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Veröffentlicht am 13.03.2022

Sprachlich begeisternde, gut recherchierte Reise in die Goethezeit

Goethe in Karlsbad
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Ralf Günthers erfreulicher Schreibstil und sorgfältige Recherche sind mir schon in seinem Buch „Der Leibarzt“ aufgefallen, weshalb ich mich auf dieses neue Buch – noch dazu mit dem Sujet Goethe! – besonders ...

Ralf Günthers erfreulicher Schreibstil und sorgfältige Recherche sind mir schon in seinem Buch „Der Leibarzt“ aufgefallen, weshalb ich mich auf dieses neue Buch – noch dazu mit dem Sujet Goethe! – besonders freute. Wir begleiten den Geheimrat 1816 zu seiner Kur nach Karlsbad, die aber schon bald durch mehrere unerwartete Ereignisse abgekürzt wird. Der Schreibstil ist eine wahre Freude, Ralf Günther bedient sich durchweg einer der Epoche angemessenen Schreibweise, was leider nur wenige Autoren historischer Romane tun. Der Stil wirkt keineswegs gekünstelt, sondern sowohl natürlich wie auch angenehm. Ich habe viele Formulierungen mehrfach gelesen und den gekonnten Umgang mit Sprache genossen. Auch die Recherche zeigt sich in vielen gut eingebundenen Einzelheiten ebenso wie in der Schaffung einer authentischen Atmosphäre. Auch die historisch belegten Charaktere sind glaubhaft zum Leben erweckt.
Die Handlung konnte mich leider nicht ganz so umfänglich begeistern wie der Schreibstil. Der Haupthandlungsstrang widmet sich einem jungen Liebespaar, welches Goethe vor einem von seinem Werther inspirierten Suizidversuch rettet. Sein nachfolgendes Engagement für dieses Paar erschien mir nicht ganz plausibel, auch sind die beiden jungen Leute und ihre Situation für mich nicht hinreichend ausgearbeitet und die Handlung widmet sich überwiegend diversen Unterhaltungen über das Wesen der Liebe, die sich ziemlich wiederholen und für meinen Geschmack zu sehr von pathetischen Gemeinplätzen leben. Auch die Haltung der Eltern sowie die Eltern selbst waren mir zu schablonenartig.
Wesentlich interessanter war für mich der andere Handlungsstrang, der sich dem titelgebenden Goethe und einigen seiner privaten Beziehungen widmet. In den Szenen, welche in seinem Haus am Frauenplan spielen, war die Atmosphäre wieder herrlich geschildert, ich sah die Zimmer, den Hof und den Garten vor mir, seine Familie wirkt authentisch, wenn auch Christiane etwas sehr wohlwollend und der Sohn August leider nur kurz geschildert wird. Was die Beziehung Goethes zu seiner Frau betrifft, gibt es im Buch leider ebenfalls einige sich wiederholende Passagen, dafür aber auch anrührende Szenen. Diese häuslichen Verhältnisse wirkten auf mich authentischer und mitreißender als der andere Handlungsstrang, gaben auch mehr Einsicht in Goethe und sein Leben. Für mich persönlich wäre dies ein gelungenerer Fokus des Romans gewesen.
Insgesamt ist das Buch eine erfreuliche Lektüre für jeden, der Goethe und/oder jene Zeit des frühen 19. Jahrhunderts interessant findet. Der Roman ist kurz, verzichtet angenehm auf Überflüssiges und widmet sich dem Wesentlichen – bei Goethes Familienleben hätte es, wie gesagt, sogar ruhig mehr sein dürfen –, nutzt diese etwa 170 Seiten auf positive Weise inhaltsreich. Auch der feste Einband erfreut mit einer gelungen dezenten Gestaltung und ich kann nur noch mal hervorheben, welch herrlichen Umgang mit Sprache Ralf Günther pflegt!

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Veröffentlicht am 05.03.2022

Eine Hohenzollern-Elegie

Potsdam
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Diese Neuauflage des 1924 erschienenen Buches führt uns mit Ludwig Sternaux‘ gewählter, melancholischer Sprache durch Potsdam, insbesondere Parks und Schlösser. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen ...

Diese Neuauflage des 1924 erschienenen Buches führt uns mit Ludwig Sternaux‘ gewählter, melancholischer Sprache durch Potsdam, insbesondere Parks und Schlösser. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen Sehenswürdigkeit und wird in dieser Ausgabe jeweils mit einem entsprechenden Foto versehen, was eine gelungene Idee ist. Ein kurzes Nachwort berichtet ein wenig über Sternaux. Dort wird erwähnt, dass Sternaux von Fontanes Stil beeinflusst wurde, und das ist im Buch deutlich ersichtlich. Der Umgang mit Sprache ist kunstvoll, träumerisch, gelegentlich etwas schwülstig. Zu 1924 passt es weniger als zu der von Sternaux unablässig wehmütig beschworenen Kaiserzeit. Sternaux beschreibt atmosphärisch, verliert sich manchmal ein wenig in diesen Beschreibungen. Die Formulierungen sind ausnehmend schön, im Übermaß fand ich sie allerdings etwas anstrengend, weshalb ich das Buch in kürzeren Abschnitten gelesen habe. Auch ähnelt sich vieles. Trotzdem liest sich dieser Umgang mit Sprache erfreulich und ist für jene untergegangene Welt der Schlösser, Romantik, Kunst und Könige angemessen.

Die Beschreibungen sind ausführlich und liebevoll, malen Bilder. Die Detailfreude der architektonischen Beschreibungen war mir manchmal etwas zu viel. Erfreulich sind die Hintergrundinformationen sowohl zu Potsdam selbst wie auch zu der jeweiligen Geschichte der beschriebenen Bauwerke und Parks. Hier habe ich interessante Einzelheiten erfahren und man merkt, dass Sternaux mit den Hohenzollern vertraut ist. Ich könnte mir vorstellen, dass Leser, die sich mit preußischer Geschichte nicht so gut auskennen, gelegentlich ein wenig verwirrt sind, aber zu umfangreiche Erklärungen hätten zum Text nicht gepasst und Sternaux lässt Geschichte herrlich lebendig werden. Allerdings ist die romantisierende Idealisierung der Hohenzollern teilweise unangenehm.
Ein Punkt, der mir das Lesevergnügen ziemlich beeinträchtigt hat, war die unablässig geäußerte Trauer über die Abdankung des Kaisers. Was beim ersten Mal noch einen interessanten Einblick in die Gemütsverfassung jener Zeiten bot, wurde beim fünften oder sechsten „die arme, gute Kaiserin liegt tot in ihrem Sarg und der arme, gute Kaiser muss Holz hacken, während hier der Pöbel alles zerstört“ nicht nur wegen der ständigen Wiederholung mit fast gleichlautender Wortwahl anstrengend.

Insgesamt aber war dieser Spaziergang durch Potsdam, der mit so offenkundigem Herzblut und sprachlicher Eleganz verfasst wurde, eine interessante Erfahrung, ein Blick sowohl in die vergangene Welt der Monarchie wie auch jener unruhigen Zeit der Weimarer Republik. So gelungen bildhaft wurden Gebäude wohl selten beschrieben und wieder ins Leben gerufen.

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Veröffentlicht am 10.10.2021

Gut recherchiert, im Romanteil ein wenig knapp geschildert

Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern
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Diese Romanbiographie über Annette von Droste-Hülshoff ist liebevoll und ansprechend gestaltet, auch die aussagekräftigen, originellen Kapitelüberschriften haben mir gut gefallen. Es wird beim Lesen schnell ...

Diese Romanbiographie über Annette von Droste-Hülshoff ist liebevoll und ansprechend gestaltet, auch die aussagekräftigen, originellen Kapitelüberschriften haben mir gut gefallen. Es wird beim Lesen schnell offensichtlich, daß sich diese Sorgfalt ebenfalls auf die Recherche erstreckt hat. Man erfährt im Buch zahlreiche detaillierte Fakten über Hülshoffs Leben und Umfeld.

Im - ausgezeichneten - Nachwort erwähnt die Autorin, sie hätte sich bei Verfassen der Romanbiographie um Zurückhaltung bemüht. Meiner Meinung nach hätte der Romanteil etwas weniger Zurückhaltung vertragen. Das Leben Hülshoffs wird in Vignetten erzählt, oft mit mehrjährigen Zeitsprüngen und teils recht abrupten Szenenwechseln/Kapitelenden. Diese Vignettenform hat zumindest mir nicht uneingeschränkt zugesagt, wobei aber auch eine große Rolle spielt, daß viele relevante Details nicht oder nur knapp erwähnt werden.
So wird mit einem Satz ein junger Mann erwähnt, ist zwei Seiten späten schon der Liebste Annette von Droste-Hülshoffs, ohne daß der Leser ihn auch nur ansatzweise kennenlernen kann. Der Beginn einer Freundschaft wird detailliert beschrieben, dann verschwindet diese Freundin jahrelang ohne Erwähnung, taucht indirekt wieder auf, als ihr Sohn in Annettes Leben tritt, kurz danach erfahren wir (auch indirekt) vom Tod der Freundin durch einen Satz des Sohnes. Annettes Reaktion bleibt unerwähnt. Ebenso beim Tod ihres Vaters, welcher sie laut Nachwort emotional sehr belastete. Im Romanteil ist dieser Tod eine knappe Bemerkung, verbunden mit den dadurch verbundenen praktischen Fragen. Emotionale Reaktionen finden keinerlei Erwähnung. Von der Entzweiung mit einer Freundin erfahren wir ebenfalls nur knapp im Nachhinein, während kurz zuvor noch eine etwas banale Begegnung der beiden geschildert wird. Diese für mich distanzierte Gewichtung fand sich oft im Buch. Es gibt ausführlich geschilderte - sich thematisch teils wiederholende - Unterhaltungen, die manchmal ein wenig nichtssagend wirken, während monumentale, emotionale Lebensmomente im Vorbeigehen und Nachhinein erwähnt werden. So blieben Hülshoff und ihr Umfeld mir oft fremd und bei mancher Nebenbemerkung dachte ich mir, welch interessante Szene das abgegeben hätte. Es finden sich aber auch schön und bildhaft geschilderte Szenen, lobenswert ist zudem die Verwendung von Originaltexten (Briefe, Gedichte). Die unüberschaubare Verwandtschaft führt gerade am Anfang häufig zu Verwirrung (nicht nur beim Leser, auch bei Annette und ihrer Schwester selbst!), so daß die gelegentlichen Einschübe „die Großmutter“, „die Tante“, „der Onkel“, etc. hilfreich und willkommen waren.

Ein Personenverzeichnis im hinteren Teil half hier ebenfalls weiter, überhaupt ist der Anhang erfreulich. Hier findet sich das schon erwähnte Nachwort (welches häufig Fragen klären mußte, die im Romanteil nicht ausreichend dargelegt wurden), ein Bildteil, ein Glossar, eine Ortsliste und weitere hilfreiche Informationen. Hier bleiben keine Wünsche offen.

Auch wenn mich der Romanteil nicht gänzlich überzeugte und es ohne den Anhang keine vier Sterne geworden wären, habe ich aus dem Buch viel über Annette von Droste-Hülfshoffs Leben erfahren, in einigen Szenen sehr mitgefühlt und mich an der Sorgfalt von Gestaltung und Anhang erfreut.

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Ein schön gestalteter Überblick

Ein gutes Dutzend wilde Kräuter
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Kräuter in die Ernährung einzubinden, ist eine gute Idee, Wildkräuter selbst zu suchen und zu verarbeiten bringt noch eine weitere erfreuliche Perspektive in die Mahlzeiten. In diesem Buch werden zwölf ...

Kräuter in die Ernährung einzubinden, ist eine gute Idee, Wildkräuter selbst zu suchen und zu verarbeiten bringt noch eine weitere erfreuliche Perspektive in die Mahlzeiten. In diesem Buch werden zwölf Wildkräuter vorgestellt, darunter so bekannte wie Waldmeister und Löwenzahn, aber auch (zumindest mir) eher unbekannte wie Wilder Dost oder Bitteres Schaumkraut. Man kann hier also einige neue Anregungen bekommen und eventuell Neues über bekannte Pflanzen erfahren. Der Abschnitt über jede Pflanze beginnt mit einer Einführung aus allgemeinen Informationen, Aussehen oder besonderen Merkmalen; dann folgt ein Abschnitt, wo die Pflanze zu finden ist, mit welchen Pflanzen sie verwechselt werden könnte und dann Hinweise, wie man sie verwenden kann. Jeweils sechs Seiten werden jeder Pflanze gewidmet, mit sehr vielen Bildern und recht knappem, oft stichpunktartigem Text. Eine allgemeine Einführung gibt noch allgemeine Informationen zum Umgang mit und Nutzen von Wildkräutern. Sehr interessant fand ich hier die Gegenüberstellung von Mineralstoffen, Eiweiß und Vitaminen zwischen Kopfsalat und Brennnessel. Es wird gut erklärt, welche Vorteile Wildkräuter haben. Eher unangenehm finde ich, dass die Autoren der momentan um sich greifenden Mode, einfach zu duzen, folgen.

Die Bebilderungen sind sehr genau, so wird der Aufbau der jeweiligen Pflanze detailliert aufgezeigt, auch die Pflanzen, mit denen sie verwechselt kann, werden bildreich dargestellt. Optisch ist das Buch eine Freude. Sehr schön finde ich es auch, daß immer wieder darauf hingewiesen wird, beim Sammeln behutsam vorzugehen, die Pflanze nicht zu beschädigen und nur so viel einzusammeln, wie gebraucht wird. Auch Hinweise zu Verarbeitung, Trocknen und Aufbewahren finden sich. Man bekommt hier also einen liebevoll gestalteten Überblick. Mir war dieser durchweg zu knapp gehalten, gerade auch im Hinblick auf den Preis des Buches. Gerade was die Verwendungszwecke betraf, hatte ich mir wesentlich mehr erhofft und war enttäuscht, wie knapp dieser Bereich abgehandelt wurde.

Für einen ersten Einstieg bietet das Buch gute, ansprechend dargebotene Informationen.

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Ein schön gestalteter Überblick

Ein gutes Dutzend heilende Pflanzen
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In diesem sehr ansprechend gestalteten Buch lernt man zwölf Heilpflanzen kennen. Der Abschnitt über jede Pflanze beginnt mit einer Einführung aus allgemeinen Informationen, Aussehen oder besonderen Merkmalen; ...

In diesem sehr ansprechend gestalteten Buch lernt man zwölf Heilpflanzen kennen. Der Abschnitt über jede Pflanze beginnt mit einer Einführung aus allgemeinen Informationen, Aussehen oder besonderen Merkmalen; dann folgt ein Abschnitt, wo die Pflanze zu finden ist, mit welchen Pflanzen sie verwechselt werden könnte und dann Hinweise, wie man sie verwenden kann. Jeweils sechs Seiten werden jeder Pflanze gewidmet, mit sehr vielen Bildern und recht knappem, oft stichpunktartigem Text. Eine allgemeine Einführung gibt noch allgemeine Informationen zum Umgang mit und Nutzen von Heilpflanzen. Die Autoren folgen der momentan um sich greifenden Mode, einfach zu duzen, was ich eher unangenehm finde.

Die Bebilderungen sind sehr genau, so wird der Aufbau der jeweiligen Pflanze detailliert aufgezeigt, auch die Pflanzen, mit denen sie verwechselt kann, werden bildreich dargestellt. Optisch ist das Buch eine Freude. Sehr schön finde ich es auch, daß immer wieder darauf hingewiesen wird, beim Sammeln behutsam vorzugehen, die Pflanze nicht zu beschädigen und nur so viel einzusammeln, wie gebraucht wird. Auch Hinweise zu Verarbeitung, Trocknen und Aufbewahren finden sich. Man bekommt hier also einen liebevoll gestalteten Überblick. Mir war dieser durchweg zu knapp gehalten, gerade auch im Hinblick auf den Preis des Buches und im Vergleich zu anderen Büchern dieser Art. Grade zu Heilwirkung und Verwendungsmöglichkeiten hätte ich mich über etwas ausführlichere Informationen gefreut. Überrascht war ich auch, daß die Goldrute zwar lobenswerterweise mit einem Hinweis für Allergiker versehen war, die Birke aber nicht.

Für einen ersten Einstieg bietet das Buch gute, ansprechend dargebotene Informationen.

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