Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.11.2021

Die Geschichte einer Arbeitsmigrantin

Wenn ich wiederkomme
0

Daniela Matei (47) steht vor einer schweren Entscheidung. In ihrem kleinen rumänischen Dorf hat ihre Familie eine schlechte Zukunftsperspektive. Ihr Mann Filip ist arbeitslos. Gute Bildung für ihre Tochter ...

Daniela Matei (47) steht vor einer schweren Entscheidung. In ihrem kleinen rumänischen Dorf hat ihre Familie eine schlechte Zukunftsperspektive. Ihr Mann Filip ist arbeitslos. Gute Bildung für ihre Tochter Angelica und ihren Sohn Manuel ist jedoch teuer. Und das Haus verfällt aus Geldmangel zusehends. Heimlich schleicht sich Daniela daher eines Morgens aus dem Haus, um in Mailand eine Stelle als private Altenpflegerin anzunehmen.

„Wenn ich wiederkomme“ ist ein Roman von Marco Balzano.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die sich in unnummerierte Kapitel gliedern. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge in der Ich-Perspektive, aber aus der Sicht unterschiedlicher Personen. Dadurch entstehen einige Überlappungen, jedoch nicht zu viele inhaltliche Redundanzen.

In sprachlicher Hinsicht ist der Roman sehr gelungen. Je nach Erzählperspektive ist die Wortwahl jugendlich oder erwachsener, mehr oder weniger umgangssprachlich. Insgesamt ist der dialoglastige Schreibstil allerdings recht einfach, was dem Bildungsniveau der Protagonisten und Protagonistinnen hervorragend entspricht und daher für mich kein Manko darstellt.

Den meisten Raum in der Geschichte nimmt Daniela ein. Aber auch ihre Kinder Manuel und Angelica spielen wichtige Rollen. Keiner der Charaktere ist mir so richtig sympathisch - mit Ausnahme einer Nebenfigur. Sie blieben mir seltsam fremd. Gut gefällt mir aber, dass die Personen aufgrund ihrer Grautöne und Schwächen sehr lebensnah und mit psychologischer Tiefe ausgestaltet sind.

Besonders gereizt hat mich an der Lektüre die Situation der billigen Pflegekräfte aus dem Ausland. Die Geschichte lenkt den Blick auf ein wichtiges Thema. Meine Erwartung an den Roman hat sich dahingehend erfüllt, dass die Geschichte darstellt, wie sich die zeitweise Arbeitsmigration auf die betroffenen Frauen und ihre Familien auswirkt - sowohl in sozialer als auch in psychischer Hinsicht. Der Autor hat sich intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Das geht unter anderem aus der Nachbemerkung hervor. Darin erklärt der Autor auch, dass er mit Absicht weitere Aspekte in die Geschichte aufgenommen hat. Mir hätte ein deutlicherer Fokus besser gefallen.

Auf rund 300 Seiten kann der Roman mit mehreren Wendungen überraschen. Die Geschichte ist kurzweilig, aber konnte mich leider nicht so sehr berühren wie erhofft. Das Ende lässt einige Fragen offen und somit Spielraum für eigene Interpretationen.

Das Cover ist hübsch, wirkt allerdings recht willkürlich. Der deutsche Titel ist erfreulicherweise wörtlich aus dem Italienischen („Quando tornerò“) übersetzt worden.

Mein Fazit:
„Wenn ich wiederkomme“ von Marco Balzano ist trotz seiner Schwachpunkte ein lesenswerter Roman, der Aufmerksamkeit für eine wichtige Problematik erzeugt.

Veröffentlicht am 16.11.2021

Zwischen Glaube und Wissenschaft

Ein erhabenes Königreich
0

Gifty, eine junge schwarze Wissenschaftlerin, fühlt sich im Labor der kalifornischen Stanford University heimisch. Dort erforscht sie mit Experimenten das Suchtverhalten von Mäusen. Mit ihrer Forschung ...

Gifty, eine junge schwarze Wissenschaftlerin, fühlt sich im Labor der kalifornischen Stanford University heimisch. Dort erforscht sie mit Experimenten das Suchtverhalten von Mäusen. Mit ihrer Forschung macht sie allerdings nur langsam Fortschritte, denn ihre Mutter ist aus Alabama zu ihr gekommen. Sie hat eine schwere Depression und schafft es nicht, aus dem Bett aufzustehen. Mit ihr suchen Gifty schmerzhafte Kindheitserinnerungen heim: unter anderem das Verschwinden des Vaters, der in sein Heimatland Ghana zurückging…

„Ein erhabenes Königreich“ ist ein Roman von Yaa Gyasi.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 53 kurzen Kapiteln. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Gifty, allerdings mit Rückblenden. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Die Sprache ist auf den ersten Blick schnörkellos. Und doch ist der Schreibstil atmosphärisch stark und voller Bilder. Ungewöhnlich ist, dass mehrere Gebete eingefügt sind.

Die Protagonistin ist interessant und authentisch ausgestaltet. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachvollziehen. Auch die übrigen Charaktere wirken lebensnah.

In inhaltlicher Hinsicht ist die Geschichte sehr facettenreich und thematisch umfangreich. Diese Vielfalt hat mich an der Lektüre gereizt. Das Spannungsfeld von religiösem Glauben und der Wissenschaft ist sicherlich zentral. Darüber hinaus geht es um weitere Aspekte wie psychische Krankheiten und Sucht, Verlust und Tod, aber auch Rassismus, Heimatlosigkeit, Ausgrenzung und einiges mehr, das ich an dieser Stelle nicht vorwegnehmen möchte.

Die Geschichte hat mich immer wieder berührt, mich nachdenklich und betroffen gemacht. Auf den fast 300 Seiten habe ich einige Passagen jedoch als langatmig und zu detailliert empfunden. Das Ende kommt außerdem sehr abrupt und lässt noch Fragen offen.

Das künstlerisch anmutende Cover ist nicht nur ein Hingucker, sondern passt auch bezüglich des Motivs gut zum Roman. Der Verlag hat den Originaltitel („Transcendent Kingdom“) mit Fingerspitzengefühl ins Deutsche übersetzt.

Mein Fazit:
Wenngleich mich Yaa Gyasi mit ihrem Roman „Ein erhabenes Königreich“ nicht in allen Punkten überzeugt hat, empfehle ich die Geschichte gerne. Ihren Debütroman „Heimkehren“ möchte ich nun auch noch lesen.

Veröffentlicht am 15.11.2021

Der Arbeiter aus der Großstadt

Der Verrückte
0

Ein kleiner Ort in Norrland zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg: Bertil Kras, ein junger Mann, kommt aus Stockholm in den schwedischen Norden. Er sucht Arbeit und heuert in einem Sägewerk an. In einem ...

Ein kleiner Ort in Norrland zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg: Bertil Kras, ein junger Mann, kommt aus Stockholm in den schwedischen Norden. Er sucht Arbeit und heuert in einem Sägewerk an. In einem nahegelegenen Lager waren im Krieg Kommunisten und andere politische Gegner interniert. Bertil, selbst überzeugter Linker, möchte dies publik machen. Dann gerät der Fremde in Schwierigkeiten…

„Der Verrückte“ ist der erste Spannungsroman von Henning Mankell, der 1977 erstmals erschienen und nun auch in deutscher Übersetzung veröffentlicht worden ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Kapiteln, die in einige nummerierte Abschnitte unterteilt sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive.

Sprachlich ist der Roman sehr ausgereift. Der detaillierte Schreibstil mit seinen eindringlichen Bildern ist atmosphärisch stark.

Das Personal ist am Anfang etwas unübersichtlich. Die Charaktere sind jedoch durchweg authentisch dargestellt.

Mit etwa 500 Seiten ist der Roman kein schmales Büchlein. Das Erzähltempo ist recht gemächlich, die Spannungskurve baut sich nur langsam auf. Vor allem zu Beginn erfordert die Geschichte etwas Durchhaltevermögen. Im Mittelteil steigert sich der Roman. Das ungewöhnliche Ende wiederum hat mich enttäuscht.

Inhaltlich greift der Roman ein wichtiges Thema auf. Es geht um dunkle Episoden der schwedischen Vergangenheit. Ein Schwerpunkt liegt auf den Verbrechen und Missetaten, die während der Kriegsjahre geschehen sind. Dennoch hat die Geschichte wenig an Aktualität eingebüßt, denn Diskriminierung, Verleumdung, Mobbing und ähnliche Aspekte nehmen ebenfalls breiten Raum ein.

Der deutsche Titel wird zwar schon auf der ersten Seite aufgegriffen, aber erschließt sich nicht so recht. Das düstere Cover passt dagegen sehr gut.

Mein Fazit:
„Der Verrückte“ von Henning Mankell ist ein lesenswerter Roman, der sein volles Potenzial leider nicht ausschöpft. Wer sich auf die ungewöhnliche Geschichte einlassen und sich nicht nur für klassische Spannungsliteratur begeistern kann, erlebt allerdings besondere Lesestunden.

Veröffentlicht am 15.11.2021

Eine Auszeit in den Schweizer Bergen

Das kleine Chalet in der Schweiz
0

Mina Campbell ist am Boden zerstört. Sie hatte sich ihre Zukunft mit Simon schon in den rosigsten Farben ausgemalt. Über Hochzeit und Kinder hatten die beiden bereits besprochen. Doch ihren Heiratsantrag ...

Mina Campbell ist am Boden zerstört. Sie hatte sich ihre Zukunft mit Simon schon in den rosigsten Farben ausgemalt. Über Hochzeit und Kinder hatten die beiden bereits besprochen. Doch ihren Heiratsantrag hat er einfach abgelehnt und ihr Herz gebrochen, indem er sie mit ihrer Freundin betrogen hat. Deshalb tritt Mina nun die Flucht in die Schweiz an. Für eine Auszeit reist sie in das Ski-Chalet zu ihrer Patentante Amelie. Dort will sich die Lebensmittelchemikerin nur dem Essen widmen, nicht den Männern…

„Das kleine Chalet in der Schweiz“ ist der siebte Band der „Romantic Escapes“-Reihe von Julie Caplin.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen, die insgesamt 26 Kapitel umfassen. Erzählt wird aus der Sicht von Mina. Der Aufbau ist unkompliziert und funktional.

Der Schreibstil ist erwartungsgemäß einfach, aber anschaulich und einfühlsam. Flotte Dialoge und bildhafte Beschreibungen lassen das Geschehen lebendig werden.

Grundsätzlich sind die einzelnen Bände separat lesbar und verständlich. Allerdings empfiehlt es sich, die Reihenfolge einzuhalten, weil verschiedene Protagonistinnen in Verbindung zueinander stehen.

Mina ist eine durchaus sympathische Figur. Ihre verrückte und sehr lebhafte Art macht sie interessant. An einigen Stellen war ich jedoch von ihrer Naivität ein wenig genervt. Auch die übrigen Charaktere sind zwar liebevoll, aber zum Teil etwas schablonenhaft ausgestaltet.

Wieder einmal ist es Julie Caplin gelungen, Fernweh zu erzeugen. Gut gefallen hat mir, dass man beim Lesen wie in den Vorgängerbänden virtuell mitreisen kann und dabei einiges über Land und Leute lernt. Leider spart die Autorin mehrere Klischees nicht aus. Trotzdem konnte ich Neues erfahren.

Inhaltlich hat mich der Roman ansonsten ein bisschen enttäuscht. Die Liebesgeschichte kann berühren. Sie ist allerdings recht vorhersehbar und wenig spannungsreich. Die Passagen zum Kochen und Backen schaffen ein schönes Flair mit Wohlfühlatmosphäre, jedoch nicht die notwendige Tiefe, um echte Begeisterung bei mir auszulösen.

Auf rund 400 Seiten habe ich zwar Überraschungen vermisst. Dennoch habe ich die Geschichte alles in allem gerne gelesen und das Buch nur widerwillig zur Seite gelegt.

Ein nützliches Extra ist die abgedruckte Landkarte der Schweiz. Eine hübsche Idee ist zudem das beigefügte Rezept für die Basler Kirschen-Brottorte.

Etwas irreführend finde ich das Marketing des deutschen Verlags, der den „Chalet“-Band als sechsten Teil der Reihe vermarktet, obwohl im englischen Original ein weiteres Buch erschienen ist, das jedoch bedauerlicherweise bisher nicht übersetzt wurde. Davon abgesehen gefällt mir das plakative, aber einheitliche Design der Bände gut. Der passende englischsprachige Titel („The Little Swiss Ski Chalet“) wurde fast wortgetreu übernommen.

Mein Fazit:
Mit „Das kleine Chalet in der Schweiz“ ist Julie Caplin wieder ein warmherziger und unterhaltsamer Roman für kurzweilige Lesestunden gelungen. Ich freue mich schon auf die nächsten Bände, in denen es unter anderem um Minas Schwester Hannah gehen soll.

Veröffentlicht am 03.11.2021

Von der Bedeutung der Büchereien

Die letzte Bibliothek der Welt
0

In der englischen Kleinstadt Chalcot lebt June Jones ein zurückgezogenes Leben. Die junge Bibliothekarin hat das verschlafene Örtchen, in dem sie aufgewachsen ist, noch nie verlassen. Seit dem Tod ihrer ...

In der englischen Kleinstadt Chalcot lebt June Jones ein zurückgezogenes Leben. Die junge Bibliothekarin hat das verschlafene Örtchen, in dem sie aufgewachsen ist, noch nie verlassen. Seit dem Tod ihrer Mutter zieht sich die schüchterne 30-Jährige mehr denn je in die Welt der Bücher zurück. Doch dann droht der Bibliothek, in der sie arbeitet, plötzlich die Schließung und June muss sich neuen Herausforderungen stellen…

„Die letzte Bibliothek der Welt“ ist der Debütroman von Freya Sampson.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 38 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge aus der Sicht von June, allerdings mit Rückblicken. Der Aufbau ist einfach, aber funktional.

Der Schreibstil ist zwar unspektakulär, jedoch anschaulich und lebhaft. Gut gefallen haben mir die vielen Referenzen zu bekannten Romanen und fiktiven Figuren.

Das Personal des Romans ist erfrischend bunt und vielfältig. Neben der introvertierten Protagonistin June, die schnell meine Sympathie gewinnen konnte, gibt es viele liebenswerte Nebencharaktere wie die 16-jährige Chantal und den 82-jährigen Stanley. Leider kommen manche Figuren etwas klischee- und schablonenhaft rüber.

Den Reiz des Romans machen für mich die bibliophilen Passagen aus. Die Botschaft, dass Büchereien bedeutsam sind, finde ich wichtig und begrüßenswert. Darüber hinaus spielt eine Liebesgeschichte eine entscheidende Rolle. Es gibt humorvolle und anrührende Momente. Alles in allem hätte die Story aber durchaus etwas tiefgründiger und überraschender sein dürfen.

Ich habe den Roman als ungekürzte Lesung angehört. Sprecherin Laura Maire verleiht dem Hörbuch mit ihrer angenehmen Stimme eine warmherzige Note.

Der deutsche Titel ist fast, aber nicht ganz wörtlich aus dem Englischen („The Last Library“) übersetzt, wobei mir die Originalformulierung besser gefällt. Das liebevoll illustrierte Cover passt gut zu der Geschichte.

Mein Fazit:
„Die letzte Bibliothek der Welt“ von Freya Sampson ist ein unterhaltsamer Roman mit liebenswerten Charakteren für schöne Lese- oder Hörstunden.