Ein ungewöhnlicher Roman
Die Flüchtigen„Die Flüchtigen“ ist ein außergewöhnlicher Roman vom französischen Autor Alain Damasio, ins Deutsche übersetzt von Milena Adam.
Die Geschichte handelt von einer außergewöhnlichen Spezies – den Flüchtigen ...
„Die Flüchtigen“ ist ein außergewöhnlicher Roman vom französischen Autor Alain Damasio, ins Deutsche übersetzt von Milena Adam.
Die Geschichte handelt von einer außergewöhnlichen Spezies – den Flüchtigen und den Umgang mit diesen.
Eines Morgens ist die Tochter von Lorca und Sahar Varése spurlos aus ihrem Kinderzimmer verschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen. Die Eltern vermuten, dass Tishka von den unbekannten Wesen mitgenommen wurde. Lorca begibt sich auf die Suche und versucht auch seine Frau dazu zu bringen, die Hoffnung nicht aufzugeben.
Die Schreibweise von Damasio ist teilweise schwierig. Sehr spannende als auch hochemotionale Passagen wechseln sich mit eher technischen langatmigen Passagen ab. Leider lassen die zu lang geratenen Ausführungen auch leicht die Leselust dahinschwinden. Hier hätte Damasio sich durchaus kürzer fassen können.
Sehr interessant ist durch das gesamte Buch hinweg die Wahl der Schrift – diese ist durchsetzt mit Sonderzeichen, mal ein Punkt zu viel, mal einer zu wenig, Ecken, Backslashs usw. Schnell wird einem klar, dass die Wahl von Sonderzeichen immer auch einem bestimmten Protagonisten zuzuordnen ist, was mir besonders dabei geholfen hat, die jeweiligen Sichtweisen zuzuordnen.
Sehr gut gelungen sind die unterschiedlichsten Charaktere und die dazu passende Sprache. Man kann sich in diese Protagonisten sehr gut hineinversetzen. So weiß man sofort, dass Nér ein eher abgeklärter technisch versierter Militär ist und Sahar eher ein Gefühlsmensch, um zwei der Personen nur beispielhaft zu nennen.
Die Flüchtigen und ihre damit verbundenen Eigenschaften kommen teilweise durch verdrehte Buchstaben und Wörter zum Vorschein. Dies fällt beim Lesen teilweise doch eher schwer.
Damasio zeichnet eine Welt im Jahre 2040, in der die Städte privatisiert sind und man in verschiedenste Klassen eingestuft wird – von Standard bis Platin. Demzufolge kann man auch verschiedene Bereiche der Stadt nutzen oder auch nicht. Nahezu alles ist digitalisiert und der Mensch im Kompletten wird überwacht.
Das erschreckende an der dargestellten Welt ist, dass diese gar nicht so abwegig ist – befinden wir uns doch heute schon in einer zunehmenden Digitalisierung und damit verbundenen Bequemlichkeit. Daten werden erfasst und für passende Werbezwecke verwendet.
Für mich war dieses Buch somit nicht nur eine nette Geschichte über eine fremde Spezies, sondern auch eine Anregung zum Nachdenken über den heutigen Umgang mit der Digitalisierung.
Der Roman beinhaltet dabei nicht nur eine Familiengeschichte, sondern er vermittelt auch Gesellschaftskritik.
Alles in allem war „Die Flüchtigen“ für mich eine große Leseherausforderung. Es ist nicht nur ein wirklicher Wälzer mit seinen 838 Seiten, sondern es ist auch ein Buch, was man nicht einfach so nebenbei lesen kann. Es fordert höchste Konzentration. Stück für Stück werden einzelne Puzzleteile zusammengesetzt und Geheimnisse gelüftet. Auch überraschende Wendungen sind durchaus enthalten.
Aufgrund der zwischendurch aufkommenden Längen und schwierigen Sprache bekommt es von mir einen Punkt Abzug! Jedoch muss ich sagen, dass es für mich eine Leseerfahrung war, die auf jeden Fall noch eine Weile nachklingen wird.