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Veröffentlicht am 18.10.2023

Modernes Heldenepos mit Suchtfaktor

Matrix
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Was für ein ungewöhnlicher historischer Roman mit einer so starken Protagonistin und ihren feministischen Ideen, die man nicht in einem Nonnenkloster im 12. Jahrhundert vermuten würde.

Die Erzählweise ...

Was für ein ungewöhnlicher historischer Roman mit einer so starken Protagonistin und ihren feministischen Ideen, die man nicht in einem Nonnenkloster im 12. Jahrhundert vermuten würde.

Die Erzählweise erinnert an ein Heldenepos und erst befürchtete ich, dass diese Erzählung mit ihrer teils poetischen Sprache und ohne direkte Rede zu langatmig wird.

Aber weit gefehlt: Sie hat mich in ihren Bann geschlagen, dass ich nur so durch die Seiten geflogen bin. Ich habe mich verliebt in eine Nonne. In ihre Geschichte und ihr Wesen.

Ein historischer Roman, spannend, berührend und inspirierend zugleich.

Ein Buch zum Genießen.

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Veröffentlicht am 05.08.2023

Wann wird frau zur Hexe?

Die Unbändigen
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Der Kampf dreier Frauen zu unterschiedlichen Zeiten um Sicherheit und Unabhängigkeit ist spannend inszeniert. Ich mochte die Einbindung der mystischen Elemente, die für mich aber vage genug blieben, um ...

Der Kampf dreier Frauen zu unterschiedlichen Zeiten um Sicherheit und Unabhängigkeit ist spannend inszeniert. Ich mochte die Einbindung der mystischen Elemente, die für mich aber vage genug blieben, um Aberglauben und Wissenschaft im Gleichgewicht zu halten. Im letzten Drittel nahm das Tempo dermaßen zu, dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Die Schicksale der drei Frauen sind durch die Struktur gut verzahnt. Mit jedem Kapitel erfolgt ein Wechsel in der Perspektive. Mit Leichtigkeit kann man trotz Zeitsprüngen jedem Erzählstrang folgen und durch die prekären Anfangssituationen der Protagonistinen fesselt der Roman von der ersten Seite an und lädt gleichzeitig ein, die Zusammenhänge zu enträtseln.

Die zu Beginn der Geschichte sehr naiven jungen Frauen machen eine imposante Entwicklung durch und es macht Spaß ihrem Kampf beizuwohnen. Sehr eindrücklich wird gezeigt, dass Frauen durch alle Jahrhunderte hindurch um ihre Sicherheit fürchten müssen und der Weg in die Unabhängigkeit hart ist.

Man mag der Autorin vorwerfen, dass durch die Darstellung ähnlicher Schicksale, die Entwicklung erwartbar ist, und es kaum männlichen Charaktere mit positivem Verhalten gibt. Mir gefiel aber daran, wie drastisch misogynes Verhalten aufgezeigt wurde, vor dem unsere Gesellschaft immer noch viel zu oft die Augen verschließt.

Für mich ein Highlight wegen der geglückten Verbindung von Feminismus, Spannung und Unterhaltung.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Großes Kino

Die Unschuldigen
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Wow, was für ein spannender historischer Roman, der besonders durch seine Mischung aus Abenteuer-und Coming-of-age fesselt.

Zwei Waisen um 1800 in der Wildnis von Neufundland, die jeden Tag aufs Neue ...

Wow, was für ein spannender historischer Roman, der besonders durch seine Mischung aus Abenteuer-und Coming-of-age fesselt.

Zwei Waisen um 1800 in der Wildnis von Neufundland, die jeden Tag aufs Neue ums Überleben kämpfen und die abseits jeglicher Zivilisation eine ganz eigene Sozialisierung erfahren.

Die urtümliche Landschaft, das unmenschliche Klima und die kargen, teils lebensfeindlichen Umstände werden so eindrücklich geschildert, dass die Kälte unter meine Haut kriecht und der Hunger durch meine Eingeweiden rumort.

Dazu kommt das feine Gespür für die zwischenmenschliche Entwicklung des Geschwisterpaars, die eine eigene Spannungskurve besitzt und mich teils berührend, teils abgestoßen nicht aus ihrem Bann lässt.

Ganz großes Kino und für mich ein Highlight in meinem Lesejahr.

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Veröffentlicht am 17.06.2023

Berührendes Statement für LGBTQIA+

Pageboy
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"Wir alle gehen unsere eigenen verschlungenen Wege ..." (Zitat, Danksagung, Seite 32), ich bin dankbar, dass ich diesen miterleben durfte. Es war ein Sichtbar-Werden von brutalen gesellschaftlichen Voraussetzungen ...

"Wir alle gehen unsere eigenen verschlungenen Wege ..." (Zitat, Danksagung, Seite 32), ich bin dankbar, dass ich diesen miterleben durfte. Es war ein Sichtbar-Werden von brutalen gesellschaftlichen Voraussetzungen und allem Unsichtbar-Machen durch die heteronormativen Gesellschaft. Ein Dickicht aus Machtstrukturen, dass kaum Luft zum Atmen lässt.

Die Geschichte war alles andere als leicht zu lesen. Dies entsprang nicht der Sprache, sondern der Struktur, in der niemals chronologisch erzählt wird, mehr ein vielschichtiger Prozess, bei dem immer wieder Parallelen und Bezüge von frühen und späteren Erfahrungen aufgezeigt werden. Es verlangt einiges an Orientierungsarbeit, ob der Zeitsprünge und der vielen Menschen, die auf den Prozess einwirken - und doch fließen die Szenen zu einem vollständigen Bild zusammen.

Das Buch ist ehrlich und schonungslos. Ich bin erschüttert, Situationen voller Selbst-Ablehnung, Missbrauch, Homo- und Transphobie und immer wieder sexualisierter Gewalt beizuwohnen - ein stummes Ertragen von gesellschaftlicher und familiärer Gewalt, vor der alle die Augen verschließen. Ein individueller Erfahrungsweg und trotzdem beispielhaft.

Besonders die Erfahrungen im Kind- und Jugendalter waren für mich schwierig. Doch um so wichtiger, dass sie gesehen und gehört werden. Dysfunktionale Beziehungsmuster, ein Unsichtbarwerden des eigenen Ichs, um gesehen, geliebt zu werden und dann der lange Weg zurück zum Ich - das Lernen des Annehmens.

Ich habe selbst missbräuchliche, grenzüberschreitende Situationen in Abhängigkeitsverhältnissen erlebt, in denen Verstummen Zustimmung war, in denen der Körper funktioniert und der Geist heraustritt, um nicht fühlen zu müssen, in dem es keine Sprache gab für Geschehenes - und um später mit der Scham, der Hilflosigkeit allein zu sein. Diese starke Konzentration darauf in diesem Buch, holt vieles wieder hervor. Da sollte jeder gut auf sich achten. Gut, dass ich für die damalige Aufarbeitung Hilfe hatte .

Doch es gibt auch Hoffnung und Mutmachen. Durchhalten lohnt sich, es gibt manches Mal Unterstützung an Stellen, an denen wir sie nicht vermuten, und welch eine Erlösung der Befreiung des Ichs trotz aller Widrigkeiten beizuwohnen.

Ein Buch, aus dem die Forderung nach geschützen Räumen und Überwachung von Machtmissbrauch förmlich herausschreit. Es passiert jeden Tag, es passiert um uns herum...Wann hören wir auf uns blind zu stellen? Wann werden wir unsere Sozialisierung aufarbeiten?

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Zum Wohle der Kinder

Institut für gute Mütter
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Endlich Mal wieder eine Dystopie, die ihre Idee bis zum Ende verfolgt und dabei die Protagonistin nicht aus dem Auge verliert.

Ein kleiner Fehltritt in der Kinderbetreuung und den Eltern wird das Sorgerecht ...

Endlich Mal wieder eine Dystopie, die ihre Idee bis zum Ende verfolgt und dabei die Protagonistin nicht aus dem Auge verliert.

Ein kleiner Fehltritt in der Kinderbetreuung und den Eltern wird das Sorgerecht entzogen, bei tadelloser Absolvierung eines Erziehungskurses kann das Sorgerecht zurück erlangt werden.
Die Idee hinter der Geschichte hat mich sofort vereinnahmt. Aber auch die Umsetzung ist gelungen.

Durch die personale Erzählweise schwinge ich emotional mit Frida, die einen schlechten Tag hatte und ihre Tochter für zwei Stunden im Activity-Center gesichert zu Hause zurücklässt. Ein einjähriger Kurs, um ihre Qualitäten als Mutter zu beweisen, ist ihre einzige Chance ihre Tochter zurückzubekommen. Sie ist keine Minute mehr unbeobachtet und alle Reaktionen werden aufgezeichnet.

Der Erziehungskurs wird zu einer Besserungsanstalt. Dabei wird die Erwartungen, die an Mütter gestellt wird auf die Spitze getrieben und die Charakterentwicklung unter dem Druck super veranschaulicht. Die Autorin hält Frida im Mittelpunkt der Geschichte, vergisst aber auch nicht mit unterschiedlichen Nebencharakteren, eine Bandbreite an möglichen Reaktionen aufzuzeigen.

Den Müttern wird in Extremsituationen unmenschliches abverlangt und manch eine sucht einen Ausweg außerhalb des Protokolls. Doch was passiert, wenn Frau sich dem Protokoll unterwirft? Gibt es Hoffnung im System?
Der Roman entwickelt eine kaum auszuhaltende Suspense. Und die Ideen für Übungsobjekt und immer schwieriger werdenden Lektionen finde ich mega gut gewählt.

Fazit: Ich habe das Buch von der ersten bis zur letzten Seite genossen. Absolute Leseempfehlung für Dystopie-Fans!
Die Geschichte geht emotional an die Nieren.

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