halbes Jahr" war mein Lieblingsbuch des Jahres 2013, das in mir wieder die Leidenschaft zum Lesen geweckt hat.

Zum Inhalt möchte ich mich gar nicht umfangreich äußern, da dieser nicht zuletzt ...

"Ein ganzes halbes Jahr" war mein Lieblingsbuch des Jahres 2013, das in mir wieder die Leidenschaft zum Lesen geweckt hat.

Zum Inhalt möchte ich mich gar nicht umfangreich äußern, da dieser nicht zuletzt durch die Verfilmung hinlänglich bekannt sein dürfte. Louisa Clark braucht dringend einen Job und bewirbt sich völlig blauäugig als Pflegerin für den Tetraplegiker (Querschnittslähmung aller vier Gliedmaßen) Will Traynor. Medizinisch hat sie zwar keine Ahnung, aber Wills Mutter beschäftigt sie dennoch aufgrund ihrer unbedarfte, erfrischenden Art, in der Hoffnung, neunen Lebensmut in Will zu wecken. Dieser sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl und ist rundum die Uhr auf eine Pflegekraft angewiesen. Für ihn selbst ist sein Leben nichts mehr wert.

Lou ist die erste, die Will nicht bemitleidet und wie einen "Krüppel" behandelt, sondern sich traut, ihm paroli zu bieten. Will ist von der jungen Frau, die sich selbst so wenig zutraut, beeindruckt und auch Lou empfindet bald mehr für ihren "Patienten". Er fasst so viel Vertrauen zu ihr, dass er sie bittet, ihn in die Schweiz zu begleiten, um seinem Leben ein Ende zu setzen.

Die Liebesgeschichte um Lou und Will ist dramatisch und rührt zu Herzen. Als Romantikerin wünscht man ihnen ein Happy End und dass sie, solange es geht, miteinander glücklich leben können. Will möchte jedoch genau dann aufhören, wenn es am Schönsten ist. Als Leser hofft man auf ein medizinisches Wunder und fiebert bis zum Schluss mit, dass sich Will umentscheiden möge.

Der Roman verbindet traurige mit humorvollen Elementen und lebt vor allem auch von den beiden eigenwilligen, perfekt gezeichneten, charakterstarken Protagonisten. In beiden Gefühlswelten kann man sich optimal hineindenken und ist selbst zwiegespalten, was die richtige Entscheidung ist und ob es bei einer so persönlichen Frage überhaupt ein Richtig oder Falsch gibt.

Jojo Moyes wirft Fragen der Ethik auf, was eine Leben lebenswert macht und wer über Leben und Tod entscheiden darf. Sowohl Befürworter als auch Gegner der Sterbehilfe kommen zu Wort.
Es ist kein Buch, dass eine Entscheidung verurteilt oder als moralisch verwerflich darstellt, sondern die rein persönliche Perspektive des einzelnen beleuchtet und damit auch ein Buch über das Abschiednehmen und Loslassen von geliebten Menschen.

"Ein ganzes halbes Jahr" hat mir so gut gefallen, dass ich bis jetzt (noch) nicht die Fortsetzung "Ein ganz neues Leben" gelesen habe. Ich denke jedoch, wenn es im Sommer als Taschenbuch erscheint, werde ich mich in einer Buchhandlung nicht mehr zurückhalten können. Lou und ihre Ringelstrumpfhose waren mir so sympathisch, dass ich doch wissen möchte, wie sie ein neues Leben ohne Will anfängt.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Psychothriller, der das Böse der Menschen nüchtern und ohne Effekthascherei schildert und trotzdem schockierend ist

Geständnisse
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Die vierjährige Manami ertrinkt im Schwimmbad der Schule, in der ihre Mutter Moriguchi als Lehrerin arbeitet. Alle Indizien deuten auf ein tragisches Unglück hin, aber im Gespräch mit ihren Schülern wird ...

Die vierjährige Manami ertrinkt im Schwimmbad der Schule, in der ihre Mutter Moriguchi als Lehrerin arbeitet. Alle Indizien deuten auf ein tragisches Unglück hin, aber im Gespräch mit ihren Schülern wird Moriguchi klar, dass Schüler der siebten Klasse Manami getötet haben. Im Bewusstsein, dass aufgrund des Alters der Schüler lediglich das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen würde und die Schüler aufgrund ihrer psychischen Labilität als schuldunfähig gelten könnten, rächt sich Moriguchi auf ihre Art an den vermeintlichen Mördern und hält an ihrem letzten Schultag ein raffiniertes Plädoyer vor ihrer Schulklasse.

In der Konsequenz wird eine Gewaltspirale in Gang gesetzt und die Beschuldigten selbst werden zu Opfern einer Art von Selbstjustiz.

"Geständnisse" wurde verfilmt und kam bereits 2011 in die deutschen Kinos. Der Roman ist in sechs Kapiteln, aus den unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten um den Tod der kleinen Manami, erzählt, so dass sich am Ende ein Gesamtbild für den Leser ergibt. Beginnend mit der Mutter kommen Angehörige, die die Wahrheit nicht wahrhaben möchten und die Schuldigen selbst zu Wort.
Hier tun sich die menschlichen Abgründe der Seele auf. Die Grausamkeit von Kindern und Jugendlichen, der Hass und fehlende Empathie lösen Entsetzen beim Leser aus.

Man fragt sich unweigerlich, wer Schuld hat am Tod und den Folgen. Wurde einfach nur die Aufsichtspflicht verletzt? Ist es die Konsequenz aus den Gedanken eines morbiden Schülers und der von ihm ausgehenden Gefahr, die ignoriert worden ist? Das strenge Schulsystem oder die japanische Gesellschaft, für die nur Leistung zählt und in der die Schüler einem unheimlichen Druck ausgesetzt werden, zu den besten zu gehören, weil sie sonst nichts wert sind.

Auch wenn von Anbeginn klar ist, dass es sich bei dem Tod der Vierjährigen nicht um einen Unfall handelt, ist der Psychothriller spannend zu lesen. Stück für Stück wird aufgedeckt, wie sich das Ereignis tatsächlich ereignet hat, wie es dazu kommen konnte und welche noch weiteren schrecklichen Folgen sich als Reaktion auf die Tat ereignen.
"Geständnisse" ist ein subtiler Psychothriller, der das Böse der Menschen nüchtern und ohne Effekthascherei schildert und trotzdem schockierend ist - mit einem genialen, bitterbösen Ende.

Veröffentlicht am 27.03.2017

Große emotionale Unterhaltung mit einem interessanten historischen Hintergrund

Ein Bild von dir
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St. Péronne im Jahr 1916. Frankreich ist zu dieser Zeit des Ersten Weltkrieges von den Deutschen besetzt. Sophie Lefèvre führt mit ihrer Schwester Hélène das Hotel Le Coq Rouge weiter und wird gezwungen, ...

St. Péronne im Jahr 1916. Frankreich ist zu dieser Zeit des Ersten Weltkrieges von den Deutschen besetzt. Sophie Lefèvre führt mit ihrer Schwester Hélène das Hotel Le Coq Rouge weiter und wird gezwungen, den deutschen Soldaten allabendlich ein Menü zu servieren, während die französische Bevölkerung selbst Hunger leidet. Von ihrem Ehemann Édouard an der Front hat Sophie schon seit Längerem nichts mehr gehört, weshalb sie sehr an einem Porträt hängt, das ihr Mann von ihr gezeichnet hat.

Der deutscher Kommandant Friedrich Hencken ist von der starken Frau fasziniert und ein Bewunderer des Porträts.
Als die Ungewissheit um das Wohlergehen von Édouard für Sophie unerträglich wird, ist sie bereit, sich dem deutschen Kommandanten, dem sie ihr Vertrauen entgegenbringt, hinzugeben und das Porträt gegen eine Fahrt zu ihrem Mann einzutauschen.

2006 ist das Porträt im Besitz von Olivia Halston, deren Ehemann David, ein begabter Architekt, der im Alter von nur 38 Jahren überraschend gestorben ist. Liv lebt seit seinem Tod zurückgezogen in dem großen Glashaus und hält sich scheinbar nur durch das Porträt aufrecht, das ihr David auf der Hochzeitsreise in Barcelona geschenkt hat. Das Gemälde ist nicht nur eine Erinnerung an ihren verstorbenen Mann, die "Jeune Femme", die ihr angeblich ähnlich sieht, zeigt eine starke Frau, die ihr Kraft gibt.

Liv ist verschuldet und musste ihr Haus bereits mit mehreren Hypotheken belasten. Als dann auch noch ihre Handtasche gestohlen wird, nachdem sie ihr Konto überzogen hat, um die Grundsteuer für das Architektenhaus bezahlen zu können, lernt sie Paul McCaffrey kennen. Der ehemalige Polizist ist ihr an dem Abend behilflich und kann ihr später sogar ihre Handtasche zurückbringen.
Sie lernen sich näher kennen und für Liv ist Paul der erste Mann, dem sie sich nach vier Jahren wieder öffnet. Als er das Porträt von Sophie in ihrem Schlafzimmer sieht, reagiert er plötzlich abweisend. Es stellt sich heraus, dass es ein millionschweres Kunstwerk ist, das von den Nachfahren von Sophie gesucht wird, die Anspruch darauf erheben. Paul ist der Mitarbeiter der Firma, die sich mit der Forderung der Rückgabe an die rechtmäßigen Besitzer beschäftigt.
Liv kämpft für alle Beteiligten unverständlich wie eine Löwin um das Porträt, wobei ihr der materielle Wert egal ist. Es beginnt ein Gerichtsprozess um Kunstraub durch Nationalsozialisten, auf den sich die Medien stürzen, die Liv als Diebin darstellen. Sie droht alles zu verlieren: die junge Liebe zu Paul, das Porträt und aufgrund der Gerichts- und Anwaltskosten das von ihrem Ehemann entworfene Haus.

"Ein Bild von dir" ist wieder ein emotionaler Roman der Bestseller-Autorin Jojo Moyes, der wie "Eine Handvoll Worte" einen Handlungsstrang in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart hat. Auf beiden Zeitebenen geht es jeweils um das berührende Schicksal einer Frau in einer Ausnahmesituation. Beide Erzählungen gehen unheimlich nah und man leidet mit der starken, aber am Ende völlig verzweifelten Sophie mit. Die Situation in ihrem Heimatort in Nordfrankreich zur Zeit der Besatzung durch die Deutschen ist sehr anschaulich beschrieben. Die Bevölkerung ist gebeutelt von den dort stationierten Soldaten und dem andauernden Krieg, auch wenn die Front weit weg ist. Durch Missgunst und gegenseitige Bespitzelung ist das Vertrauen in Bekannte und Nachbarn erschüttert. Auch Sophie, die sich selbstlos um die Einwohner des Orts gekümmert hat, wird am Ende verstoßen.

Auch wenn es in der Gegenwart in London im Jahr 2006 nicht mehr um Leben und Tod geht, geht einem das Schicksal noch immer um ihren Ehemann trauernden Liv nahe, die sich in ihrer Einsamkeit irrational an ein Gemälde klammert.

Der Schreibstil von Jojo Moyes ist gewohnt flüssig und die Handlung selbst, die sich auf über 540 Seiten erstreckt, zu keinem Zeitpunkt langweilig. Nachdem der letzte Roman "Im Schatten das Licht", den ich von der Autorin gelesen habe, für mich enttäuschend war, ist dieser Roman wieder große emotionale Unterhaltung mit einem interessanten historischen Hintergrund.

Veröffentlicht am 24.03.2017

Geschichte einer zerbröckelnden Freundschaft zweier ungleicher Frauen: literarische Unterhaltung auf hohem Niveau

Ein Sommer in Corona del Mar
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Mia und Lorrie Ann wachsen in Corona del Mar in Kalifornien auf und sind während ihrer Schulzeit beste Freundinnen, auch wenn sie grundsätzlich verschieden sind. Mia, aus deren Sicht der Roman geschrieben ...

Mia und Lorrie Ann wachsen in Corona del Mar in Kalifornien auf und sind während ihrer Schulzeit beste Freundinnen, auch wenn sie grundsätzlich verschieden sind. Mia, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, ist schon immer "die Böse" gewesen. Sie ist das rebellische Mädchen, das im Gegensatz zu der zurückhaltenden, hübschen Lorrie Ann auffällt und nicht in so liebevollen, geordneten Familienverhältnissen aufwächst. Mias Mutter ist aufgrund ihres Alkoholkonsums häufig nicht ansprechbar und kümmert sich auch nicht um ihre jüngsten Söhne.

"Für mich war meine Freundin Lorrie Ann die Gute, und ich war die Böse. Sie war wunderschön (geradezu skandalös, wie ein Gemälde von Vermeer), ich hingegen sexy (mit dreizehn bedurfte es nichts weiter als einer Tonne kirschfarbenem Labello). Wir waren beide schlau, aber Lorrie Ann auf die nachdenkliche Art, wohingegen ich gewieft war, sie ernst und ich verschroben. Während sie sentimental war, war ich sarkastisch."

Während sich Mia mit 15 Jahren, ungewollt schwanger, für eine Abtreibung entscheidet, wird Lorrie Ann früh ungeplant Mutter. Auch wenn sie der Vater des Kindes heiratet und Jim sich sogar als Soldat verpflichtet, um seine kleine Familie zu ernähren, verläuft Lorrie Anns Leben nicht glücklich.

Mia fängt an zu studieren und zieht nach Europa, weshalb sich die Freundinnen über Jahre nicht sehen und sich fremd werden. Da kommt Lorrie Ann unerwartet zu Mia nach Istanbul: ohne Mann und Kind, ohne Schuhe, aber vollgepumpt mit Drogen.

Mia, die mit inzwischen 28 Jahren mit ihrer Vergangenheit in Corona del Mar abgeschlossen hat und sich ein eigenes Leben zusammen mit einem Freund, der sie liebt, aufgebaut hat, ist entsetzt über den Zustand ihrer ehemals so schönen, gutherzigen Freundin, Sie nimmt Lorrie Ann bei sich auf, in der Hoffnung, sie zu einem Entzug zu bewegen, damit sie auch wieder zu ihrem Sohn nach Kalifornien zurückkehren kann.
In Rückblenden erzählt Lorrie Ann ihre Geschichte und was sich seit der Trennung der Freundinnen ereignet hat.

"Ein Sommer in Corona del Mar" ist keine leichte (Urlaubs-)lektüre, wie der Titel suggeriert. Ich habe mich allerdings aufgrund der Kurzbeschreibung für den Roman entschieden und bin nicht enttäuscht worden.
Es ist ein Roman über eine langjährige Freundschaft zweier junger Frauen in den 90er-Jahren, die sich, aufgrund von verschiedenen Schicksalsschlägen und letztlich auch der räumlichen Distanz über zwei Kontinente hinweg geschuldet, verläuft. Während die beiden unmittelbar nach dem Wegzug von Mia den Kontakt telefonisch halten und Mia auch noch später in Corona del Mar zu Besuch ist, haben sie sich - schon fast unbemerkt - später über Jahre nicht gesehen.
Völlig hilflos und fertig mit dem Leben, taucht Lorrie Ann überraschend in Istanbul auf uns drängt sich kurze Zeit in Mias Leben, die ihrerseits ihre Freundin kaum wiedererkennt.

Es scheint, als haben die beiden Protagonistinnen die Rollen getauscht: Nun ist Lorrie Ann "die Böse", die ihre Familie in Kalifornien zurückgelassen hat, um durch Indien zu reisen, und Mia diejenige, die sich zum Positiven verändert hat, erwachsen und sesshaft geworden ist.

Die Schicksale beider Frauen sind unheimlich eindringlich geschildert, gehen sehr nah und stimmen traurig. Die Geschichte einer zerbröckelnden Freundschaft gleicht einer feinfühligen Charakterstudie und zeigt, in welch ganz andere Richtungen Menschen sich entwickeln können. Zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar, ist das Debüt von Rufi Thorpe berührend und literarische Unterhaltung auf hohem Niveau - eine Geschichte, die ich so schnell nicht vergessen werde. Ein Lesehighlight!