Profilbild von Hyperventilea

Hyperventilea

Lesejury Star
offline

Hyperventilea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyperventilea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.04.2022

Motivierend gestalteter, lehrreicher Mitmachblock mit vielen abwechslungsreichen Anregungen

Wieso? Weshalb? Warum? junior AKTIV: Unsere Natur
0

In der Natur gibt es so viel zu sehen und zu lernen. Der Mitmachblock „Unsere Natur“ bietet Kindern zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Mit Stift, Schere und ...

In der Natur gibt es so viel zu sehen und zu lernen. Der Mitmachblock „Unsere Natur“ bietet Kindern zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Mit Stift, Schere und Kleber entdecken Kinder hier die Natur. Zu jedem Thema (zum Beispiel Tiere wie Eichhörnchen oder Füchse, aber auch Pflanzen wie Bäume oder Erdbeeren) finden sich anfangs kurze Texte mit Sachinformationen, anschließend dürfen die Kinder passend zum Thema selbst aktiv werden. Da gibt es Ausmalbilder, Labyrinthe, Schattenrätsel, Aufgaben zum Verbinden und Einkreisen, Punkterätsel, aber auch Ausschneideaufgaben.
Warum quaken Frösche? Warum können Eichhörnchen gut klettern? Wie schwimmen Biber? Diese Fragen werden in knappen, kindgerechten Sätzen einfach verständlich beantwortet. Das Thema Natur ist hier recht breit gefasst, es behandelt heimische Tiere und Pflanzen genauso wie Meeresbewohner.
Der Block richtet sich an Kinder ab zwei bis vier Jahren. Gerade die Ausschneideaufgaben werden einige jüngere Kinder sicher noch überfordern. Hier müssen Erwachsene bestimmt unterstützend eingreifen.

Sachwissen und Selbermachen werden in diesem Block prima miteinander verbunden. Dass die Rätsel so vielfältig, abwechslungsreich und motivierend gestaltet sind, finde ich sehr gelungen. Die Arbeitsaufträge sind klar zu erkennen, viele davon können sich Kindern bestimmt auf Anhieb ohne zusätzliche Erklärungen selbst erschließen.
Dass sich auch Rätsel zum Thema Meer und Strand im Buch finden, empfinde ich dagegen nicht unbedingt als nötig. Übersichtlicher wäre es, wenn sich der Block nur auf den Wald oder die heimische Natur beziehen würde. Das Thema Meer ist so umfangreich, das ließe sich auch in einem eigenen Band behandeln.
Die Bindung riss leider sofort und alle Blätter waren dann lose, das ist ein Nachteil. Gerade wenn man den Block mitnehmen möchte, wäre es besser, die Bindung wäre etwas stärker und haltbarer.
Dennoch ein motivierender, abwechslungsreich gestalteter, lehrreicher Mitmachblock, der zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten bietet und Kinder fordert und fördert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2022

Von der komplizierten Galaxie der Familie, von Enttäuschungen und neuen Hoffnungen

Die Nelsons greifen nach den Sternen
0

„Die Familie Thomas war wie ein eigenes Sonnensystem. Planeten, die auf ihren Umlaufbahnen kreisten. Nein, keine Planeten. Eher Meteore oder Weltraumschrott. Schwebende Objekte, die manchmal zusammenstießen ...

„Die Familie Thomas war wie ein eigenes Sonnensystem. Planeten, die auf ihren Umlaufbahnen kreisten. Nein, keine Planeten. Eher Meteore oder Weltraumschrott. Schwebende Objekte, die manchmal zusammenstießen oder mit Wucht aneinanderkrachten und dann zerbrachen.“

Im Januar 1986 soll das Space-Shuttle Challenger ins All fliegen. Lehrerin Ms. Salonga bereitet ihre Schüler auf besondere Weise auf das Großereignis vor. Sie sollen sich vorstellen, selbst Teil der Besatzung zu sein und in Gruppen entsprechende Aufträge zum Thema erledigen. Die drei Geschwister die Zwillinge Bird und Fitch und ihr älterer Bruder Cash besuchen alle die siebte Klasse, nehmen an Ms. Salongas Projekt teil. Während Bird, die sich sehr für Technik interessiert, Feuer und Flamme für das Thema ist, plagen ihre Brüder ganz andere Sorgen…

Autorin Erin Entrada Kelly erzählt klar und flüssig, abwechselnd aus der Sicht der drei Geschwister, meist in der dritten Person Vergangenheit. Der Schreibstil ist schön zu lesen, lebendig und ausdrucksstark, immer wieder greift die Autorin Bilder aus dem Thema Weltraum auf. Nach den Abschnitten, in denen Bird zu Wort kommt, sind manchmal ein paar von Birds Skizzen abgedruckt, zum Beispiel ihre Darstellung eines Videorekorders, eines Röntgengeräts, der Challenger aber auch ihr Versuch, die Familienkonstellation der Familie Thomas abzubilden.
Das Buch richtet sich an Kinder und Jugendliche ab elf Jahren, aber ist auch für Erwachsene durchaus lesenswert.

Die Familie Nelson-Thomas ist keine Vorzeigefamilie, es mangelt ihr an echtem familiärem Zusammenhalt. Bird ist die Kluge unter den Geschwister, interessiert sich für Technik und Maschinen, malt gerne Skizzen von technischen Geräten und träumt davon die erste Shuttle-Kommandatin in der Geschichte der NASA zu werden. Bird ist der Ruhepol der Familie, wirkt ausgeglichen. Sie fühlt sich allerdings im Kreise ihrer Familie oft verloren und allein. Das Mädchen leidet darunter, dass seine Eltern oft streiten und in der Familie wenig gemeinsam unternommen wird. Als Bird eine andere Familie besucht, kommt ihr die eigenen Familie wie ein Parallalleluniversum vor. Sie sehnt sich nach Trost, Übereinkunft und Gemeinschaft.
Birds Zwillingsbruder Fitch verbringt seine Freizeit in der Spielhalle. Beim Zocken ist er sehr geschickt, im Umgang mit anderen eher weniger. Seine Wut hat er oft nicht unter Kontrolle, reagiert dann impulsiv und flippt aus.
Cash bringt in der Schule schlechte Leistungen, er musste bereits die siebte Klasse wiederholen. Seine Karriere im Basketballteam scheitert ebenfalls. Cash versteckt seine wahren Gefühle, nicht gut genug zu sein, hinter gespielter Lässigkeit.
Drei völlig verschiedene Geschwister haben wenig gemein, befinden sich auf eigenen Umlaufbahnen. Die Leser werden sich mit den unterschiedlichen Figuren unterschiedlich gut identifizieren können.

Die Geschichte beschreibt eine Familie aus Individualisten, in der Gemeinschaft keine große Rolle spielt. Nicht zuletzt das Unglück um den Start der Challenger macht deutlich, dass das Leben immer wieder für Enttäuschungen sorgt. Doch gerade diese Katastrophe scheint in der „kaputten“ Familie etwas zu bewegen. Über weite Strecken wirkt die Geschichte ziemlich beklemmend. Alle Geschwister haben ihr Päckchen zu tragen, Fitch und Cash haben Probleme, Bird hält sich mit Träumen über Wasser, doch ihre Träume werden jäh zerstört. Birds Absturz lässt die Familie näher aneinanderrücken. Nicht von jetzt auf gleich, aber der erste Schritt dazu ist getan. Am Ende deutet sich für jedes Problem der Kinder eine Lösung an.
„Die Nelsons greifen nach den Sternen“ ist ein mitunter ziemlich deprimierendes Buch, aber auch eines, das zeigt, dass das Leben auch nach den größten Katastrophen und Verlusten weitergeht. Eines mit vielen kleinen Wahrheiten über die herausfordernden, komplexen Galaxien des Weltalls, des Lebens und der Familie. Eines das durchaus auch Mut macht: „Wir können uns nicht auf das beschränken, was leicht geht, sonst würden wir nie etwas entdecken.“ Auch wenn wir alle nur kleine Sandkörnchen sind, können wir mit kleinen Gesten und Taten etwas bewirken. Ms Salonga drückt es so aus: „Blickkontakt ist das einfachste Geschenk, das man einem Menschen machen kann.“ „Leute brauchen das Gefühl, gesehen zu werden.“ Und: „Klein zu sein bedeutet nicht, unwichtig sein. Verwechselt Größe niemals mit Stärke.“
Das Buch eignet sich meiner Meinung nach ideal als Schullektüre. Jeder Leser wird die Botschaft etwas anders interpretieren. Die Geschichte wird sicher für Diskussionen sorgen, mag die Handlung manchen womöglich zu wenig greifbar erscheinen und der rote Faden nicht auf Anhieb zu erkennen sein. Dennoch für mich auf alle Fälle ein Buch, das es wert ist, darüber zu sprechen. Es hat viel zu sagen, auch wenn es vielleicht nicht die Sprache der heutigen Jugend sprechen mag und die Leser sich erst auf die Geschichte einlassen müssen, um ihre Wirkung zu spüren. Aber der Einsatz lohnt sich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.04.2022

Die gefährliche, aufregende Reise geht weiter - spannende Fortsetzung des Meeresabenteuers

Survivors - Das Riff der Anderen
0

„Mit der Idee im Kopf wird der Weg das Ziel.“

Nachdem ihr eigenes Riff gestorben ist, suchen Zacky und der restliche Schwarm immer noch nach einer neuen Heimat. Wenn sich nicht bald eine Lösung findet, ...

„Mit der Idee im Kopf wird der Weg das Ziel.“

Nachdem ihr eigenes Riff gestorben ist, suchen Zacky und der restliche Schwarm immer noch nach einer neuen Heimat. Wenn sich nicht bald eine Lösung findet, werden die Polypen in Scirs Auge nicht überleben. In der Tiefe des Meeres treffen sie auf Fuhaar, einen besonderen Fisch, der eine schwer verständliche Sprache spricht. Er ist nicht die einzige neue Bekanntschaft. Mit Fuhaar im Schlepptau erreichen die Survivors ein Riff, das laut den Bewohnern ausreichend Platz und Futter für alle Fische bietet. Sind die Freunde endlich am Ziel angelangt?

Autor Boris Pfeiffer erzählt kindgemäß, bildhaft, lebendig und klar in der ersten Vergangenheit. Eine Besonderheit der Sprache sind die aussagekräftigen Wortschöpfung, Dondon fühlt sich beispielsweise „lichtengelig“. Die Lieder der einzelnen Fische mögen anfangs ein wenig kryptisch wirken, gestalten die Geschichte aber durchaus abwechslungsreich.
Die Schrift ist normal groß gedruckt, der Zeilenabstand etwas weiter als gewöhnlich, daher lässt sich der Text recht angenehm lesen. Die Geschichte wird durch interessante, detaillierte Schwarzweißbilder aufgelockert, auf denen die Survivors in Aktion zu sehen sind. Die Kapitelzahlen am Anfang sind jeweils mit kleinen Meeresmotiven verziert.
Das Buch richtet sich an Kinder ab neun, zehn Jahren.

Ein bunter Schwarm an vielfältigen Charakteren führt durch die Geschichte. Da sind unter anderem Zacky mit den zwei verschiedenen Seiten, seine einäugige, mutige Freundin Scir, die die Verantwortung für die Polypen in ihrem Auge trägt, Hai Heuler, der permanent jammernd gegen seine Natur kämpft oder der Tiefseeriese Dondon, der wie ein Philosoph den Lichtengel in sich sucht. Diesmal wird der Schwarm durch den Mondfischsänger Fuhaar erweitert, der zunächst sehr seltsam und verwirrt scheint, aber durchaus sehr klare und hilfreiche Gedanken hat.
Da sehr viele Charaktere vorkommen, war es nicht immer einfach, die Figuren und ihre Rollen einzuordnen. Angesichts der großen Zahl an Figuren würde ich mir eine Aufstellung aller Mitwirkenden am Anfang wünschen.

Was für eine dramatische, gefährliche und spannende Reise! Zacky und seine Freunde erleben ein Abenteuer, das seinesgleichen sucht. Sie tauchen in die unbekannte Tiefe, nehmen ein Waltaxi, müssen erkennen, dass nicht alles ist, wie es scheint und erleben hautnah, was Menschen mit ihrem Handeln anrichten. Die Reihe macht aufmerksam auf das übermächtige Problem des Meeressterbens und der Rolle der Menschen dabei. Doch immer wieder blitzen auch kleine Hoffnungsschimmer auf. Beispiellos und absolut bemerkenswert, wie die Figuren nicht aufgeben und ums Überleben kämpfen. Ich bin mittlerweile von dem ungewöhnlichen Schwarm extrem beeindruckt, möchte gerne dabei sein, wenn die Truppe hoffentlich irgendwann ihr Ziel erreicht. Für mich dank des intensiveren Bezugs zu den Figuren noch besser, lebendiger, mitreißender als der erste Band, den man allerdings besser gelesen haben sollte, um die Handlung komplett erfassen zu können. Eine Reihe für Leser mit starken Nerven, die sich für Natur und Tiere interessieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.03.2022

Das mysteriöse Verschwinden einer Mutter - packende Familiengeschichte mit großer Überraschung

Das verschlossene Zimmer
0

„Die Menschen sahen nur das, was sie sehen wollten.“

Im Frühjahr 1939 muss Polen den Einmarsch von Hitlers Armee fürchten, was die Bewohner des Landes sehr verunsichert. Indes plagen die siebzehnjährige ...

„Die Menschen sahen nur das, was sie sehen wollten.“

Im Frühjahr 1939 muss Polen den Einmarsch von Hitlers Armee fürchten, was die Bewohner des Landes sehr verunsichert. Indes plagen die siebzehnjährige Krakauerin Marie ganz andere Sorgen. Sie wächst wohlbehütet bei ihrem Vater dem Arzt Dominik Karski in Krakau auf. Materiell mangelt es Marie an nichts, doch leidet sie sehr darunter, dass sie kaum etwas über ihre Mutter weiß. Also bricht sie heimlich in das stets „verschlossene Zimmer“ in der Wohnung ihres Vaters ein, wo sie Hinweise auf ihre Mutter findet. Daraufhin möchte sie das Geheimnis um ihre Mutter unbedingt lüften und setzt dabei nicht mehr zu stoppende schicksalhafte Ereignisse in Gang…

Autorin Rachel Givney formuliert klar und anschaulich in der dritten Person, ihr individueller Schreibstil lässt sich flüssig und unkompliziert lesen. Die Handlung spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Die Leser erfahren von Maries momentaner Situationen und ihren Nachforschungen. Es werden aber auch Ereignisse aus der Vergangenheit geschildert, die zu den aktuellen Entwicklungen geführt haben. Mal nimmt die Verfasserin beim Erzählen die Sichtweise von Marie, mal die ihres Vaters oder die ihrer Mutter ein.

Marie fühlt sich wie „wie ein Feuer, das sich seinen Weg durch den Wald“ brennt. Sie schließt gerade die Schule ab, ist intelligent, wissbegierig und träumt davon, einmal Ärztin werden zu können. Dass sie nichts über ihre Mutter weiß, treibt Marie um, lässt sie nicht los. Mit teilweise fragwürdigen Mitteln versucht sie die Wahrheit über ihre Mutter zu erfahren. Einige ihrer Entscheidungen wirken aus heutiger Sicht etwas naiv und leichtsinnig, aber Marie kann vermutlich die Konsequenzen der politischen Vorgänge noch nicht abschätzen und begibt sich daher unwissentlich in Gefahr.
Dass Dominik Karski vor seiner Tochter offensichtlich etwas verbirgt, lässt ihn etwas dubios wirken. Marie nennt ihn „ein tiefes Wasser“, einen „tausendjähriger See, dessen Oberfläche sich niemals kräuselt(e).“ Im Beruf zeigt er viel Einsatz, Hilfsbereitschaft und Toleranz, seinen neuen Kollegen Johnny stärkt und unterstützt er, obgleich er ihn anfangs nicht besonders leiden kann. Für seine Tochter Marie scheint er hingegen nicht immer so viel Verständnis aufzubringen. Dominik wünscht Marie mehr eine sichere Partie und materielle Absicherung als eine gute Ausbildung.
Und dann ist da ja noch Maries Mutter, deren Verbleib unbekannt ist.
Rachel Givneys Figuren werden den Lesern aufgrund ihrer besonderen Entwicklungen garantiert in Erinnerung bleiben.

Was geschah wirklich mit Maries Mutter? Welches Geheimnis verbirgt Maries Vater? Und wie sieht Maries Zukunft aus?
Politisch stehen Polen sehr schwere Zeiten bevor, die drohende Gefahr des deutschen Einmarsches ist im Roman ganz deutlich zu spüren. Maries Freund Lolek weiß schon vorher: Der Krieg wird „einen Strudel erzeugen, in dem alles möglich ist.“ Ausgerechnet am Vorabend des Krieges hat sich Marie entschieden, das Geheimnis ihrer Mutter aufzuklären. Die Umstände gestalten ihren Plan noch komplizierter.
„Das verschlossene Zimmer“ hat mich durchgehend unterhalten und gepackt. Die Geschichte wartet zum Schluss mit einer erstaunlichen Enthüllung auf, die vielleicht nicht ganz realistisch, aber auf alle Fälle unvorhersehbar und überraschend ist. Auch wenn sie ein paar Unstimmigkeiten enthalten mag, ist die Handlung nachvollziehbar aufgebaut und durch das sukzessive Auflösen der Rätsel raffiniert konstruiert. Dieses Buch, dieses außergewöhnliche Familiengeheimnis, werde ich lange nicht vergessen. Wer ungewöhnliche Familiengeschichten vor historischem Hintergrund mag, dem kann ich diese Geschichte nur empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.03.2022

Kurzweiliger englischer Krimispaß mit unterhaltsamen Ermittlerinnen

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
0

„Der Punkt ist: Wenn man erst weiß, wie man den Hinweis entschlüsselt, dann ergibt er absolut Sinn. Aber bis dahin erscheint er total sinnlos.“

Judith Potts ist 77 Jahre alt und bewohnt im englischen ...

„Der Punkt ist: Wenn man erst weiß, wie man den Hinweis entschlüsselt, dann ergibt er absolut Sinn. Aber bis dahin erscheint er total sinnlos.“

Judith Potts ist 77 Jahre alt und bewohnt im englischen Marlow ein in die Jahre gekommenes Herrenhaus. Als sie eines Tages einen Schuss in der Nachbarschaft hört, ist ihre Neugier geweckt. Kurz darauf findet sie die Leiche ihres Nachbarn Stefan Dunwoody. Weil die Polizei im Dunkeln zu tappen scheint, entschließt sich Judith, den Ermittlern unter die Arme zu greifen und arbeitet selbst auf Hochtouren, um das Verbrechen aufzuklären. Bei ihren Nachforschungen lernt sie die Pfarrersgattin Becks Starling und die Hundesitterin Suzie kennen, die ihr helfen wollen, den Täter zu entlarven. Diese Unterstützung ist auch dringend nötig, denn die Verwicklungen werden immer komplizierter und der nächste Mord wartet schon…

Robert Thorogood erzählt seine Geschichte anschaulich, lebendig und humorvoll in der dritten Person und in der Vergangenheit. Der Autor schildert chronologisch was passiert und begleitet Mrs. Potts und alle an den Ermittlungen beteiligten Personen bei der Aufklärung des Falls.

Ein bisschen exzentrisch ist Protagonistin Judith Potts schon. So nimmt sie sich beispielsweise die Freiheit heraus, völlig nackt in der Themse zu schwimmen. Judith ist es gewohnt, um die Ecke zu denken, erfindet sie doch beruflich knifflige Kreuzworträtsel. Dabei geht sie mit der Zeit -wenn auch ungern- und nutzt dafür ein Tablett. Mrs. Potts ist scharfsinnig und fackelt nicht lange. Sie greift beherzt ein, wenn sie es für notwendig erachtet. Die ältere Frau hat eine Schwäche für Whiskey, Schokolade und natürlich für Verbrechen.
Der Umstand, wie Judith Potts Becks Starling kennenlernt, spricht Bände. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen versteckt sich Becks nämlich in einem Schrank. Die perfekt organisierte Pfarrersgattin ist definitiv nur eine Seite von Becks, sie hat durchaus noch viel mehr zu bieten. Komplettiert wird Mrs. Potts‘ Mordclub durch die bodenständige Hundesitterin Suzie Harris, die über so manches nützliche Insiderwissen verfügt.
Detective Sergeant Tanika Malik, die offiziell für die Aufklärung des Falls zuständig ist, zeigt sich anfangs wenig angetan von den Aktionen der drei Hobby-Detektivinnen, doch schon bald ändert sich ihre Meinung.

Es gibt ihn noch, den guten alten englischen Krimi mit der so typischen Atmosphäre. Im beschaulichen Städtchen Marlow geht es nicht ganz so idyllisch und harmonisch zu, wie der äußere Eindruck erwarten lässt. Zum Glück tritt Mrs. Potts auf den Plan, die mit ihren neuen Freundinnen den Verbrechern den Kampf ansagt. Das tut sie auf herrlich unkonventionelle und höchst amüsante Weise.
Der Plot um den Mordfall ist verständlich und stimmig konstruiert, zwingt die Leser einfach zum Miträtseln. Anfangs entwickelt sich die Geschichte recht gemächlich, zum Ende hin steigert sich das Tempo aber gewaltig und die Spannung ist kaum auszuhalten.
Die schräg-skurrilen Figuren machen „Mrs. Potts Mordclub - Der tote Nachbar“ zu einem absoluten Lesevergnügen: die etwas spröde trockene Art so mancher Briten trifft hier auf drollige, liebenswerte Verrücktheit. Bestimmt hätte auch die berühmt-berüchtigte Miss Marple ihre wahre Freude an dieser neuen Krimireihe gehabt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere