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Veröffentlicht am 29.09.2021

Gute Ideen, aber einfach too much

The promises we made. Als wir uns wieder trafen
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Viele Jahre haben sich Dessie und Sam nicht mehr gesehen. Ihre junge Liebe wurde in einer einzigen, verhängnisvollen Partynacht zerstört. Mittlerweile sind beide erwachsen. Sam, der sich ein Hotelimperium ...

Viele Jahre haben sich Dessie und Sam nicht mehr gesehen. Ihre junge Liebe wurde in einer einzigen, verhängnisvollen Partynacht zerstört. Mittlerweile sind beide erwachsen. Sam, der sich ein Hotelimperium aufgebaut hat und aufgrund seiner iranischen Herkunft rassistischen Drohungen ausgesetzt ist, entschließt sich dazu, sich an eine Sicherheitsfirma zu wenden, bei der jedoch ausgerechnet Dessie angestellt ist. Sie wird Sams Bodyguard, beide kommen sich näher und merken, dass die damalige Anziehungskraft nicht verloren gegangen ist. Doch die Vergangenheit lässt beide nicht los.
Dessie ist eine unabhängige und selbstsichere Hauptprotagonistin. Sie ist stark und hat sich selber aus einer schweren Phase ihre Lebens herausgekämpft. Sie ist oft sehr ernst, hochintelligent und würde alles tun für die Menschen, die sie liebt. Schwer hat sie jedoch mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen und dem, was sie damals getan hat. Aufsteigende Erinnerungen lösen deshalb immer wieder heftige Panikattacken aus.
Sam ist aus dem Iran geflüchtet und in Schweden ohne Privilegien aufgewachsen. Motiviert durch seine Kindheit setzt er sich selber für eingewanderte Jugendliche, den Schutz der Umwelt und Chancengleichheit ein. Als (erfolgreicher) Mann iranischer Herkunft gerät er jedoch immer wieder in den Fokus von Rechtsextremisten und ist antiislamischem Rassismus und Ausländerfeindlichkeit ausgesetzt, was ihm sehr zu schaffen macht.
Die Autorin spricht in ihrem Buch Themen an, die mir bis jetzt selten oder gar nicht in einem Liebesroman begegnet sind. Dazu gehören Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Rassismus und auch Feminismus und Androzentrismus.
Der Schreibstil ist teilweise sehr ausschweifend und blumig, für mich jedoch leicht und angenehm lesbar. Manchmal ist er jedoch auch stockend und gerade in Gesprächen gibt es Sprünge, die einen aus dem Lesefluss bringen.
Die Vielfältigkeit der Themen hat mich von Beginn an begeistert; es hat mich sehr gefreut, dass so viele gesellschaftlich relevante Themen, die leider Alltag vieler Menschen sind, auch im New Adult Bereich immer mehr ankommen.
Dadurch, dass im ersten Abschnitt des Buches, sehr viele Handlungsstränge angelegt werden, hatte ich die Befürchtung, dass die Geschichte zu überladen wird. Das hat die Autorin relativ gut gelöst, indem nicht alles am Schluss aufgeklärt wird, sondern peu à peu im Lauf der Erzählung.
Schweden ist ein Land, das man gut aus Kriminalromanen kennt. Bei Simona Ahrnstedt ist das typisch schwedische Flair leider gar nicht wahrnehmbar, so dass die Geschichte auch in jedem beliebigen anderen Land hätte spielen können. Wie die schwedische Atmosphäre mich nicht erreichen konnte, so gelang es der Autorin auch nicht, mich jene Emotionen spüren zu lassen, die sie beim Leser wecken möchte. Die Gefühle und die Anziehungskraft zwischen Dessie und Sam werden so beschrieben, dass sie den Leser kaum berühren, geschweige denn ergreifen. Am Ende verliert die gesamte Story jeden Bezug zur Realität. Gerade der Höhepunkt wirkt konstruiert und an den Haaren herbeigezogen.
Die Idee der Geschichte und auch die vielen Themen haben mich sehr begeistert. Die Umsetzung ist für mich jedoch eine Enttäuschung, da es am Ende einfach too mich für ein Buch mit nicht mal 400 Seiten war.

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Veröffentlicht am 02.08.2021

Toller Idee, leider nicht gut umgesetzt

Like Gravity
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In ihrem zweiten Collegejahr begegnet die Studentin Brooklyn dem attraktiven Finn, der sie immer mehr und mehr in seinen Bann zieht. Doch seit der Ermordung ihrer Mutter, die Brooklyn als sechsjähriges ...

In ihrem zweiten Collegejahr begegnet die Studentin Brooklyn dem attraktiven Finn, der sie immer mehr und mehr in seinen Bann zieht. Doch seit der Ermordung ihrer Mutter, die Brooklyn als sechsjähriges Mädchen miterlebt hat, hat sie eine Mauer um sich und ihre Gefühle errichtet und lässt niemanden emotional an sich heran. Die Anziehungskraft zwischen den beiden wächst, doch die Vergangenheit wirft ihre Schatten voraus.

Mit beiden Charakteren tat ich mich bei der Lektüre einerseits sehr schwer, in anderen Momenten habe ich die beiden jedoch fast liebgewonnen. Brooklyn ist durch den Tod ihrer Mutter stark traumatisiert und hat wenig Freunde, da sie neue Bekanntschaften auf Abstand hält. Sie ist schlagfertig, stur und frech, fängt aber an, als sie Finn kennenlernt, sich Stück für Stück mehr zu öffnen.
Finn ist ein gutaussehender junger Mann und aufgrund seines Aussehens sowie seiner Mitgliedschaft in einer Band ein allgemeiner Mädchenschwarm, der viele Affären hat und keine ernsthafte Beziehung eingeht. Einerseits ist er hilfsbereit und charmant, kann dann jedoch wieder sehr arrogant sein. Sein massiv übergriffiges und unangebrachtes sowie besitzergreifendes Verhalten hat mich massiv gestört.

Der Schreibstil ist sehr einfach, bildhaft und gefühlsgeladen, sodass es Spaß macht, die Geschichte zu lesen, ohne sich allzu sehr konzentrieren zu müssen. Das ist jedoch im New Adult Bereich nichts besonderes.

Indem Thrillerelemente eingesetzt werden, wird das Buch interessanter und spannender. Auch die angesprochenen Themen haben mir sehr gefallen, passagenweise sogar de Botschaften, die die Autorin vermitteln möchte. Dass ich mich häufiger mit der Protagonistin identifizieren konnte, erhöhte meine Sympathie für das Buch. Was die Beziehung zwischen Finn und Brooklyn betrifft, habe mit großer Freude verfolgt, wie sich beide aufeinander zubewegen und eine tiefere Bindung entwickeln.

Dennoch möchte ich einiges an dem Buch kritisieren: Vieles ist einfach unrealistisch, überdramatisiert und vorhersehbar, so dass kaum Spannung aufkommen kann, und ich mir mehrmals gedacht habe, dass es offensichtlicher nicht hätte sein können: Die Leser:in ahnt allzu schnell, worauf die Storry hinausläuft. Die Geschichte bietet also keinerlei Überraschungen, ist an einigen Stellen widersprüchlich und nicht bis zum Ende durchdacht. Man gewinnt den Eindruck, als ob die Autorin sich nicht für eine Liebesgeschichte oder einen Thriller entscheiden konnte.

Alles in allem handelte es sich um einen netten Liebesroman mit Thrillerelementen, der leider unverhältnismäßig durchsichtig und vorhersehbar erzählt wird.

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Veröffentlicht am 30.05.2021

Ein Einblick hinter die Fassade des vermeintlich perfekten Socialmedia-Lebens

Come back stronger
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Schon 2018 hat sich die Bodybuilderin und Fitness-Influencerin Sophia Thies aus der Öffentlichkeit und den Social Media zurückgezogen. Vorausgegangen waren dem Rückzug Probleme mit ihrem Körper, ihrem ...

Schon 2018 hat sich die Bodybuilderin und Fitness-Influencerin Sophia Thies aus der Öffentlichkeit und den Social Media zurückgezogen. Vorausgegangen waren dem Rückzug Probleme mit ihrem Körper, ihrem Verhältnis zu Essen, in den Social Media aufgebauter Druck, Hass und Bewertungen, die auf ihr Gewicht und ihren Körper sowie ihre zahlreichen Diäten Bezug nahmen. In ihrem autobiographischen Buch „Come back stronger“ räumt sie mit Gerüchten über sich und ihre Situation auf, erzählt schonungslos ehrlich von ihren Ängsten, ihrer Essstörung, ihrer Körperwahrnehmung und vielem mehr und nimmt den:die Leser:in mit auf eine Reise durch die Höhen und Tiefen ihres Leben bis hin zu einem absoluten Tiefpunkt , an dem schließlich ihr Heilungsprozess beginnt, durch den sie endlich zu sich selbst finden sollte.
Wer das Buch lies, hört gewissermaßen Sophia selbst sprechen, da der Schreibstil den Sprachgebrauch aufnimmt, den man aus ihren Youtube Videos kennt. Er ist locker, immer sehr umgangssprachlich und bezieht auch Emojis mit ein, die dem gesamten Text eine große Authentizität verleihen. Leider wahrt der Text keine Einheitlichkeit im Umgang mit gegenderten Ausdrücken. Hier hätte ein:e Lektor:in stärker eingreifen müssen.
Die eigenen Erfahrungen mit den Themen Essstörung, Bodybuilding, Diäten, Erwartungsdruck, emotionales Essen und vieles mehr bleiben nicht einfach isoliert und unkommentiert stehen, sondern werden durch Expert:innen, Ärzt*innen und Therapeut:innen ergänzt, allerdings als Einschübe, die das Layout und den Lesefluss stören, weil sie den Satz unterbrechen, zum Blättern zwingen und dabei doch nur das jeweilige Thema oberflächlich berühren, ohne darüber hinaus Neues zu bieten. Ferner lassen Layout und Qualität des Buches zu wünschen übrig: Die Schrift ist wirklich winzig, und gerade in den Expert:innenabschnitten war das Lesen der Texte wirklich sehr anstrengenden, außerdem ist die Qualität des Umschlages nicht gerade die Beste. Schon nach 50 Seiten waren Leserillen entstanden, obwohl ich das Buch sehr sorgfältig behandelt habe.
Diesen Mängeln zum Trotz will ich positiv hervorheben, dass Sophia Thiel so offen mit ihren Gefühlen umgeht und die Leser:innen an ihrem Leben, den positiven und den negativen Momenten teilhaben lässt. Was ihre persönlichen Beziehungen angeht, ist die Autorin sehr zurückhaltend. Diese Diskretion kann ich sehr gut nachvollziehen: Nach ihren negativen Erfahrungen und Erlebnissen hat sie ein gutes Recht darauf, nicht alles mit der Öffentlichkeit teilen zu wollen. Fragen am Ende des Buches sollen schließlich der:die Leser:in zur Selbstreflexion anregen.
Das Buch kann auf jeden Fall denjenigen etwas bieten, die Fans von Sophia Thiel sind und wissen wollen, wie es ihr in den letzten Jahren erging, und was sie alles durch machen musste. Diese Gruppe, die sich Erklärungen wünscht für die Höhen und Tiefen im Leben von Sophia Thiel und ihren Rückzug aus der Öffentlichkeit. Ich persönlich konnte dem Buch dagegen nicht allzu viel abgewinnen. Ob die Ausführungen Menschen helfen, die selber an einer Essstörung leiden, kann und mag ich nicht beurteilen. Doch Sophia Thiel zeigt mit ihrem Text immerhin, dass man nicht alleine ist mit diesen Problemen. Es zeigt allen Betroffenen, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig Hilfe zu holen. Gleichzeitig warnt Sophia Thiels Schicksal aber auch vor einem allzu sorglosen Umgang mit den sozialen Medien. Die Reaktionen in den Netzwerken können ein Menschenleben ruinieren. Nicht allen ist es wie Sophia Thiel vergönnt, aus tiefen Lebenskrisen gestärkt hervorzugehen.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Ein kontrovers diskutierbares aber auch tröstendes Buch über den Glauben und die Hingabe zu Jesus

Jung sterben
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Das Debüt von Henok Worku hat bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen: Das Buch mit knapp 166 Seiten erschien 2021 im SCM Verlag und will den/ die Leserin dazu anregen, seinihr Leben ganz für ...

Das Debüt von Henok Worku hat bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen: Das Buch mit knapp 166 Seiten erschien 2021 im SCM Verlag und will den/ die Leserin dazu anregen, seinihr Leben ganz für Jesus hinzugeben, für ihn und für Gott zu leben sowie durch den Glauben seine*ihre Bestimmung zu finden.
Henok Worku behandelt viele Themen, die Menschen in ihrem Alltag beschäftigen, ob Selbstzweifel, Angst, Ablehnung, Schmerz, Trauer, Abhängigkeit und Träume. Die ultimative Lösung für alles scheint die Hingabe an Jesus zu sein. Dabei spricht der Autor in „Jung sterben“ explizit junge Menschen an, die ihre Berufung noch nicht gefunden haben, aber einen Unterschied in der Welt machen wollen.
Das Buch ist in sieben, relativ kurze Kapitel gegliedert, die jeweils noch reichlich Zwischenüberschriften beinhalten, so dass das ganze Buch klar strukturiert ist, was das Lesen erleichtert. Eingeleitet werden die Kapitel durch persönliche Erlebnisse und Erfahrungen des Autors, den man dadurch man näher kennenlernt und Einblicke in sein Leben und Glauben sowie seine Beziehung zu Gott erhält. Ferne umfasst jedes Kapitel das Porträt einer Personen sowie eine „Challenge“, die man leicht im Alltag umsetzten kann. Für die jeweiligen Themen nutzt der Autor Beispielgeschichten aus der Bibel, die als Orientierung und Motivation dienen können, und integriert zahlreiche Bibelzitate, die etwas mit dem jeweiligen Thema, welches in dem Kapitel behandelt wird, zutun haben und eine biblische Grundlage für das Gesagte liefern. Der Schreibstil ist einfach und klar formuliert. Dadurch lässt sich das Buch leicht und zügig lesen, und man hat Zeit über die Inhalte nachzudenken, ohne sich durch einen schwierigen und ausschweifenden Schreibstil ablenken zu lassen.
Inhaltlich habe ich einige Probleme mit dem Buch, vor allem was einzelne Aussagen angeht. Viele Dinge, die der Autor sagt, kann ich einfach nicht mit meiner Glaubensvorstellung und meiner allgemeinen Meinung in Einklang bringen, und halte sie teilweise sogar für sehr bedenklich: (Bsp. Es bedeutet, Informationen über Sex und Sexualität aus der Bibel zu nehmen und nicht aus dem Biounterricht, aus Teeniezeitschriften, Filmen und dem Internet" (S. 76) ). Die meisten Glaubenshaltungen und -einstellungen widersprechen der Art, wie ich meinen Glauben lebe. Dem gegenüber gibt es auch Aussagen, die ich so voll und ganz unterschreiben würde, da sie motivierend sind, Trost geben und helfen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Buch die Möglichkeit gibt, seinen eigenen Glauben zu reflektieren, eine neue Perspektive kennen zu lernen. Viele Aussagen lassen sich kontrovers diskutieren, was vielleicht Menschen über ihren Glauben ins Gespräch bringt und Potential zum Austausch bietet. Für Menschen, die eine ähnliche Art zu glauben und seinen Glauben zu leben wie der Autor, ist das Buch bestimmt bereichernd und kann neue Inspiration und Anstoß geben, das Leben für Jesus zu leben.

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Ein chronistischer Roman oder die Geschichte eines Aufsteigers

Landnahme
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Der Roman Landnahme von Christoph Hein, welcher im Suhrkamp Verlag erschien, behandelt Themen und Erfahrungen, die wahrscheinlich viele Menschen im Nachkriegsdeutschland erlebt haben. Exemplarisch am Leben ...

Der Roman Landnahme von Christoph Hein, welcher im Suhrkamp Verlag erschien, behandelt Themen und Erfahrungen, die wahrscheinlich viele Menschen im Nachkriegsdeutschland erlebt haben. Exemplarisch am Leben von Bernhard Haber, der aus Breslau stammt, erzählt Christoph Hein die Geschichte von Leben voller Ablehnung, vom Wunsch nach Akzeptanz und Zugehörigkeit.
1950, fünf Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges, kommt Bernhard mit seinen Eltern als Umsiedler in das sächsische Städtchen Guldenberg. Dort stoßen die Vertriebenen, die bei einem Bauern unterkommen, auf Ablehnung, Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit. Über die Jahre und im Verlauf des Romans gelingt es Bernhard Haber, in Guldenberg als Tischler aufzusteigen und gesellschaftliches Ansehen sowie politische Relevanz zu erlangen. Ihm gelingt also die Integration in die neue Heimat und Gemeinde, wodurch er nicht mehr als „minderwertiger“ Umsiedler wahrgenommen wird. Parallel zum persönlichen Leben Bernhards werden auch immer wieder geschichtliche Ereignisse oder Entwicklungen in die Handlung des Romans eingebaut. Dazu zählen Beispielsweise, die Zwangskollektivierung und spätere Verstaatlichung, der Prager Frühling, der Mauerbau sowie die Wiedervereinigung.
Der Roman ist multiperspektivisch aufgebaut und ist aus der Sicht von fünf verschiedenen Erzähler:innen geschrieben, die alle irgendwann in einer Verbindung zu Bernhards Leben standen und jeweils von einem Abschnitt seines Lebens erzählen. Durch die verschiedenen Perspektiven änderte sich auch der Schreib- und Sprachstil in den jeweiligen Abschnitten, doch alle Kapitel waren gut und angenehm lesbar.
Mit den meisten Charakteren konnte ich nicht allzu viel anfangen, da ich nicht wirklich einen persönlichen Bezug zu ihnen herstellen konnte. In Kürze will ich auf die sechs relevanten eingehen:
Thomas Nicolas ist der erste Erzähler im Roman und zeichnet sich durch eine nüchterne Sprache aus. Er ist ein Schulkamerad Bernhards und hält am Anfang nicht sehr viel von ihm, versucht später jedoch, ihn näher kennen zu lernen. Marion Denutz stellt die erste Freundin Bernhards dar, mit der er mehrere Jahre zusammen ist. Nach seinem politischen Engagement im Rahmen der Zwangskollektivierungen trennt sich Marion jedoch von ihm.
Marion würde ich als ein naives Mädchen einschätzen. Sie ist sehr auf ihr Äußeres und die Meinung anderer Menschen bedacht und orientiert sich eher an materiellen Dingen.
Peter Koller ist ebenfalls ein Schulkamerad von Bernhard, lernt ihn jedoch erst nach dem Schulabschluss, als sie gemeinsamen Geschäften nachgehen, näher kennen. Für Geld nimmt er große Risiken auf sich und agiert naiv, legt jedoch auch auf soziale und finanzielle Absicherung einen großen Wert.
Katharina Hollenbach ist die Schwägerin von Bernhard. Sie ist scheinheilig, manipulativ und lechzt nach Aufmerksamkeit. Meiner Meinung nach war sie der unsympathischste Charakter im ganzen Buch.
Der letzte Abschnitt wird aus der Sicht von Sigurd Kitzerow erzählt. Dieser ist ein Freund und Geschäftspartner Bernhards und verhilft ihm maßgeblich zum gesellschaftlichen Aufstieg in Guldenberg.
Bernhard selber war für mich der unnahbarste und undurchschaubarste Charakter des Buches, was logischerweise auch daran liegt, dass sein Leben immer nur aus der Außenperspektive beschrieben wird. Auch wenn einzelne Handlungen von ihm ein paar seiner Charakterzüge erkennen lassen, gelang es mir nicht, ihn als Person richtig zu erfassen und zu kennen. Auch seinen Gefühle für Menschen in seinem Umfeld konnte ich teilweise nur sehr schwer einschätzen.
Die Nutzung so vieler Erzählerperspektiven macht den Roman interessant und einzigartig. Den Einbau der historischen Geschehnisse in der DDR zeigen, dass Hein seinem Anspruch als Chronist gerecht geworden ist und gemeistert hat, aber auch welchen Einfluss politische Entscheidungen auf das Leben einzelner haben kann. Jedoch fand ich das Buch teilweise sehr langatmig und auch der Tod seines Vaters konnte keine Spannung in die Handlung bringen. Viele Charaktere, auch abseits der Erzähler:innen, fand ich unsympathisch und anstrengend. Problematisch fand ich desweiteren die Reproduktion von Rassismus im Kapitel von Peter Koller, auch wenn die Aussagen den Zeitgeist und Mentalität der Menschen in der DDR wiedergespiegelt haben.
Als Schullektüre kann ich das Buch jedoch nur empfehlen, da es Einblicke in das Nachkriegsdeutschland, die Erfahrungen von Vertriebenen und die Gesellschaft in der DDR bietet.

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