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Veröffentlicht am 01.11.2021

Ein etwas anderes Ritterabenteuer mit drollig-liebenswerter Hauptfigur

Darius Dreizack - Ritterspiele auf Burg Waghalsig
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Der kleine Lindwurm Darius Dreizack erhält eine besondere Einladung, er darf die Ritterschule auf Burg Waghalsig besuchen. Jetzt hat er ganz schön Muffensausen, denn er ist überhaupt nicht geschickt und ...

Der kleine Lindwurm Darius Dreizack erhält eine besondere Einladung, er darf die Ritterschule auf Burg Waghalsig besuchen. Jetzt hat er ganz schön Muffensausen, denn er ist überhaupt nicht geschickt und auch nicht mutig so wie seine Geschwister. Eigentlich will Darius überhaupt kein Ritter werden. Der kleine Lindwurm verabscheut Kämpfe, viel lieber mag er Natur und Ruhe. Mit einem mulmigen Gefühl macht er sich auf den Weg zur Burg. Sofort trifft er auf den geschrumpften, aber selbstbewussten Ziegenbock Rüdiger von Hirtenkäse und Hüttenquark und kurz darauf auf Lonnhilde, genannt Lonni. Gemeinsam versuchen die drei auf Burg Waghalsig zu bestehen. Ob sie in 33 Tagen bereit für die ersten Ritterspiele sind?

Antje Szillat schreibt kindgemäß, gut verständlich und mit viel Wortwitz. Vor allem ihrer Figur Rüdiger legt sie immer wir sehr komische Ausdrücke wie „Schangedön“ oder den coolen Gruß „Bonschlonzo“ in den Mund. Beim Vorlesen machen diese Formulierungen besonders Spaß.
Susanne Göhlichs zahlreiche bunte, niedliche und motivierende Bilder ergänzen die Geschichte perfekt. Ihre Figuren muss man einfach mögen, sie sehen sehr drollig aus. Auf dem Vorsatzpapier ist eine Umgebungskarte von Burg Waghalsig abgedruckt. So können sich die Leser den Schauplatz der Handlung gleich besser vorstellen.
Die Kapitel haben eine „lesefreundliche“ Länge, für uns nicht zu lang und nicht zu kurz.
Zum Vorlesen eignet sich das Buch für Zuhörer ab fünf Jahren.

Mit Darius werden sich zurückhaltende, ängstliche Kinder sicher prima identifizieren können. Der kleine Lindwurm ist nett, höflich, freundlich, rücksichtsvoll und überhaupt nicht abenteuerlustig und draufgängerisch.
Schrumpfziegenbock Rüdiger ist wesentlich kleiner als Darius, sein Selbstbewusstsein ist aber so groß, dass es dicke für zwei reicht. Mit seiner lustigen Sprache sorgt er immer wieder für Schmunzler. Die dritte im Bunde ist Lonni, eine Mischung aus Rüdiger und Darius, sie zeigt sich aufgeweckt und offen für Herausforderung, aber gleichzeitig auch empathisch und verständnisvoll. Auf Burg Waghalsig treffen ziemlich viele originelle Figuren aufeinander: Trolle, ein- bis siebenköpfige Drachen, Kobolde oder Zentauren. Eine phantastische Gruppe!

Wird es Darius allen beweisen und schafft er die Zulassung zu den Ritterspielen?
Bis zu den Spielen vergeht eine aufregende, turbulente Zeit mit viel Training. Am Ende wartet eine besondere Überraschung auf Darius und die kleinen Leser.
„Darius Dreizack - Ritterspiele auf Burg Waghalsig“ ist nicht nur eine lustige, vor allem zum Ende hin spannende Geschichte, das Buch wartet auch mit einer schönen Botschaft auf: Rittersein bedeutet nicht nur Mut, Tapferkeit und Abenteuer. Echte Ritterlichkeit zeigt sich auch durch „Tugenden“ wie Freundlichkeit, Bescheidenheit, Rücksichtnahme und Empathie. Darius Dreizack ist eine phantasievolle, mitreißende Freundschaftsgeschichte mit liebenswerten, originellen Figuren, viel Wortwitz und gelungenen Illustrationen. Ein Buch für alle kleinen und großen Drachen- und Ritterfans, die manchmal mutig sind und manchmal auch Angst haben.

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Veröffentlicht am 29.10.2021

Weihnachten in Sommerby - ein Schneesturm, allerhand Aufregung und echtes Weihnachtsgefühl

Sommerby 3. Für immer Sommerby
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„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. ...

„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. Ich bin wieder hier!, denkt Martha. Ich bin tatsächlich wieder hier!“

Weihnachten in Sommerby! Mats, Mikkel und Martha freuen sich riesig, dass sie mit ihren Eltern die Feiertage bei Oma Inge verbringen dürfen. Doch Ruhe und Besinnlichkeit wollen sich zunächst nicht einstellen. Die Nachricht, dass die Steuermannsinsel verkauft werden soll, trübt das Glück. Was soll da nur mit Aylin, Enes und Dilara werden? Dann beginnt es auch noch zu schneien. Und zwar ziemlich heftig, Sommerby versinkt unter einer tiefen Schneedecke, es ist kein Durchkommen mehr. Dass so ein Schneesturm auch große Gefahr bedeutet, müssen Mikkel und Mats am eigenen Leib erfahren….

Kirsten Boie erzählt klar, direkt und kindgemäß, sie wechselt immer wieder die Perspektive, schreibt mal aus Mats, mal aus Mikkels, mal aus Marthas Sicht, gibt dann die Gedanken und Gefühle der Kinder wieder. Dabei formuliert sie so, wie Kinder eben reden. Der Sprachstil mag am Anfang gewöhnungsbedürftig sein, enthält er doch viele umgangssprachlichen Ausdrücke, er wirkt aber sehr authentisch. Die Geschichte lässt sich flüssig vorlesen. Auch wenn die Leser nicht direkt angesprochen werden, hatten meine Kinder und ich beim Lesen doch das Gefühl, dass die Geschichte nur für uns persönlich erzählt wird, als würden die Hauptfiguren exklusiv für uns das Geschehen schildern und immer wieder zusätzliche Erklärungen liefern, damit wir uns auch wirklich „mitten drin“ in der Handlung fühlen können.
Die hübsch gezeichneten Vignetten von Verena Körting am Anfang der Kapitel zeigen idyllische kleine Winter- und Weihnachtsmotive, strahlen Gemütlichkeit aus und versetzen in Weihnachtsstimmung.
Das Buch richtet sich an Leser aller Altersgruppe, ein Familienbuch. Da die Kapitel recht umfangreich sind und die Schrift normal groß gedruckt ist, eignet sich das Buch für Selberleser ab zehn Jahren. Aber auch jüngere Kinder werden beim Vorlesen Freude an der Geschichte haben. Sie werden sich allerdings eher für Mats und Mikkels Erlebnisse als für Marthas Gefühlschaos interessieren.

Die besonderen Charaktere machen die Sommerby-Reihe aus. Jeder Leser, je nach Alter, wird seine persönliche Lieblingsfigur finden. Da sind zunächst Mats und Dilara, die sich sehr gerne mögen, aber dennoch immer streiten müssen, was uns wiederholt zum Schmunzeln brachte. Die beiden erinnern fast an ein altes Ehepaar. Beide sind selbstbewusst, frech und aufgeweckt. Mikkel ist ein typisches Sandwichkind, so feinfühlig und rücksichtsvoll. Er hat ein großes Herz für alle, vor allem für Tiere, kann aber auch richtig wütend werden. Martha ist klug, kann gut einschätzen, was in anderen vorgeht. Sie bringt die Dinge oft auf den Punkt, scheint aber manchmal auch recht naiv. Martha steckt mitten in der Pubertät und im Gefühlschaos, sie weiß nicht genau, was sie gerade fühlt. Sie kümmert sich oft rührend um ihre kleinen Brüder, Mats und und Mikkel können sich immer auf Martha verlassen, auch wenn die typischen Geschwisterkabbeleien natürlich nicht ausbleiben. Und dann ist da natürlich die pragmatische Oma Inge, die stets zupackt und manchmal recht harsch und burschikos wirkt, aber ihre Enkel sehr liebt und das Herz am rechten Fleck hat. Mit ihrer Tochter Leonie gibt es einige grundlegende Konflikte, aber Inge zeigt sich durchaus lernfähig und kompromissbereit. Über ihren Schatten zu springen, fällt ihr allerdings schwer, weil sie genauso stur sein kann, wie ihre Tochter.


Da ist es wieder dieses ganz besondere Sommerby-Gefühl: Abenteuer und Aufregung und einerseits und eine ganz eigene Gemütlichkeit und ein spürbarer Zusammenhalt andererseits. In Sommerby werden Traditionen hochgehalten, es wird noch Plattdeutsch gesprochen. Am Ende gibt es sogar ein Glossar wichtiger Ausdrücke aus dem Plattdeutschen, was uns gut gefallen hat. Sommerby ist wie eine andere Welt, in Sommerby ticken die Uhren anders, die Natur spielt eine viel größere Rolle als in der Stadt, die Kinder erleben den Alltag hier viel intensiver. „Für immer Sommerby“ ist ein wunderbar weises Buch, in dem so viel steckt: erste Liebe, Gefühlschaos und Erwachsenenwerden. Es geht zudem um Freundschaft und Familie, um ganz verschiedenartige Beziehungen. Besonders das schwierige, konfliktbehaftete Verhältnis zwischen Mutter Inge und Tochter Leonie wird sehr realistisch dargestellt. Während die konservative Inge sparsam lebt, Traditionen pflegt, Kindern viel Eigenverantwortung übertragt und ihr Lametta seit Jahren aufhebt, geht Städterin Leonie mit der Zeit, braucht Internet, findet Veränderungen und Neues wichtig und notwendig und traut ihren Kindern oft wenig zu. Da treffen zwei sehr unterschiedliche Einstellungen aufeinander.
Aber Weihnachten ist die Zeit aufeinander zuzugehen. Und beide Frauen nähern sich auf leise, sachte Weise einander an. Auch der dritte Sommerby-Band war für uns wie Urlaub, eine perfekte Weihnachtsgeschichte, die daran erinnert, worum es an Weihnachten wirklich geht: Gemeinschaft, Liebe, Familie. Sommerby ist Glück zum Lesen. Diese Reihe können wir jedem, der manchmal mehr „Hygge“ im Leben braucht, nur empfehlen. Und wer braucht das nicht?

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Veröffentlicht am 18.10.2021

James Bond trifft auf Sherlock Holmes: Malvina ist zurück - ein fulminantes Krimi-Grusel- Abenteuer

Malvina Moorwood (Bd. 2)
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„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten ...

„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten für den neuen Pool wird ein Skelett gefunden und Opa Moorwood gerät unter Mordverdacht. Doch anstatt die Sache aufzuklären, macht sich Opa kurzerhand aus dem Staub. Also ist es Malvinas und Toms Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf noch mehr Geheimnisse, wie ein unheimliches Gedicht oder eine dubiose Männervereinigung. Die beiden schlittern in ein unglaubliches Abenteuer und schweben dabei nicht nur einmal in großer Gefahr.

Autor Christian Loeffelbein schreibt lebendig und für Kinder klar und gut verständlich aus Malvinas Sicht. Der aussagekräftige und authentische Erzählstil macht es der Leserschaft leicht, sich sofort ins Geschehen hineinzuversetzen. Julia Christians Bilder passen sehr gut zur Handlung. Die Illustrationen stellen manche Szenen und wichtige Gegenstände der Handlung dar, die gezeichneten Figuren sehen charakteristisch und originell aus und zeigen deutlich, was sie fühlen. In der Dunkelheit oder unter der Erde sind die Illustrationen weniger hell, vereinzelt sind ganze Seiten gräulich oder fast schwarz gefärbt, das schafft auch äußerlich eine besondere, düstere Atmosphäre.
Die Kapitel sind recht umfangreich, die Schrift ist nur minimal größer gedruckt als gewöhnlich. Die Geschichte eignet sich für Jungen und Mädchen ab neun Jahren, die im Lesen geübt und ausdauernd sind.

Malvina Moorwood bleibt sich auch im zweiten Band treu. Sie ist neugierig, aufgeweckt und reagiert spontan aus dem Bauch heraus. Mitunter kann sie ziemlich patzig werden, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht. Malvina glaubt im Gegensatz zu ihrem Freund Tom durchaus an Übersinnliches und Geister. Tom ist eher rational und dabei so clever, dass er fast jedes Rätsel knackt. Auf Tom kann Malvina jederzeit zählen, für sie lässt er alles stehen und liegen. Einen so zuverlässigen und treuen Freund wie Tom wird sich wohl jedes Kind wünschen.
Auch Malvinas bunte Familie ist wieder mit von der Partie: Opa, der vielleicht Dreck am Stecken hat, Tante Frieda mit ihrem Hang zum Spiritismus, Mama, die sich nach einem Leben in London sehnt, Papa, der sich heimlich mit einer fremden Frau eine Portion Tortellini teilt, die handysüchtigen Zwillinge Amalia und Georgina und Bruder Tristan, der im Reiten leider nicht ganz so talentiert ist wie sich sein Vater das wünscht. Auch Toms Vater, der Polizist Mr. Baxter, greift ins Geschehen ein, diesmal aber mit weniger Tomatenwitz. Hinzu kommen einige alte Männer, die mehr wissen oder nicht und ein ganz schön merkwürdiger, furchteinflößender dünner Mann. Ziemlich viele Figuren mit Geheimnissen….

Ist Opa wirklich ein Mörder? Was hat er noch zu verbergen? Tom und Malvinas Ermittlungen sind unheimlich spannend, stellenweise so gar nichts für schwache Nerven: Grusel, Gefahr und Geheimnisse, wo sie hinkommen und dabei ähnlich viel Action wie bei James Bond. Außerdem müssen Malvina und Tom so genau beobachten wie Sherlock Holmes und dabei ihre grauen Zellen ganz schön anstrengen. „Malvina Moorwood- Das Skelett im Schlossgarten“ ist ein schräges, phantasievolles, turbulentes und ziemlich witziges Krimiabenteuer zum Gruseln und Rätseln. Trotz fast satirischer Anspielungen auf verschiedene Genres, die auch Erwachsenen Spaß machen, hat das Buch seinen ganz eigenen individuellen Mix und Charme. Leichtfüßig werden auch Probleme wie Vorurteile, Gerüchte und psychische Erkrankungen thematisiert. Wer es humorvoll, aufregend und ein bisschen geisterhaft mag, wird die Reihe um Malvina Moorwood lieben, auch wenn die Hauptfigur durchaus ihre Fehler hat. Meine Kinder und ich sind jetzt noch größere Fans geworden und freuen uns schon auf die nächsten Herausforderungen für Malvina und Tom.

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Veröffentlicht am 18.10.2021

Von der Magie und der geheimen Kraft des Gärtnerns

Karline und der Flaschengarten
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Karlines Vater arbeitet als Bestatter. Als Karline auf dem Friedhof auf ihn wartet, beobachtet sie, wie eine Frau eine kleine Figur in ein Grab wirft. Luca, der Sohn der Friedhofsgärtnerin, „rettet“ die ...

Karlines Vater arbeitet als Bestatter. Als Karline auf dem Friedhof auf ihn wartet, beobachtet sie, wie eine Frau eine kleine Figur in ein Grab wirft. Luca, der Sohn der Friedhofsgärtnerin, „rettet“ die Figur für Karline, sie entpuppt sich als USB-Stick. Als Karline sich ansieht, was auf dem Stick gespeichert ist, staunt sie nicht schlecht: es sind Bilder von einem wunderschönen japanischen Garten. Gemeinsam mit ihrer Freundin Grete findet Karline heraus, wo der Garten liegt, nämlich in der Nähe eines verlassenen Fabrikgeländes. Die beiden kümmern sich um den Garten, der niemandem zu gehören scheint. Die Gartenarbeit macht ihnen große Freude und bald schon werden sie dabei von zwei Mitstreitern unterstützt. Ob sie ihren Garten weiterhin geheim halten können? Und was wird passieren, wenn sich der rechtmäßige Besitzer des Gartens meldet?

Autorin Maike Siebold schreibt lebendig, kindgemäß und gut verständlich im Präsens in Ich-Form. Ihr direkter, unterhaltsamer, lockerer Schreibstil lässt sich flüssig lesen und vorlesen. Die Autorin hat viele witzige Ideen, die sie auf ihre Figuren überträgt. So lässt sie beispielsweise Grete sagen: „Man sagt, dass man mit Blumen sprechen soll, damit sie besser wachsen. Funktioniert das auch umgekehrt? Also, wenn ich das Unkraut anschweige, verschwindet es wieder?“
Kai Schüttler hat zur Geschichte passende Bilder gestaltet. Seine Figuren mit den runden Köpfe sehen individuell und sehr drollig aus und motivieren.
Die Schrift ist etwas größer gedruckt, hat einen angenehmen Zeilenabstand, die Kapitel haben eine übersichtliche Länge. Sichere Leser ab acht Jahren können sich die Geschichte schon selbstständig erschließen, das Buch ist auch zum Vorlesen für etwas jüngere Kinder geeignet.

Karline ist eine sehr nachvollziehbare Figur, mit der sich Kinder bestimmt leicht identifizieren können. Sie ist aufgeweckt und neugierig. Ihr Vater hat recht wenig Zeit für sie, daher ist sie viel auf sich alleine gestellt. Karline ist recht willensstark und reagiert manchmal trotzig und ungerecht, was sie für mich als Charakter nur authentischer macht. Dass sie Vorbehalte gegenüber Arve, der neuen Freundin ihres Vaters, hat und manchmal eifersüchtig ist, halte ich für sehr realistisch.
Karlines Freunde Grete, Luca und Imad sind alle ziemlich unterschiedlich. Grete packts an, Luca ist manchmal ein Angeber, aber ein netter und Imad denkt viel nach, er wirkt recht erwachsen und weiß genau, was richtig und was falsch ist.
Mir hat der Charakter Onkel Tom sehr gefallen. Tom führt ein Café und ist Experte für Literatur, daher nennt er Karline immer wieder nach literarischen Figuren und hat für sie oft genau den richtigen Literaturtipp parat.
Manche Erwachsenen wie Arve sorgen im Lauf der Geschichte für ziemliche Überraschungen und auch zwei Charaktere aus „Rille aus dem Luftschacht“ haben erfreulicherweise einen kleinen Gastauftritt.

„Das Leben beginnt mit dem Tag, an dem man einen Garten anlegt“. Dieses Zitat hat Autorin Maike Siebold ihrem Buch vorangestellt. Und was der Ausspruch wirklich meint, verdeutlicht sie in „Karline und der Flaschengarten“. Die Arbeit im Garten macht die Hauptfiguren glücklich, erfüllt sie, beruhigt sie, verbindet sie miteinander. Nebenher gibt es interessante, wissenswerte Informationen über Pflanzen, wie z.B. dass Pflanzen lernen können. Das Buch ist wie eine moderne Version des Klassikers „Der geheime Garten“. Für alle, die wenig Platz für einen echten Garten haben, gibt es im Anhang eine Anleitung für einen Flaschengarten.
Auch wenn Gärtnern besinnlich und entspannend wirken kann, ist Karlines Geschichte alles andere als langweilig. Durchaus spannend zu erfahren ist es, wer der eigentliche geheimnisvolle Besitzer des Gartens ist und was mit dem Garten weiter geschieht.
Eine tolle Idee ist, dass die Kapiteltitel stets Fragen sind, wie z.B „Wo ist das Glück hin?“. Lediglich das letzte Kapitel hat keine Frage in der Überschrift mehr, alle Fragen wurden am Ende beantwortet.
Nach „Rille aus dem Luftschacht“ überzeugt Maike Siebold erneut mit einem originellen, phantasievollen, ungewöhnlichen, manchmal auch schrägen und warmherzigen Kinderbuch über Freundschaft. Karlines Geschichte erinnert daran, dass von der Natur und vom Gärtnern Magisches ausgehen kann. Gärtnern kann Glück bedeuten und dieses Buch war für uns ebenso ein kleines Stück vom Glück.

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Veröffentlicht am 12.10.2021

Chaotisch, turbulent, urkomisch und dennoch ziemlich weihnachtlich

Weihnachten mit Juli
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Juli ist zurück und wieder sorgt die Stute für allerhand Chaos. Ihr „Herrchen“ Paul und dessen Freund Max freuen sich sehr auf Weihnachten und sogar Nachbarin Anna, die eigentlich kein Weihnachten feiert, ...

Juli ist zurück und wieder sorgt die Stute für allerhand Chaos. Ihr „Herrchen“ Paul und dessen Freund Max freuen sich sehr auf Weihnachten und sogar Nachbarin Anna, die eigentlich kein Weihnachten feiert, kommt langsam in weihnachtliche Stimmung. Alles könnte so schön und harmonisch sein, lediglich der Schnee lässt noch auf sich warten. Doch dann zieht ein neuer Nachbar ins Haus nebenan und der ist alles andere als begeistert davon, dass Juli sich in seinem Garten herumtreibt, seinen neuen Rasen zerstört und seine geliebte Katze tyrannisiert. Er fordert: Juli muss entweder schleunigst unter Kontrolle gebracht werden oder verschwinden. Die tierischen Vier entwickeln einen Plan, wie sie den neuen Nachbarn doch noch von Julis Qualitäten überzeugen können. Doch Juli mag da leider nicht mitspielen. Ist damit ein „Weihnachten ohne Juli“ besiegelt?

Petra Eimer schreibt direkt, klar und sehr witzig aus Pauls Sicht in der ersten Person im Präsens. Wie im Comicroman üblich enthalten die Seiten viele Sprech- und Denkblasen. Manche Wörter im Text werden durch eine andere Schriftart und -größe betont. Die Seiten sind sehr abwechslungsreich gestaltet, lassen sich aber ohne Probleme flüssig und angenehm lesen und auch vorlesen. Trotz des kreativen Layouts ist es kein Problem, sich im Text zu orientieren.
Besonders motivierend sind die absolut gelungenen Illustrationen der Autorin. Die Figuren- allen voran Juli- sehen sehr drollig aus, die dargestellten witzigen, teils herrlich skurrilen Szenen sorgen immer wieder für gute Laune. Die Schrift ist trotz der recht kleinen Größe gut lesbar, sie hat einen etwas weiteren Zeilenabstand. Kinder ab acht Jahren werden das Buch schon selbständig lesen können, es eignet sich auch zum Vorlesen.

Stute Juli ist eine besonders originelle Hauptfigur. Sie macht, was sie will, hält sich an keine Regel, ist verfressen und impulsiv. Sie unter Kontrolle zu halten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist sogar schwieriger, als einen Sack Flöhe zu hüten. Klar, dass Julis Herrchen Paul da manchmal die Geduld verliert und ein bisschen ungerecht wird. Aber hinterher tut es ihm dann leid. Paul ist nämlich eigentlich ein wirklich lieber Junge, der sich ein Leben ohne Juli nicht mehr vorstellen kann, auch wenn er manchmal etwas anderes sagt. Max ist Pauls bester Freund, auf ihn kann sich Paul verlassen. Max hat einen Faible für Plätzchen, für Weihnachten und für Juli. Anna, Pauls Nachbarin, kann vieles echt gut: malen, rechnen, turnen und klettern. Nur Ihre Fähigkeiten im Singen sind noch ausbaufähig. Diese tierischen Vier sind wie die vier Musketiere, eine tolle Truppe voller Ideen. Mit ihnen wird es nie langweilig. Dass sie sich mit dem nicht so sympathisch neuen Nachbarn Herrn Sauber herumschlagen müssen, ist eine große Herausforderung. Der ist nämlich ganz schön pingelig und hat genaue Vorstellung, wie es in einer gesitteten Nachbarschaft zuzugehen hat.

Ob es den Vieren gelingt, den Nachbarn umzustimmen? Und was stellt Juli noch so alles an?
Eine turbulente, witzige, chaotische, pferdige und am Ende auch besinnliche Weihnachtsgeschichte. Dass Paul und Juli ein echtes Vorbild haben - Sohn und Pferd der Autorin- macht die Geschichte nur noch interessanter. Klar geht es im Buch etwas extremer und schräger zu als in Wirklichkeit. Vermutlich haben sich der echte Paul und die echte Juli zum Beispiel nicht auf den Weihnachtsmarkt gewagt, aber lustig ist so ein Weihnachtsmarktbesuch mit Pferd außer Rand und Band auf jeden Fall.
Wir können Weihnachten ohne/mit Juli uneingeschränkt empfehlen, es ist eine etwas andere Weihnachtsgeschichte, aber eine ziemlich gute und unterhaltsame.

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