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Veröffentlicht am 06.06.2022

he is the salt to her caramel

Tattooed Sweetness
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"Tattooed Sweetness" von Autorin Katlyn S. Coen ist eine wundervolle Geschichte, die wohl jeder romantisch veranlagten Person Hoffnung gibt, dass im echten Leben doch noch der oder die Eine wartet! Aber ...

"Tattooed Sweetness" von Autorin Katlyn S. Coen ist eine wundervolle Geschichte, die wohl jeder romantisch veranlagten Person Hoffnung gibt, dass im echten Leben doch noch der oder die Eine wartet! Aber Achtung, der richtige Deckel sieht vielleicht ganz anders aus, als man es sich vorgestellt hat...
Genau dieser unerwarteten Überraschung sehen sich die beiden Protagonisten dieses Romans gegenüber. Celine Lechner ist eine adrette junge Frau, die sich in ihrem schicken Businesslook genauso pudelwohl fühlt, wie in ihren bürotauglichen 5cm Absätzen und wahnsinnig aufgeregt ist, den nächsten Schritt in ihrer Karriereplanung erreicht zu haben. Die junge Unternehmensberaterin ist kurz davor ihren ersten selbstständigen Businessplan mit einem Kunden zu erstellen.
Phillip Sandmann auf der anderen Seite hat in einem Büro nicht wirklich was verloren. Sein Office ist das Tattoostudio. Sein allseits bereiter Kugelschreiber, ist die Tattoonadel.
Für den ehrgeizigen Künstler gibt es nichts Erfüllenderes als sich den täglichen Ritualen seiner Arbeit hinzugeben, kleine Kunstwerke auf der Haut seiner Kunden zu erschaffen und zu beobachten, wie eine Vision Wirklichkeit wird. Und falls er noch eine freie Stelle auf seinem eigenen Körper ausfindig machen kann – was inzwischen gar nicht mehr so einfach ist – erweckt er auch gerne dort mal seine Kunst zum Leben.
Der am ganzen Körper tätowierte Phillip und die süße, zurückhaltende Celine, welche nicht ein einziges Tröpfchen Tinte unter der Haut trägt sind ein denkbar ungleiches Paar. Sie würden einander nie daten, so viel steht fest - Herrje, sie würden normalerweise vermutlich nicht mal ein Wort miteinander wechseln! Aber wie es der Zufall so will, wird Celines erster Kunde ausgerechnet Phillip Sandmann, der einen Businessplan für die Vergrößerung seines Tattoostudios benötig.
So wird aus den Beiden auf einmal ein Team und obwohl sowohl Phillip als auch Celine in einer Beziehung steckt, kann keiner die einzigartige Anziehung leugnen, die immer stärker zwischen ihnen zu lodern beginnt.
Aber das ist nur Einbildung, oder? Niemals könnte zwischen ihnen etwas sein. Dafür gibt es zu viele Unterschiede, zu viele Vorurteile und zu tiefe Abgründe zu überwinden. Das kann nicht funktionieren... oder etwa doch?
Ob es am Ende heißt „Gegensätze ziehen sich an“ oder eher doch „die Zwei sind einfach zu verschieden“ darf natürlich jeder für sich selbst herausfinden! Ich für meinen Teil hatte große Freude an der Geschichte von Celine und Phillip.
Der Schreibstil von Katlyn S. Coen ist von der Sorte locker, leicht und lebensnah. Sie nimmt den Leser wie selbstverständlich an die Hand und führt ihn bedächtig und ohne Stolperer durch die Geschichte. Sehr ansprechend fand ich auch die Atmosphäre, die in diesem Buch kreiert wurde. Man unterschätzt manchmal, was für einen Unterschied es macht, wenn der Autor oder die Autorin den Handlungsort persönlich kennt und sich dort aufgehalten hat, aber es spiegelte sich in diesem Fall deutlich wider. Die Beschreibungen waren sehr bildhaft und haben es mir sehr leicht gemacht mich nach Mosbach zu denken. Auch die örtlichen Dialekte und Redewendungen haben ihren Teil dazu beigetragen.
Ein Aspekt, der beim Lesen nicht unbedingt einen Nerv bei mir getroffen hat, waren die eingearbeiteten Anglizismen bzw. das doch sehr prominente „Denglisch“ von Phillip. Mir ist es gelungen, mich mit der Zeit daran zu gewöhnen, doch auch wenn es für die Figur eine glaubhafte Ergänzung war, hat es mich einfach nicht begeistern können. Trotzdem schätze ich irgendwie, dass die Autorin hier mal was riskiert hat.
Was die Handlung angeht, will ich nicht über meine Inhaltsangabe hinausgehen, kann aber sagen, dass mich dieses Buch in vielerlei Hinsicht sehr überraschen konnte. Es gibt einige unerwartete Entwicklungen und Komponenten, mit denen man zu Beginn der Geschichte nicht rechnet. Was die Entwicklung von Phillips und Celines Gefühlen zueinander angeht, würde ich hier definitiv von einer Slow Burn Romance sprechen, denn sie lernen sich wirklich erst zögerlich kennen und die Gefühle entwickeln sich und wachsen über einen langen Zeitraum. Es wird aber nicht langweilig, nur weil es bei ihnen nicht „sofort zur Sache geht“. Dafür gibt es zu viele Aspekte in ihrer beider Leben, die die Handlung vorantreiben und einen beim Lesen trotzdem interessiert und neugierig halten. In diesem Kontext ist es der Autorin auch gelungen einige sehr ernste Themen sehr glaubhaft, sensibel und authentisch in die Handlung mit einzubauen. Es wurde nichts unnötig beschönigt oder ausgeschmückt, sondern blieb sehr nah am echten Leben, was mir wiederum gut gefallen hat. Insgesamt haben es diese Punkte für mich zwischenzeitlich sehr schwer gemacht, das Buch für längere Zeit aus der Hand zu legen.
Ein wenig schade fand ich, dass besonders in den späteren Kapiteln einige teilweise sehr große Zeitsprünge stattfinden. So wirkten die unmittelbar vorangestellten Szenen manchmal ein wenig unfertig. Vielleicht lag das aber nur daran, dass ich an der Stelle sehr gerne noch ein wenig weitergelesen hätte. Als ein wenig ‚unfertig‘ habe ich auch die Plotlines mit Celines bester Freundin und Tante empfunden. Beide werden als sehr wichtige Figuren vorgestellt, tauchen mit der Zeit aber immer seltener auf. Hie und da dachte ich auch, dass noch das ein oder andere Gespräch hätte stattfinden sollen. Dieser Punkt fällt für mich nicht sehr ins Gewicht, weil es mich beim Lesen nicht wirklich gestört hat, mir kam nur der Gedanke, dass es mich interessiert hätte, wie die Dinge mit den beiden abgelaufen sind.
Phillip und Celine als Protagonisten haben mich auf jeden Fall abholen können. Sie kommen beide mit vielen Ecken und Kanten und auch der ein oder anderen Delle, doch gerade das hat sie für mich so nahbar gemacht. Durch die regelmäßigen Perspektivwechsel zwischen ihnen lernt man beide auf eine sehr eindringliche und fesselnde Art kennen, bekommt schnell ein Gefühl für ihre Emotionen und Beweggründe. Der sehr starke Kontrast zwischen ihnen macht diese Wechsel natürlich umso interessanter. Man bekommt einen sehr guten Eindruck über die Zahlreichen Vorurteile, die es gegenüber der Tattoo-Szene gibt und erhält gleichzeitig einen tollen Einblick in die tatsächliche Arbeitsweise von Tätowierern. Die Details und Abläufe wirkten hier sehr gut recherchiert.
Ein richtiges kleines Highlight – und ich kann nur jedem, der dieses Buch liest raten, diese nicht zu überspringen – waren das kleine Zusatzkapitel und die Rezepte am Ende des Buches. Quasi das Tüpfelchen auf dem i zu einer tollen Geschichte.

Mir hat „Tattooed Sweetness“ zusammenfassend also sehr gefallen. Es war emotional, facettenreich und überraschend, mit echten, authentischen Protagonisten und einer gut durchdachten Storyline. Sie hat mir wirklich das Gefühl vermittelt, als wäre es eine Geschichte, wie aus dem Leben gegriffen und vermutlich ist auch gerade das der Punkt, der sie so besonders und lesenswert macht.

Veröffentlicht am 15.05.2022

Spannungsvolles Debut

Flug 416
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Berufspilot Bill Hoffman wird in ein unlösbares Dilemma gezwungen. Kaum ist Flug 416 in der Luft – ein Flug, den er kurzfristig von einem Kollegen übernehmen musste – da erhält Bill eine verhängnisvolle ...

Berufspilot Bill Hoffman wird in ein unlösbares Dilemma gezwungen. Kaum ist Flug 416 in der Luft – ein Flug, den er kurzfristig von einem Kollegen übernehmen musste – da erhält Bill eine verhängnisvolle Nachricht: Seine Familie wurde entführt! Und die Entführer verlangen nicht weniger als die drastische Entscheidung zwischen Leben und Tod. Entweder Bill lässt das Flugzeug abstürzen und tötet damit alle Passagiere und sich selbst, oder seine Familie muss sterben. Für wen wird er sich entscheiden?
T.J.Newman ist hier ein wirklich guter Jungfernflug als Thriller-Autorin gelungen. Schon der Klappentext hat gereicht, um meine Neugierde zu wecken und nach kaum etwas mehr als einer Seite gab es keinen Weg zurück. „Flug 416“ ist die Sorte von Geschichte, die einen vor Spannung ganz hibbelig macht und im Eiltempo lesen lässt, weil man nicht abwarten kann herauszufinden, was passiert. Und die Autorin gibt sich reichlich Mühe ihre Leser an der Nase herumzuführen, damit diese nicht von selbst draufkommen. Ob es ihr gelungen ist, liegt vermutlich im Auge des Betrachters. Ich für meinen Teil finde durchaus. Es gibt immer wieder spannende Wendungen und unerwartete Enthüllungen. Das Tempo ist rasant und wann immer die Geschichte zu verschnaufen droht, kommt eine Szene, die dies verhindert.
Der Schreibstil hat mir auch gut gefallen. Er ist flüssig und lebhaft, sodass Atmosphäre und Figuren gut rübergebracht werden.
Der Grund dafür, dass ich nicht die vollen fünf Sterne vergebe, liegt vorwiegend darin, dass mir insgesamt ein wenig Feinschliff gefehlt hat. So ist die Crew an Bord des Flugs toll ausgearbeitet und auch die Abläufe und technischen Details sind auf den Punkt. Zweifellos kommt hier die jahrelange Erfahrung der Autorin als Flugbegleiterin zum Tragen. Aber diese Gewissenhaftigkeit bei der Einarbeitung von Details ist leider nicht durchgängig. Wichtige Passagiere, die mithelfen, werden in schnellen Sätzen umrissen und auch die FBI-Leute bleiben überwiegend eindimensional. Auch wirkten die FBI Szenen im Allgemeinen eher orientiert an Serien-Vorlagen, denn ausführlicher Recherche. Während also ein Teil der Story durch astreines Insiderwissen glänzt, wirken andere Teile im Vergleich dazu unauthentisch.
Schließlich hätte ich auch auf ein paar der offensichtlicheren Pro-Amerikanischen und patriotischen Stereotypen verzichten können, die unverkennbar in der Handlung Platz gefunden haben.
Bis auf diese Kritikpunkte hat mich „Flug 416“ aber wirklich überzeugt. Eine solide Grundidee, ein super Spannungsaufbau und die temporeiche Erzählweise haben sich hier zu einem richtig guten Thriller zusammen getan.

Veröffentlicht am 15.05.2022

Der Erzähler macht's!

Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen
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Dieses Buch war in jedem Sinne des Wortes eine Überraschung. Der Klappentext verrät genug um ein Bild davon zu vermitteln, worum es in der Handlung geht und doch hatte ich nicht erwartet das zu finden, ...

Dieses Buch war in jedem Sinne des Wortes eine Überraschung. Der Klappentext verrät genug um ein Bild davon zu vermitteln, worum es in der Handlung geht und doch hatte ich nicht erwartet das zu finden, was ich am Ende gefunden habe.
„Sechzehn Wege, eine befestigte Stadt zu verteidigen“ von K.J. Parker ist kein „typischer“ Abenteuer/ Fantasie-Roman, sondern liest sich eher wie eine Chronik von (fiktiven) Ereignissen. Ingenieur Orhan ist unser Chronist. Und was für einer noch dazu!
Mit wachem Verstand, entwaffnender Ehrlichkeit und einem wunderbar trockenen Humor führt er den Leser durch die Ereignisse einer zu Beginn aussichtslos erscheinenden Belagerungssituation. Die Karten, die ihm das Schicksal austeilt, sind wirklich nicht besonders (Stellt euch vor: Er muss aus Zitronen Limonade machen, ohne die Zitronen, was zum Pressen und den Krug) und so braucht er jede Unze Einfallsreichtum.
Ich hatte zu Beginn ganz schöne Schwierigkeiten in die Geschichte einzusteigen. Es geht quasi von null auf hundert und man wird mit Namen und Orten konfrontiert, ohne sie zuordnen zu können. Durch die besondere Wahl des Erzählstils wird auch auf ausschmückende Beschreibungen etc. verzichtet, daher ist es wirklich eine Herausforderung, sich in der Geschichte einzufinden. Es hat ein paar Kapitel des Warmlaufens gebraucht, aber dann war ich sehr schnell in der Handlung drin und sobald diese Hürde genommen war, flogen die Seiten nur so dahin.
Die Handlung hat einen guten Spannungsbogen und steckt voller unerwarteter Wendungen, sodass man wirklich nicht behaupten kann, es würde je langweilig.
Nach meinen erwähnten Startschwierigkeiten hat mir dieses Buch wirklich gefallen. Es ist eine interessante Mischung aus High-Fantasy und Historien Roman, die mir in der Form auch noch nicht begegnet ist. Dieses Buch ist wahrlich eine Wundertüte und wer sich nicht scheut, bei Büchern auch mal ein Risiko einzugehen, sollte definitiv mal einen Blick zwischen diese Seiten riskieren.

Veröffentlicht am 06.05.2022

Eine feministische Ode an den Kampf um Selbstbestimmung

Dann rennen wir
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Realitätsnah und eindringlich erzählt dieser Roman die Geschichte dreier Frauen, die, obwohl sie an unterschiedlichen Orten und sogar in unterschiedlichen Zeiten leben, eine tiefgreifende Gemeinsamkeit ...

Realitätsnah und eindringlich erzählt dieser Roman die Geschichte dreier Frauen, die, obwohl sie an unterschiedlichen Orten und sogar in unterschiedlichen Zeiten leben, eine tiefgreifende Gemeinsamkeit teilen. Sie sind Kämpferinnen im Interesse ihres Schicksals.
Die Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von 1982 bis 2012 und spielt in Dublin, London und Maryland. In diesem Rahmen lernen die Leserinnen die drei jungen Protagonistinnen kennen, deren Storylines auf den ersten Blick unabhängig voneinander, irgendwann auf geschickte Weise miteinander verwoben werden. Der zeitgenössische Schreibstil überzeugt durch seinen eindringlichen Realismus und ist dabei originell und berührend. Es ist nicht alles blumig, schön und rosig erzählt, sondern ehrlich, unverblümt und authentisch, was mir persönlich sehr gefallen hat. Die Autorin Paula McGrath schildert hier eine brutale Welt mit erstaunlicher Sensibilität und es gelingt ihr eine clevere und fesselnde Geschichte zu etablieren, in deren Verlauf sie gleichsam einprägsame Charaktere schafft.
Grundsätzlich hat mir gefallen, dass der Roman im Wechsel aus der Sicht der Protagonistinnen erzählt wird, allerdings hatte ich zu Beginn auch meine Schwierigkeiten damit. Jasmine, eine der Protagonistinnen, bekommt eindeutig mehr Raum in dem Buch zugesprochen als die anderen beiden, sodass für mich ein gewisses Ungleichgewicht im Blick auf die anderen beiden da war. Auch verschwimmen teilweise die charakterlichen Grenzen zwischen den Figuren, sodass für mich nicht immer eindeutig war, wessen Kapitel ich gerade lese. Gerade zu Anfang hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin ein wenig mehr Struktur und Individualität in ihre Charaktere miteinfließen lässt. Ich denke so wäre es mir leichter gefallen, eher eine Beziehung zu jeder der drei Frauen aufzubauen. Ohne etwas von der Handlung vorweg nehmen zu wollen, kam für mich aber ein Punkt in dem Buch, an dem sich etwas geändert hat und was es mir unmöglich gemacht hat, nicht weiter dranzubleiben. Und ich kann nur sagen, es lohnt sich. „Dann Rennen Wir“ ist in meinen Augen ein Buch, dass seinen Lesern Geduld abverlangt. Nicht auf eine auslaugende, nervige Art, die einen möglicherweise zwingt, das Buch abzubrechen, sondern eher auf eine, die seinen Leser
innen verspricht, dass es sich auszahlen wird, dem Prozess zu vertrauen. Der Geschichte zu vertrauen.
Ein sehr gelungener Aspekt der Geschichte, der mir auch sehr gefallen hat, war die Entwicklung der Protagonistinnen. Trotz der zuweilen recht düsteren Atmosphäre gibt es immer ein Licht, etwas erhellend Optimistisches, das den Weg der drei Frauen begleitet und prägt. Insbesondere Jasmin, die sich entschließt heimlich Boxen zu lernen, um den erdrückenden Umständen ihres Lebens zu entkommen, wandelt sich von einer schwachen, wenn auch entschlossenen, zu einer starken und intelligenten Frau, die nicht nur körperlich, sondern gerade intellektuell und geistig über ihre Grenzen hinauswächst. Für mich war es dieses beeindruckende psychische und physische Erwachen, das alle drei Frauen teilen und was den Roman am Ende so faszinierend gemacht hat.
Am Anfang war ich sehr unsicher, ob mir das Buch gefallen würde, aber rückblickend war es eine sehr lohnende Reise. Es ist eine Geschichte, die noch eine ganze Weile nachklingt und zum Denken anregt. „Dann Rennen Wir“ ist ein durch und durch moderner, auf seine Weise fesselnder und anspruchsvoller Roman, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 01.04.2022

Ein zauberhafter, wenn auch etwas blasser Abschluss dieser tollen Buchreihe

Bridgerton - Hochzeitsglocken für Lady Lucy
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„Bridgerton – Hochzeitsglocken für Lady Lucy“ ist das große Finale der romantischen Regency Reihe von Autorin Julia Quinn, in dem nun auch der letzte Bridgerton Spross seine Liebe finden soll. Und Gregory ...

„Bridgerton – Hochzeitsglocken für Lady Lucy“ ist das große Finale der romantischen Regency Reihe von Autorin Julia Quinn, in dem nun auch der letzte Bridgerton Spross seine Liebe finden soll. Und Gregory Bridgerton glaubt an die Liebe. Wie könnte er nicht, nachdem er miterleben durfte, wie erst seine Eltern und dann seine Geschwister ihre Seelenverwandten gefunden haben. Er ist sicher, dass irgendwo dort draußen auch sein perfektes Gegenstück auf ihn wartet.
Als Gregory’s Blick zum ersten Mal auf die atemberaubende Lady Hermione trifft, weiß er mit aller Gewissheit, dass sie die eine für ihn ist. Irritierender Weise sieht Hermione das allerdings ganz anders. Die junge Frau ist vollkommen desinteressiert und schlimmer noch, es stellt sich heraus, dass sie einen anderen. Gregory ist nicht gewillt seine große Liebe einfach aufzugeben und erhält Hilfe von unerwarteter Seite.

Lady Lucy ist die Beste Freundin von Hermione und ganz um deren Herzensglück besorgt. Gregory Bridgerton ist die beste Wahl – die einzig richtige Wahl. Für Lucy ist das glasklar und sie ist bereit nachzuhelfen, damit auch Hermione zur Vernunft kommt. Doch plötzlich entdeckt Lucy, dass sie selbst Gefühle für Mr. Bridgerton entwickelt. Ein sinnloses Unterfangen, denn nicht hat sie Gregory fest für ihre beste Freundin vorgesehen, sondern Lucy selbst ist bereits so gut wie verlobt mit einem akzeptablen Mann und soll bald Countess werden. Doch Gefühle, so wird Lucy bald klar, können nicht geordnet oder organisiert werden.

Während Lucy bemüht ist ihre Gefühle vernünftigerweise beiseitezuschieben, erkennt Gregory viel zu spät, dass er das Konzept der Liebe längst nicht so durchschaut hat, wie gedacht und muss nun alles daransetzen, seine wahre Seelenverwandte nicht zu verlieren.

Dieser letzte Band der Bridgerton Reihe hat mich wieder schnell im Griff gehabt. Der Schreibstil ist wie auch in den anderen Teilen mitreißend, lebhaft und humorvoll. Er passt sich aber auch wieder den Charakteren an, das heißt besonders die Dialoge und Interaktionen wirken sehr authentisch und passend. Lucy ist eine ruhige, liebenswürdige Person. Clever und nicht auf den Mund gefallen, aber von der diplomatischen Sorte (anders als zB Hyacinth, die man in diesem Band auch wiedertrifft). Beim Lesen hatte ich den Eindruck eines typischen Mauerblümchens. Das heißt nicht, dass sie nicht besonders oder interessant wäre, sondern einfach, dass man sie oftmals unterschätzt und vielleicht zweimal hinsehen muss, um das Besondere in ihr zu erkennen.
Ihre Figur hat durchaus einige starke Momente, die sich besonders in ihrer Aufopferungsbereitschaft, Selbstlosigkeit und Nächstenliebe zeigen, dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Lucy mit der Zeit lernt etwas mehr für sich einzustehen. Sie ist eine In-Ordnung-Bringerin und vergisst darüber oftmals sich selbst. Diese Eigenschaft war zweifellos wichtig für die Geschichte, aber als Leserin habe ich doch sehr darauf gehofft, dass sie mal ein bisschen mehr an sich selbst denkt.

Gregory schien in der Tat ihr perfektes Gegenstück zu sein. Die Beiden ergänzen sich einfach wunderbar, dabei kann ich nicht mal genau benennen, weshalb ich das so empfunden habe. Was ich zur Abwechslung ganz nett fand (verglichen mit den älteren Bridgerton-Brüdern) war, dass Gregory weniger als Frauenheld porträtiert wurde, sondern seine selbstständige, freundliche und optimistische Art mehr in den Vordergrund gerückt wurde. Auch hat er im Laufe einige grundlegende Erkenntnisse für sich erlangt, die definitiv zu seiner Charakterentwicklung beigetragen hat. Gregory hat sich durchaus selbst reflektiert, ohne dass es ihn um sein Selbstvertrauen gebracht hätte, was durchaus spannend war beim Lesen.

Handlungs-technisch fand ich diesen Teil leider etwas seicht und muss ehrlicherweise sagen, dass ich mir da, besonders weil es sich um den finalen Teil handelt, einfach ein bisschen mehr erhofft hätte. Der Großteil der Geschichte plätschert so vor sich hin, lässt sich gut lesen und ist auch nicht direkt langweilig, aber eben auch nicht von der herausragenden Sorte.
Das Ende kommt mit einigen sehr dramatischen Wendungen, die es für mich wirklich nochmal bisschen herausgerissen haben, aber für meinen Geschmack, hätte sich das ausgeglichener über das Buch verteilen können. So war es zu 2/3 angenehm zu lesen, aber erst im letzten Drittel dann wirklich spannend.
Auch hat die Autorin in meinen Augen definitiv eine Gelegenheit verpasst, alle neuen Bridgerton-Familien noch einmal zusammen kommen zu lassen. Ich glaube ich hätte es wirklich toll gefunden alle Geschwister mit ihren Partnern, Violet und alle Enkelkinder interagieren zu sehen. Dieser Aspekt ist mir in diesem Teil, vermutlich einfach, weil es der letzte der Reihe ist, etwas zu kurz gekommen.

Mein Fazit fällt unterm Strich positiv aus, es bleibt aber das Gefühl, dass etwas fehlt. So waren Gregory und Lucy ein zauberhaftes Paar mit einer süßen Geschichte, aber es war einfach nicht der krönende Abschluss, den ich mir für die Reihe und auch für die Bridgertons gewünscht hätte.