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Veröffentlicht am 13.01.2022

Ein absoluter Volltreffer!

Maybe Someday / Maybe Not
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Er ist ein Gitarrist mit Schreibblockade. Sie ist eine begnadete Songwriterin.
Als Sydney herausfindet, dass ihr Freund sie mit ihrer besten Freundin betrügt ist klar: Sie muss ausziehen. Ganz unerwartet ...

Er ist ein Gitarrist mit Schreibblockade. Sie ist eine begnadete Songwriterin.
Als Sydney herausfindet, dass ihr Freund sie mit ihrer besten Freundin betrügt ist klar: Sie muss ausziehen. Ganz unerwartet wird ihr von Ridge, dem sehr attraktiven Gitarristen, der in ihrem Häuserblock wohnt, ein Zimmer angeboten. Ein Zimmer gegen Hilfe beim Songs schreiben. Sydney muss nicht lange überlegen. Doch je mehr Zeit die Beiden miteinander verbringen, desto weniger können sie die Anziehungskraft ignorieren, die zwischen ihnen herrscht. Aber Ridge hat eine Freundin und er würde für sie bis ans Ende der Welt gehen.


Die Protagonistin hat mir schon von Anfang an sehr gut gefallen! Schon der erste Satz des Buches hat mich komplett auf ihre Seite gezogen: "Eben habe ich ein Mädchen geschlagen, mitten ins Gesicht."
Sie ist selbstsicher, witzig, einfühlsam und hat einen starken rechten Haken. Sie handelt immer sehr gewissenhaft und wenn sie einen Fehler macht, dann steht sie dazu.

Auch an Ridge wird man wohl kaum etwas auszusetzen haben. Er ist klug, witzig, treu und hat eine außergewöhnliche Gabe für Musik. Gerade durch ihn lernt man die Musik richtig wertschätzen und stellt fest, dass Musik viel mehr ist als nur Geräusche: Musik ist ein Gefühl. Ridge tritt so hingebungsvoll und ehrlich auf, dass man ihn einfach gernhaben muss.

Colleen Hoover schafft es jedes mal mich so abhängig von einem Buch zu machen, dass ich es nicht aus der Hand legen will und wenn ich es dann gezwungenermaßen trotzdem tue, kann ich an nichts anderes mehr denken, als an ihre fantastische Geschichte! Schon als ich den Klappentext von "Maybe Someday" gelesen habe war mir klar, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss und dass es einzigartig ist. Ich konnte ja noch nicht ahnen, wie einzigartig!

Die Handlung wird abwechselnd von Sydney und Ridge erzählt, wodurch man einen tollen Gesamteindruck bekommt. Ich konnte mich schon von Beginn an sehr gut in die beiden Protagonisten reinversetzen und mich in ihre Gemütslage einfühlen. Colleen Hoovers Schreibstil ist sehr flüssig und total packend. Sie erzählt die Geschichte von Sydney und Ridge auf eine so ergreifende Weise, dass es nicht wenige Stellen gab, an denen ich heulen musste wie ein kleines Kind. Da die beiden Hauptpersonen zusammen Songs schreiben, gab es immer mal wieder ein paar Passagen mit den Songtexten, was ich selbstverständlich megagenial fand.

Wenn die Handlung von "Maybe Someday" eines ist, dann unvorhersehbar. Es gab so viele überraschende Momente, dass ich mich schon gar nicht mehr an alle erinnern kann. An vielen Stellen war mir total unklar, wie es weitergehen soll und ich muss sagen, dass mich Colleen Hoover nicht enttäuscht hat. Vor allem gegen Ende des Buches hin, ändert sich die Sichtweise der Protagonisten und auch die des Lesers total. Viele Dinge erscheinen klarer und man wird total zum Nachdenken angeregt. Letzteres gilt generell für das ganze Buch.
Ich habe noch nie so viele Denkanstöße in einem Buch gefunden, wie in diesem hier. Man bekommt eine ganz neue Sichtweise auf alltägliche Dinge aber vor allem auf eines: Das Leben. Mehr und mehr wird einem klar, dass man sich sein Leben nicht aussuchen kann und dass nicht immer alles so läuft, wie man es geplant hat und das ist gut so.

Da ich glaube, dass ich die Rezi nicht mehr wirklich zusammenzufassen brauche, würde ich sie gerne mit einem sehr klugen Satz von Warren (Ridges bester Freund und Mitbewohner) abschließen:

"Manchmal braucht es ein paar Scheißtage im Leben, damit wir den Blick für die guten nicht verlieren."


Fazit:

Ein absoluter Volltreffer. Colleen Hoover haut einen wieder einmal von den Socken.
Eine unglaublich emotionale, mitreißende Liebesgeschichte, die man nicht so schnell wieder vergisst!

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  • Erzählstil
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Veröffentlicht am 06.01.2022

Ein hochspannende, rasant erzählte Trilogie!

Legend - Die komplette Trilogie
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Die gesamte "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation ...

Die gesamte "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu nur noch erschreckend wenig über den Inhalt weiß), habe ich beschlossen, das Jahr mit einem Reread ausklingen zu lassen. Und rückblickend muss ich ganz klar feststellen, dass mir alle Teile der Trilogie mir noch besser gefallen haben, als ich es erwartet hatte und mir gezeigt wurde, dass sich mein Buchgeschmack in den letzten 5 Jahren wohl doch nicht so sehr verändert hat.

Die gesamten Cover der Reihe bestechen durch minimalistische Eleganz und sind stark den Originalcovern nachempfunden, was mir sehr gut gefällt. Schade ist hier jedoch, dass die Titel recht nichtssagend sind. Mich nervt die deutsche Gegebenheit, englischsprachigen Titel des ersten Bandes als Reihenname zu übernehmen und dann einen mehr oder weniger bedeutungslosen Untertitel für jeden Band zu erfinden. Nach meinem Geschmack hätte es sich hier besser angeboten, die englischen Titel von Band 2 "Prodigy" (Wunderkind) und Band 3 "Champion" zu übernehmen, anstatt die ganze Reihe "Legend" zu taufen.

Die gesamte Trilogie besticht vor allem durch ein sehr hohes Erzähltempo und ein wendungsreiches, originelles Handlungskonstrukt. Marie Lu bietet hier politische Intrigen vom Feinsten und mischt ihre Handlung ordentlich mit Verfolgungsjagden, Explosionen und gefährlichen Missionen auf. Obendrauf gibt es auch etliche grandios vorbereitete Wendungen, sodass "Gut und Böse" ständig wechseln. Die Autorin manövriert die Geschichte geschickt zwischen allen Fronten hindurch und hat mich ebenfalls das ein oder andere Mal aufs Glatteis geführt.

Eine zweite Stärke der Reihe ist das Worldbuilding. Wie jede gut erzählte Dystopie wird allein durch das Worldbuilding, das viele beunruhigend realistische Szenarien und Ideen enthält, schon eine Menge Spannung erzeugt. Die Autorin erzählt nämlich ihre packende, spannende und brutale Geschichte vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung, deren Abgründe mit zunehmender Seitenzahl aufgedeckt werden. Nachdem Amerika von schlimmen Überschwemmungen und anderen Folgen des Klimawandels heimgesucht wurde, zerfielen die Vereinigten Staaten in die Republik im Westen und die Kolonien im Osten, die sich seitdem in erbittertem Krieg um Territorium befinden. Über die Republik herrschen ein diktatorischer Elektor und dessen beratender Senat, die sich mithilfe des Militärs über die unterdrückte Bevölkerung behaupten. Um auszuwählen, welche Kinder sich für eine Ausbildung der Oberschicht oder eine Laufbahn im Militär eignen und welche in den verseuchten und verarmten Slums arbeiten müssen, durchlaufen alle Kinder im Alter von 10 Jahren den sogenannten "Großen Test". Addiert man zu diesem Gesamtbild dann auch noch eine Widerstandsorganisation, die sich die "Patrioten" nennen und zwei Figuren, die irgendwo zwischen den Fronten stehen, hinzu, erhält man die perfekten Zutaten für eine spannende Dystopie.

Dementsprechend prägend für die Geschichte sind deshalb die beiden Figuren und deren Weltsichten. Beide sind sehr starke, mutige und schlagfertige Persönlichkeiten, die mir auf ihre jeweilige Art sehr ans Herz gewachsen sind. Obligatorisch entwickelt sich zwischen den Beiden im Laufe der Handlung eine zarte Liebesgeschichte, die jedoch emotional eher im Hintergrund bleibt, und vor allem dadurch besticht, dass June und Day sich auf gegengesetzten Seiten befinden und gegenseitig immer wieder ihre Ideologien hinterfragen und Einstellungen überdenken müssen.


Fazit:


Ein hochspannende, rasant erzählte Trilogie, die vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung von zwei starken Figuren handelt, die zwischen den Fronten für die Liebe zu ihrem Land, zu ihrer Familie und zueinander kämpfen. Marie Lu hat mit "Legend" eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack geschaffen: temporeich, wendungsreich und intelligent!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.01.2022

Ein hochspannende, rasant erzählte Trilogie!

Legend - Die komplette Trilogie
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Die gesamte "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation ...

Die gesamte "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu nur noch erschreckend wenig über den Inhalt weiß), habe ich beschlossen, das Jahr mit einem Reread ausklingen zu lassen. Und rückblickend muss ich ganz klar feststellen, dass mir alle Teile der Trilogie mir noch besser gefallen haben, als ich es erwartet hatte und mir gezeigt wurde, dass sich mein Buchgeschmack in den letzten 5 Jahren wohl doch nicht so sehr verändert hat.

Die gesamten Cover der Reihe bestechen durch minimalistische Eleganz und sind stark den Originalcovern nachempfunden, was mir sehr gut gefällt. Schade ist hier jedoch, dass die Titel recht nichtssagend sind. Mich nervt die deutsche Gegebenheit, englischsprachigen Titel des ersten Bandes als Reihenname zu übernehmen und dann einen mehr oder weniger bedeutungslosen Untertitel für jeden Band zu erfinden. Nach meinem Geschmack hätte es sich hier besser angeboten, die englischen Titel von Band 2 "Prodigy" (Wunderkind) und Band 3 "Champion" zu übernehmen, anstatt die ganze Reihe "Legend" zu taufen.

Die gesamte Trilogie besticht vor allem durch ein sehr hohes Erzähltempo und ein wendungsreiches, originelles Handlungskonstrukt. Marie Lu bietet hier politische Intrigen vom Feinsten und mischt ihre Handlung ordentlich mit Verfolgungsjagden, Explosionen und gefährlichen Missionen auf. Obendrauf gibt es auch etliche grandios vorbereitete Wendungen, sodass "Gut und Böse" ständig wechseln. Die Autorin manövriert die Geschichte geschickt zwischen allen Fronten hindurch und hat mich ebenfalls das ein oder andere Mal aufs Glatteis geführt.

Eine zweite Stärke der Reihe ist das Worldbuilding. Wie jede gut erzählte Dystopie wird allein durch das Worldbuilding, das viele beunruhigend realistische Szenarien und Ideen enthält, schon eine Menge Spannung erzeugt. Die Autorin erzählt nämlich ihre packende, spannende und brutale Geschichte vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung, deren Abgründe mit zunehmender Seitenzahl aufgedeckt werden. Nachdem Amerika von schlimmen Überschwemmungen und anderen Folgen des Klimawandels heimgesucht wurde, zerfielen die Vereinigten Staaten in die Republik im Westen und die Kolonien im Osten, die sich seitdem in erbittertem Krieg um Territorium befinden. Über die Republik herrschen ein diktatorischer Elektor und dessen beratender Senat, die sich mithilfe des Militärs über die unterdrückte Bevölkerung behaupten. Um auszuwählen, welche Kinder sich für eine Ausbildung der Oberschicht oder eine Laufbahn im Militär eignen und welche in den verseuchten und verarmten Slums arbeiten müssen, durchlaufen alle Kinder im Alter von 10 Jahren den sogenannten "Großen Test". Addiert man zu diesem Gesamtbild dann auch noch eine Widerstandsorganisation, die sich die "Patrioten" nennen und zwei Figuren, die irgendwo zwischen den Fronten stehen, hinzu, erhält man die perfekten Zutaten für eine spannende Dystopie.

Dementsprechend prägend für die Geschichte sind deshalb die beiden Figuren und deren Weltsichten. Beide sind sehr starke, mutige und schlagfertige Persönlichkeiten, die mir auf ihre jeweilige Art sehr ans Herz gewachsen sind. Obligatorisch entwickelt sich zwischen den Beiden im Laufe der Handlung eine zarte Liebesgeschichte, die jedoch emotional eher im Hintergrund bleibt, und vor allem dadurch besticht, dass June und Day sich auf gegengesetzten Seiten befinden und gegenseitig immer wieder ihre Ideologien hinterfragen und Einstellungen überdenken müssen.


Fazit:


Ein hochspannende, rasant erzählte Trilogie, die vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung von zwei starken Figuren handelt, die zwischen den Fronten für die Liebe zu ihrem Land, zu ihrer Familie und zueinander kämpfen. Marie Lu hat mit "Legend" eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack geschaffen: temporeich, wendungsreich und intelligent!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2021

Ein hochspannender, rasant erzählter Reihenauftakt!

Legend (Band 1) - Fallender Himmel
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Die "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu ...

Die "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu nur noch erschreckend wenig über den Inhalt weiß), habe ich beschlossen, das Jahr mit einem Reread ausklingen zu lassen. Nach dem zweiten Lesen und einigen verstrichenen Jahren muss ich nun feststellen: "Legend - Fallender Himmel" ist sogar noch besser, als ich es in Erinnerung hatte - eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack, temporeich, wendungsreich und intelligent erzählt!+


June: "Ich habe kein Mitleid mit einem Verbrecher, weise ich mich scharf zurecht. Nur eine Rechnung zu begleichen."


Das Cover der Reihe besticht durch minimalistische Eleganz. Auf dem schlichten weißen Hintergrund gehalten, kommen das goldene Republik-Emblem, der Titel in goldener Prägung und die lilafarbenen Schrift wunderbar zur Geltung und passen zu einer klar geordneten, militärisch-akkuraten Dystopie, in der sich vieles um den äußeren Anschein dreht. Abgerundet wird der Eindruck vom lilafarbenen, integrierten Lesebändchen. Das Cover ist dem englischen Original stark nachempfunden und auch der Haupttitel der Reihe ist an das Original angelehnt. Woher jedoch der Untertitel kommt und was genau er mir sagen will, habe ich noch nicht so ganz durchschaut. Falls das jemand verstanden hat, würde ich mich freuen, wenn er/sie mich aufklären möge. Es ist so ein deutscher Tick, die englischsprachigen Titel des ersten Bandes als Reihenname zu übernehmen und dann einen mehr oder weniger bedeutungslosen Untertitel für jeden Band zu erfinden. Nach meinem Geschmack hätte es sich hier besser angeboten, die englischen Titel von Band 2 "Prodigy" (Wunderkind) und Band 3 "Champion" zu übernehmen.


Erster Satz: "Meine Mutter glaubt, dass ich tot bin."


Wir steigen ohne große Umschweife mit einem Tag im Leben des jungen Rebellen Day in die Geschichte ein, der sich zusammen mit dem Waisenmädchen Tess auf den Straßen eines futuristischen San Francisco durchschlägt. Für die rebellischen Patrioten, die gegen die Republik kämpfen, ist er durch seine spektakulären Coups ein Held, für das Militärregime der Republik steht er ganz oben auf der Abschussliste. Wir lernen ihn jedoch erstmal als ganz normalen Jungen kennen, der versucht, seine Familie über Wasser zu halten. Sein genaues Gegenüber und gleichzeitig unsere zweite Protagonistin ist die 15jährige June. Als Wunderkind der Republik, die als einzige den "Großen Test" mit vollen 1500 Punkten bestanden hat, ist sie gerade dabei, verfrüht die Universität abzuschließen und einen glorreichen Weg nach oben in der Karriereleiter des Militärs anzutreten. Die Welt, die sie als Republik kennt, besteht nicht aus täglichem Überlebenskampf in den Slums, der ständigen Angst vor der umhergehenden Seuche und der Suche nach Lebensmitteln in den verfallenen Gassen. Ihre Republik ist stark, stolz und drauf und dran den seit Generationen tobenden Krieg mit den benachbarten Kolonien zu gewinnen. Als die beiden sich treffen, während June undercover nach dem Staatsfeind Nummer 1 und gleichzeitig dem Mörder ihres Bruders ermittelt, müssen beide feststellen, dass die Welt doch nicht so schwarz-weiß ist, wie sie ihr ganzes Leben lang angenommen haben...


Day: "Meine Mutter hat immer gehofft, dass ich meine bescheidenen Wurzeln eines Tages hinter mir lassen würde. Dass ich erfolgreich werden würde oder sogar berühmt. Tja, berühmt bin ich nun, allerdings glaube ich nicht, dass sie so etwas im Sinn gehabt hat."


Marie Lus 368seitige Auftaktband wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Day und June erzählt. Passend dazu ist der Roman auch in zwei Teile geteilt, die die Titel "Der Junge, der im Licht wandelt" und "Das Mädchen, das das Glas zerschmettert" tragen. Der ständige Perspektivwechsel bringt den großen Vorteil mit sich, dass wir dadurch die Republik schon von Beginn an aus verschiedenen Blickwinkeln kennenlernen können. Die Autorin erzählt nämlich ihre packende, spannende und brutale Geschichte vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung, deren Abgründe mit zunehmender Seitenzahl aufgedeckt werden. Nachdem Amerika von schlimmen Überschwemmungen und anderen Folgen des Klimawandels heimgesucht wurde, zerfielen die Vereinigten Staaten in die Republik im Westen und die Kolonien im Osten, die sich seitdem in erbittertem Krieg um Territorium befinden. Über die Republik herrschen ein diktatorischer Elektor und dessen beratender Senat, die sich mithilfe des Militärs über die unterdrückte Bevölkerung behaupten. Um auszuwählen, welche Kinder sich für eine Ausbildung der Oberschicht oder eine Laufbahn im Militär eignen und welche in den verseuchten und verarmten Slums arbeiten müssen, durchlaufen alle Kinder im Alter von 10 Jahren den sogenannten "Großen Test". Addiert man zu diesem Gesamtbild dann auch noch eine Widerstandsorganisation, die sich die "Patrioten" nennen und zwei Figuren, die irgendwo zwischen den Fronten stehen, hinzu, erhält man die perfekten Zutaten für eine spannende Dystopie.


June: "Früher haben mich Days Taten fasziniert. Jetzt ist er mein schlimmster Feind - mein Zielobjekt. Meine erste Mission."


Wie jede gut erzählte Dystopie wird hier also allein durch das Worldbuilding, das viele beunruhigend realistische Szenarien und Ideen enthält, schon eine Menge Spannung erzeugt. Dabei behalten wir einen klaren Fokus auf die aktuelle Handlung bei und hetzen mit sehr hohem Erzähltempo durch Verfolgungsjagden, Verhöre, Hinrichtungen und Aufstände. Die einzelnen Informationen zum Gesellschaftssystem werden nebenbei gelungen in die Handlung eingebaut, und zum Beispiel durch Erinnerungen von Day oder June wiedergegeben, wobei schon viel recht früh aufgedeckt wird. Die "Legend"-Reihe beginnt also zu einem viel späteren Zeitpunkt als viele anderen Dystopien: die Machenschaften der Regierung werden fast vollständig schon im ersten Teil aufgedeckt, die Stimmung in der Bevölkerung ist kurz vorm Hochkochen, sodass nicht viel zur Eskalation fehlt und auch die beiden Figuren sind schon zu Symbolträgern ihrer jeweiligen Seite geworden. Im Vordergrund steht hier vielmehr die Frage, welchen Weg die Figuren einschlagen sollen und was ihre jeweilige Vision für die Republik ist.


Day: "Jeder Tag bedeutet vierundzwanzig neue Stunden. Jeder Tag bedeutet, dass alles möglich ist. Man lebt den Moment oder man stirbt darin, aber man lebt sein Leben einen Tag nach dem anderen." Er sieht zur offenen Tür des Waggons, wo dunkler Regen die Welt verschleiert. "Und man versucht immer, auf die Sonnenseite zu gelangen. Ins Licht."


Dementsprechend prägend für die Geschichte sind deshalb die beiden Figuren und deren Weltsichten. Beide sind sehr starke, mutige und schlagfertige Persönlichkeiten, die mir auf ihre jeweilige Art sehr ans Herz gewachsen sind. Day, der eigentlich Daniel Wing heißt, ist ein rebellischer Frauenheld mit leichtem Hang zum Größenwahn, der jedoch alles tun würde, um die zu beschützen, die er liebt. Besonders viel zu den Hintergründen seiner früheren Taten und wie genau er nach dem Großen Test überlebt hat, erfahren wir in diesem Teil noch nicht, trotz der recht lückenhaften Backstory nimmt man ihm die kämpferische Robin-Hood-Rolle aber gut ab. Mir gefällt an ihm sehr gut, dass er für seine Glaubensgrundsätze einsteht und dabei den LeserInnen das Gefühl vermittelt, dass auch wir unsere Welt verbessern können, wenn wir uns noch so klein und unbedeutend fühlen.


June: "Im Geiste gebe ich dem Mörder meines Bruders ein lautloses Versprechen: Ich werde dich finden. Ich werde die Straßen von Los Angeles nach dir durchkämmen. Jede Straße der Republik, wenn es sein muss. Ich werde dich in die Irre führen und überlisten, ich werde lügen, betrügen und stehlen, um dich zu finden, dich aus deinem Versteck locke und dich jagen, bis es keinen Ort mehr gibt, an den du fliehen kannst. Das verspreche ich dir: Dein Leben gehört mir."


June hingegen ist ganz entgegen der sonstigen Dystopie-Checklist gestaltet. Statt eine naive Systemtreue wie zum Beispiel Tris aus "Die Bestimmung" oder eine emotionale Kämpferin wie Katniss aus "Die Tribute von Panem" zu sein, ist sie ein berechnendes, beherrschtes und gut ausgebildetes Militärwunderkind, mit dem man erstmal warm werden muss. Emotionen wie zum Beispiel nach dem Tod ihres Bruders hält sie kontrolliert zurück, Entscheidungen trifft sie oft sehr rational. Addiert man dann noch dazu, dass sie sehr selbstsicher auftritt, da sie genau weiß, wie klug und begabt sie ist, erscheint sie an einigen Stellen zu Beginn emotionslos und arrogant und ist damit keine typische Sympathieträgerin. Mir hat das aber total gut gefallen, da ich Protagonisten, die sich die Sympathie der LeserInnen erst erarbeiten müssen, oftmals im Laufe der Geschichte stärker ans Herz schließe als die, die schon auf den ersten Blick als perfekte Helden erscheinen.


Day: "Du hast alles zurückgelassen." Ich hebe die Hand, um ihr Gesicht zu berühren, um ihr den Regen aus den Wimpern zu streichen. "Dein ganzes Leben - alles, woran du je geglaubt hast... Warum hast du das für mich getan?" June hat noch nie so schön ausgesehen wie in diesem Moment, unverfälscht und ehrlich, verletzlich und gleichzeitig unbesiegbar. Als ein Blitz über den Himmel zuckt, funkeln ihre dunklen Augen wie Gold. "Weil du recht hattest", flüstert sie. "Mit allem."


Obligatorisch entwickelt sich zwischen den Beiden im Laufe der Handlung eine zarte Liebesgeschichte, die jedoch emotional eher im Hintergrund bleibt, und vor allem dadurch besticht, dass June und Day sich auf gegengesetzten Seiten befinden und gegenseitig immer wieder ihre Ideologien hinterfragen und Einstellungen überdenken müssen. Man kann kritisieren, dass die Liebe sich sehr schnell entwickelt und vielleicht zu Beginn nicht ganz glaubwürdig ist, da die Figuren aber so jung sind, nimmt man es ihnen im Großen und Ganzen aber doch ab. Kritikwürdig ist an der Charaktergestaltung in meinen Augen eher das sehr junge Alter an sich. Auch wenn es sich hier um ein Jugendbuch handelt, dass eine 14+-Zielgruppe ansprechen soll, empfand ich es als extrem unlogisch, dass die Hauptpersonen erst 15 Jahre alt sind. Zwar verhalten sich die beiden gelegentlich schon ihres Alters entsprechend, aber diese Zahl im Kopf behaltend sind die beiden Grundvoraussetzungen, dass June die beste Soldatin und Day der meistgesuchte Verbrecher der Republik sein soll, äußerst fragwürdig.


June: "Im Spiegel sehe ich aus wie immer. Doch innerlich bin ich ein anderer Mensch. Ich bin ein Wunderkind, das die Wahrheit kennt, und ich weiß, was ich zu tun habe."


Nimmt man diese winzige Hürde jedoch nicht zu schwer, ist "Legend - Fallender Himmel" eine hochspannende Dystopie, die einen sofort in ihren Bann zieht und nicht mehr loslässt, bevor man nicht auch die letzte Seite gelesen hat. Gegen Ende hält die Autorin dann noch einige überraschende Wendungen bereit und macht mit einem recht offenen aber zum Glück cliffhangerfreien Ende Lust auf den nächsten Teil.



Fazit:


Ein hochspannender, rasant erzählter Reihenauftakt, der vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung von zwei starken Figuren handelt, die zwischen den Fronten für die Liebe zu ihrem Land, zu ihrer Familie und zueinander kämpfen. Marie Lu hat mit "Legend - Fallender Himmel" eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack eine Dystopie begonnen: temporeich, wendungsreich und intelligent!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.12.2021

Ein hochspannender, rasant erzählter Reihenauftakt!

Legend (Band 1) - Fallender Himmel
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Die "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu ...

Die "Legend"-Trilogie von Marie Lu habe ich zwar schon 2016 in meiner Dystopien-Phase gelesen, da ich sie aber als eine der besten Dystopien aller Zeiten in Erinnerung behalten habe (und in Relation dazu nur noch erschreckend wenig über den Inhalt weiß), habe ich beschlossen, das Jahr mit einem Reread ausklingen zu lassen. Nach dem zweiten Lesen und einigen verstrichenen Jahren muss ich nun feststellen: "Legend - Fallender Himmel" ist sogar noch besser, als ich es in Erinnerung hatte - eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack, temporeich, wendungsreich und intelligent erzählt!+


June: "Ich habe kein Mitleid mit einem Verbrecher, weise ich mich scharf zurecht. Nur eine Rechnung zu begleichen."


Das Cover der Reihe besticht durch minimalistische Eleganz. Auf dem schlichten weißen Hintergrund gehalten, kommen das goldene Republik-Emblem, der Titel in goldener Prägung und die lilafarbenen Schrift wunderbar zur Geltung und passen zu einer klar geordneten, militärisch-akkuraten Dystopie, in der sich vieles um den äußeren Anschein dreht. Abgerundet wird der Eindruck vom lilafarbenen, integrierten Lesebändchen. Das Cover ist dem englischen Original stark nachempfunden und auch der Haupttitel der Reihe ist an das Original angelehnt. Woher jedoch der Untertitel kommt und was genau er mir sagen will, habe ich noch nicht so ganz durchschaut. Falls das jemand verstanden hat, würde ich mich freuen, wenn er/sie mich aufklären möge. Es ist so ein deutscher Tick, die englischsprachigen Titel des ersten Bandes als Reihenname zu übernehmen und dann einen mehr oder weniger bedeutungslosen Untertitel für jeden Band zu erfinden. Nach meinem Geschmack hätte es sich hier besser angeboten, die englischen Titel von Band 2 "Prodigy" (Wunderkind) und Band 3 "Champion" zu übernehmen.


Erster Satz: "Meine Mutter glaubt, dass ich tot bin."


Wir steigen ohne große Umschweife mit einem Tag im Leben des jungen Rebellen Day in die Geschichte ein, der sich zusammen mit dem Waisenmädchen Tess auf den Straßen eines futuristischen San Francisco durchschlägt. Für die rebellischen Patrioten, die gegen die Republik kämpfen, ist er durch seine spektakulären Coups ein Held, für das Militärregime der Republik steht er ganz oben auf der Abschussliste. Wir lernen ihn jedoch erstmal als ganz normalen Jungen kennen, der versucht, seine Familie über Wasser zu halten. Sein genaues Gegenüber und gleichzeitig unsere zweite Protagonistin ist die 15jährige June. Als Wunderkind der Republik, die als einzige den "Großen Test" mit vollen 1500 Punkten bestanden hat, ist sie gerade dabei, verfrüht die Universität abzuschließen und einen glorreichen Weg nach oben in der Karriereleiter des Militärs anzutreten. Die Welt, die sie als Republik kennt, besteht nicht aus täglichem Überlebenskampf in den Slums, der ständigen Angst vor der umhergehenden Seuche und der Suche nach Lebensmitteln in den verfallenen Gassen. Ihre Republik ist stark, stolz und drauf und dran den seit Generationen tobenden Krieg mit den benachbarten Kolonien zu gewinnen. Als die beiden sich treffen, während June undercover nach dem Staatsfeind Nummer 1 und gleichzeitig dem Mörder ihres Bruders ermittelt, müssen beide feststellen, dass die Welt doch nicht so schwarz-weiß ist, wie sie ihr ganzes Leben lang angenommen haben...


Day: "Meine Mutter hat immer gehofft, dass ich meine bescheidenen Wurzeln eines Tages hinter mir lassen würde. Dass ich erfolgreich werden würde oder sogar berühmt. Tja, berühmt bin ich nun, allerdings glaube ich nicht, dass sie so etwas im Sinn gehabt hat."


Marie Lus 368seitige Auftaktband wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Day und June erzählt. Passend dazu ist der Roman auch in zwei Teile geteilt, die die Titel "Der Junge, der im Licht wandelt" und "Das Mädchen, das das Glas zerschmettert" tragen. Der ständige Perspektivwechsel bringt den großen Vorteil mit sich, dass wir dadurch die Republik schon von Beginn an aus verschiedenen Blickwinkeln kennenlernen können. Die Autorin erzählt nämlich ihre packende, spannende und brutale Geschichte vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung, deren Abgründe mit zunehmender Seitenzahl aufgedeckt werden. Nachdem Amerika von schlimmen Überschwemmungen und anderen Folgen des Klimawandels heimgesucht wurde, zerfielen die Vereinigten Staaten in die Republik im Westen und die Kolonien im Osten, die sich seitdem in erbittertem Krieg um Territorium befinden. Über die Republik herrschen ein diktatorischer Elektor und dessen beratender Senat, die sich mithilfe des Militärs über die unterdrückte Bevölkerung behaupten. Um auszuwählen, welche Kinder sich für eine Ausbildung der Oberschicht oder eine Laufbahn im Militär eignen und welche in den verseuchten und verarmten Slums arbeiten müssen, durchlaufen alle Kinder im Alter von 10 Jahren den sogenannten "Großen Test". Addiert man zu diesem Gesamtbild dann auch noch eine Widerstandsorganisation, die sich die "Patrioten" nennen und zwei Figuren, die irgendwo zwischen den Fronten stehen, hinzu, erhält man die perfekten Zutaten für eine spannende Dystopie.


June: "Früher haben mich Days Taten fasziniert. Jetzt ist er mein schlimmster Feind - mein Zielobjekt. Meine erste Mission."


Wie jede gut erzählte Dystopie wird hier also allein durch das Worldbuilding, das viele beunruhigend realistische Szenarien und Ideen enthält, schon eine Menge Spannung erzeugt. Dabei behalten wir einen klaren Fokus auf die aktuelle Handlung bei und hetzen mit sehr hohem Erzähltempo durch Verfolgungsjagden, Verhöre, Hinrichtungen und Aufstände. Die einzelnen Informationen zum Gesellschaftssystem werden nebenbei gelungen in die Handlung eingebaut, und zum Beispiel durch Erinnerungen von Day oder June wiedergegeben, wobei schon viel recht früh aufgedeckt wird. Die "Legend"-Reihe beginnt also zu einem viel späteren Zeitpunkt als viele anderen Dystopien: die Machenschaften der Regierung werden fast vollständig schon im ersten Teil aufgedeckt, die Stimmung in der Bevölkerung ist kurz vorm Hochkochen, sodass nicht viel zur Eskalation fehlt und auch die beiden Figuren sind schon zu Symbolträgern ihrer jeweiligen Seite geworden. Im Vordergrund steht hier vielmehr die Frage, welchen Weg die Figuren einschlagen sollen und was ihre jeweilige Vision für die Republik ist.


Day: "Jeder Tag bedeutet vierundzwanzig neue Stunden. Jeder Tag bedeutet, dass alles möglich ist. Man lebt den Moment oder man stirbt darin, aber man lebt sein Leben einen Tag nach dem anderen." Er sieht zur offenen Tür des Waggons, wo dunkler Regen die Welt verschleiert. "Und man versucht immer, auf die Sonnenseite zu gelangen. Ins Licht."


Dementsprechend prägend für die Geschichte sind deshalb die beiden Figuren und deren Weltsichten. Beide sind sehr starke, mutige und schlagfertige Persönlichkeiten, die mir auf ihre jeweilige Art sehr ans Herz gewachsen sind. Day, der eigentlich Daniel Wing heißt, ist ein rebellischer Frauenheld mit leichtem Hang zum Größenwahn, der jedoch alles tun würde, um die zu beschützen, die er liebt. Besonders viel zu den Hintergründen seiner früheren Taten und wie genau er nach dem Großen Test überlebt hat, erfahren wir in diesem Teil noch nicht, trotz der recht lückenhaften Backstory nimmt man ihm die kämpferische Robin-Hood-Rolle aber gut ab. Mir gefällt an ihm sehr gut, dass er für seine Glaubensgrundsätze einsteht und dabei den LeserInnen das Gefühl vermittelt, dass auch wir unsere Welt verbessern können, wenn wir uns noch so klein und unbedeutend fühlen.


June: "Im Geiste gebe ich dem Mörder meines Bruders ein lautloses Versprechen: Ich werde dich finden. Ich werde die Straßen von Los Angeles nach dir durchkämmen. Jede Straße der Republik, wenn es sein muss. Ich werde dich in die Irre führen und überlisten, ich werde lügen, betrügen und stehlen, um dich zu finden, dich aus deinem Versteck locke und dich jagen, bis es keinen Ort mehr gibt, an den du fliehen kannst. Das verspreche ich dir: Dein Leben gehört mir."


June hingegen ist ganz entgegen der sonstigen Dystopie-Checklist gestaltet. Statt eine naive Systemtreue wie zum Beispiel Tris aus "Die Bestimmung" oder eine emotionale Kämpferin wie Katniss aus "Die Tribute von Panem" zu sein, ist sie ein berechnendes, beherrschtes und gut ausgebildetes Militärwunderkind, mit dem man erstmal warm werden muss. Emotionen wie zum Beispiel nach dem Tod ihres Bruders hält sie kontrolliert zurück, Entscheidungen trifft sie oft sehr rational. Addiert man dann noch dazu, dass sie sehr selbstsicher auftritt, da sie genau weiß, wie klug und begabt sie ist, erscheint sie an einigen Stellen zu Beginn emotionslos und arrogant und ist damit keine typische Sympathieträgerin. Mir hat das aber total gut gefallen, da ich Protagonisten, die sich die Sympathie der LeserInnen erst erarbeiten müssen, oftmals im Laufe der Geschichte stärker ans Herz schließe als die, die schon auf den ersten Blick als perfekte Helden erscheinen.


Day: "Du hast alles zurückgelassen." Ich hebe die Hand, um ihr Gesicht zu berühren, um ihr den Regen aus den Wimpern zu streichen. "Dein ganzes Leben - alles, woran du je geglaubt hast... Warum hast du das für mich getan?" June hat noch nie so schön ausgesehen wie in diesem Moment, unverfälscht und ehrlich, verletzlich und gleichzeitig unbesiegbar. Als ein Blitz über den Himmel zuckt, funkeln ihre dunklen Augen wie Gold. "Weil du recht hattest", flüstert sie. "Mit allem."


Obligatorisch entwickelt sich zwischen den Beiden im Laufe der Handlung eine zarte Liebesgeschichte, die jedoch emotional eher im Hintergrund bleibt, und vor allem dadurch besticht, dass June und Day sich auf gegengesetzten Seiten befinden und gegenseitig immer wieder ihre Ideologien hinterfragen und Einstellungen überdenken müssen. Man kann kritisieren, dass die Liebe sich sehr schnell entwickelt und vielleicht zu Beginn nicht ganz glaubwürdig ist, da die Figuren aber so jung sind, nimmt man es ihnen im Großen und Ganzen aber doch ab. Kritikwürdig ist an der Charaktergestaltung in meinen Augen eher das sehr junge Alter an sich. Auch wenn es sich hier um ein Jugendbuch handelt, dass eine 14+-Zielgruppe ansprechen soll, empfand ich es als extrem unlogisch, dass die Hauptpersonen erst 15 Jahre alt sind. Zwar verhalten sich die beiden gelegentlich schon ihres Alters entsprechend, aber diese Zahl im Kopf behaltend sind die beiden Grundvoraussetzungen, dass June die beste Soldatin und Day der meistgesuchte Verbrecher der Republik sein soll, äußerst fragwürdig.


June: "Im Spiegel sehe ich aus wie immer. Doch innerlich bin ich ein anderer Mensch. Ich bin ein Wunderkind, das die Wahrheit kennt, und ich weiß, was ich zu tun habe."


Nimmt man diese winzige Hürde jedoch nicht zu schwer, ist "Legend - Fallender Himmel" eine hochspannende Dystopie, die einen sofort in ihren Bann zieht und nicht mehr loslässt, bevor man nicht auch die letzte Seite gelesen hat. Gegen Ende hält die Autorin dann noch einige überraschende Wendungen bereit und macht mit einem recht offenen aber zum Glück cliffhangerfreien Ende Lust auf den nächsten Teil.



Fazit:


Ein hochspannender, rasant erzählter Reihenauftakt, der vor der Kulisse einer totalitären Militärregierung von zwei starken Figuren handelt, die zwischen den Fronten für die Liebe zu ihrem Land, zu ihrer Familie und zueinander kämpfen. Marie Lu hat mit "Legend - Fallender Himmel" eine Dystopie ganz nach meinem Geschmack eine Dystopie begonnen: temporeich, wendungsreich und intelligent!

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