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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.10.2021

Mitreißend, informativ und faszinierend

Eis. Abenteuer. Einsamkeit
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Richard Löwenherz ist ein echter Low-Buget-Abenteurer, der es liebt, abgelegene Gebiete zu erkunden und bereits mehrere Winterradreisen absolviert hat. „Eis. Abenteuer. Einsamkeit - Mit dem Fahrrad in ...

Richard Löwenherz ist ein echter Low-Buget-Abenteurer, der es liebt, abgelegene Gebiete zu erkunden und bereits mehrere Winterradreisen absolviert hat. „Eis. Abenteuer. Einsamkeit - Mit dem Fahrrad in die sibirische Arktis“ ist sein erstes Buch, indem er mit eindrucksvollen Fotografien unterhaltsam seine sechswöchige Etappenreise durch die sibirische Winterwelt schildert.

„Ein tolles Gefühl, […] durch dieses menschenleere Land zu streifen. Und so vergesse ich für eine Weile, dass ich eigentlich schon [vor Erschöpfung] umfallen wollte.“ Seite 34

Durch die vielen einmaligen Fotoaufnahmen und die atmosphärisch mitreißende Erzählweise hat man das Gefühl, ganz nah dran zu sein. Löwenherz beschreibt eindrücklich die Landschaft, die Hilfsbereitschaft der Menschen, seine Vorbereitung, seine Eindrücke und Abläufe und lässt auch an kleinen Dingen teilhaben, ohne mit unnötigen Nebensächlichkeiten oder Gefühlsausbrüchen zu langweilen. Seine Begegnungen hat er meistens mit einem Foto festgehalten, sodass man sich ein Bild von den Menschen machen kann, die er getroffen hat. Wunderbar bildhaft berichtet er von funkelnden Sternen und aufflammenden Nordlichtern.

„… doch mich zieht es immer wieder heraus, um etwas Unbekanntes auf eigene Faust zu entdecken, etwas Neues mit allen Sinnen zu erleben…“ Seite 22

Sollte man selbst eine Reise ähnlicher Art planen, kann man durch die Lektüre wertvolle Anregungen mitnehmen. Ich empfand seine Schilderungen als sehr erkenntnisreich und fühlte mich inspiriert von der Einfachheit: denn man benötigt gar keine hochwerte Ausrüstung, sondern vor allem Planung, Erfahrung, Kampfgeist und Neugier. Besonders das gefrorene Polarmeer als Finaletappe und die erbrachte Leistung ist definitiv beeindruckend.

Ich habe, die im Buch erwähnte Reportage über die Eisstraße ins Polarmeer gesehen, die von Dokumentarfilmer Wolfgang Mertin als Abschluss einer Dokureihe gedreht wurde, und die neben weiteren zusätzlichen Infos auf dem Blog des „Lonely Travellers“ verlinkt ist. Richard Löwenherz und Wolfgang Mertin haben sich dort zufällig getroffen und die dabei entstandenen Aufnahmen, zeigen den Soloreisenden nochmal aus einem anderen Blickwinkel und bieten spannende Hintergrundinfos über das einfache Leben der Leute, die von der umgebenen Natur lernen und sich gegenseitig unterstützen.

Fazit: Eine authentische Lektüre eines sympathischen Autors, aus der man auch viel fürs Leben mitnehmen kann. Ich habe es verschlungen und bei den aufregenden Erlebnissen mitgefiebert. Es vermittelt einen guten Eindruck von der Gegend und seinen Bewohnern und davon, was es heißt, sein Ziel aus eigener Kraft zu erreichen. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 07.10.2021

Maritim, düster und spannend

Der Tod und das dunkle Meer
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Hauptprotagonist Arent, der ehrenhafte und mutige Leibwächter - und ehemalige Söldner - vom selbsternannten Problematador und Alchimisten Sammy Pipps, findet sich in seinem größten Abenteuer wieder. Der ...

Hauptprotagonist Arent, der ehrenhafte und mutige Leibwächter - und ehemalige Söldner - vom selbsternannten Problematador und Alchimisten Sammy Pipps, findet sich in seinem größten Abenteuer wieder. Der Bär und der Spatz, so lauten die Spitznamen des Duo’s, haben einige Schnittpunkte mit Sherlock Holmes und seinem treuen Freund Watson: Sammy entgeht, in seiner übernatürlichen Begabung, kein Detail. „Pipps vertrat die Ansicht, dass jeder Gegenstand eine Geschichte zu erzählen hatte. Man musste nur seine Sprache verstehen.“ Er ist scharfsinnig, wortgewandt und berühmt für seine Arbeit. Seine Fälle und Ermittlungsmethoden sind so unglaublich, dass manche annehmen, er hätte die Verbrechen selbst begangen, weil er sie sonst unmöglich hätte aufklären können. Sammy wird als Gefangener an Bord der Saardam eskortiert, für eine Reise nach Amsterdam, wo ihm der Galgen droht. Der wahre Grund seiner Verhaftung bleibt geheim, genauso wie der Zweck einer wertvollen Fracht: der Phantasterei. Doch gegen das Schiff wird eine unheimliche Drohung ausgesprochen und es geschieht ein Mord. Nun liegt eine kniffliger Fall vor Arent, der ohne Sammy ermitteln muss und sich dem nicht gewachsen fühlt. Sara, die Gattin des Gerneralgouverneurs, entpuppt sich jedoch als geistreiche Gesprächspartnerin, die sowohl Begeisterung, Besonnenheit als auch Klugheit bei der Ermittlungsarbeit einbringt. Damit setzt Stuart Turton ein Zeichen für die Frauenbewegung, die aus der Zeit gefallen scheint: „Das hier ist Männersache und geht Frauen nichts an.“

Leidenschaftlich grausam, düster und detailreich gezeichnete Szenen entführen ins 17. Jahrhundert auf ein Schiff voller Edelleute, Musketiere, Matrosen - launisch, unbeständiger Männer, Mörder, Vergewaltiger und Querulanten- kurz: potentieller Gefahren. Erste Ermittlungsansätze, hinzukommende Rätsel, Geheimnisse, Gräueltaten und neue Enthüllungen fesseln beim Lesen. Es hat richtig Spaß gemacht, zu rätseln und Thesen wieder zu verwerfen. Außerdem fiebert man mit den Sympathieträgern mit, ohne genau zu wissen, wem man eigentlich vertrauen kann. Äußere Umständen, wie ein verheerender Sturm, erschweren die Bedingungen und selbst, wenn man glaubt, der Lösung nahe zu sein, zaubert Stuart Turton ein Ass aus dem Ärmel.

Fazit: Ein gut konstruierter und spannender Kriminalroman, mit einem grandiosen Ende, über die Kraft des Aberglaubens und der Barmherzigkeit, der ein längeres (über 600 Seiten starkes) Lese- und Rätselvergnügen beschert, das eine dicke Empfehlung wert ist. Stuart Turton war mir vorher kein Begriff; das hat sich hiermit geändert. Besonders Fans von Sherlock Holmes und Miss Marple bzw. komplexen Rätseln im Allgemeinen werden es mögen.

Veröffentlicht am 24.09.2021

Ein magischer Ort, den du nie vergessen wirst.

Vincent und das Großartigste Hotel der Welt
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„Jeder hat gelegentlich ein bisschen Großartigkeit verdient.“

Der elfjährige Vincent kann sich große Träume nicht mehr leisten. Zuhause dreht sich alles nur noch um Thom, das jüngste Mitglied der Familie. ...

„Jeder hat gelegentlich ein bisschen Großartigkeit verdient.“

Der elfjährige Vincent kann sich große Träume nicht mehr leisten. Zuhause dreht sich alles nur noch um Thom, das jüngste Mitglied der Familie. Seine Erkrankung verlangt die volle Aufmerksamkeit der Eltern. Keiner weiß, was ihm fehlt und die vielen Arztbesuche verschlingen die Ersparnisse. Vincent’s erbt das Schuhputz-Equipment seines Großvaters und hat endlich die Chance, seinem Talent zu folgen und Geld zu verdienen. Als das „Großartigste Hotel der Welt“ Vincent einstellt, wird er zu einem Schnuppertag eingeladen, um als Gast den Hotelablauf kennenzulernen. Ein unvergessliches Ereignis und der Beginn eines Traumjobs und ein ganz besonderen Freundschaft.

Das „Großartigste Hotel der Welt“ liegt in den Bergen und ist magischer Anziehungspunkt vieler neugieriger Gäste. Ein weitläufiger Ort voller Wunder, farbenprächtiger Gärten und exotischer Wesen - eine Mischung aus Tier- und Erlebnispark, in dem es um Erholung für die Gäste geht, der bevorzugt mit dem Heißluftballon bereist wird. Alles ist außergewöhnlich und nichts ist hier unmöglich. Die Geschichte sprüht nur so vor Ideen: Tiere, die Snacks servieren, Personal für alles, ein Taschenhund für jeden Angestellten, ein Empfangschef, der die Angewohnheit hat, alles dreimal zu sagen und technische Spielereien, die jedes Kind begeistert. Viele der fantasievollen Zimmer, mit verschwenden Mottos und magischen Kräften, und Kuriositäten der Hotels werden im Buch genannt und man möchte am liebsten sofort einchecken, in dieses lebensverändernde Hotel. Erzählt wird die Geschichte von einem allwissendem Erzähler, der sich öfter an den „modernen“ Leser richtet und von seinem Co. Autor berichtet. Was sich berührendes dahinter verbirgt, erfährt man am Ende in den Anmerkungen.

Die Sprache ist sehr bildhaft: „Vincent’s Bauch gurgelte wie ein Eimer voll furzender Frösche, und er begann zu sabbern wie ein zahnendes Baby.“ Der Verlauf der Geschichte ist klassisch und Lisa Nicol lässt ihren Helden hoch hinauf steigen und tief fallen. Es ist eine Geschichte über Freundschaft und familiären Zusammenhalt, über das Glück, andere glücklich zu machen und selbst das zu tun, was man liebt. Lisa Nicol hat dabei einen besonderen Ort geschaffen, den man nie vergessen wird.

Fazit: Ein fantasievolles Kinderbuch-Spektakel mit liebenswerten Protagonisten, bunter Story und schöner Botschaft. Ein Buch, das einfach Spaß und berührt.
Sehr empfehlenswert und mit kurzen Sätzen auch für geübte Leser ab 10 Jahren.

Veröffentlicht am 24.09.2021

Sprachliche Poesie für Leseauszeit vom Alltag

Der perfekte Kreis
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Bereits „Offene See“ von Benjamin Myers konnte mich begeistern. In „Der perfekte Kreis“ geht es um eine Freundschaft zweier eigentümlicher Charaktere, die sich treffen, um Kornkreise zu erschaffen. Vereint ...

Bereits „Offene See“ von Benjamin Myers konnte mich begeistern. In „Der perfekte Kreis“ geht es um eine Freundschaft zweier eigentümlicher Charaktere, die sich treffen, um Kornkreise zu erschaffen. Vereint durch zahlreiche Gemeinsamkeiten und die hervorragende Ergänzung ihrer Fähigkeiten, gestalten die beiden jungen Männer ihre Wochenenden auf diese Wiese, für mehr Stabilität in ihrem Leben und um die Realität hinter sich zu lassen.

In der ruhigen Geschichte steht neben der übersichtlichen Handlung und den Dialogen vor allem das im Fokus, was dazwischen passiert und ungesagt bleibt. Im Verlauf der Zeit erfährt man mehr über Redbone und Calvert, ihre bewegende Vergangenheit und was sie antreibt, Kornkreise zu erschaffen. Die kapitelweise abschließenden Pressmitteilungen bezüglich der Kornkreise, die der Bevölkerung Rätsel aufgeben, waren erheiternd, boten Abwechslung und geben der Geschichte eine Struktur.

Erneut konnte ich mich in Benjamins’s Worten verlieren und eine entschleunigte Lesezeit genießen. Ein Werk voller kleiner poetischer Liebeserklärungen an die Sprache, die Natur, die Protagonisten und zahlreiche Textstellen, die mich berührt haben. Benjamin Myers transportiert auf besonders poetische Weise seine philosophischen und gesellschaftlichen Anregungen. Er entfaltet seine Magie der Sprache, während er über eben diese schreibt und wie sie das Leben seiner Figuren beeinflusst. Ich empfehle „Der perfekte Kreis“ allen, die Bücher mit interessanten Persönlichkeiten mögen, klangvolle Sprachrhythmen schätzen und die Muße für eine poetische Leseauszeit haben.

Veröffentlicht am 13.09.2021

Eine wunderbare Freundschafts-Geschichte

Leo und Lucy 1: Die Sache mit dem dritten L
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„Jemand muss heute doch noch den Deckel von meinem Glücksglas aufgeschraubt haben, und jetzt fließt der Glückssirup über mein ganzes Leben.“

Der zwölfjährige Leo und die elfjährige Lucy sind beste Freunde. ...

„Jemand muss heute doch noch den Deckel von meinem Glücksglas aufgeschraubt haben, und jetzt fließt der Glückssirup über mein ganzes Leben.“

Der zwölfjährige Leo und die elfjährige Lucy sind beste Freunde. Leo begeistert sich für’s Skateboarden und die Weiten das Universum. Lucy ist sturköpfig, zielstrebig und gründet das L-Team, zu deren Mitgliedern auch ihr Spionage-Hund namens Blumenkohl gehört. Als Legastheniker - ein Wort, das Leo gern durch Legostein-Tiger ersetzt - hat Leo mit wuselnden Buchstaben zu kämpfen und erfährt wenig Rückhalt von den Mitschülern und seinem Lehrer Herr Dölb. Mit dem anstehenden Vorlese-Wettbewerb tut sich dann die Möglichkeit auf, endlich das ersehnte Skateboard XW90 zu gewinnen, von dem Leo schon so lange geträumt hat. Doch seinen Chancen stehen schlecht. Vor allem Lucy ist diejenige, die ihn tatkräftig unterstützt und ermutigt, an sich zu glauben. Als der nervige Allerkönner-Mitschüler Cornelius seine Unterstützung anbietet, ist Leo’s Eifersucht geweckt: er hätte seine beste Freundin lieber ganz für sich allein.

Die Geschichte ist aus Leo’s Sicht geschrieben und als Ich-Erzähler werden seine Gefühle so eindrücklich und bildhaft beschrieben, dass man Leos inneres Chaos gut nachvollziehbar kann. Deswegen ist Lucy der ideale Gegenpart. Sie weiß irgendwie immer wie das Leben funktioniert: „Als ob sie die Gebrauchsanweisung gelesen hätte“ und dafür bewundert Leo sie insgeheim. Dass Lucy im Rollstuhl sitzt, ist kein Thema, sondern Normalität. Das ist ein toller Ausgangspunkt, denn auch Themen wie Mobbing von Mitschülern spielen eine Rolle. Generell ist in „Die Sache mit dem dritten L“ eine Menge los: Familiengeheimnisse, Nachbarschaftskuriositäten, Freundschaftskrisen, geplatzt Träume, entführte Hunde und ein großes Gefühlschaos wirbelt Leos Kosmos ordentlich durcheinander. „Leo & Lucy“ ist sehr lebendig und unterhaltsam geschrieben. Man fiebert gern mit den sympathischen Charakteren mit. Durch die kurzen Sätze eignet es sich gut für Selbstleser, da man durchgehend motiviert bleibt, weiterzulesen. Auch die auflockernden s/w Illustrationen von Julia Christians passen hervorragend.

Fazit: Eine tolle Geschichte mit vielen rührenden, aufwühlenden und auch actiongeladenen und verrückten Momenten. Der lebendige Erzählstil erleichtert das Lesen, die sympathischen Charaktere berühren und reißen mit. Das Ende macht das Buch so großartig, dass der gewonnene Kirsten-Boie-Förderpreis absolut gerechtfertigt ist. Deswegen eine Empfehlung, unbedingt mal reinzuschauen.

„Das leben ist manchmal schon wirklich komisch. Komisch, unberechenbar und irgendwie wunderbar gleichzeitig.