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Veröffentlicht am 06.07.2022

Serie macht Graphic Novel alle Ehre

Heartstopper Volume 1 (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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„Heartstopper“, die wirklich liebenswerte LGBTQ+ Serie von Netflix, war für mich ein echter Überraschungshit in diesem Jahr. Nun habe ich endlich auch mal die Vorlage, die erste Volume von der Graphic-Novel-Reihe, ...

„Heartstopper“, die wirklich liebenswerte LGBTQ+ Serie von Netflix, war für mich ein echter Überraschungshit in diesem Jahr. Nun habe ich endlich auch mal die Vorlage, die erste Volume von der Graphic-Novel-Reihe, lesen können und bin schon froh, dass ich zuerst die Serie und dann die Vorlage konsumiert habe, was keinesfalls gegen die Graphic Novel spricht, aber einfach darin begründet liegt, dass ich eine völlig unerfahrene Leserin in den Genres Graphic Novel, Comic, Anime etc. bin, da in meinem Kopf keine ausgiebige visuelle Ebene entsteht. Leider. Deswegen konnte ich mich in diese bildreiche Adaption verlieben und mich einfach erfreuen, wie eng Vorlage und Umsetzung aneinander liegen und das berührt unweigerlich.

Natürlich gibt es gewisse Unterschiede zwischen der Graphic Novel und der Serie, weil Letztere auch den Nebenfiguren viel mehr Raum gibt, aber es ist vor allem herzerwärmend, wie originalgetreu die Geschichte von Nick und Charlie ist, denn die beiden stehen auch in der Serie klar im Zentrum und ich fand es schön, wie auch zwischen den Seiten diese behutsame Liebesgeschichte erzählt wurde. Charlie, der schon länger geoutet ist und dafür viel Häme und Mobbing einsteckten musste und deswegen auch viel mit tief eingegrabenen Ängsten zu kämpfen hat und eben Nick, der überall beliebt ist, dennoch leichter gegen den Strom schwimmt und sich dennoch auch erst wirklich entdecken muss, was viel Überwindung kostet. Dabei ist es für mich vor allem gelungen, wie auch die Gefühlslagen der beiden effektiv durch visuelle Elemente auf den Punkt gebracht wurden, wenn beide innerlich verzweifeln, wenn die Funken sprühen und wenn einfach Liebe in der Luft liegt.

In der Graphic Novel gibt es auch eine klare zeitliche Einteilung, die definitiv sehr sinnig ist, um hier den Fortschritt abzubilden und so eben darzulegen, dass es eine Beziehung in der Entwicklung ist, die aber dennoch für den Fortgang der Handlung nicht unbedingt gemächlich vorangetrieben wird, was ich bei einer Graphic Novel wirklich gut nachvollziehen kann. Weiterhin ist es gut gelungen auch die ganzen Außenperspektiven darzustellen, die waren immer nur kurz, wie von Tao oder Nicks Mutter, aber sie haben die unterschiedlichen Sichtweisen dargeboten, die auch weiter unterstrichen haben, warum es definitiv eine Reise zwischen ihnen beiden ist. Wenn man die Serie kennt, ist auch der Cut der ersten Ausgabe wirklich gut gesetzt, denn der erste Kuss, nachdem sich Nick erstmal abwendet, ist ein guter Cliffhanger, weil es erst wie ausgebremst wirkt. Es ist auf jeden Fall von Alice Oseman auch ein clever gewählter Punkt, weil man hiernach erst recht wissen will, wie es für die beiden weitergeht.

Ganz toll sind die auch die abschließenden Bonusmaterialien, die eine Serie so nicht bieten kann und die die Graphic Novel hier auch definitiv bereichern. Es wirkt liebevoll, mit vielen Details und zeigt, wie sehr die Autorin diese fiktionale Welt auch liebt. Aber auch für mich als Fan ist alles, was ich mehr an Infos bekommen kann, gerne gesehen.

Fazit: Als leider nicht so visueller Typ war es für mich besser, „Heartstopper“ erst als Serie und dann als Graphic Novel kennenzulernen, denn so ist es mir definitiv leichter gefallen, mich in den Stoff zu verlieben. Aber die Graphic Novel ist toll gezeichnet, stilistisch viele tolle Kniffe und die süße Geschichte bleibt eh. Sehr empfehlenswert für alle Fans der Serie, aber natürlich auch generell ein Blick wert.

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Veröffentlicht am 31.05.2022

Oseman erzählt die wichtigen Geschichten

Loveless (deutsche Ausgabe)
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Auf Alice Oseman wird derzeit jeder aufmerksam, der bei Netflix die überaus charmante und ergreifende Jugendserie „Heartstopper“ gesehen hat. Diese beruht auf der gleichnamigen Graphic Novel-Reihe. Oseman ...

Auf Alice Oseman wird derzeit jeder aufmerksam, der bei Netflix die überaus charmante und ergreifende Jugendserie „Heartstopper“ gesehen hat. Diese beruht auf der gleichnamigen Graphic Novel-Reihe. Oseman hat aber auch schon ausformulierte Jugendbücher geschrieben und dazu gehört „Loveless“, das ich neugierig jetzt gerne mal lesen wollte und dass ich begeistert bin, wäre noch untertrieben, weswegen ich mir schon jetzt wünschen würde, Netflix plant hier auch mit einer Adaption.

In den Stil des Buchs musste ich erstmal einfinden, auch wenn er mir in modernen Jugendbüchern schon öfters begegnet ist, aber es ist für mich doch so selten, dass es immer eine Einfindungsphase ist. Die Kapitel sind relativ kurz und die jeweiligen Überschriften häufig ein Zitat daraus und da ist es auch egal, dass es fast ein ganzer Satz manchmal ist. Durch diesen Stil fegt man zunächst durch das Buch, denn es sind viele Informationen, die Emotionen wirken noch etwas oberflächlich und mittendrin die völlig überforderte Protagonistin Georgia. Nach und nach lichtet sich der Nebel aber und nach der etwas seltsamen Episode zum Abschluss der Schulzeit geht es ans College, wo die eigentliche Geschichte erst richtig losgeht.

Georgia ist zwar schon in der High School damit konfrontiert worden, dass sie noch ungeküsst und eine Jungfrau ist, aber spätestens im College hat sie nur noch einen Gedanken, dass sie die Themen endlich abhaken will, um ihre romantische Liebesgeschichte zu bekommen, denn Georgia liebt Liebesfilme, sie ist großer Fan von Fan Fiction, die auch gerne mal erotischer zugehen darf. Doch das Problem ist, dass Georgia körperliche Nähe, die auf sexuelle Interaktionen hinsteuern, abstoßend findet. Dennoch probiert und probiert sie, mal dieses, mal jenes Geschlecht und immer weiter, weil sie nicht glauben kann, dass Sex und Liebesbeziehungen für sie nichts sind. Was man als Leser und Leserin schnell ahnt, dass sie nämlich asexuell ist, ist für Georgia eine lange Reise zu sich selbst, die in diesem Jugendbuch wirklich sehr einfühlsam dargestellt wird. Sie landet eher zufällig bei der Pride Community, aber eigentlich will sie sich damit gar nicht beschäftigen, denn mit ihr soll ja schließlich alles normal sein, oder? Nach und nach kommt Georgia der Wahrheit auf der Spur, aber auch als die Erkenntnis einmal da ist, ist das nicht gleich einhergehend mit einer Erleichterung, weil sie sich sofort Vorwürfe macht, nicht so wie andere zu empfinden. Die Geschichte von Georgia hat mich wirklich berührt, denn sie ist trotz der spezifischen sexuellen Orientierung dennoch auch universell zu verstehen, wie es vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen (teilweise ja auch Erwachsenen) geht. Deswegen hatte ich „Heartstopper“ schon gelobt, weil es genau die Serie war, die sich meine Generation auch gewünscht hätte und das ist bei „Loveless“ nicht anders, weil es auch thematisch unglaublich den Horizont erweitert.

Das liegt auch an den ganzen Nebenfiguren, denn das Figurenspektrum ist mit Ethnien und sexueller Neigung sehr breit gestreut und jede Figur bekommt eine gleichwertige Geschichte erzählt. Natürlich liegt der Fokus auf Georgia, auch durch ihre Ich-Perspektive und dennoch ist es mir nicht schwer gefallen, mich in die anderen wie Pip, Jason, Sunil und Rooney reinzuversetzen. Georgia ist auch eine empathische Protagonistin, die zwar auch viele verletzte Gefühle hinterlässt, aber das wahrlich nicht absichtlich, sondern aus Überforderung mit sich selbst, aber man merkt deutlich, wie wichtig ihr die ganzen Menschen sind und dass sie ihnen genauso Raum gibt, wie sie ihn für sich selbst erhofft. Insgesamt wird natürlich nur ein sehr kleiner Abschnitt aus Georgias Leben erzählt, der aber sicherlich zu den wichtigsten zählen wird, weil sie sich selbst gefunden hat. Dennoch ist natürlich klar, dass damit nicht ein pauschales Happy End einhergeht und man ahnt, dass sie noch viele Baustellen zu überwinden hat, auch mit dem, was von außen an sie herangetragen wird, und dennoch ist dieser Abschnitt trostspendend. Denn die Figuren werden als wundervolle Familie dargestellt und es wird auch der Fokus generell auf Beziehungen gelegt, ganz abseits von einer oft nur rein romantisch ausgelegten Definition, weswegen das Buch auch voll von tollen Zitaten ist. Für mich ist das wirklich eine Herzensgeschichte gewesen.

Fazit: Wie auch „Heartstopper“ kann man „Loveless“ von Alice Oseman bedingungslos empfehlen, denn die Autorin beschäftigt sich wirklich mit Themen auf eine so einfühlsame und auch geduldige Art und Weise, dass man sich sofort verstanden wird, auch wenn es gar nicht zu 100% die eigene Geschichte ist. Georgias Reise steht aber für uns alle in irgendeiner Form, weswegen wirklich alle etwas mitnehmen werden können, deswegen ran an die Seiten!

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Veröffentlicht am 03.03.2021

Wahnsinnige qualitative Steigerung

What if we Stay
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Ende letzten Jahres ist mit „What If We Drown“ der erste Band einer NA-Reihe von Sarah Sprinz erschienen und an den kann ich mich auch noch bestens erinnern, denn wie sollte man eine Protagonistin wie ...

Ende letzten Jahres ist mit „What If We Drown“ der erste Band einer NA-Reihe von Sarah Sprinz erschienen und an den kann ich mich auch noch bestens erinnern, denn wie sollte man eine Protagonistin wie Laurie vergessen, die mich schier in den Wahnsinn getrieben hat? Dass ich nun mit „What If We Stay“ den zweiten Band gelesen habe, liegt schlichtweg daran, dass ich gemerkt habe, dass Sprinz eine Erzählerin ist und eben auch noch eine verhältnismäßig unerfahrene, weswegen es manchmal einfach Zeit braucht. Da ist es fast schon überraschend, dass der zweite Band eine gewaltige Steigerung ist.

Zunächst habe ich mich bei „What If We Stay“ an einige Muster aus dem ersten Band erinnert gefühlt, was zugegebenermaßen ein gewisses Unbehagen ausgelöst hat. Amber kannte ich zwar schon und ich wusste, dass sie wie Laurie ihre guten Seiten hatte, aber das Buch ging gleich mit so vielen falschen Entscheidungen los, die mich Amber haben verteufeln lassen und wo ich dachte: Schon wieder? Und nein, es liegt nicht daran, dass sie sich durch alle Betten schläft. Es liegt eher an dem ganzen Drumherum und Denkweisen, die zu ihrem Männerverschleiß führen. Also die Ursache, nicht die Wirkung. Lustigerweise war in all diesem Laurie eine Art Fels in der Brandung, die in der Außenperspektive sofort viel sympathischer war. Hätte ich sie so kennengelernt, hätte ich mir ihren Band vermutlich herbeigesehnt. Und der zweite Wiedererkennungsfaktor ist, dass der Kerl wieder ein vom Himmel geschenkter Engel ist. Ich fand Emmett im ersten Band noch nicht so dominant, aber hier hatte er mich sofort und erst ganz am Schluss kann man etwas zu mäkeln an ihm finden. Ja, das war bei Sam ganz genauso.

Doch der gewaltige Unterschied zwischen Band 1 und Band 2 ist, dass Amber viel schneller einen inneren Wandel durchmacht und dass sie Risiken eingeht, um sich aus ihren Mustern zu befreien. Zudem hat sie eine persönliche Geschichte, die ich extrem nachvollziehbar fand. Ich fand das nicht konstruiert, sondern in der Gesamtsicht sehr natürlich. Ähnliches gilt für Emmett, der aber sowieso netter nicht hätte sein können. Mit den beiden verknüpft ist dann auch der Pluspunkt, dass sensible Themen wie toxische Beziehungen oder toxische Rollenbilder prägnant, aber nicht effektheischend in die Geschichte eingebaut worden sind. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sich Sprinz für etwas feiern lassen will, was eigentlich selbstverständlich sein sollte und genau deswegen wird es im Kontext auch selbstverständlich. Das hat mich diesmal wirklich extrem beeindruckt.

Aber auch die Liebesgeschichte von Amber und Emmett ist ein wahres Goldstück geworden. Die beiden hatten zwar für mich nicht diesen einen besonderen Moment, der mich hat Fan lassen werden. Stattdessen ist es absoluter Beharrlichkeit geschuldet, dass es besser und besser wurde. Und das ist manchmal gar nicht verkehrt, denn wenn es DIESEN Moment gibt, ist es oft schwer, auch den Rest der Geschichte über dem gerecht zu werden. Aber konstant gut eine Liebesgeschichte aufzubauen, die so gut durchdacht ist und so viele kleine Babysteps macht, dass man am Ende nur überzeugt sein kann, dass die beiden zusammengehören, das ist die Kunst. Am Ende waren die Hürden für die beiden noch einmal extrem, aber ich konnte damit in der Konsequenz leben, zumal es beiden Charakteren noch einmal eine Seite mitgegeben hat, die zeigt, wie sehr sie sich miteinander verändert haben.

Lustig fand ich auch, dass von diesem „edgy“ Schreibstil, wie ich es in meiner Rezension zum ersten Band schrieb, nichts mehr zu sehen war. Ich hatte ihn da zwar nicht verteufelt, aber er war mir eben auch im Kopf geblieben. Jetzt war aber deutlich zu merken, was für enorme schriftstellerische Fortschritte Sprinz gemacht hat. Es war unheimlich flüssig, die Übergänge waren viel sanfter und die gesamte Geschichte war konstruiert, aber nicht offensichtlich konstruiert. So muss das sein. Kompliment!

Fazit: „What If We Stay“ ist eine fast schon unglaubliche Verbesserung gegenüber dem ersten Band. Stilistisch und erzählerisch ist so viel draufgepackt worden, dass ich wunderbar durch die Erzählung gleiten konnte. Zudem ist diesmal die weibliche Protagonistin kein rotes Tuch für mich, weswegen ich mich vollends in einer tollen Liebesgeschichte fallen lassen konnte.

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Famoser Beginn legt Grundlage für starken Band

Ohne Schuld
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Charlotte Link war die erste Autorin, die mich verführt hat, von Jugendbüchern weg auch mal auf Bücher für Erwachsene zu vertrauen. Das ist weit über zehn Jahre her und trotzdem ist sie immer noch eine ...

Charlotte Link war die erste Autorin, die mich verführt hat, von Jugendbüchern weg auch mal auf Bücher für Erwachsene zu vertrauen. Das ist weit über zehn Jahre her und trotzdem ist sie immer noch eine der Autorinnen, der ich stetig treu bin. Das ist keine Selbstverständlichkeit, zumal sie über die Jahre hinweg auch Täler durchlaufen hat. Mit der Reihe rund um Kate Linville hat sie etwas Neues geschaffen, denn Krimireihen waren bis dato für sie nicht üblich und daher hat es durchaus auch Anlaufgeschwindigkeiten gegeben. Und obwohl es mich immer aufgeregt hat, wie sehr auf Kates Aussehen und Wesen immer wieder herumgeritten wird, so habe ich zu dieser Welt auch eine Verbindung aufgebaut und es waren spannende Fälle. Mit „Ohne Schuld“ steht jetzt bereits der dritte Band in den Startlöchern, den ich definitiv als den besten der Reihe bezeichnen würde. Und das sind die Gründe.

Zwar ist von der früheren Stilistik von Link nicht mehr viel übrig, aber dennoch stand sie immer schon für einen sehr ruhigen Beginn, wo sich nach und nach die Spannung ins Unermessliche steigert. Da ist es doch überraschend, dass „Ohne Schuld“ für mich im Grunde das erste Buch ist, wo ich mich bewusst daran erinnern kann, dass so viel gleich auf den ersten Seiten passiert. Auf der einen Seiten haben wir Caleb mit einem suizidalen Familienvater und auf der anderen Seite haben wir Kate, die im Zug vor einem Attentäter weglaufen muss. Zwei unabhängige Entwicklungen, die auch nachher nicht im geringsten miteinander in Verbindung stehen, aber beide so spannend und aufwühlend inszeniert, dass man tatsächlich mit der ersten Seite am Buch klebt. Das ist gerade für Wälzer, wie sie Link regelmäßig schreibt, ein wahres Geschenk, denn hiernach ist es unwahrscheinlicher, dass ein Leser noch einmal abspringt.

Ich bin auch nicht abgesprungen, weil sich tatsächlich durch verschiedene Perspektiven, durch verschiedene Zeitebenen eine wirklich spannende Geschichte ergeben hat, in der manches zunächst klar schien, um dann doch wieder ganz auszugehen. Das war für mich schon immer die größte Kunst von Autoren in den Genres Krimi und Thriller, dass sie Zuschauer in Sicherheiten wiegen, um dann alles auf den Kopf zu stellen. Man darf sich niemals sicher fühlen und auch wenn man selbst Möglichkeiten im Kopf ausdenkt, dass man doch nicht auf die letztliche Lösung kommt. Je mehr man in diesem Genre liest, desto weniger kann man wohl noch überrascht werden, aber es gibt sie doch noch diese Aha-Momente und „Ohne Schuld“ hat mir gleich einige geschenkt.

Da ich mit dem kleinen Kreis an Hauptfiguren schon vertraut bin, hat es mir auch sehr gefallen, dass es auch wichtige Charakterentwicklungen gibt. Bei Caleb war es mit seinem Alkoholismus nie einfach, ihn hier an seinen Breaking Point zu bringen, ist sicherlich die richtige Entscheidung gewesen, selbst wenn nun fraglich ist, wie die Zukunft aussehen wird. Aber er hat ein vielleicht letztes Mal alles geben können und er war dabei so nahbar wie nie zuvor. Kate wiederum war schon immer jemand, der auf eigene Faust agiert, obwohl sie Vorgesetzte hat, aber diesmal merkt man auch deutlich, dass sie Führungsqualitäten hat, denn fast unbewusst reißt sie die Ermittlungen an sich und kommt vorwärts. Sie ist fachlich und intuitiv einfach so gut, dass der Rest sicherlich ganz von selbst kommen wird und ich bin wirklich sehr gespannt, wie es für sie weitergehen wird.

Fazit: „Ohne Schuld“ ist definitiv der bisher beste Band aus der Krimi-Reihe rund um Kate Linville. Gleich zu Beginn wird der Leser durch spannende Szenen zur Treue an dem Buch gezwungen und das wird belohnt durch eine sehr spannende Krimihandlung, die sich kaum Pausen gönnt. Für mich kann die Reihe genauso weitergehen!

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Veröffentlicht am 07.12.2020

So viel besser als erwartet

Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch
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Brittainy C. Cherry hat alleine schon einen Platz in meinem Herzen, weil man aus ihren Büchern eine geniale Zitatesammlung machen kann, die man sich an einem schlechten Tag zu Gemüte führen kann und schon ...

Brittainy C. Cherry hat alleine schon einen Platz in meinem Herzen, weil man aus ihren Büchern eine geniale Zitatesammlung machen kann, die man sich an einem schlechten Tag zu Gemüte führen kann und schon geht es besser. Trotzdem sind nicht alle Bücher von ihr gleich gut, einige sind zu dramatisch, andere wieder wirken inhaltlich nicht neu und trotzdem geht man aus jedem Buch und hat irgendwie ein gutes Gefühl, auch wenn jedes Buch einige Tränen kostet. Völlig ungewöhnlich ist es dagegen für Cherry, dass einzelne Bände, selbst wenn sie eine Reihe bilden, inhaltlich miteinander zu tun haben. „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ und das zweiteilige „Wie die Stille vor dem Fall“ haben aber tatsächlich sich überschneidende Protagnisten, was mich wirklich sehr gespannt gemacht hat. „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ war zwar nicht mein liebstes Buch und auch Landon und Shay haben mich dort nicht vom Hocker gerissen, aber dennoch hatte die Geschichte gleich einen Reiz für mich.

Bei „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ fand ich es etwas schade, dass der Cut zwischen Jugend und Erwachsenenalter so hart war, denn vor allem in den Jugendjahren haben mich Ellie und Greyson sehr berühren können, da hätte ich sie noch ewig weiterbegleiten können. Von daher finde ich es schon lobenswert, dass Cherry mich offenbar gehört hat und mit „Wie die Stille vor dem Fall. Erster Teil“ ein Buch komplett über die Jugendzeit geschrieben hat. Das hat sich definitiv gelohnt, das kann ich gleich vorab sagen, denn so ist wirklich Zeit gewesen, um eine intensive Beziehung entstehen zu lassen. Eine, die mit allen Nuancen nachhallt und wo man den zweiten Teil nur unbedingt lesen wollen kann.

So selig wie ich am Ende aus der Geschichte gegangen bin, so sehr verwundert es mich im Rückblick eigentlich, dass ich mich so schwer getan habe, in das Geschehen hineinzufinden und das liegt vor allem an Landons Perspektive. Diese fand ich auf den ersten Seiten extrem abfällig, extrem vulgär und schlichtweg einfach daneben. Cherry hat hier sicherlich versucht, Landons depressiver und lebensverachtender Seite etwas Eindrückliches mitzugeben, aber die gewählten Worte sind für die Autorin und ihre Charaktere so unüblich, dass ich mich wirklich unwohl gefühlt habe. Da Landon und Shay wie gesagt keinen einschneidenden Eindruck hinterlassen hatten, habe ich kurz befürchtet, dass „Wie die Stille vor dem Fall“ tatsächlich ein Reinfall sein könnte. Aber Durchhalten lohnt sich hier, denn je mehr Stärke Shay zeigt, desto mehr kann sich auch Landon mit all seinen Seiten entfalten und ich denke, dass er mit einer der komplexesten Figuren ist, die Cherry je geschaffen hat. Man muss nicht alles an ihm mögen, aber er ist eine geschundene Seele, die einfach berühren muss.

Ich fand es auch wahnsinnig spannend, dass ein Großteil der Handlung noch vor der Jugendzeit von Ellie und Greyson spielt, als sie sich kennenlernen. Man hat nichts, aber auch wirklich gar nichts hiervon in „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ herauslesen können. Aber ich will nicht sagen, dass es logisch nicht zusammenpasst, sondern im Gegenteil, die Andeutungen waren so minimal, dass sich Cherry Möglichkeiten gelassen hat, eine völlig neue Geschichte zu schreiben. Ich bin überrascht worden und trotzdem fügt sich nach und nach vieles perfekt zusammen. Ich habe es jedenfalls sehr genossen, dass der Inhalt von „Wie die Stille vor dem Fall“ für mich nicht ersichtlich war und es ein völlig eigenständiges Buch mit halbwegs bekannten Figuren war.

Da Cherry so viel Zeit hat, nimmt sie sich auch alle Zeit der Welt. Sie geht in jedes Gefühl bis zum bitteren Ende hinein und hat eine wirklich wunderbare Liebesgeschichte geschaffen. Dazu eben wieder diese Sprache, die immer alle Seiten in einem klingen lässt, weil sie mit ganz regulären Mitteln einfach etwas ausdrückt, wofür sich andere verzweifelt abmühen müssen. Ich fand es auch wunderbar, wie hier die Dramatik portioniert wurde. Sie war unterschwellig stets präsent, mit kleineren Ausreißern nach oben, aber ich hatte nie den Eindruck, dass es zu viel des Guten ist. Überrascht bin ich auch, dass der erste Teil eigentlich versöhnlich endet. Bei Zweiteilern befürchtet man ja einen Cliffhanger, aber es ist hoffnungsvoll und gleichzeitig weiß man natürlich, dass hiernach das Happy End noch nicht sicher ist, denn „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ hat ja schon was zur Zukunft verraten.

Fazit: „Wie die Stille vor dem Fall. Erster Teil“ ist wieder ein Buch von Cherry, das ich bedingungslos feiere und nur jedem ans Herz legen kann, der wirklich bereit ist, tief in die Emotionen einzutauchen. Ich war bei Landon und Shay zugegeben unsicher im Vorfeld, aber beide haben mich für sich, aber auch zusammen eingenommen und auf eine berührende Reise mitgenommen.

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