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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.11.2021

Smokey ist nicht der Hit

Betongold
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Smokey ist ein Mordermittler bzw. war er es, jetzt hat er Morbus Bechterow und kriegt kaum mehr was gebacken. Wenn sie diese Krankheit vergessen - denn auf der nächsten und übernächsten Seite wird sie ...

Smokey ist ein Mordermittler bzw. war er es, jetzt hat er Morbus Bechterow und kriegt kaum mehr was gebacken. Wenn sie diese Krankheit vergessen - denn auf der nächsten und übernächsten Seite wird sie wieder erwähnt - und so geht es weiter und weiter.

Smokey hängt mit drin in dem Fall, denn der, der dran glauben musste, das war der Schani, sein Kumpel seit Kindertagen. Früher mehr, jetzt etwas weniger, denn mehr und mehr standen die beiden auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes. Bis Schani mitsamt seinen silbernen Cowboystiefeln in einer Baugrube lag und auf eigenen Füßen nicht mehr raus konnte. Überhaupt nie mehr irgendwohin konnte außer auf den letzten Weg.

Ich mag Bücher von Tanja Weber, einige jedenfalls und ich mag auch Regionalkrimis, gerade auch bayrische, bspw. die mit dem Eberhofer Franz. Aber beides zusammen, das kommt irgendwie nicht gut, jedenfalls nicht in dieser Aufmachung. Der Stil ist umständlich und irgendwie aufgesetzt, so dass ich schnell den Spaß am Lesen verloren habe und es für mich nur noch Pflicht war. Schade eigentlich!

Veröffentlicht am 10.10.2021

Eine Geschichte, die niemand erleben will

Kleine Paläste
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Hanno kehrt zurück in sein Elternhaus, wo er seit 28 Jahren nicht mehr war - er ging damals als junger Mann im Streit mit seinem Vater. Nun ist dieser schon seit längerem dement und auch körperlich ein ...

Hanno kehrt zurück in sein Elternhaus, wo er seit 28 Jahren nicht mehr war - er ging damals als junger Mann im Streit mit seinem Vater. Nun ist dieser schon seit längerem dement und auch körperlich ein Pflegefall. Aufgrund des plötzlichen Todes seiner Mutter übernimmt Hanno fürs Erste.

Nach der Beerdigung und dem ersten Eingewöhnen empfindet Hanno zunächst die neue Situation gar nicht als so schlimm wie befürchtet, da er unerwartete Hilfe durch seine Kindheitsfreundin Susanne, die im Nachbarhaus wohnt, erhält. Fast könnte man meinen, dass zwischen ihnen beiden eine Annäherung erfolgt, doch eine solche verläuft jedes Mal im nichts.

Begleitet wird die Szenerie aus der Sicht sowohl von Hanno als auch von Susanne. Auch Hannos verstorbene Mutter Sylvia steuert ihre Beobachtungen bei - sie erlebt nun alles sozusagen von der anderen Seite und zwar in Gesellschaft von Susannes ebenfalls verstorbenen Eltern.

Eine Handlung, die zwar ruhig, aber unweigerlich auf ein Drama hinsteuert, das sich in etwa ab Mitte des Romans mehr als deutlich anbahnt. Dadurch geht eine Menge Dynamik verloren. Auch werden bestimmte relevante Ereignisse, die ebenfalls eine Rolle spielen, nur angedeutet.

Auch wenn der Roman zunächst vielversprechend begann und sprachlich einiges bot, war ich im Endeffekt doch eher enttäuscht. So richtig eine tiefergehende Botschaft ist für mich nicht rübergekommen.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Sowjet-Märchen

Der wahrhaftige Volkskontrolleur
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Der getreue Bürger und Bewohner eines abgelegenen Dorfes Pawel Dobrynin wird quasi aus dem Nichts zum Volkskontrolleur ernannt - auf Neudeutsch wäre das der Controller des gesamten Sowjetvolkes bzw. einer ...


Der getreue Bürger und Bewohner eines abgelegenen Dorfes Pawel Dobrynin wird quasi aus dem Nichts zum Volkskontrolleur ernannt - auf Neudeutsch wäre das der Controller des gesamten Sowjetvolkes bzw. einer davon, der für einen Teilbereich zuständig ist: bei Pawel ist das eine sehr, sehr abgelegene, eisbedeckte Region. Wir befinden uns in den frühen Jahren der Sowjetunion - es dreht sich alles um den Genossen Lenin, der leider vor einigen Jahren verstorben ist - oder doch nicht?

Zudem taucht ein Engel auf, der durch einen Kleiderwechsel mit dem Deserteur Sergunkow zu einem Flüchtigen wird und mit seinesgleichen ein neues Leben im "gelobten Land" beginnt, eine ganz eigene Form des sowjetischen Gemeinschaftslebens.

Weitere Handlungsstränge drehen sich um den liebenswerten Schuldirektor Banow, der das Gute im Menschen sieht und um den Künstler Mark Iwanow, der mit seinem Gedichte rezitierenden Papagei durch die Lande zieht.

Ein Haufen verschrobener Menschen also, der da im frühen Sowjetreich sein Leben fristet, das trotz etlicher Brutalitäten seltsam harmlos scheint - märchenhaft eben. Eine herrliche Satire in bewährter kurkowscher Manier?

Nun, ich bin ein großer Fan der frühen Kurkow-Werke: der Doppelroman um den Pinguin Mischa und Viktor, einen Verfasser von Nekrologen, die zunächst einträchtig in einer WG in Kiew leben, sich dann jedoch aus den Augen verlieren und auf einer Odysee wiederfinden müssen, hat mich sowohl amüsiert als auch bewegt. Auch "Ein Freund des Verblichenen", in dem der lebensmüde Tolja einen Killer für sich selbst engagiert und dann verzweifelt versucht, diesen wieder abzubestellen, hat mir gut gefallen. Daher habe ich mich sehr auf das vorliegende Werk gefreut!

Doch ohje: Bei dem "Wahrhaftigen Volkskontrolleur" Pawel, der für Gerechtigkeit steht : der mal naiv, dann wieder fast philosophisch wirkt - Eigenschaften, die auch die parallel agierenden Akteure Engel, Banow und Ivanov aufzuweisen haben, wurde ich bezüglich des Lesegenusses sehr enttäuscht. Der von mir so geschätzte Osthumor blitzt zwar durchaus von Zeit zu Zeit auf, größtenteils wird der Bogen aber ganz schön überspannt. Dadurch ist es leider nicht die erhoffte geniale Satire auf den Kommunismus, sondern ein schwer zu lesender Mix von Absurditäten. Für mich sehr schade, reiht sich der Volkskontrolleur nicht in die von mir so sehr geschätzten oben genannten kurkowschen Juwelen ein! Dazu trägt auch bei, dass die einzelnen Erzählstränge vor sich hinplätschern und nicht zu einer Handlung zusammenfließen - dadurch ist es kein richtiger Roman, sondern eine Aneinanderreihung einzelner Geschichten.

Mir fiel es sehr schwer, mich auf die Handlung zu konzentrieren und am Ball zu bleiben, ich hoffe sehr auf den nächsten Kurkow - denn nach meinem grandiosen Start mit diesem Autor mag ich ihn noch nicht ganz aufgeben!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Skurrile Suche nach einer verschwundenen Politikerin

Erbarmen
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Fast ein halbes Jahr...anderthalb Jahre: Merete Lynggaard wird in einem zunächst abgedunkelten, dann hell erleuchteten Raum gefangen gehalten - und sie hat keine Ahnung, warum. Die Entführer fragen sie ...

Fast ein halbes Jahr...anderthalb Jahre: Merete Lynggaard wird in einem zunächst abgedunkelten, dann hell erleuchteten Raum gefangen gehalten - und sie hat keine Ahnung, warum. Die Entführer fragen sie nach dem Grund, nach ihrer Schuld, behaupten, dass sie sie bei Nennung der richtigen Antwort freilassen - Merete hat keine Ahnung.

Für die Öffentlichkeit und die Polizei ist Merete ertrunken - aber einfach so? Nein, es wird schon ein Verbrechen vermutet, doch man tappt im Dunkeln. Der Fall wurde jahrelang liegengelassen, nun wird der Ermittler Carl Mörk, der beruflich auf ein Abstellgleis geschoben wurde und sich mit diversen ungeklärten Kriminalfällen beschäftigen soll, darauf aufmerksam. Zusammen mit dem durch Zufall an seine Seite geratenen Assad , der eigentlich für die Reinigung und als Chauffeur eingestellt wurde, wird er in den Keller abgeschoben. Sie raufen sich zusammen und bilden ein skurriles, originelles Ermittlerpaar, das Schwung und Humor in die Handlung bringt - wie gemacht für eine Serie mit mehreren Folgen. Zunächst ist die Spur unklar: Ist es der behinderte Bruder, mit dem Merete zusammenlebt, ist jemand aus ihrem politischen Leben für die Tat verantwortlich? Doch relativ schnell zeichnet sich ab, dass die Ursache des Verbrechens komplett in der Vergangenheit, in der Kindheit Meretes und ihres Bruders liegt...

Erste Einsichten in die Story versprachen spannenden, jedoch eher bodenständigen Lesestoff für Thrillerfans. Beeinträchtigt wurde die Spannung durch die Absehbarkeit: schnell zeichnet sich ab, wer hinter der Entführung der Politikerin steckt. Natürlich ist das dem Handlungsverlauf ausgesprochen abträglich... Ein wenig mehr geheimnisvoll hätte die Story gerne rüberkommen können - so ist es nicht mehr als "ganz nett". Amüsant ist auf jeden Fall die Schilderung des Umfelds von Carl Mörk, das eine gute Grundlage für eine Reihe hoffentlich spannenderer Fälle bietet. Für Liebhaber skandinavischer Spannungsliteratur nur mit Vorbehalt zu empfehlen.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Ein Urteil über Leben und Tod...

Das Herz ihrer Tochter
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... fällt zunächst der Mörder Shay Bourne und tötet die siebenjährige Elizabeth und ihren Stiefvater, den Polizisten Kurt Nealon. June Nealon, die Mutter und Ehefrau verliert fast alles, was sie hat - ...

... fällt zunächst der Mörder Shay Bourne und tötet die siebenjährige Elizabeth und ihren Stiefvater, den Polizisten Kurt Nealon. June Nealon, die Mutter und Ehefrau verliert fast alles, was sie hat - es bleibt ihr nur ihr ungeborenes Kind Claire.
11 Jahre später: Claire leidet an einer schweren Herzkrankheit und braucht dringend ein Spenderherz, Shay befindet sich noch immer in der Todeszelle - seit Jahren der einzige zum Tode Verurteilte im Bundesstaat New Hampshire. Er wünscht nicht den Tod durch die Giftspritze, sondern durch den Strang - um so das Herz der Schwester der von ihm ermordeten Elisabeth zu spenden und Vergebung zu erlangen.

So die Ausgangssituation - was folgt, ist ein Hin und Her, in dem religiöse Erkenntnisse eine tragende Rolle spielen. Shay verbringt in seiner Zelle offenbar Wunder. Selbst sein Beichtvater - vor elf Jahren einer der Geschworenen, die ihn zu Tode verurteilt haben, hält es für möglich, dass er der Heiland ist, da auf einmal aus Wasser Wein wird, ein Mithälftling scheinbar von Aids geheilt wird und weitere erstaunliche Dinge geschehen.

Häppchenweise wird der Leser aus unterschiedlichen Erzählperspektiven - aus der Sicht des Priester Michael, Shays Anwältin Maggie, June Nealon, dem Mithäftling Lucius sowie der kleinen Claire Nealon an erstaunliche Entwicklungen herangeführt - vieles ist nicht so, wie es scheint. Oder doch?

Die einzelnen Positionen sind mit großer Eindringlichkeit und sehr plastisch geschildert - jedes einzelne Wort lässt den Leser spüren, welche seelischen Qualen durchlitten, welche Zweifel durchlebt werden.

Jodie Picoult hat mit Worten nicht geschrieben, sondern gemalt und sie ist mit ihrer farbigen Darstellungskraft in mein Leser-Herz eingedrungen. Eine Geschichte, die den Leser packt und festhält. Trotz des grausamen Themas ist sie aus meiner Sicht auch und gerade für Mütter und für Töchter geeignet: Picoult vereint in ihrem Text Schrecken und Spannung mit Herzenswärme. Leider übertreibt sie jedoch zeitweilig und zum Ende des Romans immer mehr. Es ist einfach zu viel des Guten, das die Autorin in ihre Geschichte gepackt hat. Die spannende und eindringlich geschriebene Leseprobe entpuppt sich leider als überladenes Gegenwartsmärchen. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass Leserinnen - denn es ist eindeutig eher ein Buch für Frauen - die anders als ich realitätsferne und etwas absurde Entwicklungen zu schätzen wissen, dieses Buch aufgrund der erzählerischen Kraft der Autorin lieben werden.