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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2017

wendungsreiche Geschichte aber teilweise vorhersehbar

The Couple Next Door
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Anne und Marco sind bei Ihren Nachbarn zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Ihr 6 Monate altes Baby sollen sie lieber nicht mitbringen, als der Babysitter kurzfristig absagt, überredet Marco seine Frau, ...

Anne und Marco sind bei Ihren Nachbarn zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Ihr 6 Monate altes Baby sollen sie lieber nicht mitbringen, als der Babysitter kurzfristig absagt, überredet Marco seine Frau, die kleine Cora zuhause zu lassen, das Baby-Phon mitzunehmen und regelmäßig nach ihr zu sehen. Eigentlich keine ungewöhnliche Situation, doch als sie gegen ein Uhr nachts nach Hause kommen, steht die Haustür einen Spalt offen und Cora ist verschwunden. Für Anne und Marco wird ein Albtraum war. Sie müssen nicht nur mit dem Verschwinden ihres Kindes klarkommen, sondern werden zusätzlich als verantwortungslose Eltern angefeindet und geraten aufgrund der dürftigen Spurenlage ins Visier der Polizei. Die Nachbarn Cynthia und Graham verfügen über Informationen zu der Entführung des Babys, halten diese jedoch zurück, aber auch Marco und Anne spielen nicht mit offenen Karten.
Der Thriller spielt mit der Frage, wer hier Opfer und wer Täter ist. Es gibt nicht einfach nur ein Schwarz oder Weiß, sondern die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Einige Punkte des Buches sind vorhersehbar, andere Entwicklungen und Hintergründe überraschen. Nach und nach tauchen Hinweise auf, die den Leser an der Glaubwürdigkeit der Charaktere zweifeln lassen. Was ist wirklich passiert? Hinter der Entführung des kleinen Mädchens scheint etwas viel Größeres zu stecken, es tauchen immer wieder neue menschliche Abgründe auf.
Das Buch ist spannend, lediglich den knappen Schreibstil mit vielen kurzen Sätzen habe ich anfangs als etwas gewöhnungsbedürftig empfunden. Es entsteht eine distanziert wirkende Erzählweise, so dass ich anfangs trotz der emotionalen Geschichte nicht wirklich mit den Hauptfiguren mitfühlen konnte. Zum Ende hin steigert das Buch jedoch die Spannung und Dramatik und hält bei der Auflösung der Geschichte mehr als eine Überraschung bereit.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Ein spannendes Debüt mit einer charismatischen Hauptfigur

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
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Zuerst war ich skeptisch: noch eine neue Krimireihe und dann mit einem Polizeipfarrer als Hauptfigur? Doch schließlich hat meine Neugierde gesiegt und nachdem ich mich in das Buch eingelesen hatte, konnte ...

Zuerst war ich skeptisch: noch eine neue Krimireihe und dann mit einem Polizeipfarrer als Hauptfigur? Doch schließlich hat meine Neugierde gesiegt und nachdem ich mich in das Buch eingelesen hatte, konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen.
Das Leben als Gemeindepastor ist Martin Bauer zu konventionell, als Seelsorger bei der Duisburger Polizei fühlt er sich besser aufgehoben. Dass er seinen Job mit Leib und Seele ausübt, zeigt er bei einem Einsatz an der Rheinbrücke: als der Polizist Keunert sich in Selbstmordabsicht in den Rhein stürzen will, springt Bauer kurzerhand als erster, um sich von Keunert retten zu lassen. Der Plan geht auf, und beide werden unversehrt aus dem Wasser gezogen. Vier Stunden später wird Keunert dennoch tot aufgefunden nach dem Sturz von einem Parkhausdach. Im Gegensatz zur Polizei ist Bauer nicht davon überzeugt, dass Keunert Selbstmord begangen hat. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, da ihn unter anderem die Verzweiflung von Keunerts Sohn Tilo bewegt, die Wahrheit hinter der Geschichte der Familie zu ergründen. Unterstützt wird er von Hauptkommissarin Verena Dohr, die sich von Bauers Hartnäckigkeit anstecken lässt.
In Nebenhandlungen tauchen Verbindungen ins Rotlichtmilieu auf und auch auf privater Ebene setzen Bauer Probleme zu, was seine Figur umso menschlicher macht.
Anfangs hat mich am Schreibstil die Häufung der kurzen Hauptsätze gestört, doch andererseits passt dieser Stil zu den Charakteren, bei denen nicht nur Martin Bauers Gedanken von vielen Zweifeln geprägt ist, die oft knappen Aussagen lassen Spielraum für eigene Interpretationen.
Kirche und Glaube sind nicht unbedingt meine Lieblingsthemen, Martin Bauer ist nicht vordergründig Pastor sondern in erster Linie ein Mensch, der helfen möchte und geht sehr pragmatisch mit seinem Glauben um. Seine Gedanken gehen manchmal ins philosophische, und so enthält dieser Krimi neben einer spannenden Handlung einige zum Nachdenken anregende Passagen. Die Geschichte ist eher gradlinig und bedient sich einiger Klischees, hat aber auch Überraschungen parat, den Spannungsbogen habe ich als durchgehend hoch empfunden.

Veröffentlicht am 22.05.2017

Ein satirischer Roman über eine schöne neue Welt und ihre Bewohner

Die Terranauten
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T.C. Boyle ist bekannt dafür, dass er in seinen Romanen oft historische Ereignisse aufgreift und auf sarkastische bis absurde Art verarbeitet. Ich kannte bislang von ihm nur „Willkommen in Velville“ und ...

T.C. Boyle ist bekannt dafür, dass er in seinen Romanen oft historische Ereignisse aufgreift und auf sarkastische bis absurde Art verarbeitet. Ich kannte bislang von ihm nur „Willkommen in Velville“ und war sehr gespannt auf die Erlebnisse der Terranauten.
Auch hier gibt es einen historischen Hintergrund, denn Anfang der 90er Jahre wurde tatsächlich das von einem texanischen Ölmilliardär finanzierte Projekt „Biospäre 2“ in der Wüste Arizonas ins Leben gerufen, in dem 4 Männer und 4 Frauen für 2 Jahre in einem abgeschlossenen Ökosystem sich selbst versorgen sollten, autark mit Tieren, Pflanzen, einem eigenen kleinen Ozean mit Korallenriff, Regenwald und simulierten Gezeiten.
Für den Roman „Die Terranauten“ bilden diese historischen Tatsachen den Hintergrund, T.C.Boyle spinnt die Geschichte jedoch weiter, denn im Gegesatz zur Realität wird das Experiment mit dem Einschluss von 8 weiteren Terranauten fortgesetzt.
Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive dreier Hauptcharaktere: der attraktiven Nutztierwärterin Dawn und dem Charmeur Ramsay, der für die Kommunikation der Gruppe nach Außen zuständig ist, als Teil der Crew, sowie Linda, der besten Freundin von Dawn, die "draußen" bleiben muss und das Projekt von dort begleitet. Hierin liegt schon der erste Konflikt des Projekts, denn Linda neidet trotz aller Freundschaft Dawn und den anderen ihren Erfolg und fühlt sich nicht zuletzt aufgrund ihrer asiatischen Herkunft benachteiligt.
Neben diversen zu erwartenden zwischenmenschlichen und gruppendynamischen Problemen, treiben technische Defekte wie ein Stromausfall, Sauerstoffmangel und die stets knappen Nahrungsmittelrationen die Crew an ihre Grenzen. Aber auch von die Projektleitung, von T.C. Boyles typisch sarkastisch als „Gottvater“, „Jesulein“ und „Judas“ betitelt, greift immer wieder von außen ein und forciert die Spaltung der Gruppe.
Das tatsächliche Experiment war schon eine Farce, Boyle treibt es in seiner Version auf die Spitze, führt das Engagement Crew und ihrer Helfer ins Absurde und karikiert gelichzeitig TV-Events wie „Big-Brother“ oder „ Das Dschungelcamp. Allerdings bleibt ihm nicht viel Spielraum, weil in der wahren Geschichte schon zu viel Tragik und Komik stecken.
Die Charaktere sind glaubhaft angelegt, durch die bildhafte Sprache und die wechselnden Perspektiven ist der Spannungsbogen durchweg hoch. Im Hörbuch werden die unterschiedlichen Erzählperspektiven durch die verschiedenen Sprecher verdeutlicht. Leider wirkt der Part von Dawn sehr nüchtern vorgelesen und wenig lebendig, obwohl gerade ihr Charakter sehr emotional belegt ist, das gibt für das Hörbuch einen Punkt Abzug.

Veröffentlicht am 17.05.2017

ein Psychothriller mit einer dramatischen Geschichte

Wenn das Eis bricht
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Die Geschichte beginnt mit einem grausamen Mordszenario: In einem modernen Vorort Stockholms wird im Haus des schwedischen Geschäftsmannes Jesper Orre eine Frauenleiche aufgefunden. Der Mord erinnert an ...

Die Geschichte beginnt mit einem grausamen Mordszenario: In einem modernen Vorort Stockholms wird im Haus des schwedischen Geschäftsmannes Jesper Orre eine Frauenleiche aufgefunden. Der Mord erinnert an eine Hinrichtung und lässt Ermittler Peter Lindgren an einen Fall denken, der vor 10 Jahren ungeklärt blieb. Damals war die Kriminalpsychologin Hanne Lagerlind an der Klärung des Falls beteiligt, sie soll auch diesmal bei den Ermittlungen helfen. Niemand ahnt, dass Hanne inzwischen mit einer beginnenden Demenz zu kämpfen hat und die Konfrontation mit der Vergangenheit sie vor unerwartete Herausforderungen stellt. Der Fall gestaltet sich schwierig, da sowohl die Identität des Opfers als auch der Verbleib von Jesper Orre lange im Unklaren bleiben.
Und dann ist da noch Emma, die heimliche Freundin Jesper Orres, die in Rückblenden von ihrer ungewöhnlichen und geheimen Beziehung berichtet sowie von traumatischen Ereignissen ihrer Kindheit.
Neben Emmas Erzählebene wird die Geschichte aus der Sicht von Peter Lindgren und Hanne Lagerlind erzählt. Im Fokus stehen nicht nur die Mordfälle, sondern die individuellen Schwierigkeiten der beteiligten Charaktere im Umgang mit ihren Liebesbeziehungen und die damit verbundenen zum Teil dramatischen Folgen.
Die Autorin wechselt geschickt zwischen den Erzählperspektiven, der Thriller ist sprachlich und auch psychologisch interessant, Täter und Motive bleiben lange unklar, so ganz konnte mich die Auflösung dann aber nicht überraschen. Sprachlich ist das Buch gut umgesetzt, es liest sich trotz des beträchtlichen Umfangs durchweg flüssig, die Charaktere wirken glaubhaft wenn auch nicht unbedingt sympathisch.

Veröffentlicht am 10.04.2017

eine spannende und bewegende Familientragödie

Good as Gone
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Ein Buch das offenbar polarisiert, wenn man sich das Spektrum der Rezensionen ansieht. Bei den negativen Bewertungen habe ich allerdings den Eindruck, dass hier das Buch nicht verstanden wurde, in meinen ...

Ein Buch das offenbar polarisiert, wenn man sich das Spektrum der Rezensionen ansieht. Bei den negativen Bewertungen habe ich allerdings den Eindruck, dass hier das Buch nicht verstanden wurde, in meinen Augen lohnt es sich bei diesem Thriller, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Die Geschichte beginnt mit einem albtraumartigen Ereignis. Die 13-jährige Julie wird vor den Augen ihrer jüngeren Schwester Jane aus dem Elternhaus in Houston entführt. Nach acht Jahren der Ungewissheit und Verzweiflung ist Julie plötzlich wieder da, steht einfach vor der Tür. Die erste Erleichterung weicht aber der Erkenntnis, dass der Albtraum noch lange nicht vorbei ist, zu sehr haben die vergangenen Jahre alle verändert. Und wer ist diese junge Frau, die in das Leben der Familie zurückgekehrt ist? Ist es wirklich Julie? Es gibt Anzeichen, die Zweifel säen und Julies Mutter Anna dazu bringen, Nachforschungen über Julies Vergangenheit anzustellen.

Neben diesem Handlungsstrang, der aus der Sicht von Anna erzählt wird, gibt es einen zweiten Teil, der Julies Sicht der Ereignisse darstellt. Dieser Handlungsstrang ist zunächst etwas verwirrend, da er in der Chronologie rückwärtsläuft, dieses Stilmittel macht aber auch eine Besonderheit des Buches aus. Ich finde den Aufbau des Buches gelungen, in dem zum einen die Geschichte in der Gegenwart vorangeht und die Erlebnisse nach Julies Rückkehr geschildert werden, währen in dem zweiten rückwärts laufenden Handlungsstrang der Leser nach und nach tiefere Einblicke in Julies Schicksal und Vergangenheit erhält. Ähnlich wie bei Anna werden so auch beim Leser zunehmend Zweifel an Julies Geschichte und Identität gesät. Diese wechselnden Identitäten scheinen einige Leser zu verwirren, dabei werden die Zusammenhänge eindeutig geschildert.

Das Buch ist spannend und bedrückend, vielleicht berührt mich die Geschichte auch besonders, weil ich eine Tochter habe in dem Alter, mit dem Julie verschwunden ist und es eine meiner Ängste ist, dass ich in der Pubertät die Verbindung zu ihr zu sehr verlieren könnte. Die Beziehungen innerhalb der Familie sind ein zentrales Thema des Buchs, aber auch Vertrauen, Missbrauch und der Umgang mit Schuldgefühlen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen und mich sehr bewegt. Es wird allerdings schnell klar, dass die Geschichte ähnlich wie „Gone Girl“ oder „Girl on the Train“ auf überraschende Wendungen setzt, was beim Lesen die Sinne dafür schärft und das Buch letztendlich eher vorhersehbarer macht, dafür gibt es einen Punkt Abzug.

Ich habe das Hörbuch zum Buch gehört, das von Katharina Thalbach und ihrer Tochter Nellie gelesen wird. Nellies manchmal schleppend wirkender Vortrag passt in meinen Augen nicht zu Julies Charakter, Annas Part ist da deutlich glaubhafter.