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Veröffentlicht am 20.09.2021

✎ Jenny Downham - Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe
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Schon sehr lange schlummerte dieses Buch auf meiner Wunschliste. Als ich diese letztens aufräumte, durfte "Bevor ich sterbe" direkt bei mir einziehen, um gehört zu werden.

Leider habe ich nicht darauf ...

Schon sehr lange schlummerte dieses Buch auf meiner Wunschliste. Als ich diese letztens aufräumte, durfte "Bevor ich sterbe" direkt bei mir einziehen, um gehört zu werden.

Leider habe ich nicht darauf geschaut, wer das Hörbuch liest, daher war ich direkt enttäuscht, da ich Anna Thalbachs Stimme als nicht sehr angenehm empfinde.

Anfangs war ich nicht so angetan von der Entwicklung der Geschichte. Es klang alles ziemlich belanglos. Ich rechnete mit etwas Tiefgreifendem, Emotionalem. Stattdessen bekommt man ziemlich viel Belangloses, wenig Reflektiertes. Eigentlich wollte ich das Hörbuch bereits abbrechen.

Doch dann wandelte sich das Ganze.

Ich bekam die Jugendliche, die anfangs so fern schien, endlich zu greifen. In mir regte sich etwas.

Vielleicht konnte ich so viel von Tessas Reaktion nachvollziehen, weil ich meine Uroma bis zum letzten Atemzug (wortwörtlich) begleitet habe. Ich habe sie die letzten Tage, Stunden, Minuten, Sekunden erlebt, und habe mich immer wieder gefragt, wie sie ihre letzten Momente unter uns wahrgenommen hat.

Jenny Downham gibt diesbezüglich einen eindringlichen Einblick. Es bestätigt eine weitere meiner Erfahrungen auf diesem Gebiet.

Das Ende war hochemotional. Einfach nur noch zuhören, war kaum möglich. Ich habe mit Tessa mitgelitten, mit Adam, mit den Eltern, mit der Freundin. Die Entwicklung der Mutter war dabei besonders interessant.

Der Schreibstil und die Ausdrucksweise die die Schriftstellerin verwendet, sind gewiss nicht jedermanns Sache. Mir haben sie sehr zugesagt und waren sehr passend. Durch sie kamen die wirklichen Emotionen rüber. Durch sie konnte ich hinter die Fassade schauen und bekam nicht nur oberflächliches Blabla.

Für mich persönlich ein sehr wichtiges Werk, welches ich an jene weiterempfehle, die ebenfalls einen sterbenden Menschen begleitet haben und sich die Frage stellen: Was geht in Menschen vor, die wissen, dass sie bald sterben? ...

©2021 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 13.09.2021

✎ Erica Fischer - Aimée und Jaguar

Aimée und Jaguar
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Ich habe bereits eine Menge Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus gelesen. Und doch erfahre ich erstaunlicherweise ganz oft neue Dinge, wenn mir wieder Mal ein Werk dazu in die Hände fällt.

So ...

Ich habe bereits eine Menge Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus gelesen. Und doch erfahre ich erstaunlicherweise ganz oft neue Dinge, wenn mir wieder Mal ein Werk dazu in die Hände fällt.

So erging es mir auch bei "Aimée und Jaguar".

Anfangs tat ich mich ein bisschen schwer mit dem Lesen, denn Lilly Wust war mir äußerst unsympathisch. Ich musste mir immer wieder vor Augen führen, dass Menschen nun mal unterschiedlich sind und mir nicht alle angenehm sein können.

Erica Fischer hat einen unglaublich beschreibenden Schreibstil. Lilly und Felice haben von Anfang an Gestalt angenommen und diese bis zum Schluss nicht verloren. All die Verzweiflung, Eifersucht, Hilflosigkeit, ... begleiten einen auf nahezu jeder Seite.

Durch die geschilderten Momente und dem Lesen zwischen den Zeilen kommen unwillkürlich Gedanken auf, die einen selbst manchmal erschrecken - vor allem in Bezug auf Lilly.

Obwohl im Klappentext bereits steht, was passiert, war ich geschockt, als es tatsächlich eintraf. Der weitere Verlauf brach mir dann das Herz. Ich finde keine Worte, die beschreiben, wie tieftraurig ich war / bin.

Da ich den Film (noch) nicht kenne, kann ich keine Parallelen ziehen. Von mir gibt es für das Werk jedoch eine Leseempfehlung an all diejenigen, die sich für das Thema interessieren. Diese Geschichte wird mir nicht mehr aus dem Kopf gehen ...

©2021 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 20.08.2021

✎ Anja Jonuleit - Das letzte Bild

Das letzte Bild
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Als ich damals den Klappentext las, war ich davon überzeugt, eine Familiensaga vor mir zu haben. Ich mag dieses Genre und gehe daher immer ohne große Erwartungen ans Lesen. Bisher wurde ich auch erst wenige ...

Als ich damals den Klappentext las, war ich davon überzeugt, eine Familiensaga vor mir zu haben. Ich mag dieses Genre und gehe daher immer ohne große Erwartungen ans Lesen. Bisher wurde ich auch erst wenige Male enttäuscht.

Was sich hier jedoch entpuppt hat, würde ich eher unter dem Genre 'Krimi' verbuchen. Und das sogar ein richtig guter in meinen Augen.

Bisher kannte ich kein einziges Buch der Autorin - und das, obwohl sie bereits mehrere erfolgreich veröffentlich hat. Ich denke, das wird sich hiermit ändern, denn mit "Das letzte Bild" hat sie mich überzeugt.

Anja Jonuleit hat einen fesselnden Schreibstil, der es mir schwermachte, die Lektüre aus der Hand zu legen. Immer wieder wollte ich wissen, wie es weitergeht.

Die Geschichte wird auf 2 Ebenen erzählt: Evas Reise und das Schicksal der Toten.
Evas Strang ist interessant, manchmal für mich nicht ganz nachvollziehbar, jedoch ein solides Grundgerüst der Erzählung. Zu Eva selbst habe ich leider keinen rechten Zugang finden können.
Der Strang der Toten ist ein wahrer Krimi. Interessant. Aufwühlend. Gänsehautverursachend. Ein Page-Turner. Hier habe ich richtig mitgelitten.

Gut gefallen haben mir das Nachwort der Autorin und die zusätzlichen Sachinformationen. Erst da erfuhr ich, dass es die Isdal-Frau wirklich gegeben hat. Diese wurde bis heute nicht identifiziert, doch die Schriftstellerin gab ihr mit diesem Krimi einen Namen und auch eine Familie.

©2021 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 13.08.2021

✎ Zazu Navarro - Mein Tutu

Mein Tutu
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Wir versuchen, unser Kind weitestgehend klischeefrei zu erziehen. Dass das nicht so ganz klappt, mussten wir leider schon öfter feststellen. Woher diese permanente Zuordnung kommt, ist nicht wichtig. Wichtig ...

Wir versuchen, unser Kind weitestgehend klischeefrei zu erziehen. Dass das nicht so ganz klappt, mussten wir leider schon öfter feststellen. Woher diese permanente Zuordnung kommt, ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir immer wieder darüber reden, dass jeder alles sein und tragen darf.

Im Großen und Ganzen gefällt mir das Buch. Es zeigt auf, dass alle Kinder anders und doch gleich sind.

Wir begleiten Tino durch die Geschichte. Er schildert mit einfachen Sätzen seinen Tag im Kindergarten.
Dabei sieht man, dass so junge Menschen noch sehr unverbraucht sind: Sie fragen etwas, bekommen eine Antwort und sind zufrieden. Keine Kommentare, keine Mimik, keine Nebenfragen.

Tino beweist, dass es nicht wesentlich ist, was er trägt. Er kann alle Spiele auf seine Weise mitspielen. Man benötigt nur ein bisschen Fantasie.

Lediglich 3 Stellen finde ich nicht so gut gelungen:

Einmal erwidert Tino:
»Das ist kein Mädchenrock, das ist ein Tutu!«
Soll das heißen, ein Tutu darf er tragen, aber einen "Mädchenrock" nicht? Und was genau ist ein "Mädchenrock"?

An einer anderen Stelle wird ein Sandkuchen von vielen Kindern gebacken. Natürlich kommt es hierbei zu Schmierereien. Aber warum hat ein Kind den Matsch um den Mund? Meine 3-Jährige war diesbezüglich sehr irritiert und eine wirklich zufriedenstellende Antwort habe ich leider nicht gefunden / geben können.

Am Ende des Kindergartentages wird mit einem Lied geputzt. Dort heißt es:
»[...] Jetzt putzen wir! Jeder seinen Teil. [...] Jeder putzt, was ihm gehört!«
Das finde ich sehr schade, denn unsere Botschaft ans unsere Tochter ist immer: Wir helfen uns gegenseitig.

Die Mission des Werkes finde ich sehr wichtig. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen erkennen, dass Äußerlichkeiten unwichtig sind. Wir sollten uns ein Beispiel an (den hier dargestellten Kindergarten)Kindern nehmen und einfach alle akzeptieren, wie sie sind - ohne Hintergedanken, ohne Nachfragen, ohne (böse) Kommentare und (schiefe) Blicke.

Unser Mädchen findet "Mein Tutu" klasse und holt es immer wieder zum Lesen aus dem Schrank.

©2021 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 29.07.2021

✎ Carsten Müller & Sarah Siegl - Von wegen Bienchen und Blümchen!

Von wegen Bienchen und Blümchen! Aufklärung, Gefühle und Körperwissen für Kinder ab 5
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Als ich dieses Buch in der Hand hielt und erstmal alleine durchlas - das tue ich grundsätzlich bei Kinderbüchern -, war ich im Großen und Ganzen wirklich begeistert. Nachdem mich nämlich "Lina, die Entdeckerin" ...

Als ich dieses Buch in der Hand hielt und erstmal alleine durchlas - das tue ich grundsätzlich bei Kinderbüchern -, war ich im Großen und Ganzen wirklich begeistert. Nachdem mich nämlich "Lina, die Entdeckerin" arg enttäuscht hatte, hoffte ich hier auf eine bessere Umsetzung.

Ein ganz wichtiger Hinweis kommt direkt im Vorwort:

»Das Tempo der Aufklärung bestimmt Ihr Kind weitgehend selbst.« (S. 3)
(wobei mich hier das Wort 'weitgehend' stört, denn ich persönlich greife nicht vor, sondern richte mich nach dem, was meine Tochter interessiert)

Umso verwirrter war ich, als in einer Infobox auf einmal stand:

»Wenn Ihr Kind bis zum Ende der Kindergartenzeit nicht gefragt hat, wie Babys entstehen, dann sollten Sie es an das Thema heranführen.« (S. 28)

Warum? Wenn es an diesem Thema einfach noch nicht interessiert ist, werde ich es ihr auch nicht aufdrängen. Das ist für mich ein Übergriff mit einem sehr sensiblen Thema.

Als es darum geht, welche Menschen auf der Erde leben, wird auch das Dritte Geschlecht angesprochen. Das finde ich sehr fortschrittlich.

Generell finde ich immer wieder Aussagen, die superwichtig sind:

»Wichtig ist es, die Geschlechtsteile korrekt zu benennen - [...].« (S. 8)

»So, wie du bist, bist du genau richtig. Und es ist schön, dass du einer dieser fast acht Milliarden Menschen bist.« (S. 9)

Aber es gibt auch Stellen, die ich so meinem Kind nicht vorlese:

»Außerdem gibt es gute und schlechte Gefühle: [...]« (S. 10)

Nein! Es gibt keine "guten" und "schlechten" Gefühle! Jedes Gefühl darf sein! Vielleicht gibt es Gefühle, die sich nicht so toll anfühlen, doch sie als 'schlecht' zu bezeichnen, finde ich absolut verkehrt.

Das Thema 'Gefühle' wird auf einigen Seiten erläutert. Einiges kann man schon recht früh besprechen, einiges werden Kinder erst später verstehen. Leider sind die Gefühle ein bisschen verstreut.

Etwas, was mich sehr angesprochen hat, war eine Liste mit Regeln zu Doktorspielen. Zu diesem Thema gibt es dann ebenfalls einen super Hinweis für Vorlesende, wie man eine unpassende Situation zwischen Kindern ganz einfach auflöst.

Dann kommt eine Stelle, über die ich gestolpert bin: Mich irritieren Bilder von Sexstellungen in einem Buch, welches für Kinder ab 5 vorgeschlagen wird, schon sehr.
Ich denke, kein Mensch in diesem Alter interessiert sich für Sex. Klar fragt meine 3-Jährige, wie ein Baby in Mamas Bauch kommt. Das erkläre ich ihr auch gerne, aber eben ohne Sex speziell zu thematisieren. Eizelle und Samenzelle ist da meiner Meinung nach absolut ausreichend.
Auch um sie aufzuklären, dass NIEMAND irgendwelche Finger, Körperteile oder Dinge in ihre Körperöffnungen stecken darf, bedarf es dieser Darstellung nicht.

Um seinen Nachwuchs über Sex aufzuklären, bedarf es zu einem späteren Zeitpunkt geeignetere Literatur. Doch ins Kindergarten- / Grundschulalter gehört dieses Thema nicht. (dazu kann man sich übrigens bei Fachleuten bei entsprechenden Kinderschutzorganisationen informieren)

Gut finde ich, dass mit Rollenklischees gebrochen wird. Es wird auf verschiedene Familienformen eingegangen. Es wird gezeigt, dass es keine Jungssachen gibt, die Mädchen nicht dürfen oder können. (und umgekehrt) Und dabei wird etwas ganz Bedeutendes an das Kind weitergegeben:

»Jeder ist gut und richtig so, wie er ist. Das Geschlecht macht da keinen Unterschied.« (S. 33)

Das Thema 'Pubertät" wird ebenfalls gut erklärt.

Natürlich ist vieles für meine 3-Jährige noch nicht greifbar, aber das ist das Schöne daran: So wird uns dieses Werk über einige Jahre hinweg begleiten. Bei uns steht es nicht frei zugänglich im Regal, denn es bedarf einer intensiven Begleitung.

©2021 Mademoiselle Cake