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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.01.2022

Mors certa

Berliner Leichenschau
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Dieses Buch ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die eine Besonderheit enthalten: Sie sind sowohl von einem Krimiautor (Horst Bosetzky/-ky) als auch einem Rechtsmediziner (Gunther Geserick) verfasst ...

Dieses Buch ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die eine Besonderheit enthalten: Sie sind sowohl von einem Krimiautor (Horst Bosetzky/-ky) als auch einem Rechtsmediziner (Gunther Geserick) verfasst worden. Ich war anfangs etwas skeptisch, ob das funktionieren könnte, aber tatsächlich geht das erstaunlich gut.

Folgendermaßen läuft das ab:

Der Autor hat 10 Geschichten verfasst, in denen die gängigsten Todesarten eine Rolle spielen. Die Opfer werden anscheinend vom Blitz getroffen, ertrinken, erhängen sich, verbrennen, ersticken an Essen, stürzen aus große Höhen, sterben im Wald, auf dem Gleisbett, zu Hause. Das Ermittlerpaar fängt an, die Umstände zu untersuchen, das Opfer landet bei dem Rechtsmediziner auf dem Tisch.

Und dort passiert der wirklich spannende Teil des Buches. Ausführlich und in Einzelheiten wird beschrieben, was die Ärzte (denn im Gegensatz zu dem, was in Filmen gezeigt wird, sind es immer zwei oder gar drei mit einem Assistenten) tun. Dass so eine Untersuchung auch mal über Stunden gehen kann, weil das die Sorgfältigkeitspflicht gebietet. Später geht der Mediziner noch auf ähnliche Fälle ein, mit denen man das vergleichen könnte.

Ich fand die Kurzgeschichten manchmal ein bisschen zu einfach gelöst, was vielleicht in der Natur der Kürze liegt, aber die Verbindung der Geschichten mit realem Vorgehen des rechtsmedizinischen Teils trotzdem spannend.

Veröffentlicht am 30.01.2022

Zwei ungewöhnliche Freunde

Dachs und Rakete. Ab in die Stadt!
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Der Dachs und die Schnecke sind die besten Freunde. Sie leben zusammen, spielen zusammen, essen zusammen. Und dann: Ihr Haus wird zerstört. Der Maulwurf kommt mit dem Bagger vorbei und verkündet, dass ...

Der Dachs und die Schnecke sind die besten Freunde. Sie leben zusammen, spielen zusammen, essen zusammen. Und dann: Ihr Haus wird zerstört. Der Maulwurf kommt mit dem Bagger vorbei und verkündet, dass dort, wo ihre wunderschönen Beete, ihr wunderschönes Haus und ihr wunderschöner Wald standen jetzt ein Freizeitpark mit Naturerlebnisqualität errichtet wird. Was sollen sie tun? Irgendwo müssen sie ja wohnen! So machen sich die beiden Freunde auf den langen Weg in die Stadt. Dort angekommen, werden sie mit völlig fremden Lebensgewohnheiten konfrontiert und sie müssen lernen, was Fortschritt bedeutet, wie man mit Geld umgeht, treffen aber auch andere, mit denen man auskommen kann.

Auf kindgerechte Weise wird hier vermittelt, wie man mit Veränderungen zurechtkommen kann. Am besten natürlich mit guten Freunden, aber auch einer Portion Mut und dem Willen, damit zurechtzukommen. Die Ironie des Zerstörens der Natur, um einen "Naturpark" zu errichten, wird Kindern wahrscheinlich entgehen, aber es ist ein hübsch ironischer Ausblick auf das, was im Leben oft genug passiert. Nicht so richtig gefallen hat mir die Episode im Einkaufszentrum, da wurde mir nicht klar, was damit bezweckt wurde: Man kann sich auch manchmal im Leben durchschnorren? Trotzdem, schöne Illustrationen und die Geschichte zweier Freunde, die sich positiv durchs Leben schlagen, hat mir gut gefallen.

Veröffentlicht am 29.01.2022

Demi-Boy

Felix Ever After
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Felix ist siebzehn, trans, schwarz und queer. Er ist ein talentierter Künstler, der sich auf ein Stipendium für eines der besten Kunst-Colleges bewerben möchte, weil er sich sonst eine Uni nicht leisten ...

Felix ist siebzehn, trans, schwarz und queer. Er ist ein talentierter Künstler, der sich auf ein Stipendium für eines der besten Kunst-Colleges bewerben möchte, weil er sich sonst eine Uni nicht leisten kann. Seine Mutter hat ihn und seinen Vater vor Jahren verlassen und die beiden müssen zusehen, wie sie über die Runden kommen. Felix hat über 400 Emails an seine Mutter in seinem Postfach, die er nie abgeschickt hat. Er hat einen besten Freund - Ezra - und er agiert in einer meist offenen pro-LGBT-Community. Doch dann kommt er eines Tages zur Schule und jemand hat Fotos von ihm aufgehängt und seinen Deadname veröffentlicht. Es trifft ihn wie ein Schlag und er vermutet gleich einen aus seiner Stufe, mit dem er immer Beef hatte. Felix beschließt, sich zu rächen und schreibt anonym den vermutlichen Täter an - nur um feststellen zu müssen, dass er wahrscheinlich genauso viele Vorurteile mit sich herumschleppt wie andere.

Es ist ein komplexes Thema, das in diesem Buch aufgenommen wurde, und ich habe auch einiges lernen und mitnehmen können. Die Verwirrung des/der Jugendlichen, ihr Streben darum, sich selbst zu verstehen und sich und andere zu akzeptieren, wird richtig gut rübergebracht, und es gibt so einige emotionale Situationen, die ich gut nachvollziehen konnte, ohne trans zu sein, weil es einfach menschlich ist. Dann wiederum frage ich mich, wie es sein kann, dass in einer Schule fast durchweg LGBT-Personen herumlaufen: Nicht als Vorwurf, aber die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass es schon wieder einen Hauch ins Lächerliche bekam. Manche Sachen wurden recht holzhammerartig auf den Leser losgelassen und ich frage mich, ob das vielleicht in der heutigen Zeit einfach nur die richtige Art ist, jemandem etwas zu vermitteln? Wahrscheinlich schon. Wahrscheinlich kann man nur durch Übertreibung und Wiederholung die Leute dazu bringen, etwas als normal zu akzeptieren, das völlig normal ist.

Was mich tatsächlich immer wieder gestört hat, waren das permanente Saufen, Kiffen, Abhängen der Jugendlichen. Vielleicht habe ich mit 17 was verpasst, dass ich das nicht gemacht habe, aber es hat mich abgeschreckt. Und abgesehen von den Antagonisten des Buches waren alle immer furchtbar vernünftig, einsichtig, reflektiv - in einem Alter, in dem die meisten echt Probleme haben, auch nur bis drei zu zählen.

Trotzdem ist das wirklich eine Lektüre, über die ich noch so einige Zeit nachdenken werde. Nicht, weil mich die Charaktere so ernsthaft beeindruckt haben, sondern weil ich in eine Welt und Probleme eintauchen durfte, etwas darüber lernen durfte, das mir bisher nicht wirklich bewusst war.

Veröffentlicht am 21.01.2022

Piraten! Piraten!

1000 Gefahren junior - Das Geheimnis der Pirateninsel (Erstlesebuch mit "Entscheide selbst"-Prinzip für Kinder ab 7 Jahren)
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In diesem Buch erlebst du die Abenteuer! Du arbeitest in einer Kneipe auf einem winzigen Eiland irgendwo im Meer. Hier treiben sich zwielichtige Seeleute, ja sogar Piraten herum! Und es gibt unzählige ...

In diesem Buch erlebst du die Abenteuer! Du arbeitest in einer Kneipe auf einem winzigen Eiland irgendwo im Meer. Hier treiben sich zwielichtige Seeleute, ja sogar Piraten herum! Und es gibt unzählige Möglichkeiten, wie man sich von denen zu etwas überreden lassen kann. Willst du einem Mann folgen, von dem alle behaupten, er sei der Piratencaptain Perkin? Oder hörst du lieber einem alten Seebären zu, der von fantastischen Dingen erzählt und dann in der Nacht plötzlich ausgeraubt wird? Wie entscheidest du dich? Greifst du ein? Falls ja, wie? Und wie geht es weiter? Schätze, Meere, Ureinwohner - die Welt steht die offen!

Ich habe dieses Buch zusammen mit meinem fast siebenjährigen Vorlesekind gelesen. Und wie auch schon 1000 Gefahren mit den Dinosauriern hat uns dieses Abenteuer auch schnell wieder mit hineingezogen in die Geschichte. Man kann Rätsel knacken (wobei die mit der Fußspur eher Unsinn ist), man kann sich wieder und wieder neu entscheiden und damit der Geschichte eine andere Wendung geben. Und das ist wirklich wunderbar, so kann man dieses Buch nicht nur ein- oder zweimal, sondern bestimmt ein halbes Dutzend Mal oder öfter lesen. Allerdings fand mein Vorlesekind - und damit auch ich - dass manche Enden unnötig grausam waren, ohne Hoffnung auf etwas Besseres. Und das fand sie traurig. Ich auch. Es geht doch gerade darum, zumindest in dem Alter immer aufzuzeigen, dass es immer Hoffnung und etwas Schönes am Ende gibt. Von daher bleiben die Saurier wohl doch ihre (und natürlich auch meine) Favoriten.

Veröffentlicht am 20.01.2022

Römische Verhältnisse

Die Flügel des Poseidon
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Endlich sind Falco und Helena nach ihrer Zeit in Germanien wieder zu Hause, in Rom, angekommen. Doch so richtig schön ist ihr Empfang nicht: Das Wetter ist furchtbar, Falcos Wohnung verwüstet und bei seiner ...

Endlich sind Falco und Helena nach ihrer Zeit in Germanien wieder zu Hause, in Rom, angekommen. Doch so richtig schön ist ihr Empfang nicht: Das Wetter ist furchtbar, Falcos Wohnung verwüstet und bei seiner Mutter hat sich ein Legionär eingenistet, der behauptet, ein Freund von Festus, Falcos gestorbenen, älteren Bruder zu sein. Doch schnell zeigt er sein wahres Gesicht. Er will Geld eintreiben und zwar jede Menge, die Festus ihm und seinen Kameraden angeblich schuldet. Da Festus immer in irgendwelche halbseidenen Geschäfte verwickelt war, ist das leider nicht mal auszuschließen. Bevor sich Falco darum kümmern kann, wird der Legionär ermordet und Falco des Mordes angeklagt. Dann kommt auch noch die Kleinigkeit dazu, dass Festus angeblich auch anderen noch Geld schuldete - eine halbe Million ... Um hier seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ist Falco auf die Hilfe seiner Familie angewiesen und das ist selbst unter den besten Umständen nicht die beste Idee.

Ich habe vor Jahren ein paar Bücher aus der Reihe gelesen und mich immer gut unterhalten gefühlt und genau dieses Feeling kommt auch sofort wieder auf. Man ist sofort in den römischen Verhältnissen wieder drin, ärgert sich über diverse Familienmitglieder, trottet mit Falco durch Straßen und Tavernen und ist begeistert, dass dieser eine so starke Frau an seiner Seite hat. (Wohlgemerkt sind die Bücher schon um die 30 Jahre alt, da könnten sich heutige AutorInnen mal eine Scheibe abschneiden.) Gut gefiel mir wieder, dass die Sprache modern - ja, das ganze Leben irgendwie modern beschrieben wird. Geldeintreiber, mafiaähnliche Strukturen, Kleinkriminelle, große Paten, es ist alles vorhanden. Zwischendrin war es mal ein bisschen langatmig, aber wie immer bei Falco und Co ist der Gesamteindruck äußerst positiv.