Mit Herz und Verstand auf den Spuren der Bloomberries
Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue ZeitMit Wehmut habe ich gerade 29, Fitzroy Square, London verlassen und muss erst langsam wieder im Hier und Jetzt Fuß fassen. Hinter mit liegen schwierige und glückliche Zeiten der Schwestern Virginia und ...
Mit Wehmut habe ich gerade 29, Fitzroy Square, London verlassen und muss erst langsam wieder im Hier und Jetzt Fuß fassen. Hinter mit liegen schwierige und glückliche Zeiten der Schwestern Virginia und Vanessa Stephens (später Virginia Woolf und Vanessa Bell) und je mehr Einblick ich in ihr Leben, ihre Familie und ihren Freundeskreis erhielt desto mehr fühlte ich mich zugehörig.
Erst hatte ich den Eindruck, die vielen Perspektiven würden mich zu weit von den Schwestern wegführen, im Nachhinein waren Sie aber notwendig, um zu zeigen wie vielen Einflüssen sie in ihrer Entwicklung ausgesetzt waren, und ließen mich ein Teil dieses bunten Leben in Bloomsbury werden und gaben einen Einblick in das gesellschaftliche Standesdünkel bis hinein ins Schlafzimmer.
Der Roman malt ein realistisches Bild dieser Zeit und der patriarchalen Strukturen, gegen die die Schwestern aufbegehrten. Damit wurde mir eine emotionale Achterbahn beschert. Mit welcher Selbstverständlichkeit Männer Frauen für Ihre Bedürfnisbefriedigung benutzten, hat mich so wütend gemacht, dass ich manches Mal nicht weiterlesen konnte. Dagegen haben die Szenen, in denen sich die bessere Gesellschaft echauffierte, sowie die Ironie der Konversationen mich oftmals breit grinsen lassen.
Begeistert haben mich besonders die inneren Einblicke während Virginias psychotischer Phase, ihre Briefe und die psychologischen Einblicke in das geschwisterliche Beziehungsspiel. Diese diffizile Wahrnehmungen fließen mühelos durch sprachliche Bilder und Textzeilen, banden mich ein und haben eine ganz eigene Spannungskurve.
Mein Fazit: Eine wunderbare Romanbiographie, die sich an die historischen Fakten hält, und es schafft Dramatik und Emotionen zu transportieren, ohne unglaubwürdig zu werden. Wirklich großes Kino!