Profilbild von Wacaha

Wacaha

Lesejury Star
offline

Wacaha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wacaha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.08.2022

Leider unglaubwürdig

Bekenntnisse eines Betrügers
0

Ramesh wuchs als Kind einer niedrigen Kaste in ärmlichen Verhältnissen in Delhi auf. Da sich eine Nonne seiner annahm und ihm auf diese Weise Bildung verschaffte, verfügt er jedoch über ein großes Wissen, ...

Ramesh wuchs als Kind einer niedrigen Kaste in ärmlichen Verhältnissen in Delhi auf. Da sich eine Nonne seiner annahm und ihm auf diese Weise Bildung verschaffte, verfügt er jedoch über ein großes Wissen, dass er auf etwas andere Art und Weise zu Geld macht: Indem er für reiche indische Kinder deren Abschlussprüfungen schreibt. Mit dieser Dienstleistung als sogenannter „Bildungsberater“ verdient Ramesh ein gutes Auskommen, das darin seinen Höhepunkt, als er für einen seiner Klienten Jahrgangsbester bei den „All India“-Prüfungen wird. Dies verhilft dem Jungen zu großem Ruhm, vom dem auch Ramesh etwas abhaben möchte. Für sein Schweigen lässt er sich als persönlicher Assistent einstellen und lernt so auch die Abgründe kennen, die Bekanntheit und Reichtum mit sich bringen.
„Bekenntnisse eines Betrügers“ ist der Debütroman des indischen Autors Rahul Raina. Das Cover ist kreativ und durch die gelbe Farbe auffallend, wirkt auf mich persönlich allerdings nicht sonderlich ansprechend. Auch finde ich es nach Ende der Lektüre nicht sonderlich passend zu Thema und Inhalt des Buches. Dafür erscheint das Buch in qualitativ hochwertigem Hardcover und mit einem praktischen Lesebändchen. Was mich überzeugt es zu lesen war der Klappentext, von dem ich mir viel versprochen habe.
Leider kann das Buch in meinen Augen aber so gar nicht halten, was es verspricht. Der Anfang gestaltet sich noch als interessant und actionreich, jedoch entwickelt sich daraus ein sehr skurriler und chaotischer Storyverlauf, in dem so ziemlich alles passiert, was klischeehafte Holly- oder in diesem Fall eher Bollywoodfilme ausmacht. Irgendwie hat es mich an den Film „Hangover“ erinnert – was absolut nicht das war, was ich mir anhand der Leseprobe von dem Buch erhofft hatte. Die Idee hinter Ramesh´ Dienstleistungsangebot des „Bildungsberaters“ fand ich noch kreativ und lustig, triftet dann aber so sehr ins Verrückte und Übertriebene ab, dass es einfach nur noch unglaubwürdig erscheint. Natürlich möchte der Autor Gesellschaftskritik üben und prinzipiell mag ich es, dass er viele Aspekte der indischen Kultur und Gegebenheit satirisch kritisiert. Allerdings kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es in Indien wirklich so zugeht, wie er es beschreibt. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass er sein Heimatland hasst und verachtet. Natürlich ist es ein schönes Stilmittel zu überzeichnen, aber Raina übertreibt in großen Teilen des Buches so sehr, dass es mehr als unrealistisch scheint und rutscht des Öfteren in klassische gut-böse, reich-arm-Klischees. Vielleicht sind viele Passagen satirisch-humorvoll gemeint, aber dann hat er leider weder meinen Humor noch Geschmack getroffen. Des Weiteren war das Buch in Teilen sehr zäh zu lesen, in zu vielen Details ausartend und die Sprünge gegen Ende hin immer unlogischer.
Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich die Sprache. Diese habe ich als sehr vulgär und teilweise sogar als abstoßend empfunden, so viele Schimpf- und Fäkalworte finden sich darin. Auch musste ich ständig ins Glossar schauen, was den Lesefluss doch stark unterbrochen hat. Dieses hat sich zwar als hilfreich erwiesen, war aber leider unvollständig.

Insgesamt hatte ich mir von dem Buch leider sehr viel mehr versprochen: Einen Einblick ins heutige Indien, die positiv stimmende Geschichte eines gewitzten jungen Mannes, der es aufgrund seiner (wenn auch zweifelhaft eingesetzten) Leistung aus der Armut heraus schafft und jede Menge witziger Momente. Leider konnte das Buch nichts davon erfüllen und ich es dementsprechend nur eingeschränkt weiterempfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.04.2022

(K)Eine gute Idee?!

Offen für alles
0

Ärztin Viviane hat scheinbar das perfekte Leben: Einen guten Job, zwei pubertierende Töchter und mit Karl einen Mann, auf den sie sich zu einhundert Prozent verlassen kann. Und doch gibt es eine Sache, ...

Ärztin Viviane hat scheinbar das perfekte Leben: Einen guten Job, zwei pubertierende Töchter und mit Karl einen Mann, auf den sie sich zu einhundert Prozent verlassen kann. Und doch gibt es eine Sache, mit der sie unglücklich ist: Ihrem eingeschlafenen Sexleben. Ihre Freundin Claudia hat hierfür ein Geheimrezept: Die offene Beziehung. Claudias lässt ihren Mann Diego mit anderen Freuen schlafen, ohne dass es sie stört und ist deshalb zufrieden mit ihrer Beziehung. Viviane ist zunächst entsetzt, doch je intensiver sie sich mit der Idee auseinandersetzt, umso prickelnder findet sie sie. Und auch Karl steht dem offen gegenüber. Das Ehepaar legt ein paar Regeln fest und schon kann es losgehen – wird es den beiden gelingen, sexuelle Erfüllung zu finden oder riskieren sie damit am Ende noch ihre Ehe?

Das Cover von „Offen für alles“ ist bunt und auffällig. Ehrlich gesagt stehe ich ihm aber etwas zwiespältig gegenüber, da mir zwar die kräftigen Farben gefallen, ich das Herz-Motiv allerdings als etwas kitschig empfinde. Auf jeden Fall passt es aber zum Inhalt und lässt auf ein humorvolles Buch hoffen, dessen Zielgruppe ich aber als etwas jüngere Frauen eingeschätzt hätte. Das ist etwas schade, da ein Buch zum Thema Sexualität von über 40jährigen eher Seltenheitswert trotz hohem Potenzial hat. An der Optik hervorzuheben sind auch die attraktiv und informativ gestalteten Innenklappen, welche Autorin, Beziehungsregeln des Protagonistenpaares und Personenbeschreibungen präsentieren.

Inhaltlich wurde ich zunächst überrascht, da nicht nur Vivianes, sondern insgesamt die Geschichten dreier unterschiedlicher Frauen erzählt werden – das hatte ich vom Klappentext so nicht erwartet. Da mir Vivianes Geschichte aber bald auf die Nerven ging war ich froh um den unverhofften Handlungsstrang rund um Elena. Alle drei Frauen befinden sich in besonderen Lebensphasen mit ihren verschiedenen Herausforderungen und es war interessant zu verfolgen, wie sie mit diesen umgehen. Gut gemacht war das Verweben der drei Handlungsstränge, da insbesondere die Rolle Elenas sich erst spät aufklärt – diesen Zusammenhang fand ich passend hergestellt. Insgesamt hat es bei mir aber leider etwas gedauert, bis ich in die Geschichte hinein gefunden habe. Vielleicht lag es daran, dass ich mich bzgl. Alter und Lebenssituation gar nicht mit Claudia und Viviane identifizieren kann? Den Schreibstil konnte ich gut verfolgen, habe mir insgesamt aber etwas mehr Humor versprochen. Es gab einige Szenen, die mich zum Schmunzeln gebracht haben, aber ich hatte mir anhand von Klappentext und Cover mehr solcher Szenen erhofft. Auch waren manche Entwicklungen sehr absehbar, es wurden Klischees bestätigt und stellenweise hat sich das Buch für meinen Geschmack gezogen. Durch große Überzeichnungen erschienen manche Begebenheiten zu konstruiert und unlogisch. Gut fand ich hingegen den offenen Umgang und die klaren Worte zum Thema Sexualität – das war sehr erfrischend. Das Ende hätte für meinen Geschmack etwas weniger Alround-Happy-End sein können, da mir dies sehr realitätsfern erschien.

Womit ich ein großes Problem hatte waren die Protagonistinnen Viviane und Claudia – die beiden haben mich irgendwann so genervt, dass ich einfach nichts mehr von ihnen lesen wollte. Ich konnte sie einfach beide nicht leiden: Viviane hat für mich eine arrogante, kindische Art, sie hat einige Meinungsumschwünge vollzogen, die für mich nicht nachvollziehbar waren und unauthentisch wirkten. Claudia ist scheinheilig und selbstgerecht, sie lügt sich selbst an und will immer die Überlegene sein. Insgesamt fand ich beide Damen unheimlich anstrengend und nervig. Mit Elena, Karl, Mathilda, Felix und Frau Heimplatz waren aber auch sympathische Figuren dabei – erstaunlich, dass in diesem Buch die Kinder und Ehemänner die weitsichtigeren und empathischeren Charaktere waren.

Insgesamt war „Offen für alles“ meinem Empfinden nach ein unterhaltsames Buch, das mich an vielen Stellen hinterfragen ließ, wie ich wohl reagieren würde. Mir war das Buch aber an vielen Stellen zu überzeichnet und klischeehaft, außerdem bin ich bis zum Ende mit den Protagonistinnen nicht warm geworden. Irgendwie hat der Klappentext eine andere Geschichte für mich suggeriert. Dennoch war "Offen für alles" ein nettes Buch für Zwischendurch, aber leider kein Highlight für mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.11.2021

Verschiedene Facetten künstlerisch tätiger Mütter

Mutter werden. Mutter sein.
0

„Mutter werden. Mutter sein“, herausgegeben von Barbara Rieger, lässt verschiedene Autorinnen zum Thema Mutterschaft zu Wort kommen, welche in 15 Kurzgeschichten ihre Sicht auf das Thema aufarbeiten sollten. ...

„Mutter werden. Mutter sein“, herausgegeben von Barbara Rieger, lässt verschiedene Autorinnen zum Thema Mutterschaft zu Wort kommen, welche in 15 Kurzgeschichten ihre Sicht auf das Thema aufarbeiten sollten. Am Ende werden all diese Frauen noch kurz porträtiert. Optisch wirkt das Buch sehr hochwertig, es ist Hardcover mit modern aussehender Frauen-Illustration auf dem Cover und praktischem Lesebändchen. Die Grafik wird auch im Inneren aufgenommen, indem die Streifen des Buchrückens die erste Seite jeder Geschichte zieren. Auch gut gefallen hat mir, dass der jeweilige Name der Autorin während aller Seiten ihrer Geschichte am Rand abgedruckt ist und sich die Geschichten aufgrund des jeweils geringen Umfangs zügig lesen lassen.

Der Titel „Mutter werden. Mutter sein.“ klingt für mich interessant und auch der Klappentext verspricht eine wertschätzende Darstellung des Themas Mutterschaft. Ich habe mir Gedanken und Aspekte anderer moderner Frauen zu diesem Thema erhofft, die auch mir vielleicht in dieser wichtigen Entscheidung weiterhelfen. Leider wurde ich hierbei enttäuscht, da mich der Großteil der Geschichten leider nicht abholen konnte – weder inhaltlich, geschweige denn emotional. Wie so oft bei einem Kurzgeschichtenband gibt es Geschichten, die einen Leser mehr und welche die ihn oder sie weniger ansprechen. Leider waren es hier für meinen Geschmack zu wenige Stories, die mir gefallen haben und die mir vom Schreibstil her zugesagt haben. Der Großteil beleuchtet nur einen bestimmten Aspekt der Mutterschaft, teilweise kryptisch, teilweise zu detailliert und viele sind sehr literarisch und somit schwer verständlich verfasst. Für mich ist dieses Thema sowieso bereits eher problembehaftet, die meist eher negative Aspekte darstellenden Geschichten haben dies eher verstärkt, als mir Mut gemacht. Des Weiteren wurde häufig auf das Dilemma Künstlerin/ Schriftstellerin als Mutter gezielt, weshalb ich mich nicht mit den Autorinnen identifizieren konnte. Leider konnte mich das Buch deshalb nicht überzeugen, für Leserinnen mit anderen Erwartungen, die einen anspruchsvollen Schreibstil bevorzugen, wird es aber durchaus ein nettes Werk sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.08.2021

Story mit Potenzial und zu plötzlichem Ende

Das Glück am Ende der Straße
0

Zwei Frauen treffen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Lisa hat ein Haus, eine Familie mit drei Kindern und ist Autorin bei einem Lifestyle-Magazin. Elli hingegen ist nach mehreren ...

Zwei Frauen treffen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Lisa hat ein Haus, eine Familie mit drei Kindern und ist Autorin bei einem Lifestyle-Magazin. Elli hingegen ist nach mehreren Schicksalsschlägen auf der Straße gelandet und lebt ihr Leben so gut es unter diesen Umständen möglich ist. Im Park des Viertels, in dem die Familie lebt, treffen Elli und Lisas Kinder aufeinander und freunden sich an, denn im Gegensatz zu Lisa hat die alte Dame eines für die Kinder: Zeit. So wird Elli wie eine dritte Oma für Lisas Kinder – bis es an der Zeit ist, etwas zurückzugeben, als Elli auch selbst auf Hilfe angewiesen ist.

Das Hörbuch zu „Das Glück am Ende der Straße“ wird von Angelika Thomas gelesen. An sich ist ihre Stimme ganz angenehm, an einigen Stellen mir persönlich aber zu übertrieben dramatisch (z.B. Angel). Auch kommt an manchen Stellen etwas Weinerliches hindurch, das mir nicht gefällt. Des Weiteren könnte für meinen Geschmack das Lesetempo schneller sein, einige Betonungen waren dann doch sehr langezogen. Auch das Cover spricht mich nicht besonders an, es wirkt irgendwie sehr simpel und undurchdacht.
Die Geschichte selbst ist interessant und hat großes Potenzial. Die Perspektiv- und Zeitenwechsel waren nicht immer gleich als solche zu erkennen und als Hörer musste ich stets aufmerksam aufpassen. Das hat mir gut gefallen. Auch, dass sehr respektvoll und wertschätzend über das Thema Obdachlosigkeit berichtet wird. Die Leser erfahren wichtige Hintergründe, wie Menschen unverschuldet in eine derartige Situation rutschen können und wie es ihnen damit geht. Ellis Geschichte wird langsam aufgebaut und nach und nach von ihr selbst als eine Art „Brief“ an ihre Tochter erzählt. Sie hat mir in der Seele leid getan und ich habe es bewundert, wie sie trotz allem der nette, empathische Mensch sein kann, als der sie dargestellt wird. Insbesondere gegenüber Lisas Kindern verhält sie sich einfach nur wunderbar. Die Geschichte ist eigentlich mit jeder CD besser geworden, bis dann das Ende für mich alles wieder zunichte gemacht hat. Die beiden parallel laufenden Geschichten von Elli und Lisa sind urplötzlich kollidiert und ehe ich mich versehen konnte gab es einen Schluss mit perfektem Happy End. Im letzten Absatz ist so viel so schnell passiert, dass ich gar nicht mitgekommen bin – es hat sich einfach nur schnell abgehandelt angefühlt. Dabei haben sich dann noch viele Auflösungen unrealistisch konzipiert bzw. oberflächlich hineingequetscht angefühlt. In wenigen Sätzen wird Ellies Vergangenheit zusammengefasst und das war´s. Wirklich ernste Themen werden in einem unwichtigen Nebensatz abgeschlossen, uninteressante in den Fokus gestellt. Das hat die liebevolle Story so nicht verdient und hat mich absolut unbefriedigt zurück gelassen.

Insgesamt war das Buch zu Beginn eine Geschichte voller Wärme und Hoffnung, die sensible Annäherung einer obdachlosen Frau an drei Kinder mit eigenen Problemen. Der Schluss wurde all dem aber leider nicht gerecht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2021

Schöne Landschaftsbeschreibungen, aber unausgereifter Krimi

Mord auf Provenzalisch
1

Die britische Auswanderin Penelope „Penny“ Kite ist im südfranzösischen St. Merlot angekommen: Die Renovierung ihres Häuschens schreitet voran, sie hat Freunde in der Umgebung gefunden und genießt die ...

Die britische Auswanderin Penelope „Penny“ Kite ist im südfranzösischen St. Merlot angekommen: Die Renovierung ihres Häuschens schreitet voran, sie hat Freunde in der Umgebung gefunden und genießt die kulinarischen Köstlichkeiten ihrer neuen Wahlheimat. Dieses süße Leben findet ein jähes Ende, als Pennys lang ersehnte Verabredung mit dem Bürgermeister Laurent Millais auf einer Kunstaustellung durch einen tragischen Todesfall unterbrochen wird. Don Doncaster, einer der ausstellenden Künstler, bricht plötzlich zusammen, offenbar erstickt an einer Olive. Je mehr Penny über den Maler und seinen Tod erfährt, desto mehr regen sich in ihr die Zweifel, ob tatsächlich die Olive schuld war – oder ob hier nicht jemand von Dons zahlreichen Feinden nachgeholfen hat. Da die Polizei keine große Hilfe ist beginnt Penny selbst zu ermitteln und stößt dabei auf einen wahren Kunstskandal…

„Mord auf Provenzalisch“ ist der zweite Band des Autorenehepaars Deborah Lawrenson und Robert Rees, die gemeinsam unter dem Pseudonym „Serena Kent“ schreiben, über die britische Auswanderin Penny und ihre kriminalistischen Aktivitäten in Südfrankreich. Ich persönlich kannte den ersten Band „Tot in St. Merlot“ leider nicht, habe aber gehofft auch ohne diesen in eine eigenständige Geschichte eintauchen zu können. Der Kriminalfall an sich war auch eine solche, aber dennoch hat mir an zahlreichen Stellen das Wissen aus Band 1 gefehlt: Viele Andeutungen und „Insider“-Geschichten habe ich nicht verstanden, Beziehungen zwischen den Personen waren für mich unerklärlich und durchgehend hatte ich das Gefühl, etwas überlesen zu haben. Da dieses Vorwissen aus dem Auftaktband durch das komplette Buch immer mal wieder aktiviert wurde, war das für mich sehr frustrierend zu lesen. Das Abholen von quereinsteigenden Lesern wie mich ist somit leider überhaupt nicht gelungen.

Gut gefallen haben mir hingegen die bildhaften Beschreibungen der südfranzösischen Landschaft, die eine authentische Atmosphäre heraufbeschwören, wie sie auch das lavendelbedeckte Cover transportiert. Insbesondere Orte, Landschaften und kulinarische Köstlichkeiten werden sehr realistisch beschrieben, in Teilen fast so ausführlich, als würde es sich um einen Reiseführer handeln. Es gibt relativ viele Einwürfe und Beschreibungen in Originalsprache. Ich kann mir vorstellen, dass diese Leser beeinträchtigen, die nicht des Französischen mächtig sind, eine Übersetzung in Fußzeilen wäre hier angebracht. Auch hat mich der große Anteil an Rechtschreibfehlern doch sehr gestört.

Mit der Geschichte selbst bin ich leider nicht wirklich warm geworden. Der eigentliche Fall geht nur schleppend voran, dafür werden an vielen Stellen Nebenstränge unnötig aufgebauscht. Durch diese geriet die Ermittlung um Dons Tod vollkommen in den Hintergrund und es konnte sich leider nicht wirklich Spannung aufbauen. Auch gab es zahlreiche unlogische Szenen (z.B. die Olive in der Handtasche) und unzusammenhängende Nebenhandlungen, die nichts zum Fortlauf der Geschichte beitrugen (z.B. der Familienbesuch). Das Ende hingegen kam überraschend actionreich, nachdem die Story bisher eher gemächlich dahingetröpfelt ist – leider aber auch hier wieder in großen Teilen unlogisch und unglaubwürdig. Mit den Tätern hatte ich zwar nicht gerechnet, allerdings erschienen sie doch sehr „aus dem Hut gezaubert“, ihre Art der Beteiligung war sehr verwirrend und wirkte konstruiert. Schade, so hatte man als Leser gar keine Chance mitzurätseln. Am Ende wurde zwar fast alles aufgeklärt, allerdings geschah das nicht aus der Handlung heraus, sondern in einer Art „Nachgespräch“, welches mehr Raum einnahm als der eigentliche Showdown.

Auch mit den einzelnen Charakteren des Buches konnte ich mich nicht wirklich anfreunden. Der Großteil wirkte auf mich oberflächlich. Protagonistin Penny ist eine liebenswerte, wenn auch recht naive und einfältige Person. Sie befindet sich in einer Art Midlife-Crisis und orientiert sich sehr stark an anderen, gerade in Bezug auf Äußerlichkeiten wie Figur und Mode. Dies lässt sie sehr unsicher und unterwürfig wirken, was an sich nicht zu der gestandenen Frau, die ihr Leben in die Hand nimmt und alleine nach Frankreich auswandert, passt. Auch finde ich ihre Einmischungen und beinahe Sensationsgier hinsichtlich der Morde oftmals unangebracht und ich konnte ihre Handlungen zunehmend weniger nachvollziehen. Ich konnte keine wirkliche Bindung zu ihr aufbauen. Ihre Freundin Frankie fand ich einfach nur schrecklich und die Dreiecksbeziehung mit Laurent und Clemence habe ich nicht wirklich verstanden. Insgesamt war mir keine der Figuren wirklich sympathisch und somit konnte ich auch nicht mit ihnen mitfühlen.

Insgesamt habe ich bei „Mord auf Provenzalisch“ zwar mit einem Cozy Crime gerechnet, bin dann letztendlich aber doch sehr ernüchtert zurückgeblieben. Weder Storyline noch Protagonisten konnten mich überzeugen, das einzig tolle am Buch waren die wunderschönen Beschreibungen des französischen Flairs, die mich an die Küste entführt haben. Leider würde ich dennoch keinen weiteren Band der Reihe mehr lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Handlung