Die zweite Tochter gehört dem Wolf...
Für den Wolf„Für den Wolf“ ist ein düsteres, ruhiges Märchen, das dich mit dem Erzählstil ins Geschehen zieht. Metaphorisch, mysteriös, magisch. Der Schreibstil in drei Worten. Erst mal musste ich mich, an die doch ...
„Für den Wolf“ ist ein düsteres, ruhiges Märchen, das dich mit dem Erzählstil ins Geschehen zieht. Metaphorisch, mysteriös, magisch. Der Schreibstil in drei Worten. Erst mal musste ich mich, an die doch ungewöhnliche Art zu erzählen, gewöhnen. Doch hatte mich Hannah Whitten nach wenigen Seiten mit ihren düsteren Metaphern, die Bilder vor Augen zaubern. Eine tolle Begleitmusik für einen Plot, der mich sofort angesprochen hatte.
Redery – kurz Red – ist eine Opfergabe an den Wolf im wilden Wald. Sie wird losgeschickt in einem blutroten Mantel und such Zuflucht in einem düsteren Palast mit merkwürdigen Palastbewohnern inklusive des Wolfs. Schnell hat es mich an eine Mischung aus Rotkäppchen und die Schöne und das Biest erinnert mit noch mehr düsterer Magie.
Am Anfang wiederholt sich noch einiges, da die Gedanken von Red sehr viel um die Opfergabe kreisen, was ich nachvollziehen kann. Sobald sie den gefährlichen Wald betritt, nahm mein Leseinteresse zu. Red geht den Legenden über den wilden Wald und den Wolf auf die Spur, der Magie und ihrer eigenen Macht. Es ranken sich viele Mistery-Elemente durch die Story, aber auch Blut, Kämpfe gegen Schattenwesen und Fäulnis. Nicht überall ist der rote Faden erkennbar, aber ich habe mich gern treiben lassen in der ruhigen, mystischen Geschichte. Sie lebt nicht von einer schnellen Handlung und dem großen Spannungsbogen. Da hätten ein paar Seiten weniger nicht geschadet.
Was mich sehr überzeugen konnte, besser gesagt "Wer", war der große, böse oder auch unbeholfene, liebenswürdige Wolf. Seine ersten Beschreibungen zu den dunklen, langen Haaren, den vernarbten Händen und den leichten Geruch nach Bibliothek, erfüllen auch einige beliebte Klischees. Die knisternde Magie zwischen Red und den Wolf, schleicht sich langsam an – slow burn, was ich persönlich bevorzuge. Gerade seine unbeholfene Seite hat für einige süße Momente gesorgt, die mich für die Chemie zwischen Beiden gewinnen konnte.
Vom Setting wurde ich auch direkt vereinnahmt. Die Autorin entwirft ein Setting voller Nebelschwaden, blutrünstiger Bäume mit weißen Ästen, die sie gerne mit Knochen vergleicht sowie einem moosbewachsenen, mystisch aussehenden Palast mitten im Wald. Ein schauriges Setting, perfekt für die kalten Tage. Der gefährliche Wald hat mir von der Idee her sehr gut gefallen.
Zwischendurch gibt es aber auch Einblicke in die Perspektive der Schwester Neve. Sie wäre an Stelle von Red vor der Verantwortung der Opferung davongerannt. Immer wieder hat sie ihre Schwester gebeten, das Gleiche zu tun. Und so nimmt es ihren Lauf, dass sie aus Liebe alles, wirklich alles tut, um Red zu befreien. Dabei schreckt sie nicht davor zurück, das Dunkle zur Tür hineinzubitten. Dadurch, dass sie damit so stark gegen den Willen von Red handelt und ich die Szenen im Wald und mit dem Wolf so gerne gelesen habe, war es schwierig mit Neve und ihrer Perspektive zu sympathisieren.
Fazit:
Für eine passende Atmosphäre zu den kalten Tagen, passt ein düsteres Märchen. „Für den Wolf“ erfüllt mit einem metaphorischen Schreibstil, einem Märchenmix, dem blutdurstigen Wald und einer ruhigen Romanze viele Punkte für ein tolles Leseerlebnis. Dennoch hat die Perspektive der Schwester, bei mir persönlich für einen Drop des Spannungslevels gesorgt, welcher aber vergleichsweise nur wenig vorkommt. Etwas weniger Seiten hätten zudem das Kleben an den Seiten erhöht.