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Veröffentlicht am 02.10.2021

Eine humorvolle Geschichte mit britischem Humor facettenreich gelesen

Der Pfau
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Klappentext
Ein charmant-heruntergekommener Landsitz, eine Gruppe Banker beim Teambuilding, eine junge Psychologin mit Ambition, aber ohne Erfahrung, eine schwungvolle Haushälterin mit gebrochenem Arm, ...

Klappentext
Ein charmant-heruntergekommener Landsitz, eine Gruppe Banker beim Teambuilding, eine junge Psychologin mit Ambition, aber ohne Erfahrung, eine schwungvolle Haushälterin mit gebrochenem Arm, Lord und Lady McIntosh, die das alles unter einen Hut bringen müssen, dazu jede Menge Tiere – und am Ende weiß keiner, was eigentlich passiert ist. Isabel Bogdan, ausgezeichnete Übersetzerin englischer Literatur, erzählt in ihrem ersten Roman mit britischem Understatement, pointenreich und überraschend von einem Wochenende, das ganz anders verläuft als geplant. Chefbankerin Liz und ihre vierköpfige Abteilung wollen in der ländlichen Abgeschiedenheit ihre Zusammenarbeit verbessern, werden aber durch das spartanische Ambiente und einen verrückt gewordenen Pfau aus dem Konzept gebracht. Lord McIntosh stoppt den Problem-Pfau auf rustikale Weise – und das führt zu vielen Verwicklungen.
Meine persönlichen Hörerlebnisse
Christoph Maria Herbst hat eine weich und elegant klingende Männerstimme, die mir auf Anhieb gut gefällt. Er liest klar und deutlich und man kann der Geschichte entspannt folgen. Die einzelnen Kapitel werden nicht angesagt, aber der Sprecher kann durch seine sprachlichen Fähigkeiten den Erzählfluss leicht vermitteln. Herbst beherrscht das Vorlesen und interpretiert den besonderen britischen Humor zweifellos gekonnt, setzt aber für meinen Geschmack manchmal etwas zu starke Akzente. Das Buch verzichtet fast vollständig die wörtliche Rede. Gefallen hat mir deshalb, dass an wirkungsvollen Stellen eine Pause gemacht und der Handlung entsprechend das Tempo gewechselt wird.
Fazit
„Der Pfau“ von Isabel Bogdan ist ein wirklich nettes Buch für zwischendurch, pointentiert und facettenreich gelesen von Christoph Maria Herbst. Ob klassisches Buch oder Hörbuch, beide sind für mich gleichwertig. Wer vom Alltag abschalten möchte und Hörbücher gerne mag, wird mit dieser humorvollen, nicht allzu schwer verdaulichen Buchkost seine Freude haben.

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Veröffentlicht am 25.09.2021

Die Geschichte einer Familie, die auseinanderfällt und schlussendlich zerbricht

Die Überlebenden
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Nils, Benjamin und Pierre verbringen die Sommerferien in einem abgelegenen Sommerhaus in Schweden mit ihren Eltern. Sie sind 13, 9 und 7 Jahre alt. Zur Familie gehört noch Molly, der Hund. Die 3 Jungs ...

Nils, Benjamin und Pierre verbringen die Sommerferien in einem abgelegenen Sommerhaus in Schweden mit ihren Eltern. Sie sind 13, 9 und 7 Jahre alt. Zur Familie gehört noch Molly, der Hund. Die 3 Jungs mit so unterschiedlichen Namen und Charakteren verbringen die meiste Zeit draußen, oft von ihren Eltern vernachlässigt, die sich Alkohol- und Zigarettenkonsum sehr zugeneigt zeigen. Es sind die Erinnerungen Benjamins, die durch den Roman führen. Erst am Ende des Buches kommt die ganze Tragik der Erzählung zum Tragen.
Meine persönlichen Leseeindrücke
266 Seiten lang bleibt die Geschichte inhaltlich für mich nahezu sachlich. Es ist ein hin und her zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Kindheit und Erwachsen sein. 266 Seiten lang fehlen mir Gefühle, Empfindungen, Einblicke zu das Seelenleiden. Doch gerade das ist es, was ich lesen möchte. Ich möchte nicht nur außen vorstehen und zuschauen müssen. Ich möchte ihre inneren Gedanken mitlesen dürfen, möchte wissen, was schmerzt, was freut, mitfiebern, mitfühlen, Teil von ihnen werden auf dieser Reise zurück zu dem Moment, in dem alles zerbricht.
Erst die letzten 30 Seiten reißen mich mit und erlauben mir Benjamin zu begleiten in die Abgründe seines Leidens. Endlich bin ich angekommen, am Ende des Romans und viel zu spät. Vielleicht ist dies so vom Schriftsteller gewollt; ich weiß es nicht. Schlussendlich reicht es nicht, um mich von diesem Debütroman ganz zu überzeugen.
Fazit
In seinem Debütroman „Die Überlebenden“ erzählt Alex Schulman aus der Perspektive Benjamins die Geschichte seiner Familie, die auseinanderfällt und schlussendlich zerbricht. Das Buch ist trotz der zugrundeliegenden Tragik eher ruhig zu lesen. Passend dazu die traurige Sprache, die die melancholische Stimmung des Romans gut untermalt. Ich empfehle zuerst die letzten 30 Seiten zu lesen und dann mit dem Roman zu beginnen.

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Veröffentlicht am 09.09.2021

Ich muss zwei Künstlerinnen bewerten: die Autorin und die Sprecherin

Die letzte Bibliothek der Welt
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Klappentext: Die schüchterne June Jones lebt in dem britischen Dorf Chalcot und ist mit Leib und Seele Bibliothekarin. Ihre besten Freunde sind die Menschen, denen sie Tag für Tag bei ihrer Arbeit begegnet: ...

Klappentext: Die schüchterne June Jones lebt in dem britischen Dorf Chalcot und ist mit Leib und Seele Bibliothekarin. Ihre besten Freunde sind die Menschen, denen sie Tag für Tag bei ihrer Arbeit begegnet: der alte Stanley, dem sie mit dem Computer hilft, Chantal, eine Schülerin, die zu Hause keine Ruhe zum Lernen hat, Leila, eine geflüchtete Frau, für die sie Kochbücher heraussucht. Außerhalb der Bibliothek bleibt June allerdings gern für sich – und in Gesellschaft ihrer Bücher. Junes wohlgeordnetes Leben gerät aus den Fugen, als die Gemeinde mit der Schließung der Bücherei droht. Und dann trifft sie auch noch Alex wieder, einen alten Schulfreund, für den sie bald ganz neue Gefühle entwickelt. Widerwillig erkennt June: Sie muss raus aus ihrer Komfortzone! Also engagiert sie sich in einer Gruppe, die für den Erhalt der Bibliothek kämpft, erst heimlich aus Angst vor ihrer Chefin, dann ganz offen und selbstbewusst. Alex, der Anwalt ist, unterstützt sie hierbei nach Kräften.
Während June alles tut, um ihre Welt aus Büchern zu retten, lernt sie viel über sich selbst – und darüber, wie wichtig Freundschaft, Gemeinschaft und nicht zuletzt die Liebe sind ...

Das Hörbuch ist eine Zusammenarbeit von zwei Künstlerinnen und so muss ich die Arbeit der Autorin und der Sprecherin voneinander getrennt betrachten.
Die britische Autorin lässt in ihrem Roman „Die letzte Bibliothek auf der Welt“ viel Inselfolklore einfließen. Ihre Protagonisten, deren Zahl es viele sind, verkörpern jeder auf seine Weise ein Genre des Briten/der Britin, wie wir ihn/sie aus erfolgreichen britischen TV-Produktionen her zur Genüge kennen. Sampson lässt zudem mehrere aktuelle und außerhalb Großbritannien nicht so bekannte Themen einfließen und überlädt für meinen Geschmack die eigentliche Handlung. Weniger wäre für mich hier mehr gewesen. Denn es geht um eine Bibliothek und den Stellewert, den diese Institution in einer Gesellschaft einnimmt. Schön facettiert die Autorin die unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Bibliotheksbesucher, die sich für die Erhaltung Ihrer Leihbücherei einsetzen.
Die Vertonung des Romans war deshalb alles andere als einfach. Es galt zum einen einer Vielzahl von Romanfiguren eine eigene Stimme zu verleihen und gleichzeitig das britische Gesellschaftsleben zu vermitteln. Diese Herausforderung hat Laura Maire sehr gut gemeistert. Sie bringt das Hörbuch, das in 100 kurzen Abschnitten unterteilt ist, zum Klingen und liest im richtigen Tempo. Ob zuhause oder im Auto, die Klangqualität ist hervorragend und es macht Spaß zuzuhören.
Meine persönlichen Hörerlebnisse
Laura Maire liest mir ihrer warmen, sanften Stimme und schafft es mühelos, jedem Charakter eine besondere Farbe zu geben. Das ist nicht einfach bei der Vielzahl von Personen, die in dem Buch vorkommen. Die Sprecherin liest gut vor, im perfekten Tempo und gleichzeitig anmutig. Wirkungsvollen Stellen werden gekonnt umgesetzt und der Handlung entsprechend das Tempo gewechselt. Den trockenen britischen Humor gibt sie gekonnt weiter, sodass ich des Öfteren schmunzeln durfte. Der Erzählfluss hat mich sehr positiv beeinflusst, ich konnte dem Geschehen gut folgen und die Geschichte auf mich einwirken lassen.
Fazit
Seinen wahren Zauber erfährt der Roman „Die letzte Bibliothek auf der Welt“ von Freya Sampson erst durch eine wunderbare Laura Maire, die das Buch ansprechend vertonte. Mit ihrer stimmlichen Variabilität kann Maire den vielen, sehr unterschiedlichen Charakteren, die in dem Roman vorkommen, Gestalt verleihen. Das war vermutlich auch die größte Herausforderung bei der Vertonung.
Die Geschichte an sich empfehle ich nur bedingt. Das Hörbuch aber hat mir gefallen und ich halte es für das bessere Buch-Erlebnis.
Autorin: 3 Sterne - Sprecherin: 4,5 Sterne

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Ein guter Thriller, der mich aber zum Schluss hin enttäuschte

Narbenherz
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Kommissar Erik Schäfer kommt aus dem Urlaub zurück und muss sofort in einem Vermisstenfall ermitteln. Lukas, der Sohn des Arztes Jens Bjerre ist nachmittags nicht im Hort erschienen und die Schulleitung ...

Kommissar Erik Schäfer kommt aus dem Urlaub zurück und muss sofort in einem Vermisstenfall ermitteln. Lukas, der Sohn des Arztes Jens Bjerre ist nachmittags nicht im Hort erschienen und die Schulleitung hat Alarm geschlagen. Die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan ist just in dem Moment beim Arzt, als der Anruf der Schulleitung ihn über das Verschwinden informiert.
Heloise und Schäfer kennen sich von einem vorherigen Fall. Auch dieser wird sie in ihren Ermittlungen, wenn auch aus anderen Gründen, zusammenführen.

Der Thriller hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Ich fand die Handlung gut aufgebaut, sodass ich den Ermittlungen problemlos folgen konnte und die Spannung bis zum Ende bleibt. Die Sprache ist gut und nicht langweilig. Die Dialoge sind gut ausgearbeitet. Mit der Figur Heloise hatte ich allerdings meine Probleme. Ich kam mit ihr nicht so ganz zurecht. Zuerst die Abtreibungsabsicht (ganz emotionslos), dann die fast mütterliche Beziehung zur Tochter ihrer Freundin, dann das Ende der Beziehung mit dem Mann, von dem sie schwanger war und dem sie nach dem körperlichen Übergriff auch noch verzeiht - vielleicht ist das ein Frauentyp, der in Dänemark zur Zeit "in" ist.

Was mir aber gar nicht gefallen hat und was ich absolut vermisst habe, sind die Beschreibungen der inneren Beweggründe und Gefühle der Täter, deren menschliche Abgründe, die Panikmomente der Opfer - darum sollte es ja in einem Thriller eigentlich gehen. So kommt es auch zum Schluss zu Tatbeständen, die überhaupt nicht beleuchtet oder untersucht wurden und der Thriller hört einfach auf.

Es ist halt wieder ein Beweis, dass die Bezeichnung "Bestseller" für mich nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal ist.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Obdachlos

Das Glück am Ende der Straße
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Elli lebt auf der Straße, ungewollt, wie so viele andere auch. Es waren eine Aneinanderreihung unglücklicher Zustände, die sie aus der Bahn geworfen haben, nicht zuletzt die Krankheit und die Unfähigkeit ...

Elli lebt auf der Straße, ungewollt, wie so viele andere auch. Es waren eine Aneinanderreihung unglücklicher Zustände, die sie aus der Bahn geworfen haben, nicht zuletzt die Krankheit und die Unfähigkeit aus dieser tiefen Stimmung herauszukommen. Das hat sie nicht nur ein Dach über ihrem Kopf gekostet, sondern vor allem ein Leben mit ihrer Tochter.
„Sarahs Lachen besaß die Fähigkeit, sich wie ein Sonnenstrahl den Weg durch die Ritzen zu Bahnen. An manchen Tagen hatte Elli sich daran festgehalten wie an einem Rettungsanker.“
Doch Elli, oder Elvis wie sie liebevoll von anderen Obdachlosen genannt wird, beschwert sich nicht und versucht, mit ihren Fähigkeiten das harte Leben zu meistern.
„Elli alleine fiel nie auf.“
Eines Tages im Herbst lernt sie im Park, der auf dem Weg zu ihrem Nachtquartier liegt, Leonie kennen, ein aufgewecktes Mädchen. Sie und ihre Geschwistern halten sich dort öfters auf. Es entsteht eine Freundschaft mit einem unbekümmerten, aufrichtigen Kind. Die Zuneigung zum Mädchen und ihrer Familie wird ihr in einer schwierigen Zeit helfen und sie zurück in ein normales Leben führen.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Das Buch greift ein Thema auf, mit dem sich jeder von uns schon irgendwann mal auf irgendeine Weise beschäftigt hat: die Obdachlosen, das herumlungernde Pack auf der Straße. In dem Roman wird die Geschichte einer normalen Frau erzählt, die die Kontrolle über ihr Leben verliert und auf der Straße landet.
„Denn jetzt, mit dem abgehalfterten Ziehkoffer, der ihren ganzen Besitz enthielt, spürte Elli mehr denn je die Blicke der Leute auf sich. Wissend. Mitleidig. Und manchmal auch verächtlich.“
Durch das Einblenden von kurzen Kapitel aus der Vergangenheit wird eine Frau skizziert, die ihre Würde zu retten versucht, in einer Gesellschaft, die kein Verständnis für Schwache zeigt. Wer ganz unten ist, ist ausgegrenzt und chancenlos. Und so dreht sich die Spirale bis zum Abgrund.
Das lässt mich nicht unberührt. Die Erzählsprache ist einfach gehalten, so wirkt diese Geschichte weder übertrieben noch schmalzig und ich kann verstehen lernen, dass manch Obdachlosen ein hartes Schicksal trifft. Und doch denke ich, dass Elli eine Ausnahme bildet, eine Frau, die versucht, trotz dieser Situation ihr Ehrgefühl nicht zu verlieren. Es sind ja gerade die unscheinbaren Alltagsumstände, die das Leben auf der Straße zu unerträglich machen. Sie verzichtet bewusst auf Rauschmittel aber auch auf Sozialhilfe, was ich nicht so ganz nachvollziehen kann, denn gerade ein fester Wohnsitz ist Grundvoraussetzung für so vieles.

Fazit
Ein Buch, das man durchaus lesen kann und das einen Blick auf eine Schattenseite der Gesellschaft wirft. Die nicht allzu schwere Lektüre beleuchtet das harte Leben auf der Straße und wird vielleicht bei dem einen oder anderen Leser etwas mehr Mitgefühl auslösen. Bei einer nächsten Begegnung mit einem Obdachlosen wird man mehr Empathie für sie empfinden und vielleicht auch ein wenig Einfühlungsvermögen zeigen können. Eine Tasse Kaffee oder eine Mahlzeit wären ja schon mal ein guter Anfang.

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