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Veröffentlicht am 24.10.2021

"Genug Boshaftigkeit, um den Himmel zu vergiften"

Der Tod und das dunkle Meer
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"Der Meister des Plott-Twists ist zurück", bewirbt der Buchrücken die Geschichte. Und tatsächlich hat sich Stuart Turton hier im Vergleich zu "Evelyn Hardcastle" selbst übertroffen. Noch einmal präsentiert ...

"Der Meister des Plott-Twists ist zurück", bewirbt der Buchrücken die Geschichte. Und tatsächlich hat sich Stuart Turton hier im Vergleich zu "Evelyn Hardcastle" selbst übertroffen. Noch einmal präsentiert er eine Story, die sich sturen Genre-Klassifizierungen entzieht. Diesmal haben mich seine Protagonisten, allen voran das Ermittler-Duo Arent Hayes und Sammy Phipps, sogar noch mehr in ihren Bann gezogen.

Mit einer düsteren Prophezeiung, ausgestoßen aus dem Mund eines Aussätzigen, der dann in Flammen aufgeht, beginnt das Abenteuer. Tatsächlich hat es schon bald den Anschein, als gehe ein gefährlicher Dämon um auf der Saardam, einem Frachtschiff auf der Reise vom exotischen Batavia nach Amsterdam. Ist es nur Zufall, dass sich ausgerechnet die beiden berühmten Ermittler an Bord befinden? Arent scheint auf seltsame Weise selbst in das Geschehen verwickelt, dabei ist der Zweck seiner Reise doch eigentlich seinen Freund und Auftraggeber Sammy Phipps zu beschützen. Kein leichtes Unterfangen, denn Sammy wurde für ein unbekanntes Kapitalverbrechen verhaftet und verbringt den Großteil des Tages in einer winzigen Zelle. Kann es unter diesen Bedingungen gelingen, die grusligen Vorgänge aufzuklären?

Neben atmosphärischer Dichte und wunderbar düsteren Metaphern wartet Turton auch mit starken Frauenfiguren auf. Wieder ein ungewöhnliches Lesevergnügen, das zu überraschen weiß und auch mit über 600 Seiten ruhig noch hätte weitergehen können. Mir wurde es nicht langweilig.

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Kann man verlorene Paradiese wiederfinden?

Die Wiederentdeckung des Glücks
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"Die Dinge sind dabei, sich zu ändern, es ist ein beunruhigender Prozess, als würde man sich verpuppen, um etwas Neues zu werden. Ich weiß nicht einmal, ob ich das will."

Dies sind die Gedanken von Nora, ...

"Die Dinge sind dabei, sich zu ändern, es ist ein beunruhigender Prozess, als würde man sich verpuppen, um etwas Neues zu werden. Ich weiß nicht einmal, ob ich das will."

Dies sind die Gedanken von Nora, die mit ihrem Vater Terje nach Madagaskar reist, auf der Suche nach einem ganz besonderem Duft für ein bahnbrechendes Parfüm. Terje war schon mehrmals dort, und wie sehr seine Reisen ihn beeinflusst haben, kann Nora nicht ahnen, da sie weitestgehend ohne ihren Vater aufgewachsen ist. Aber erzählt wird auch die Geschichte vom armen Straßenjungen Biscuit, der Terje in seiner Jugend begegnet ist und durch ihn seine Liebe zum Radsport entdeckte. Und von Maribelle, madegassische Tochter aus reichem Hause, die Biscuit schon in seiner Jugend herumkutschiert, die er wie eine Prinzessin verehrt und zur Liebe seines Lebens machen möchte. Aber es ist auch die Geschichte einer bettelarmen Insel und ihrer Probleme, wo Umweltzerstörung und Recycling das Leben bestimmen.

Antonia Michaelis' Romane sind stets vielschiechtig und oft von einer düsteren Märchenhaftigkeit, die sie zu einer meiner Lieblingsautorinnen gemacht hat. Wie im magischen Realismus verschwimmen Fantasie und Realität oft unmerklich ineinander, so dass die Bücher einen einzigartigen Zauber entfalten. Diese Geschichte um Elend, Fahradrikschas und Rennen kam naturgemäß erst sperriger daher, hat mich aber bald genauso eingefangen wie ihre anderen Romane. Das ist nicht nur der tiefgründigen Geschichte geschildert, sondern auch dem liebenswerten Protagonisten Biscuit, den ich besonders in mein Herz geschlossen habe. Wie er sich aus seiner schweren Kindheit herauskämpft zu einem Leben als erfolgreicher Radrennfahrer, ist einfach nur bewundernswert. Er könnte gut und gern selbst einem Märchen entstammen und braucht natürlich einen Antagonisten von besonderer Bösartigkeit, den die Autorin mit Bravour kreeiert. Dies macht das Buch auch noch außerordentlich spannend.

Antonia Michaelis hat selbst mit ihrer Familie einige Jahre auf Madagaskar gelebt, was man in jeder Zeile merkt. Die Story ist ebenso farbenprächtig wie ernüchternd. Ihren Verdienst aus dem Buch stellt sie völlig einer von ihr mitgegründeten madegassischen Schule und dem Straßenkinderprogramm zur Verfügung.

Die Geschichte wird noch lange in mir nachwirken, ebenso wie die aufgeworfene Frage, ob sich Glück ebenso recyceln lässt wie viele Dinge.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Tausendschön

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Wie schön ist es, wenn mir ein Buch begegnet, bei dem für mich einfach alles stimmt.

Da ist erst einmal die wunderschöne Umschlaggestaltung, die sich darunter auf dem Buch selbst und auch auf den Vorsatzseiten ...

Wie schön ist es, wenn mir ein Buch begegnet, bei dem für mich einfach alles stimmt.

Da ist erst einmal die wunderschöne Umschlaggestaltung, die sich darunter auf dem Buch selbst und auch auf den Vorsatzseiten fortsetzt, gekrönt vom farbigen Buchschnitt in meiner Lieblingsfarbe Blau.

Dann die märchenhafte Story um Matilda und Quinn, deren Welt gleich dreifach auf den Kopf gestellt wird. Matilda schwärmt schon lange für Nachbarsjungen Quinn, während er in ihr und ihren Cousinen nur die biblischen Plagen sieht und sie nicht einmal unterscheiden kann. Als Quinn dann, gejagt von seltsamen Wesen, einen schweren Unfall erleidet und sich im Rollstuhl wiederfindet, bittet Quinns Mutter durch ein Missverständnis ausgerechnet Matilda darum, Quinn auf andere Gedanken zu bringen. Während Quinn versucht, sich zurück in die Gesundheit zu kämpfen, erfahren Matilda und er immer mehr von einer Märchenwelt und deren Bewohnern, die in enger Verbindung zu Quinn zu stehen scheinen. Und dann sind da noch die Vorurteile übereinander, die sie Stück für Stück verlieren. Ist Quinn etwa gar nicht der arrogante Teufelsbraten und Matilda nicht das superfromme Grübchenface?

Die einfache Zusammenfassung wird der fantasievollen Story wirklich nicht gerecht. Kerstin Gier kreiert wieder einmal so sympathische, plastische Protagonisten, dass man ewig weiterlesen möchte. Selbst die Nebenfiguren, wie Matildas Cousin Leopold und Cousine Louise sind so lebensnah scheußlich und gleichzeitig grotesk lustig, dass man sie nur so aus den Seiten schütteln möchte. Überhaupt sprühen Dialoge und Erzählung vor feinem Witz.
Auch die Anderswelt, die hier erdacht wird, hat etwas ganz Eigenes und Unverwechselbares. Oje, ich glaube die drei geplanten Teile sind einfach nicht genug für diese Serie, erst recht nicht, wenn man noch so lange auf den nächsten Teil warten muss. Für mich ist die Serie nicht nur ein Vergissmeinnicht, sondern ein echtes Tausendschönchen!

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Franz und Frieda

Meine Schiebebahn-Pappe: Fahr mit auf dem Bauernhof
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Da mein 1 1/2jähriger Neffe sehr gern mit zum Pferdestall kommt, dachte ich mir schon, dass ich auch mit diesem Buch einen Treffer bei ihm landen könnte. Und tatsächlich ist das der Fall. Auf dem Bauernhof ...

Da mein 1 1/2jähriger Neffe sehr gern mit zum Pferdestall kommt, dachte ich mir schon, dass ich auch mit diesem Buch einen Treffer bei ihm landen könnte. Und tatsächlich ist das der Fall. Auf dem Bauernhof ist schließlich jede Menge los für Bauer Franz und Bäuerin Frieda. All ihre Landmaschinen sind da eine große Hilfe und können von kleinen Kinderhänden auch noch spielerisch hin und her bewegt werden.

Da sich das Buch an Kinder ab 18 Monaten richtet, gibt es hier folgerichtig noch mehr zu sehen als vorzulesen. Mir persönlich gefällt besonders gut, dass vor allem Stadtkinder mit diesem Buch erst gar nicht in Gefahr geraten, nicht zu wissen, woher die Milch eigentlich kommt oder nach lila Kühen Ausschau zu halten. Ich wünschte nur, das Bauern- und Tierleben wäre tatsächlich noch so ursprünglich wie in diesem schönen Buch dargestellt. Hier könnte sich manche Realität eine Scheibe abschneiden.


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Veröffentlicht am 05.09.2021

Odyssee und viel mehr

Der Sohn des Odysseus
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Schon als Kind mochte ich die Sagen rund um den Trojanischen Krieg. Annika Thor liefert hier eine wunderbare Neuerzählung mit ganz anderer Perspektive und interessanten Twists. Gleichzeitig ist es eine ...

Schon als Kind mochte ich die Sagen rund um den Trojanischen Krieg. Annika Thor liefert hier eine wunderbare Neuerzählung mit ganz anderer Perspektive und interessanten Twists. Gleichzeitig ist es eine überzeugende Coming of Age-Story, denn Held der Geschichte ist nicht Odysseus selbst, sondern sein Sohn Telemachos.

Ein Jahr alt war Telemachos, als Odysseus gegen seinen Willen in den Trojanischen Krieg gelockt wurde. Odysseus' List hat den Griechen den Sieg gebracht. Doch Telemachos und seine Mutter Penelope warten vergebens auf die Rückkehr von Odysseus, des Königs von Ithaka. Was seinen Vater aufhalten könnte, erzählt Telemachos Kinderfrau ihm in Nacherzählungen ihrer farbenprächtigen Träume. Auch Penelope und Telemachos selbst haben solche Träume. Dabei lässt die Autorin stets raffiniert offen, ob es sich dabei um die Realität handelt.
Zehn Jahre des Wartens vergehen. Während Telemachos darum kämpft, ohne väterliches Vorbild zum Mann in Haus und Thronsaal heranzureifen, sammeln sich die Freier um Penelope, die Odysseus für tot erklären und die Macht auf Ithaka übernehmen wollen. Als selbst Telemachos' Leben bedroht scheint, macht sich Telemachos auf, seinen Vater zu suchen. Werden ihm die Götter zur Seite stehen wie einst seinem Vater?

Die Autorin zeigt Telemachos als Protagonisten mit all seinen Schwächen und Unsicherheiten, was ihn nur umso sympathischer macht. Gleichzeitig eröffnet sie hier einen ganz anderen Blick auf den großen Helden Odysseus und zeigt, dass häufig alles nicht so ist, wie es scheint. Auch Penelope ist keine bloße Randfigur, sondern eine starke Frau, die eigentlich fähig wäre, allein zu herrschen.
Mit dem überraschenden Ende, das gleichzeitig eine schöne Botschaft transportiert, hat mich Annika Thor vollends von ihrer Geschichte überzeugt.

Das Buch ist eigentlich als Jugendbuch ausgewiesen und mit schönen Schwarz-Weiß-Zeichnungen geschmückt. Durch das Thema ist es zwanglsläufig nicht frei von Brutalität. Ich habe mich als Erwachsene ebenfalls als zur Zielgruppe gehörig gefühlt.

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