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Veröffentlicht am 22.11.2021

Zu wenig Tiefe

Liebe in Zeiten des Hasses
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Um eines schon vorwegzunehmen: Ich befürchte, ich kann mich den uneingeschränkten Lobeshymnen zu „Liebe in Zeiten des Hasses“ leider nicht anschließen. Grundsätzlich ist die Prämisse des Buches natürlich ...

Um eines schon vorwegzunehmen: Ich befürchte, ich kann mich den uneingeschränkten Lobeshymnen zu „Liebe in Zeiten des Hasses“ leider nicht anschließen. Grundsätzlich ist die Prämisse des Buches natürlich sehr spannend: Erzählt wird die Geschichte eines Jahrzehnts, nämlich zwischen den Jahren 1929 und 1939, wobei der Fokus dabei auf der Liebe liegt. Oder sollte ich besser sagen: auf zwischenmenschlichen Beziehungen, vor allem körperlicher Art? Aber dazu später mehr.

Der Text ist in drei große Abschnitte aufgeteilt, „Davor“, „1933“ und „Danach“ und auch inhaltlich läuft alles klimaktisch auf die Machtergreifung Hitlers zu. Und hier stelle ich mir zum ersten Mal die Frage, wie der Autor seine Auswahl derjenigen Paare getroffen hat, die im Buch näher beleuchtet werden. Denn neben Personen, die durch die Nationalsozialisten verfolgt wurden, spielen auch solche eine Rolle, an denen das Geschehen völlig vorbeizugehen scheint. Überhaupt verweilt der Autor bei jedem Paar (oder Trio, oder Quartett…) nur wenige Zeilen oder Seiten und springt dann zum nächsten. Auf diese Weise erfährt man als Leser*in zwar Grundlegendes über viele berühmte Personen, aber kaum etwas geht in die Tiefe.

Zudem scheint der Titel zwar griffig, aber im Prinzip zählt das Buch nur auf, wer zu welcher Zeit mit wem geschlafen hat (positiv dabei: es geht immerhin nicht nur um Heterosexualität) – von der großen Liebe ist da nur selten die Rede. Das mag durchaus den Tatsachen entsprechen und natürlich liefert es auch ein gewisses Bild des Jahrzehnts ab, aber vor den Gräueltaten der Nazis treten viele Bettgeschichten, meines Erachtens, dann doch ins Unbedeutsame zurück.

Was das Buch schafft: einen Überblick über berühmte Personen des Jahrzehnts und ihre Verstrickungen; es macht neugierig, in so manchem Fall näher nachzuforschen.

Was das Buch nicht schafft: den jeweiligen Personen Tiefe zu verleihen. Wer sich mit näher mit einem der Lebensläufe befasst hat, wird feststellen, dass hier auch nur die landläufige Meinung wiedergegeben wird. Aber vermutlich ist das bei so vielen unterschiedlichen Menschen auch nicht anders zu erwarten.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Netter Trilogieauftakt

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Auf einer Party trifft der 18-jährige Quinn ein mysteriöses Mädchen; als er sie vor zwei Männern retten will, wird er dabei von gruseligen Wesen verfolgt und von einem Auto erfasst. Nach einer Zeit im ...

Auf einer Party trifft der 18-jährige Quinn ein mysteriöses Mädchen; als er sie vor zwei Männern retten will, wird er dabei von gruseligen Wesen verfolgt und von einem Auto erfasst. Nach einer Zeit im Koma darf er das Krankenhaus verlassen, muss aber einen Rollstuhl benutzen. Von da an behandeln alle ihn seltsam, vor allem sein bester Freund Lukas ist in seiner Gegenwart immerzu verlegen. Nur Matilda ist bereit, sich um Quinn zu kümmern und wird von dessen Mutter sofort als Gesellschaft engagiert, dabei stammt sie aus der streng katholischen, verhassten Nachbarsfamilie. Gemeinsam kommen die beiden den geheimnisvollen Vorkommnissen auf die Spur.

„Vergissmeinnicht“ ist das neuste Jugendbuch von Kerstin Gier und der erste Band einer Trilogie. Die Handlung wird abwechselnd aus Quinns und Matildas Perspektive erzählt, was das Geschehen von beiden Seiten beleuchtet. Dass die Autorin eingängig und humorvoll zu schreiben weiß, hat sie in der Vergangenheit ausgiebig bewiesen und auch dieses Buch ist keine Ausnahme. Was die beiden Protagonisten betrifft, war mir vor allem Matilda sympathisch. Sie wächst in einer sehr religiösen Familie auf, die sie in ihrer Freiheit und Persönlichkeit stark einschränkt. In Quinn ist sie schon seit Jahren verliebt.

Und nun zu einem der Schwachpunkte des Romans: Quinn ist (zumindest zu Beginn des Romans) unglaublich arrogant und im Prinzip ein Mobber. Für Matilda hatte er bisher nichts als Spott übrig, obwohl er sie nicht einmal von ihrer Cousine unterscheiden kann. Der Unfall führt zu einer neuen Sicht auf die Dinge, aber ich weiß nicht, ob ich ihm diese Läuterung abnehmen soll, denn eine Beziehung zu Matilda baut er ursprünglich nur auf, weil sie als einzige in sein Geheimnis eingeweiht ist.

Die Fantasykomponente des Romans ist nicht unbedingt neu. Ein Junge erfährt, dass sein Vater nicht der ist, für den er ihn gehalten hat und dass etwas an ihm besonders ist. Natürlich gibt es da auch eine Prophezeiung und eine bunte Zusammenstellung der üblichen Phantasiewesen. Dennoch gelingt es der Autorin, dass ich die Trilogie weiterlesen möchte – das beherrscht sie einfach!

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Veröffentlicht am 30.05.2021

Japanische Mythologie meets Steampunk

Der Lotuskrieg 1
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Die 16-jährige Yukiko lebt allein mit ihrem Vater. Eines Tages erhalten die beiden den unmöglichen Auftrag des Shoguns, ihm einen Arashitora zu fangen – ein lang ausgestorbenes Mischwesen aus Adler und ...

Die 16-jährige Yukiko lebt allein mit ihrem Vater. Eines Tages erhalten die beiden den unmöglichen Auftrag des Shoguns, ihm einen Arashitora zu fangen – ein lang ausgestorbenes Mischwesen aus Adler und Tiger. Um ihren Herrscher nicht zu erzürnen, brechen sie auf und werden in einem gewaltigen Sturm tatsächlich fündig. Yukiko spürt sofort eine Verbindung, denn sie hat die Gabe, mit Tieren zu kommunizieren und ihren Geist mit ihnen zu verschmelzen. Und was sie von dem Arashitora Buuru lernt, soll ihr ganzes Leben über den Haufen werfen.

Grundsätzlich mag ich die Bücher von Jay Kristoff sehr, doch hier war ich vorsichtig, denn „Stormdancer“ ist der Auftakt zu seiner allerersten Trilogie. Und tatsächlich ist sie mit seinen späteren Werken nicht zu vergleichen. Die Handlung braucht sehr lange, bis sie in Schwung kommt, der Schreibstil ist repetitiv und manchmal unbeholfen. Einige Ausdrücke wirken schief und unpassend, was aber auch an der Übersetzung liegen mag. Erst als Yukiko auf Buuru trifft und durch seine Augen die Welt auf einmal anders sieht, beginnt der interessante Teil der Geschichte.

Mit Yukiko ist dem Autor immerhin eine vielschichtige Protagonistin gelungen. In ihrem jungen Alter hat sie bereits Mutter und Bruder verloren, das Verhältnis zum Vater und dessen Geliebter ist schwierig. Noch dazu ist das Überleben im Kaiserreich Shima nicht einfach, denn die Menschen haben durch jahrelangen Raubbau und Kriege das Land nahezu vernichtet, die Luft ist voll giftiger Gase. Somit ist der Roman eine Mischung aus japanischer Mythologie, Umweltdystopie und Steampunk-Abenteuer – vielleicht hätte der Autor sich hier besser auf ein Element fokussiert.

Die obligatorische Liebesgeschichte gibt es natürlich (leider) auch, im Zentrum steht jedoch ganz klar die Beziehung zwischen Yukiko und Buuru. Im Verlauf der Handlung nähern sich die beiden in Denken und Handeln immer mehr an – bis sie füreinander wie Bruder und Schwester sind. Das ist definitiv der zentrale Teil der Geschichte und tröstet über so manche Schwäche hinweg. Dennoch bin unsicher, ob ich der Trilogie noch weiter folgen möchte.

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Freundschaft über tausende Kilometer

Long Distance Playlist
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Eigentlich sind Isolde und Taylor schon seit dem Kindergartenalter Freunde. Auch die Distanz zwischen Neuseeland und Australien, nach dem Umzug von Isoldes Familie, konnte daran bisher nichts ändern. Doch ...

Eigentlich sind Isolde und Taylor schon seit dem Kindergartenalter Freunde. Auch die Distanz zwischen Neuseeland und Australien, nach dem Umzug von Isoldes Familie, konnte daran bisher nichts ändern. Doch seit einem bösen Streit vor einigen Jahren hatten die beiden keinen Kontakt mehr – selbst dann nicht, als Taylor einen schlimmen Unfall hatte. Nun steckt Isolde mitten im schlimmsten Liebeskummer, weil sie ihren Freund Aiden mit einer anderen erwischt hat und Taylor meldet sich tatsächlich bei ihr, um sie zu trösten. Die beiden nähern sich wieder an, aber kann ihre Freundschaft über die lange Distanz überhaupt funktionieren?

„Long Distance Playlist“ wird aus wechselnden Perspektiven von Isolde und Taylor erzählt; dabei gibt es sowohl erzählenden Fließtext, als auch eingewobene Konversationen per Mail oder SMS. Und ganz wichtig: Playlists für alle Gelegenheiten. Mit dieser Erzählweise wird nicht nur das aktuelle Geschehen zwischen den Kindergartenfreunden sichtbar, sondern auch den Alltag und die Schwierigkeiten ihrer Familien und vergangene Erlebnisse.

Die Handlung wird vor allem von den Charakteren getragen. Isolde und Taylor haben manches gemeinsam: Isolde ist eine ambitionierte Balletttänzerin und trainiert gerade für die Ausnahmeprüfung an einer renommierten Schule. Taylor war vor seinem Unfall professioneller Snowboarder und das sehr erfolgreich. In dieser Hinsicht verstehen sich die beiden blind, unterstützen den anderen und können nachvollziehen, wie viel Zeit und Energie für die Erfüllung eines Traumes notwendig ist.

Der eigentlich Kern – die Liebesgeschichte – gefiel mir hingegen weniger gut. Isolde ist keine einfach Persönlichkeit und vor allem zu Beginn wirkte sie auf mich sehr egozentrisch. Sie lässt sich von Taylor trösten, obwohl der nach seinem Unfall Schlimmes durchgemacht hat und sie sich damals trotz allem nicht aufraffen konnte, wieder den Kontakt zu ihm zu suchen. Zum Glück verändert sich hier einiges im Laufe der Handlung und man versteht, warum die beiden eben doch zueinander gehören.

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Veröffentlicht am 24.04.2021

Rettung für Chiara?

Zara und Zoë - Die Tochter des Paten
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Seit ihrem letzten gemeinsamen Fall herrscht zwischen den Zwillingen Zoë und Zara Funkstille. Zara ist wieder zuhause bei Ehemann und Tochter und lässt es beruflich langsam angehen. Zoë hingegen ist voller ...

Seit ihrem letzten gemeinsamen Fall herrscht zwischen den Zwillingen Zoë und Zara Funkstille. Zara ist wieder zuhause bei Ehemann und Tochter und lässt es beruflich langsam angehen. Zoë hingegen ist voller Trauer und Wut und will ihre Schwester niemals wiedersehen. Doch dann kommt alles ganz anders: Chiara, die Tochter des Paten Benito Bolatelli, wird entführt und Zoë soll sie zurückholen. Doch das geht nicht ohne die Hilfe von Zara….

Der dritte Band der Thriller-Reihe aus der Feder von Alexander Oetker setzt kurz nach den Ereignissen aus dem vorherigen an. Dabei zeigt sich Protagonistin Zoë ungewohnt verletzlich, was mir persönlich aber gut gefällt. Sie war für mich schon immer der Zwilling, den ich lieber mochte. Ihre Figur ist, in meinen Augen, um einiges komplexer und trotz des Mafiamilieus auch sympathischer. Zara ist mir durch alle Bände immer fremd geblieben und das ändert sich auch in diesem nicht.

Wie gewohnt wird die Handlung aus den unterschiedlichsten Perspektiven erzählt und springt auch zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Das hat zwar den Vorteil, dass auch die Gegenseite zu Wort kommt und durchaus Überraschendes offenbart, zum anderen verwirrt die Erzählweise aber auch und bremst den Verlauf des Hauptstrangs. Das zu Beginn recht verhaltene Erzähltempo scheint sich von Seite zu Seite zu steigern, so dass der Autor am Ende nur noch so durch die Ereignisse fliegt. Hier hätte ich mir, vor allem bei der konkreten Auflösung, doch noch einige Zeilen mehr gewünscht.

Eine Sache stört mich an der Reihe jedoch am meisten: Die Zwillinge – und vor allem Zoë – sind in der Lage, wahre Höchstleistungen zu vollbringen. Sei es der Sprung von einer Autobahnbrücke auf einen fahrenden LKW oder die Vernichtung eines kompletten Dschihadisten-Camps quasi im Alleingang. Doch immer dann, wenn es darauf ankommt, patzen sie. Dann, wenn sie ganz allein dem Drahtzieher gegenüberstehen oder dann, wenn Freunde oder Familie in Gefahr sind. Das mag durchaus menschlich sein, aber es gefällt mir nicht, wie oft dieses Motiv als Handlungsmotor eingesetzt wird. Dennoch gelingt es Alexander Oetker, dass ich einfach dranbleiben muss!

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